Rotatorenmanschette

Synonyme im weiteren Sinne

Englisch: rotator cuff

Anatomie

Als Rotatorenmanschette bezeichnet man eine funktionell wichtige Muskelgruppe der Schulter, die am Schulterblatt (Scapula) ihren Ursprung hat und sich wie eine Manschette rund um den Oberarmkopf legt und für die Drehung (Rotation) und Hebung des Armes mitverantwortlich ist.

Man unterscheidet bei der Rotatorenmanschette den

Der Musculus subscapularis (lat. „sub“: unter, „scapula“: Schulterblatt) entspringt von der Vorderseite des Schulterblattes in der Fossa subscapularis und setzt an der Vorderseite des Oberarmknochens am Tuberculum minus an. Funktionell dient er der Drehung des Armes nach innen (Innenrotation), er ist sogar der stärkste Innenrotator am Oberarm. Außerdem unterstützt er die Bewegung des Armes nach vorne (Anteversion) sowie nach hinten (Retroversion). Wie alle Muskeln der Rotatorenmanschette trägt er ebenfalls zur Spannung der Gelenkkapsel bei. Innerviert wird er durch den Nervus subscapularis.

Der Musculus supraspinatus (lat. „supra“: überhalb, „spina“: Stachel) entspringt am oberen Anteil der Rückfläche des Schulterblattes in der Fossa supraspinata und zieht unter dem Schulterdach hindurch zum Tuberculum majus am Oberarmknochen. Seine Funktion ist die des seitlichen Armhebers (Abduktion), insbesondere in der Startphase der Bewegung bis ca. 15° Abduktion, er ist der "Abduktionsstarter". Diese Funktion teilt er sich mit dem Musculus deltoideus. Geringer wirkt er auch bei der Außendrehung des Armes mit und spannt außerdem auch die Gelenkkapsel. Er wird vom Nervus suprascapularis innervt.

Er weißt von allen Muskel der Rotatorenmanschette die häufigste Verletzung auf, vor allem, da seine Sehne mit fortschreitendem Alter häufig Verkalkungen aufweist. Diese Kalkeinlagerungen können zu einem sog. Impingement-Syndrom führen: Bei diesem Krankheitsbild handelt sich um eine Ein- beziehungsweise Abklemmung der Sehne des M. supraspinatus unter dem Schulterdach. Dabei resultieren Schmerzen beim seitlichen Anheben des Armes oder bei Belastungen, wie zum Beispiel beim Liegen auf dem betroffenen Arm.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Impingement-Syndrom

Abbildung Schultergelenk

  1. Schlüsselbein
  2. Schulterdach (Acromion)
  3. Raum zwischen Oberarmkopf und Schulterdach
  4. Oberarmknochen
  5. Schultergelenk (Articulatio glenohumerale)

Ein weiteres Krankheitsbild stellt das Supraskapularis-Syndrom dar: In diesem Fall wird der N. suprascapularis, der sowohl den M. supraspinatus als auch den M. infraspinatus versorgt, in einer Einkerbung des Schulterblattes eingeklemmt und es kommt zu Schmerzen in der Schulter und einer Abschwächung der Außenrotation und Abduktion.

Der Musculus infraspinatus (lat. „infra“: unterhalb, „spina“: Stachel) entspringt am unteren Anteil der Rückfläche des Schulterblattes, der sog. Fossa infraspinata, und zieht ebenfalls zum Tuberculum majus des Oberarmkopfes, etwas hinter dem Musculus supraspinatus. Betrachtet man den Verlauf des Muskels – vom Schulterblatt zum seitlichen Kopf des Oberarms – kann man seine Funktion gut nachvollziehen: Wenn der M. infraspinatus sich kontrahiert, bewirkt er eine kraftvolle Drehung des Armes nach außen (Außenrotation), er ist sogar der stärkste Außenrotator des Oberarmes. Neben der Außenrotation ist er auch am Heranziehen des Oberarmes zur Körpermitte (Adduktion) beteiligt. Beim erhobenen Arm bewirkt er hingegen eine Wegführung des Armes von der Körpermitte. Zusammen mit den anderen Muskeln der Rotatorenmanschette spannt er die Kapsel um das Schultergelenk. Die Innervation erfolgt über dem Nervus suprascapularis.

Der Musculus teres minor (lat „minor“: kleinere, „teres“: rund) hat seinen Ursprung am Seitenrand des Schulterblattes unterhalb des Musculus infraspinatus. Auch er zieht zum Tuberculum majus am Oberarmknochen. Funktionell ist er ein schwacher Außendreher (Außenrotation) des Oberarmes. Außerdem wirkt er beim Heranziehen des Oberarmes an den Körper (Adduktion) mit. Der M. teres minor und der M. infraspinatus bilden also nicht nur eine anatomische, sondern auch eine funktionelle Einheit. Jedoch unterscheiden sich beide Muskeln in ihrer Innervation: Der M. teres minor wird vom Nervus axillaris innerviert.

Funktion der Rotatorenmanschette

Die Funktion für die Armbewegung eines jeden an der Rotatorenmanschette beteiligten Muskels wurde schon beschrieben.
zusammenfassend hat die Rotatorenmanschette eine wesentlichen Anteil an der Rotation des Armes, also an der Außen- und Innendrehung des Oberarms.
Die Rotatorenmanschette ist also äußerst wichtig für die Beweglichkeit des ganzen Armes. Zusammen mit anderen Muskeln verleiht die Rotatorenmanschette dem Schultergelenk den größten Bewegungsspielraum aller Gelenke des Menschen.

Darüber hinaus spannt ein jeder Muskel der Rotatorenmanschette die Gelenkkapsel des Schultergelenkes an und gibt somit dem Schultergelenk Stabilität.

Wegen der geringen knöchernen Führung des Schultergelenkes und des schwachen Bandapparates, wird die Sicherung des Schultergelenkes vor allem von der Rotatorenmanschette und dem Musculus deltoideus (Deltamuskel) übernommen. Zusammen bewirken sie, dass der Oberarmkopf in der Gelenkpfanne gehalten (zentriert) wird.
Diese erklärt aber in gleichem Maße auch die hohen Belastungen, die auf die Rotatorenmanschette einwirken und die Folgen bei Verletzungen, die daraus sich ergeben.

Erkrankungen der Rotatorenmanschette

Im Gegensatz zu anderen großen Gelenken des Körpers wird das Schultergelenk hauptsächlich durch seine Weichteile (Muskulatur, Bänder, Gelenkkapsel) geführt und stabilisiert.
Der Kontakt des großen Oberarmkopfes (Humerus) zur Schultergelenkpfanne (Glenoid) ist nur gering. Aufgrund dieser enormen Belastungen finden sich Erkrankungen des Schultergelenkes gehäuft im Bereich der Rotatorenmanschette.

Besonders häufig betroffen ist der Musculus supraspinatus der unter dem Schulterdach hindurch zum Oberarmkopf zieht. Bei Armbewegungen über die Horizontale kommt es zu einer Schulterdachenge für diesen Muskel, weil der Oberarmkopf beim Armanheben nach oben unter das Schulterdach steigt. Durch eine anlagebedingte oder verschleißbedingt erworbene Schulterdachenge kann es zum Krankheitsbild des Impingementsyndroms kommen. Gemeint ist damit das wiederholte Einklemmen der Supraspinatussehne unter dem Schulterdach, was eine Entzündung der Sehne und des dort befindlichen Schleimbeutels (Bursitis subacromialis) zur Folge hat. Ist die Belastungsfähigkeit der Supraspinatussehne überschritten, kann sie ohne adäquate Verletzung reißen (Supraspinatussehnenruptur / Rotatorenmanschettenriss).
Die deutsche Übersetzung von Impingementsyndrom bedeutet Engpasssyndrom, welches auch synonym als Schulterengpasssyndrom bezeichnet wird.

Durch eine chronische Schädigung kann sich auch Kalk in der Supraspinatussehne ablagern, aber auch in anderen Sehnen der Rotatorenmanschette.
Man spricht dann von dem Krankheitsbild einer Tendinitis calcarea oder Kalkschulter.

Schmerzen an der Rotatorenmanschette

Oftmals liegt die Ursache für Schmerzen in der Schulter im Bereich der Rotatorenmanschette. Die meisten Beschwerden treten bei Belastung auf, wie zum Beispiel beim Abspreizen des Armes und insbesondere beim Versuch den Arm vollständig zu heben. Zu den Symptomen zählen Schmerzen bei Belastung oder beim Liegen auf dem Arm, z.B. nachts, die sogar bis zur Hand ausstrahlen. Auch eine Muskelschwäche im Schulterbereich sowie Funktionseinschränkungen können Symptome sein.

Typischerweise sind Sehnenveränderung der Grund dieser Beschwerden. Veränderung der Knochenstruktur, degenerative Veränderung der Sehnen, z.B.Verkalkungen, die im Alter zunehmen, oder Traumata können zu einer Einklemmung der Sehne des M. supraspinatus führen. Diese Einklemmung wird Impingement-Syndrom genannt und verursacht Schmerzen, die beim Heben des Armes über 60° auftreten und beim Heben über 120° wieder verschwinden. Dieser Bereich wird auch „Painful Arc“ genannt.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Impingement-Syndrom

Dieses Phänomen beruht darauf, dass sich beim Heben des Armes der Platz unter dem Schulterdach verringert und die darunter verlaufende, vorbeschädigte Sehne des M. supraspinatus eingeklemmt wird. Häufig tritt dieses Phänomen bei Sportlern insbesondere bei Schwimmern, Tennis-, Golf- und Handballspielern auf. Zur Diagnosesicherung wird oft eine Bildgebung (Röntgen, MRT) durchgeführtt. Die Therapie kann sowohl konservativ, also mithilfe von Physiotherapie und verschiedener Medikamente, als auch operativ durch eine Arthroskopie erfolgen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Physiotherapie bei einem Impingementsyndrom

Entzündung der Rotatorenmanschette

Entzündungen sind häufig eine Reaktion des Körpers auf Verletzungen und treten besonders bei Reizungen von Muskeln oder Sehnen auf. Im Schulterbereich werden Entzündungen oft beim Vorliegen von Verkalkungen beobachtet.

Bei einer Entzündung der Rotatorenmanschette lassen sich klassische Symptome beobachten: Der Schulterbereich ist im Seitenvergleich gerötet, oft überwärmt und angeschwollen, die Bewegung ist oft eingeschränkt und schmerzhaft. Wenn die Beschwerden mehrere Tage anhalten oder sich verschlimmern, sollte ein Arztbesuch in Betracht gezogen werden.

Bei wiederholten Entzündungen können sich Verkalkungen, insbesondere im Bereich der Sehnen, bilden und zu Funktionseinschränkungen und Schmerzen führen, siehe Impingement-Syndrom. Eine ausführliche Anamnese und körperlichen Untersuchung, eine Blutentnahme, um Entzündungsparameter zu messen, und ein bildgebendes Verfahren (z.B. MRT) können zur Diagnosesicherung beitragen. Die Schulter sollte aber auf jeden Fall geschont werden und wenn möglich sollte eine Schulterorthese oder -Bandage getragen werden. Zur Schmerztherapie sollten am besten Nicht-steroidalen-Antirheumatika in Betracht gezogen werden. Krankgymnastik und Physiotherapie können dazu beitragen, die Schmerzen und den Funktionsverlust zu minimieren.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Entzündung der Rotatorenmanschette

Riss der Rotatorenmanschette

Die Rotatorenmanschette ist unentbehrlich für zahllose Bewegungen, die täglich ausgeführt werden und oft mit Belastung einhergehen. Mit zunehmenden Alter werden die Sehnen immer stärker abgenutzt und die Rupturgefahr, also die Wahrscheinlichkeit für einen Riss, steigt. Weiterhin machen Verkalkungen und veränderte Knochenstrukturen die Sehnen noch brüchiger. Jedoch reißen die Sehnen sehr selten von alleine, sondern eher als Folge eines Traumas, z.B nach einem Sturz. Besonders gefährdet ist die Sehne des M. supraspinatus, die durch ihre enge anatomische Nachbarschaft mit dem Schulterdach (Acromion) einen besonderen Stress ausgesetzt ist.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Rotatorenmanschettenriss

Bei einem Rotatorenmanschettenriss empfindet man meistens plötzliche starke Schmerzen im ganzen Schulterbereich. Die Schmerzen sind oft auch Lage- und Bewegungsabhängig: Beim Liegen auf dem betroffenen Arm oder beim Hochheben vom Arm werden die Schmerzen stärker. Typisch sind auch Schmerzen, die nachts auftreten und den Schlafrhythmus beeinträchtigen. Auch eine Kraftminderung und eine eingeschränkte Beweglichkeit der Schulter treten bei einem Rotatorenmanschettenriss auf. Um die Diagnose zu sichern, kann ein Ultraschall oder ein MRT durchgeführt werden.

Zur Wiederherstellung der Funktion des Muskels sollte die Sehne wieder zusammengenäht werden. Dies erfolgt meistens arthroskopisch, also mithilfe kleiner Stäbe, die in die Schulter eingeführt werden können und so eine offene Operation vermeiden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Arthroskopie der Schulter

Nebenbei sollte Krankengymnastik verordnet werden, um die Kraft des geschädigten Muskels wieder aufzubauen und die anderen Muskeln der Rotatorenmanschette zu stärken.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Nachbehandlung des Rotatorenmanschettenrisses

Training der Rotatorenmanschette

Das Trainieren der Schultermuskulatur hat nicht nur einen ästhetischen und sportlichen Sinn, sondern ist auch medizinisch gesehen geeignet, um zukünftige Schädigung im Bereich der Schulter entgegenzuwirken. Um die Rotatorenmanschette effektiv trainieren zu können, sollte man sich ihre Funktionsvielfalt gut ansehen: Außenrotation, Innenrotation, Abduktion und Adduktion.

Achtung: Bevor man mit dem Training beginnt, sollte man immer seine Muskeln vordehnen! Für sinnvolle Übungen benötigt man außerdem ein Übungsband. Nachdem man das Übungsband an einer festen Stelle auf Schulterhöhe fixiert hat, kann man die Innen- und Außenrotation trainieren, indem man den Arm seitlich austreckt, den Ellenbogen im 90° Winkel hält und Wurfbewegung langsam durchführt. Um die Außenrotation noch effektiver zu trainieren, empfiehlt es sich, das Übungsband am Boden sicher zu befestigen und dann, in der Position wie gerade beschrieben (Oberarm seitlich ausgestreckt, Ellenbogen im 90° Winkel), den Oberarm nach oben zu drehen und somit das Band nach oben zu strecken.

Die Abduktion lässt sich trainieren indem man beide Arme seitlich am Körper hält, mit jeder Hand das Band hält, wobei es ziemlich gespannt sein sollte, und dann langsam die durchgestreckten Arme seitlich abspreizt. Sportarten, wie zum Beispiel Schwimmen oder Handball, können sich zum Trainieren der Rotatorenmanschette gut eignen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Schultermuskeltraining

 

Abbildung Schulter

  1. Schulterdach (Acromion)
  2. Ausgedünnte Supraspinatussehne
  3. Oberarmkopf / Humerus
  4. Schultergelenk (Articu- lation glenohumerale)
  5. Muskelbauch des Suprasinatusmuskels
    (Musculus supraspinatus)
Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.05.2007 - Letzte Änderung: 25.07.2023