Ohrläppchenentzündung

Allgemeines

Das Ohrläppchen, lateinisch Lobulus auriculae, besitzt keine Funktion im eigentlichen Sinne, ebenso wie die Ohrmuscheln und der Darwin-Höcker für den heutigen Menschen funktionslos geworden sind.
Das Ohrläppchen befindet sich am unteren Teil der Ohrmuschel. Man könnte es als fleischigen Hautlappen beschreiben, der entweder frei (also am Ohr hängend) oder angewachsen sein kann.
Es ist relativ schmerzunempfindlich.

Wie ein individuelles Ohr aussieht, bestimmen die Gene. Das Allel für angewachsene Ohrläppchen ist genetisch rezessiv, das für freie dominant. So kommt es, dass die freien Ohrläppchen in etwa doppelt so oft aufzufinden sind wie die angewachsenen. Für das Ohr und das Hörvermögen eines Menschen spielt die Form jedoch überhaupt keine Rolle. Lediglich im Mittelalter war es üblich, vor allem neugeborenen Mädchen die angewachsenen Ohrläppchen ein kleines bisschen einzuschneiden sodass sie frei vom Ohr hingen, weil die Bevölkerung dem Glauben anhing, angewachsene Ohrläppchen kennzeichnen Hexen.
Auch heutzutage spielt das Ohrläppchen im gesellschaftlichen Leben eine große Rolle; nicht wenige Menschen tragen Ohrstecker oder -ringe und andere Piercings im und am Ohr. Darüber hinaus wird das Ohrläppchen als erogene Zone beschrieben.

Natürlich kann auch das Ohrläppchen, wie jeder Teil unseres Körpers, Schmerzen und Probleme bereiten. Hierbei kann man grob unterteilen in Schmerzen, die durch Piercings oder Ohrlöcher, also einen Fremdkörper im Ohr, entstanden sind. Und solche, die genetische Ursachen haben. Aber auch Verletzungen können zu Schmerzen führen, zum Beispiel eingerissene Ohrläppchen.

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Ohrschmuck und Nickelallergie

Am häufigsten sind dreckige und verschmutzte Schmuckteile Grund für eine Entzündung des Ohrläppchens. Wenn das der Fall ist, sollte der Schmuck als allererstes herausgenommen und sehr gründlich gereinigt sowie desinfiziert werden. Das Ohrläppchen selbst kann man mit entzündungshemmenden Salben eincremen. Am besten gönnt man ihm eine Weile Ruhe und setzt den Schmuck erst wieder ein, sobald die Entzündung abgeklungen ist.

Ist nicht die Verunreinigung des Schmuckes, sondern der Schmuck selber das Problem, kann es sein, dass man eine Nickelallergie hat und auf den Ohrstecker empfindlich reagiert. Eine Nickelallergie ist eigentlich relativ harmlos, trotz ihres oft beeindruckenden Aussehens: Die Haut entzündet sich, wird rot und juckt, es bildet sich ein so genanntes Ekzem.
Typisch für die Nickelallergie ist, dass dieses Hautekzem nur an der Stelle auftritt, die mit dem Material in Berührung gekommen ist. Manche Menschen sind jedoch ganz besonders empfindlich und reagieren sogar auf in der Nahrung enthaltene Kleinstmengen an Nickel allergisch. Enthalten sein kann Nickel unter Umständen in Erdbeeren, Nüssen oder Zigaretten.
Die Diagnosestellung einer Nickelallergie ist zumeist relativ einfach und ergibt sich schnell aus der Anamnese des Patienten. Zur Sicherung kann noch ein Allergietest durchgeführt werden, bei der man eine nickelhaltige Salbe auf ein kleines Hautareal aufträgt und die Reaktion beobachtet.
Die Behandlung besteht in erster Linie im Vermeiden von Kontakt mit Nickel, in Bezug auf Ohrschmuck ist es ratsam, nur noch Edelmetalle wie Gold oder Silber oder Chirurgenstahl zu wählen.
Wenn in der Familie bereits Fälle von Nickelallergie bekannt sind, ist es ratsam, von vornherein auf qualitativ hochwertigeren Schmuck zurückzugreifen, um einem Ausbruch der Allergie vorzubeugen.

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Perichondritis

Eine gänzlich andere Ursache für eine Entzündung am Ohr und am Ohrläppchen ist die Perichondritis. Das ist eine Entzündung der Knorpelhaut im Ohr, die sich auf die umgebende Haut ausbreiten kann. Verursacht wird sie durch in die Haut eingedrungene Keime und Erreger, zumeist über sehr kleine, unbemerkte Verletzungen. Die häufigsten Erreger sind Pseudomonas und Staphylokokken.
Charakteristisch für die Perichondritis ist eine gerötete und angeschwollene Ohrmuschel. Das Ohrläppchen selbst bleibt oft verschont, da sich dort kein Knorpel mehr befindet. Behandelt werden kann die Perichondritis mit Antibiotika, bevorzugt in Tablettenform verabreicht. Ciprofloaxin und Levofloxacin sind hier die Präparate der ersten Wahl. Sollte die Entzündung schon zu weit fortgeschritten sein, können die Medikamente auch als Infusion verabreicht werden.

Erysipel

Ist von der Rötung und Schwellung jedoch auch das Ohrläppchen selbst betroffen, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um ein Erysipel handeln könnte. Ein Erysipel, auch Wundrose oder Rotlauf genannt, ist ebenfalls eine durch Bakterien verursachte Infektion der obersten Schichten der Haut. Die Rötung ist sehr stark und klar begrenzt. Hier handelt es sich in den meisten Fällen um eingedrungene ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptokokkus pyogenes).
Besonders anfällig für Erysipele sind Patienten mit Wassereinlagerungen (Ödemen), da durch den gestörten Abtransport der Lymphflüssigkeit die schädlichen Bakterien schlechter durch körpereigene Abwehrzellen bekämpft werden können. Die Behandlung eines Erysipels besteht, ähnlich wie beim Ekzem, in der Gabe von Antibiotika, Goldstandard sind Penicilline oder Cephalosporine.

Atherome

Wenn die Entzündung des Ohrläppchens nun nicht durch äußere Faktoren verursacht ist, kommen genetische in Frage. Hier sind die sogenannten Atherome von Interesse. Atherome sind kleine, gutartige Zysten im Unterhautfettgewebe. Der Volksmund nennt sie bisweilen auch Grützbeutel, Balggeschwulst oder Grießknoten.

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Atherome entstehen durch einen verstopften Talgdrüsengang. Das erklärt auch ihre Zusammensetzung: Fetttropfen und -kristalle sowie Hautzellen.
Beschwerden treten in der Regel nur dann auf, wenn sich ein solches Atherom entzündet oder eitert. Dann sollte man am besten einen Chirurgen zur operativen Entfernung aufsuchen. Da sich Bakterien im Eiter befinden, muss zunächst der Inhalt des Atheroms entfernt werden, bevor es selbst herausoperiert werden kann. Das klingt aufwendig, ist aber nur ein kleiner Routineeingriff.

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Weiterführende Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 09.06.2015 - Letzte Änderung: 12.01.2023