Schultereckgelenksprengung

Verrenkung des seitlichen Ende des Schlüsselbeins zum Schulterdach (Acromion) mit Verletzung des stabilisierenden Kapsel- / Bandapparates des Schultereckgelenkgelenkes.

Schultereckgelenksprengung

Synonyme im weiteren Sinne

Akromioklavikulargelenksluxation, Schultereckgelenkluxation, Schultereckgelenksverrenkung, Schlüsselbeinverrenkung, Tossy-Verletzung, Rockwood-Verletzung, Schlüsselbein, Clavicula, Acromion, Sprengung Schultereckgelenk, Arthrose ACG

Definition

Bei einer Schultereckgelenksprengung handelt es sich um eine Verrenkung des seitlichen Ende des Schlüsselbeins zum Schulterdach (Acromion) mit Verletzung des stabilisierenden Kapsel- / Bandapparates des Schultereckgelenkes.

Ursachen

Häufigste Ursache für eine Verrenkung des Schultereckgelenkes/ Schultereckgelenksprengung ist der Sturz auf die Schulter mit direkter Krafteinleitung auf das Schultereckgelenk. Seltener ist die indirekte Verletzung durch einen Sturz auf den ausgestreckten Arm. Hierbei kommt es öfters zum Schlüsselbeinbruch.

Häufige Unfallursache sind Stürze vom Fahrrad, Pferd oder beim Skifahren.

Röntgenbild Schultereckgelenk

  1. Acromion
  2. Clavicula
  3. Differenz = hoch-gestiegenes Schlüsselbein

Symptome

Eine Schultereckgelenksprengung äußert sich vor allem in drei Symptomen:

  • Schmerzen direkt über dem Schultergelenk
  • Schwellung der Schulterpartie und
  • Schonhaltung

Typischerweise äußert sich eine Schultereckgelenksprengung mit sofort einsetzenden, einschießenden starken Schmerzen. Der Betroffene nimmt häufig eine Schonhaltung ein, da jede Art von Bewegung der Schulter oder des Arms die Beschwerden verstärkt, wie:

  • Überkopfbewegungen
  • seitliches Anheben des Arms oder
  • Armhebung gegen Widerstand.

So werden beispielsweise durch eine Drehung des Arms nach innen Schmerzen und Bewegungen vermieden. In der Regel wird als Schonhaltung der Arm abgewinkelt, vor den Körper gehalten und mit dem gesunden Arm abgestützt. Durch die Schonhaltung wird das Schultereckgelenk ruhiggestellt (was man beispielsweise bei einer Therapie mit einem Rucksack-Verband ebenfalls erreichen möchte), was zu einer deutlichen Schmerzlinderung führt. Als Sofortmaßnahme kann man den Arm mit einer Bandage oder Schlinge vor dem Bauch stabilisieren.

Folge einer Schultereckgelenkssprengung ist häufig ein Kapselriss im Schulterbereich. Daher ist es zu empfehlen sich auch mit folgendem Thema zu beschäftigen: Kapselriss in der Schulter

Wenn die Schultereckgelenksprengung während des Sports passiert, ist der Betroffene durch die Schmerzen normalerweise dazu gezwungen, die sportliche Aktivität zu beenden. Auch eine Druckausübung auf die Schulterregion bereitet zusätzliche Schmerzen, weshalb das Liegen auf der verletzten Schulter äußerst unangenehm sein kann. Bei einer Schultereckgelenksprengung kann der Arm relativ gut passiv bewegt werden, das bedeutet dass eine andere Person (z.B. der untersuchende Arzt) Bewegungen mit dem verletzten Arm und der Schulter durchführen kann, ohne die aktive Mithilfe des Betroffenen. Diese gute passive Beweglichkeit bei einer Schultereckgelenksprengung ist eine wichtige Abgrenzung zu einer Ausrenkung der Schulter (Luxation), dabei wäre auch die passive Beweglichkeit eingeschränkt. Aktive Beweglichkeit und die Bewegungsmöglichkeiten der betroffenen Schulter beziehungsweise des Arms sind meistens erheblich eingeschränkt und nur noch unter großen Schmerzen durchführbar. Unter Umständen kann eine teilweise oder komplette Instabilität der Schulter durch die Schultereckgelenksprengung festgestellt werden.

Kurze Zeit nach der Verletzung kommt es meistens zu einer Schwellung, die sich auf Teile der Schulter und des Oberarms erstreckt. Manchmal bildet sich auch ein Bluterguss (Hämatom). Durch eine Kühlung mit Eis kann eine stärkere Gewebeschwellung und somit auch noch stärkere Schmerzen verhindert werden.

Je nach dem Schweregrad der Verletzung treten nicht nur die Symptome Schmerzen, Schwellung und Schonhaltung auf. In manchen Fällen kann sich das Schlüsselbein (Clavicula) durch die Schultereckgelenksprengung in seiner Position verschieben, was durch einen Riss der betroffenen Bänder des Schultereckgelenks erklären lässt. So kann es vorkommen, dass das äußere Ende des Schlüsselbeins nach oben absteht und unter der Haut eine Vorwölbung bildet. Es ist jedoch nur scheinbar eine Hochstellung des Schlüsselbeins, eigentlich ist ein Tiefstand des Arms beziehungsweise des Schultergelenks durch das Gewicht des Arms und die Schwerkraft ursächlich für das Hervortreten des Schlüsselbeins. Bei einer völligen Zerreißung aller Bandstrukturen liegt das Vollbild einer Schultereckgelenksprengung vor.

Bei der körperlichen Untersuchung ist das „Klaviertastenphänomen“ beweisend (pathognomonisch) für das Vorliegen einer vollständigen Schultereckgelenkluxation, da man das verschobene Schlüsselbein wie eine Klaviertaste mit dem Finger nach unten drücken kann, es aber beim Nachlassen des Drucks sofort wieder nach oben federt. Manchmal ist zu hören, dass die Knochen aneinander reiben (Krepitation). Dieses meist schmerzhafte Symptom kann bei einer leichten Ausprägung des Schlüsselbeinhochstandes durch die Schulterschwellung verdeckt sein. Das Ausmaß des Klaviertastenphänomens ist ein indirekter Hinweis auf die Schwere der Bandverletzung bei einer Schultereckgelenksprengung.

Die Diagnose einer Schultereckgelenksprengung kann durch die sehr typische Symptomatik häufig schon vermutet werden. Die Schwellung im Schulterbereich, Schonhaltung und ein örtlich eingegrenzter Druckschmerz über dem Schultergelenk weisen auf eine Schultereckgelenksprengung hin. In der Regel verursachen Bewegungen zwischen dem Oberarm und dem Schulterblatt bei stabilisiertem Schulterblatt keine Schmerzen. Zur Diagnosesicherung ist zusätzlich zu der typischen Symptomatik eine Röntgenuntersuchung des Schultergelenks notwendig.

Schmerzen

Bei einer Schultereckgelenksprengung reißen häufig in Folge eines Sturzes auf die Schulter die verschiedenen Bandstrukturen rund um das Gelenk und des Schlüsselbeins.

Je nachdem wie viele Bänder verletzt sind und um welche Art von Verletzung es sich handelt, können auch die Schmerzen unterschiedlich stark ausfallen. Besonders im Bereich des Schultereckgelenkes am äußeren Ende des Schlüsselbeins treten starke Schmerzen auf, die dann auch in den Arm ausstrahlen können. Häufig sind die Schmerzen bereits so stark, dass es dem Patienten nicht mehr möglich ist, die Schulter bzw. den Arm zu bewegen. Oftmals tut auch das bloße Herabhängen des Armes sehr weh, weshalb die Patienten meistens die Schulter in der anderen Hand abstützen.

Zudem können um den Schulterbereich auch Schwellungen auftreten und die Schulter ist sehr druckempfindlich.

Ein weiteres typisches Symptom bei einer kompletten Schultereckgelenksprengung Grad III nach Tossy ist das sogenannten Klaviertastenphänomen. Durch den Abriss der Bänder steht das Schlüsselbein soweit nach oben herab, dass es wie eine Klaviertaste nach unten gedrückt werden kann und wieder nach oben schnellt. Gegen die Schmerzen kann der Patient Medikamente wie Ibuprofen oder Paracetamol zur Linderung einnehmen.

Diagnose

Nach Erhebung der Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung wird regelmäßig eine Röntgenaufnahme bei der Schultereckgelenksprengung durchgeführt. Bei einem Sturz auf die Schulter wird die Schulter in zwei Ebenen geröntgt (von vorne (a.p.) und seitlich) sowie zusätzlich bei entsprechendem Untersuchungsverdacht eine Zielaufnahme des Schultereckgelenkes durchgeführt.

Um das Klaviertastenphänomen noch zu verstärken, kann die Röntgenzielaufnahme unter Belastung und im Seitenvergleich durchgeführt werden. Hierfür werden dem Patienten jeweils ein Gewicht (10 kg) um die Handgelenke geschlungen, wodurch das Schulterdach (Akromion) weiter fußwärts gezogen wird und ein evtl. unerkanntes Klaviertastenphänomen zur Darstellung kommt.

Auch durch die Sonographie (Ultraschall) lässt sich eine Schultereckgelenksprengung diagnostizieren. Bei Bandverletzungen können Einblutungen im Gelenkbereich erkannt werden (echoarmer Bereich) und der 3-4 mm große Gelenkspalt kann in der Frontalebene vergrößert sein.

Ein Vorteil der Sonographie ist auch, dass gleichzeitig die Schultersehnen (Rotatorenmanschette) auf eine Verletzung hin untersucht werden können. Besonders ältere Patienten sind von einer Verletzung der Rotatorenmanschette häufiger betroffen.

--> Weiter zum Thema Klassifikation der Schultereckgelenksprengung

Tossy Einteilung

Die Klassifikation nach Tossy ist eine Gradeinteilung der Schultereckgelenksprengung. Sie beinhaltet verschiedene Grade nach denen der Schweregrad der Verletzung eingeschätzt wird. Zudem wird diese Einteilung auch genutzt, um eine Einschätzung zur Operationsindikation zu stellen. Sie richtet sich nach der Anzahl der verletzten Strukturen.

Bei Tossy I liegt eine Zerrung oder teilweiser Riss der Kapsel und des Bandes am akromiklavikülären Teil der Schulter. Die anderen Bänder des Schlüsselbeins sind nicht verletzt und das Schlüsselbein steht nicht höher. Es zeigt sich eine Verbreiterung des Gelenkspalts des Schultereckgelenkes.

Bei Tossy II handelt es sich um eine komplette Ruptur der Kapsel und des Bandes zwischen Acromion und Schlüsselbein. Zusätzlich sind die Bänder des Schlüsselbeins angerissen. Dadurch zeigt sich ein leichter Hochstand des Schlüsselbeins im äußeren Bereich.

Bei Tossy III sind schließlich alle Bänder am Schultereckgelenk und an dem Schlüsselbein gerissen, wodurch sich ein sichtbarer Hochstand des Schlüsselbeins gemäß des Klaviertastenphänomens zeigt. Im Röntgenbild wird eine deutliche Verbreiterung des Gelenkspaltes sichtbar.

Lesen Sie mehr zum Thema: Schultereckgelenksprengung Tossy-Einteilung

Operation

Verletzungen der Grade Tossy II und III werden in den meisten Fällen operativ versorgt, um vor allem folgende Schäden wie eine chronische Instabilität des Gelenks und auch der Bänder zu vermeiden.

Die Operation findet endoskopisch statt, weshalb meist nur kleine Hautschnitte zum Einbringen der Instrumente notwendig sind. Der Patient erhält dazu eine Vollnarkose. Es stehen verschiedene Techniken zur Auswahl.

Bei vielen Patienten werden die Bänder wieder zusammengenäht und auch durch eine körpereigene Sehne (Augmentation) aus dem Bein ( Gracilissehne) zusätzlich stabilisiert. Auch die Gelenkkapsel wird dabei rekonstruiert. Die Dauer des Eingriffs beträgt häufig um die 60 Minuten und der Patient kann das Krankenhaus meistens am ersten oder zweiten postoperativen Tag verlassen, je nach Zustand des Patienten.

Um eine gute Heilung des Gelenks zu garantieren, wird die gesamte Schulter im Anschluss durch eine Orthese versteift. Diese wird sowohl tagsüber als auch nachts getragen, damit die zusammengenähten Bänder gut heilen können und auch stabil werden.

In den nächsten drei Monaten wird dann die Bewegung durch gezielte Krankengymnastik wieder aufgebaut und gesteigert, wobei die Schulter noch keinen schweren Belastungen ausgesetzt werden darf. Leichtes Joggen ist nach circa sechs Wochen erlaubt.

Lesen Sie mehr zum Thema: Operation einer Schultereckgelenksprengung

Schultereckgelenksprengung

  1. Schlüsselbein
  2. ACG = Schulter - Eckgelenk
  3. Acromion (Schulterhöhe)
  4. Ligamentum coracoacromiale
  5. Ligamentum coraco- claviculare

Heilung der Schultereckgelenksprengung

Eine Schultereckgelenksprengung ist in der Regel eine gutartig verlaufende Verletzung. Bei der deutlichen Mehrheit der Betroffenen bleiben keinerlei Beschwerden oder Schmerzen im Alltag und beim Sport zurück. Wie viel Zeit eine Schultereckgelenksprengung braucht, um zu heilen, hängt vom Verletzungsgrad ab. Ohne einen operativen Eingriff beträgt die Dauer der Heilung in der Regel zwischen 2-12 Wochen, bis die verletzten Bandstrukturen wiederhergestellt sind.

Je ausgeprägter die Schädigung im Schultereckgelenk ist, desto eher muss eine Operation durchgeführt werden, um die Schultereckgelenksprengung zu richten. Dadurch kann sich die Dauer der Heilung deutlich erhöhen. Drähte oder Platten, die während der Operation zur Stabilisation in das Gelenks eingebracht werden, können nach 6-10 Wochen entfernt werden. Im Anschluss erfolgt eine physiotherapeutische Nachbehandlung, um eine vollständige Heilung zu erreichen. Meist ist die Schulter etwa 12 Wochen nach der Schultereckgelenksprengung wieder vollständig belastbar.

Der Heilungsprozesses kann durch konservative Behandlungsmethoden wie

  • Ruhigstellung des Gelenks durch verschiedene Verbandstechniken
  • Physiotherapie in Form von Lymphdrainage
  • Elektrotherapie
  • manueller Therapie oder
  • Krankengymnastik

gefördert werden. Durch die krankengymnastische Therapie wird die das Schultergelenk umgebende Muskulatur gekräftigt und die Belastungsfähigkeit gefördert. Nach Absprache mit dem behandelnden Arzt oder Physiotherapeut können bei einer leichten Schultereckgelenksprengung (schulterschonende) sportliche Aktivitäten wieder aufgenommen werden, sobald die Schmerzen nachlassen, häufig bereits nach 1-2 Wochen. Bei mittelstarken Schultereckgelenksprengungen sollte man 5-6 Wochen keinen Sport treiben, um ein Heilen der teilverletzten Bänder zu ermöglichen. Sportarten, bei denen die Schulter belastet wird oder bei denen die Hände über den Kopf angehoben werden (z.B. beim Volleyball), sind erst nach etwa drei Monaten wieder durchführbar. Starke Zug- und Druckkräfte auf die Schulter sollten nach Möglichkeit vermieden werden, um Rückschläge im Heilungsprozess zu verhindern.

Es kann vorkommen, dass im Anschluss an die verheilte Schultereckgelenksprengung

  • chronische Instabilität des Schultergelenks
  • Schultereckgelenksarthrose
  • Schmerzen oder eine
  • verminderte Gebrauchsfähigkeit des Arms

zurückbleiben. Diese Komplikationen wiederum können medikamentös, durch Injektionsverfahren in das Schultereckgelenk, mit Hilfe von Krankengymnastik oder operativ angegangen werden.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zum Thema Schultereckgelenksprengung finden Sie unter:

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 17.05.2007 - Letzte Änderung: 30.03.2024