Ossifikation

Allgemeines

Als Ossifikation bezeichnet man die Bildung von Kochen.
Hierbei unterscheidet man zwischen einer Bildung des Knochens aus Bindegeweben, was man als desmale Ossifikation bezeichnet, und der chondralen Ossifikation, bei der sich der Knochen aus einem bereits vorhanden Knorpel bildet.
In der Regel ist die Ossifikation ein natürlicher Prozess, der insbesondere in der Kindheit das noch nicht vollständige Skelett aufbaut. Jedoch kann auch im Rahmen von Krankheiten eine verstärkte Ossifikation auftreten, die durchaus Beschwerden verursachen kann, wenn nämlich der Knochen dort wächst, wo er nicht vorgesehen ist.

Knochenaufbau

Um die Ossifikation zu verstehen, hilft es ungemein, den Aufbau eines Knochens zu kennen, daher an dieser Stelle einige Grundlagen zum Knochen.
Grundsätzlich gibt es verschiedene Formen von Knochen, zum einen die typischen Röhrenknochen, die, wie der Name schon sag, länglich sind. Typische Vertreter sind der Oberarmknochen, den der Mediziner als Humerus bezeichnet, oder auch der Oberschenkelknochen, der Femur genannt wird.
Diese Knochen sind im Inneren mit sehr gut durchblutetem Knochenmark gefüllt.
Daneben gibt es auch sogenannte platte Knochen, die eher Flächig sind, so zum Beispiel die meisten Schädelknochen. Dann gibt es noch sogenannte „Sesambeine“, die eher rundlich und untypisch aussehen, dazu gehört zum Beispiel die Kniescheibe oder auch einige Handknochen.
Darüber hinaus gibt es noch Exoten wie die luftgefüllten Knochen, die innen hohl sind, das sind die Knochen des Gesichtsschädels, die die Nasennebenhöhlen enthalten.
Den Kopf von Röhrenknochen bezeichnet man als „Epiphyse“, den Übergang zum eigentlichen „Rohr“ als Metaphyse und das Rohr selbst wird als Diaphyse bezeichnet.

Der einzelne Knochen besteht aus einer feinen Knochenhaut, die ihn vollständig umgibt. Darin befindet sich die „Compacta“ oder auch „Corticalis“ also eine besonders dichte Knochenstruktur, die dem Knochen seine Festigkeit verleiht. Die Fasern des Gewebes sind gleichförmig ausgerichtet, was sie zusätzlich verstärkt.
Im Inneren befindet sich eine lockerere Struktur ,die als „Spongiosa“ bezeichnet wird, was so viel wie schwammartig bedeutet. Ganz im Inneren befindet sich die Knochenmarkhöhle. Darin befindet sich entweder Fettmark oder Blut bildendes rotes, sehr gut durchblutetes Knochenmark.

Das Knochengewebe selbst ist eine Mischung aus anorganischen und organischen Stoffen sowie aus einem Viertel Wasser. Die anorganischen Anteile bestehen vorwiegend aus Hydroxylapatit, was aus Calicum und Phosphat zusammengesetzt ist.

Daneben ist auch das organische Kollagen im Knochen vorhanden. Dies ist ein Eiweiß, das auch in der Haut vorkommt. Zwischen dem Knochengewebe sitzen einzelne Zellen, die sogenannten „Osteoblasten“ und „Osteoklasten“. Die Osteoblasten produzieren die Knochensubstanz und sind durch feine Kanälchen miteinander verbunden. Die Osteoklasten wiederum sind der Gegenspieler und bauen den Knochen ab.

Wie erwähnt sind die Knochen in der Compacta gleichförmig angeordnet. Deshalb werden sie auch als Lamellenknochen bezeichnet. Sie sind die typische Knochenstrukur.
Bei einem Knochenbruch dagegen bildet sich zuerst ein Geflechtknochen, bei dem die Fasern des Gewebes kreuz und quer durcheinander wachsen. Erst nach und nach wird dann der Knochen wieder zu Lamellenknochen der dann auch wieder seine volle Stabilität erreichen kann.

Desmale Ossifikation

Die desmale Ossifikation geschieht aus Bindegewebe. Dieses wird von Mesenchymzellen gebildet.
Bei der Ossifikation lagern sich die Zellen zuerst dicht aneinander und werden dann immer besser durchblutet. Dann verändern sich die Mesenchymzellen zu Osteoblasten, also den Knochen bildenden Zellen. Diese bilden dann zuerst die organischen Anteile des neuen Knochens wie Kollagen.
Dann werden in den Osteoblasten Kalziumbläschen gebildet, die freigesetzt werden. Diese Bläschen platzen dann und Kalziumkristalle werden frei. Diese Kristalle vergrößern sich und werden schließlich zu Hydroxylapatit.
Der Osteoblast ist am Ende vollständig von Knochensubstanz umgeben und wird dann als Osteozyt bezeichnet. An dem nun entstandenen winzigen Knochen lagern sich schließlich weitere Osteoblasten an und bilden ihrerseits Knochenmaterial, sodass der Knochen schließlich „appositionell“ also durch Anlagerung wächst.
Typischerweise werden Knochen des Schädels durch desmale Ossifikation gebildet. Auch Knochenbrüche heilen zuerst durch desmale Ossifikation.

Chondrale Ossifikation

Im Gegensatz zum bisherigen Mechanismus wird bei der Knochen bei der chondralen Ossifikation aus Knorpel gebildet. Der Knochen wird also zuerst als Knorpel angelegt und erst in Verlauf der Entwicklung durch Knochen ersetzt. Weil der Knochen erst als Knorpel angelegt ist, wird die chondrale Ossifikation auch als indirekte Ossifikation bezeichnet.

Man unterscheidet noch weitergehend zwischen perichondraler und enchondraler Ossifikation. Die Perichondrale Ossifikation findet beispielsweise beim Kind an der Diaphyse, also dem Schaft der Oberarmknochens statt. Hierbei bilden Osteozyten zunächst eine Knochenmanschette um das Knorpelmodell des Knochens herum. Streng genommen handelt es sich bei der perichondralen Ossifikation eigentlich um eine desmale Ossifikation, da sie keine Knorpelzellen benötigt.
Die typische chondrale Ossifikation findet aber direkt im Knorpel statt und wird als enchondrales Wachstum bezeichnet.
Bei dem Oberarmknochen findet diese Ossifikation auf Höhe der Epiphyse statt. Hierbei teilen sich in einer sogenannten Proliferationszone die Knorpelzellen vermehrt.
Dadurch, dass die Knochenmanschette um den Knorpel eine Ausdehnung in die Breite verhindert, werden die neuen Knorpelzellen in Längsrichtung angeordnet. Auf diese Weise wächst der Knochen in der Länge.
Weiter in Richtung Ende des Knochens werden die Knorpelzellen größer und verkalken. Schließlich sterben die Knorpelzellen ab und die Osteoblasten, also Knochen aufbauende Zellen beginnen mit der Ossifikation. Die Zone, in der der Knochen wächst, wird als Epiphysenfuge bezeichnet.
Solange in der Epiphysenfuge noch Knorpelzellen sind, kann der Knochen in der Länge wachsen.
Normalerweise schließt sich die Epiphysenfuge im 19.Lebensjahr. Durch Knochenbrüche durch die Fuge kann die Ossifikation erheblich gestört werden, und das Längenwachstum bleibt hinter dem des restlichen Körpers zurück.

Störungen der Ossifikation

Bei den Krankheiten, die die Ossifikation betreffen unterscheidet man zwischen Krankheiten, die die die normale Ossifikation verändern und Krankheiten, die zu einer überschießenden Ossifikation führen.

Eine typische Störung der Ossifikation ist die Achondroplasie, die zu einem vorzeitigen Schluss der Epiphysenfugen führt. Dadurch, dass kein Knorpel mehr in den Röhrenknochen vorhanden ist, kann der Knochen nicht mehr in der Länge wachsen, da die Knorpelzellen fehlen.
Das Dickenwachstum des Knochens ist jedoch bei der Achondroplasie nicht beeinträchtigt, da das perichondrale Wachstum keine Knorpelzellen als Vorläufer braucht. Die Röhrenknochen wachsen also bei Patienten mit Achondroplasie vorwiegend in die Breite.
Da die Schädelknochen durch desmale Ossifikation entstehen, ist das Wachstum des Schädels unbeeinflusst, sodass der Kopf eine normale Größe erreicht und im Vergleich zu den Extremitäten zu groß erscheint. Auch die Wirbel und Rippen sind nicht von der Achondroplasie betroffen, sodass Betroffene in der Regel fast eine normale Sitzhöhe erreichen.

Eine krankhafte Ossifikation ist die sogenannte heterotope Ossifikation, wobei „heterotop“ bedeutet „an einem anderen Ort auftretend“.
Es verknöchern also Bereiche, die normalerweise Bindegewebe sein sollten. Häufig kommt es nach schweren Verletzungen zu dieser heterotopen Ossifikation. Hierbei ist es unerheblich, ob die Verletzung durch einen Unfall oder eine Operation verursacht wurde.
Die Gewebsschädigung stimuliert den Körper, Botenstoffe zu produzieren, die Vorläuferzellen von Knochen im Gewebe anrege, sich über Knorpel zu Knochen zu entwickeln. Dieser Prozess wird meist ein bis zwei Wochen nach einer Operation durch Schmerzen und Rötung ohne dass Entzündungswerte im Blut nachzuweisen sind, bemerkt.
Nach einem Monat können die neuen Knochen im Röntgen gesehen werden. Die meisten Knochenbildungen auf diese Weise machen jedoch auf Dauer keine Beschwerden und werden nicht bemerkt.
Andererseits können gerade größerer Knochen allein schon mechanisch den Bewegungsumfang von Gelenken erheblich verringern. Ob eine solche überschießende Ossifikation entsteht hängt von der Schwere der Verletzung ab: Mehrfachverletzte neigen eher dazu als Patienten mit einfachen Brüchen, Patienten mit Hüftgelenkersatz mehr als solche mit Schulteroperationen. Auch Infektionen und Blutergüsse scheinen die Ossifikation zu verstärken.

Vitamin D bei Neugeborenen

Eine weitere Ossifikationsstörung ist die Rachitis.
Rachitis ist eine Folge von Vitamin-D-Mangel in der frühen Kindheit. Dieser Vitaminmangel wird ausgelöst zum einen durch den immensen Stoffwechsel, den die betroffenen Neugeborenen haben, aber auch durch fehlende Sonneneinstrahlung und vegetarische Ernährung.
Typische Beschwerden sind zu Beginn Muskelschwäche und Knochenerweichungen am Schädel, die schließlich in eine Fehlbildung der Kopfform übergehen. Zudem entstehen Verkrümmungen der Beine, die im späteren Leben Haltungsschäden begünstigen.
Vitamin-D ist essentiell für die Aufnahme von Calcium im Darm, sodass eine Unterversorgung mit Vitamin-D auch automatisch zu einem Calciummangel führt. Da die Knochen zu einem Großteil aus Calcium bestehen, können die Knochen somit nicht mehr richtig gebildet werden und die Ossifikation ist gestört. Aus diesem Grund wird Säuglingen im ersten Lebensjahr üblicherweise Vitamin-D verabreicht.

Weitere Informationen zum Thema Ossifikation

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 13.10.2014 - Letzte Änderung: 25.07.2023