Rotatorenmanschettenruptur

Synonyme

  • Rotatorenmanschettenläsion
  • Rotatorenmanschettenriss
  • Riss der Supraspinatussehne
  • Periathropathia humeroscapularis pseudoparetica (PHS)
  • Sehneneinriss
  • Sehnenriss

Englisch: Rotator cuff rupture, Rotator cuff injury

Definition

Unter einer Rotatorenmanschettenruptur versteht man einen Riss von Ansatzstrukturen der sogenannten Rotatorenmanschette.
Diese bezeichnet eine Muskelsehnenhaube, die aus mehreren Muskeln des Schultergürtels beziehungsweise des Oberarms gebildet wird. Diese Muskeln der Rotatorenmanschette haben die Aufgabe, die Position des Oberarmkopfes in der Gelenkpfanne zu fixieren.
Zugehörig sind:

  • der Musculus supraspinatus („Obergrätenmuskel“, „supra“ = lat. oberhalb)
  • der Musculus infraspinatus („Untergrätenmuskel“, „infra“ = lat. unterhalb)
  • der Musculus teres minor („kleinerer runder Muskel“, „teres“ = lat. rund, „minor“ = lat. kleiner)
    sowie
  • der Musculus subscapularis („Unterschulterblattmuskel“, „sub“ = lat. unter)

Eine Rotatorenmanschettenruptur kann prinzipiell durch Verletzung zweier verschiedener Strukturen entstehen. Zum einen kann die Sehne des Musculus supraspinatus bei einer Rotatorenmanschettenruptur reißen, zum anderen ein knöcherner Vorsprung des Oberarmknochens (lat. Humerus) gemeinsam mit den dort verankerten Sehnen abreißen. Zu diesen knöchernen Vorsprüngen gehören das Tuberculum minus (lat. „kleines Höckerchen“) als Ansatzstelle des Musculus subscapularis sowie das Tuberculum majus (lat. „großes Höckerchen“) als Verankerungspunkt der restlichen Muskeln der Rotatorenmanschette.
In fast allen Fällen ist bei einem Rotatorenmanschettenriss die Supraspinatusssehne betroffen.

Epidemiologie / Vorkommen in der Bevölkerung

Rotatorenmanschettenrupturen treten häufig auf, wobei die Erkrankungswahrscheinlichkeit mit steigendem Alter aufgrund von degenerativen Veränderungen (Abnutzung) an Muskeln und Sehnen zunimmt.
Die häufigste Ursache einer Rotatorenmanschettenruptur ist degenerativer Natur, bei älteren Menschen beträgt die Häufigkeit im Rahmen von Obduktionen etwa 30%.

Abbildung Schultergelenk

  1. Rotatorenmanschettenruptur
  2. Oberarmkopf
  3. Supraspinatus - Muskel (Musculus supraspinatus)

Ursache eine Rotatorenmanschettenruptur

Als Ursache für eine Rotatorenmanschettenruptur kommen theoretisch zwei verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Einerseits kann ein Riss durch ein Trauma (Unfall) verursacht werden, beispielsweise bei einer Schultergelenkausrenkung (Schulterluxation) oder bei gewaltsamer passiver Bewegung des Armes. Durch die Schulterluxation wird die Rotatorenmanschette gewaltsam überdehnt und die Sehne besonders der Supraspinatussehne reißt. Ein Riss nach einer Schulterluxation steigt mit zunehmendem Alter, da die Elastizität der Rotatorenmanschette sinkt. Andererseits kann eine Rotatorenmanschettenruptur degenerativer Ursache sein. Die Ursache ist viel häufiger, als die unfallbedingte. Hierunter versteht man eine zunehmende Brüchigkeit der Strukturen mit dem Alter durch Substanzveränderungen, welche eine Rotatorenmanschettenruptur schon bei leichten, normalerweise nicht zur Verletzung führenden Unfällen (Bagatelltraumata) ermöglichen. An diese Ursache ist ab einem Alter von etwa 50 Jahren zu denken. Das typische Unfallereignis für eine Rotatorenmanschettenruptur stellt der Sturz auf den gestreckten Arm dar.

Symptome

Unterschieden werden muss hinsichtlich der Beschwerden zwischen:

  • traumatischen / unfallbedingten Rotatorenmanschettenrupturen
    und
  • degenerativen / altersbedingten Rotatorenmanschettenrupturen.

Nach einem Unfall klagt der Betroffene über akute Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit des Arms als Symptom.
Entweder tritt als Folge der Rotatorenmanschettenruptur ein schmerzhaftes seitliche Anheben (Abduktion) des Arms auf oder aber diese Bewegung ist komplett aufgehoben. In letzterem Fall spricht man von einer sogenannten Pseudoparese. Eine Parese bezeichnet eine Lähmung, die durch eine Nervenschädigung entsteht; Pseudoparesen hingegen umfassen Lähmungen, die nicht aus einer Verletzung nervlicher Strukturen resultieren.
Im Falle einer Rotatorenmanschettenruptur wird diese durch einen Sehnenriss oder Sehnenansatzausriss verursacht. Nicht nur bei Bewegung empfindet der Betroffene Schmerzen, sondern auch bei der Abtastung (Palpation) der Supraspinatussehne beziehungsweise des Tuberculum majus – je nachdem, welche Struktur betroffen ist.
Außerdem kann sich im Rahmen einer Rotatorenmanschettenruptur ein Bluterguss (Hämatom) im Bereich der Schulter als Symptom bilden, so dass sich dort eine Schwellung bildet. Bei degenerativ bedingten Rotatorenmanschettenrupturen hingegen treten keine akuten Symptome zu Tage. Vielmehr entwickeln sich Beschwerden langsam. Teilweise bestehen sogar gar keine Symptome. Schmerzen bei degenerativer Rotatorenmanschettenruptur nehmen allmählich zu, ebenso Einschränkungen der Beweglichkeit und der Kraft.

Alternative Ursachen / Differenzialdiagnose

Abgegrenzt werden muss von einer Rotatorenmanschettenruptur eine Einengung des Raumes, durch welchen die Supraspinatussehne unterhalb des Schulterdaches verläuft (Recessus subacromialis).
Dies kann durch Verkalkung (Kalkschulter) oder Quellung der Sehne (Impingementsyndrom) entstehen und manifestiert sich als häufiges Krankheitsbild. Die Kalkschulter und das Impingementsyndrom müssen daher immer ausgeschlossen werden.

Therapie

Die Behandlung einer Rotatorenmanschettenruptur kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen, nämlich konservativ oder operativ.
Die konservative Therapie einer Rotatorenmanschettenruptur wird als frühfunktionelle Behandlung durchgeführt, vor allem bei älteren Patienten oder bei Teilrissen der Rotatorenmanschette.
Diese umfasst zum einen Schmerzstillung (Analgesie), zum anderen Training der Bewegung, vor allem der Kraft sowie der Koordination. Bekämpft werden können die Schmerzen bei einer Rotatorenmanschettenruptur mittels Tabletten (nichtsteroidale Antiphlogistika, NSAIDs, NSAR, z.B. Voltaren Ibuprofen oder Arcoxia) oder durch lokale Verfahren.
Zu den letzteren Methoden gehören das Spritzen (lokale Infiltration) von Schmerzmitteln (Anästhetika) und Cortison in die Schulter sowie Anwendung von Kälte (Kryotherapie) oder Strom (Elektrotherapie). Bei Abriss des Tuberculum majus als Ursache der Rotatorenmanschettenruptur kann ebenfalls eine konservative Therapie eingeleitet werden, wenn keine Verschiebung der Strukturen (Dislokation) vorliegt.
Die Betroffenen erhalten einen speziellen Verband (Gilchrist-Verband) zur Ruhigstellung der Schulter. Im Anschluss wird mit Bewegungsübungen der Schulter begonnen, welche unter Schmerzfreiheit durchgeführt werden sollen.
Als Alternative bei Rotatorenmanschettenruptur steht der frühfunktionellen Behandlung die operative Therapie gegenüber, welche bei Jüngeren, bei aktiven Älteren und bei kompletten Rotatorenmanschettenrupturen durchgeführt wird.
Die gerissene Sehne (Rotatorenmanschettenriss) wird wieder am Oberarmknochen fixiert. Zunächst wird an die Sehne eine soegnannte Durchflechtungsnaht angelegt. Anschließend werden zwei Kanäle durch den Oberarmknochen am Tuberculum majus gebohrt, durch welche die Enden der Naht geführt und verknotet werden. Alternativ kann die Sehne über künstlich hergestellte Knochenanker am Knochen befestigt werden.
Bei einem Abriss des Tuberculum majus mit Verschiebung der Strukturen (Dislokation) wird dieses durch eine Zugschraube oder Zuggurtung an seiner alten Stelle am Knochen befestigt. Diese Operationsverfahren können als „Schlüsselloch-Chirurgie“ arthroskopisch oder als „mini open reconstruktion“ (engl. etwa „klein öffnendes Rekonstruktionsverfahren“) durchgeführt werden.
Arthroskopisch werden nur wenige Zentimeter große Zugänge benötigt und unter Kamerakontrolle (analog der Arthroskopie) operiert. Bei der „mini open reconstruction wird ein ca. 5cm großer Hautschnitt gemacht.
Nach der Operation der Rotatorenmanschettenruptur ist eine Ruhigstellung der Schulter erforderlich. Hierzu wird die Schulter auf speziellen Lagerungsschienen zur Entlastung der Sehne (Schulterkissen, Briefträgerkissen) in Abduktionsstellung (Abspreizung des Arms) gelagert, damit die Sehen ohne Spannung schnell zusammenheilen kann.
Nach etwa drei Wochen wird in der Regel mit krankengymnastischen Übungen begonnen. Aktive Bewegungen sind erst nach etwa sechs Wochen erlaubt, jedoch ohne Kraftaufwendung. Dies ist erst im Verlauf nach zirka drei Monaten möglich. Die volle Funktion nach einer Rotatorenmanschettenruptur wird in der Regel nach etwa sechs Monaten wiedererlangt.

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Autor: Dr. N. Gumpert Veröffentlicht: 23.11.2011 - Letzte Änderung: 30.03.2024