Die Supraspinatussehne ist die Ansatzsehne des Musculus supraspinatus. Sie ist besonders anfällig für Verletzungen und deswegen eine häufige Ursache für Schmerzen in der Schulter.

Supraspinatussehne

Lage und Funktion

Die Supraspinatussehne ist die Ansatzsehne des Musculus supraspinatus (Obergrätenmuskels). Dieser Muskel hat seinen Ursprung an der Rückseite des Schulterblattes und setzt über seine Sehne am Oberarmkopf an. Der Muskel ist vor allem dafür zuständig, den Arm (besonders ab einem Winkel über 60°) vom Körper abzuspreizen (Abduktion). Zusammen mit drei weiteren Muskeln (Musculus infraspinatus, Musculus subscapularis und Musculus teres minor) bildet er die sogenannte Rotatorenmanschette. Diese Muskelgruppe dient zusätzlich der (Innen- und Außen-)Drehung des Oberarms, ihre wichtigste Aufgabe ist es jedoch, das Schultergelenk, das ansonsten relativ frei beweglich und wenig gesichert ist, zu stabilisieren.

Erkrankungen und Verletzungen

Da die Supraspinatussehne in einer anatomisch engen Beziehung zu Schleimbeuteln und dem Schulterdach (Acromion) liegt, ist diese besonders anfällig für Verletzungen und deswegen eine häufige Ursache für Schmerzen in der Schulter. Im Vordergrund stehen hierbei drei typische Krankheitsbilder: Das Impingementsyndrom, Verkalkungen (die sehr häufig durch degenerative Veränderungen hervorgerufen werden können) und die Rotatorenmanschettenruptur, bei der besonders oft die Supraspinatussehne abreißt.

Beim Impingementsyndrom ist im Schultergelenk nicht genug Platz für alle Strukturen vorhanden, weshalb bestimmte Teile des Gelenks unnatürlicherweise zusammenstoßen und dem Betroffenen dadurch Schmerzen bereiten. Dadurch ist die Beweglichkeit des Schultergelenks mitunter stark eingeschränkt. Dies kann sehr unterschiedliche Ursachen haben, am häufigsten kommt dieser Engpass allerdings dadurch zustande, dass die Supraspinatussehne verdickt ist. Das kann verschiedene Gründe haben: Entweder sie ist einer langfristigen Überbelastung ausgesetzt gewesen oder sie ist als Folge von einer Entzündung oder degenerativen Veränderungen angeschwollen. Beim seitlichen Abspreizen des Armes wandert die Supraspinatussehne stets zur Körpermitte hin und gleitet zwischen den Oberarmkopf und das Schulterdach.
Wenn diese nun aber verdickt ist, wird dadurch der Bereich unter dem Schulterdach (der subakromiale Raum) zu stark verkleinert und die sich darin befindlichen Strukturen werden eingeengt. Das bedeutet, dass Sehnen direkt aneinander oder am Knochen oder an den Schleimbeuteln reiben und unterschiedliche Gewebe dadurch gereizt werden. Das führt zu Schmerzen vor allem bei der Abduktion des Armes zwischen 60 und 120°, weshalb diese Erkrankung von manchen auch als „Schmerzhafter Bogen“ bezeichnet wird. Zum Teil können die Schmerzen bis weit in den Oberarm ausstrahlen und unter Umständen auch nachts bestehen, wenn der Betroffene sich auf die erkrankte Seite dreht. Operativ kann ein Impingementsyndrom in der Regel gut behandelt werden.

Die Rotatorenmanschettenruptur tritt zwar häufiger in Gemeinschaft mit einem Impingementsyndrom auf, hat aber nicht notwendigerweise etwas damit zu tun. Im Laufe des Lebens wird die Supraspinatussehne aufgrund ständiger Belastungen immer dünner und weniger rissfest. Dies kommt durch den natürlichen Verschleiß der Sehne und zum Teil durch dadurch bedingte degenerative Veränderungen zustande. Wenn die Sehne einmal so „ausgedünnt“ ist, kann es leicht passieren, dass sie auch als Folge von bloß minimalen Gewalteinwirkungen, Verletzungen oder Unfällen so überstrapaziert wird, dass sie ein- oder sogar abreißt.

Bei größeren Unfällen, wie zum Beispiel bei einem Sturz, der durch den ausgestreckten Arm abgefangen wird, kann auch eine zuvor noch nicht beschädigte Sehne reißen. Die Beschwerden, über die ein Patient klagt, sind, je nach Ausmaß des Risses, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen (besonders bei Abduktion und Außenrotation) und eine Kraftminderung. Wenn die Sehne nicht vollständig durchtrennt ist, schließt sich an die Ruptur normalerweise eine konservative Therapie (mit Medikamenten und Physiotherapie) an. Dadurch wird die Sehne zwar nicht wieder hergestellt, aber ein normaler alltäglicher Gebrauch kann meistens innerhalb kurzer Zeit wieder gewährleistet werden. Sollte sich kein Erfolg zeigen oder sollte die Sehne komplett abgerissen sein, kommt man in der Regel nicht darum herum, eine Operation durchzuführen zu lassen.

Eine weitere häufige Erkrankung der Supraspinatussehne ist die Tendinosis bzw. Tendinitis calcarea, also eine Verkalkung von der Sehne oder des Sehnenansatzes. Hier kommt es entweder unter oder an der Sehne selbst zu Kalkablagerungen, die wiederum dazu führen, dass sich die Sehne entzündet. Diese Entzündung bringt dann die typischen Entzündungszeichen mit sich, vor allem Schmerzen, Schwellungen, Rötung und eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks. Die genaue Ursache dieser Veränderungen konnte bis heute nicht endgültig geklärt werden, nur zum Teil sind sie degenerativ bedingt (also eine Form der Arthrose), teilweise treten sie aber eben auch ohne jeglichen erkennbaren Grund auf. Mithilfe eines Röntgenbildes lassen sich die Verkalkungen gut erkennen und die Diagnose ist damit relativ einfach zu stellen.

Da die Schmerzen sehr heftig werden können und eine Verkalkung nicht selten irgendwann zu einem Riss der Supraspinatussehne führen kann, wird in der Regel eine Therapie empfohlen. Je nach Patient kann diese Therapie konservativ erfolgen (also mit Kühlen, Medikamenten, Krankengymnastik oder neuerdings auch der sogenannten Extrakorporalen Stoßwellentherapie [ESWT], bei der die Kalkdepots in der Schulter von außen durch niedrig frequente Stoßwellen zertrümmert werden, die allerdings trotz guter Ergebnisse weiterhin umstritten ist) oder in schwereren Fällen durch eine Operation, bei der die Verkalkungen abgetragen werden. Leider ist selbst nach einer Operation die Rückfallquote nicht zu verachten und außerdem kommt es bei Verkalkungen auch zu Spontanheilungen, weshalb das Für und Wider der Durchführung eines operativen Eingriffes von Arzt und Patient immer gründlich abgewogen werden muss.

Entzündung der Supraspinatussehne

Aufgrund ihrer Lage und ihrer Beanspruchung kann es schnell und immer wieder zu einer Entzündung im Bereich der Sehne des Musculus supraspinatus kommen. Meistens entstehen solche Entzündungen durch eine Überbeanspruchung der Muskeln im Bereich der Schulter (z.B. Heben zu schwerer Lasten) oder aber auch durch eine Fehlbelastung (falsches Heben von Lasten).

Symptome einer entzündeten Sehne des Musculus supraspinatus sind vor allem stechende oder beißende Schmerzen beim Heben oder Drehen des Armes mit teilweise auch Verlust von Kraft und Feinmotorik. Die wichtigste Maßnahme in diesem Zusammenhang ist zunächst einmal das Vermeiden dieser Art von Bewegung. Des Weiteren kann versucht werden, mit Kühlung gegen den Schmerz vorzugehen. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichend sein, sollte eine entzündungshemmende Schmerztherapie in Form von Ibuprofen oder Diclofenac erfolgen.

Kommt es immer wieder zu Entzündungen der Sehne, sollte eine teils therapeutische, teils vorbeugende Behandlung durch den Physiotherapeuten erfolgen. Er hilft, die anderen Muskeln entsprechend aufzutrainieren, die Sehne des Musculus supraspinatus also zu entlasten. Auch kann die Nutzung eines Kinesiotapes sinnvoll sein. Dabei wird ein elastisch klebendes Band auf den natürlichen Verlauf des Musculus supraspinatus aufgeklebt und soll dafür sorgen, dass der Muskel entlastet und in seiner Bewegung geschont wird.

Verkalkte Supraspinatussehne

Die Supraspinatussehne spannt sich über den Oberarmkopf des Schultergelenks aus und ist für zahlreiche Bewegungs-, Halte- und Stabilitätsvorgänge im Bereich der Schulter zuständig. Sie ist tagtäglich vielen Reibe-, und Scherkräften ausgesetzt. Wie bei jedem mechanisch stark beanspruchten Gewebe, versucht der Körper entsprechende Abnutzungserscheinungen vorzubeugen, was er durch eine Verdickung des Gewebes versucht. Auf der einen Seite sinnvoll auf der anderen Seite auch weitere Beschwerden verursachend, lagert der Körper an stark beanspruchten Stellen der Supraspinatussehne Kalk ab, der als Schutz und zur Stabilisierung dienen soll. Dieses Phänomen bezeichnet man auch als Kalkschulter.

Da im Schultergelenk die Platzsituation sehr eingeschränkt ist, kommt es durch diese Sehnenverdickung allerdings schnell zu einem Platzproblem: umliegendes Gewebe, Nerven und Sehnen anderer Muskeln reiben sich an der sich zunehmenden verkalten Supraspinatussehne, die durch ihre Eigenbewegung ebenfalls Reibungsvorgänge auslöst. Diese enge Platzsituation löst Reizungen der Supraspinatussehne aus, die sich, wenn die Bewegungen nicht reduziert werden, auch entzünden kann. Der Patient beschreibt bei Bewegung ziehende beißende Schmerzen.

Therapie der Wahl ist nach Diagnosestellung vor allem die zeitlich begrenzte Ruhigstellung des Arms sowie Kühlung und entzündungshemmende Schmerzbehandlung. Werden die Beschwerden chronisch sollte eine Gelenkspiegelung mit der Abtragung der Verkalkungen in Erwägung gezogen werden.

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Supraspinatussehnenruptur

Bei einem Riss der Supraspinatussehne, den man auch als Rotatorenmanschettenriss bezeichnen kann, kommt es zu einer plötzlich eingetretenen Abtrennung der Supraspinatussehne vom Muskel oder aber zu einer Durchtrennung der Sehne in 2 Hälften. Obwohl der Abriss plötzlich und meistens nach einer ruckartigen Bewegung des Arms bzw. nach dem Heben einer schweren Last erfolgt, unterscheidet man als Ursache eine akute von einer chronischen Form.

Bei der akuten Form kommt es bei einer völlig intakten Sehne durch eine zu schweren Hebebewegung oder durch eine falsche Bewegung, zu einem plötzlich Riss der Sehne. Bei der chronischen Form kommt es durch über viele Jahre stattgefundene Fehlbelastungen mit daraus resultierender Degeneration der Sehne zu einem Schwächerwerden des Muskels. Meistens ist ein schweres Gewicht gar nicht mehr notwendig, bevor es zu einem Abriss kommt.

Der eigentliche Abriss ist mit stechenden, starken Schmerzen verbunden, manchmal kommt es auch zu einer sofort auftretenden Einschränkung der Mobilität im Bereich der betroffenen Schulter. Die Behandlung erfolgt in den allermeisten Fällen operativ. Manchmal auch konservativ. Durch einen arthroskopischen Eingriff, werden die beiden Enden der Sehne wieder angenähert und vernäht. Die Heilung erfolgt über mehrere Wochen unter einer Nachbehandlung des Rotatorenmanschettenrisses mit physiotherapeutischem Kraftaufbau.

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Tapen der Supraspinatussehne

Der Musculus supraspinatus gehört zu der starken Muskelgruppe der Schultermuskulatur und ist für die Bewegung und Stabilität des Oberarms im Schultergelenk verantwortlich. Die Sehne des Muskels verläuft zwischen Oberarmkopf und Schulterdach und umschließt den Schulterkopf. Aufgrund ihrer sich ausspannenden Position ist die Supraspinatussehne besonders häufig von starker Beanspruchung und auch Degeneration betroffen.

Eine Therapie dieser daraus entstehenden Schmerzen ist das physiotherapeutische Tapen des Bereichs der Sehne. Bei dieser nichtoperativen Maßnahme wird ein elastisches klebendes Band (Kinesiotape) auf den Muskelverlauf des Musculus Supraspinatus aufgeklebt. Das Band sollte, wenn möglich, über einen Zeitraum von mehreren Tagen ununterbrochen getragen werden. Es wirkt als passiver Muskelersatz und fördert eine Stabilität im Schultergelenk, eine Regulation des Muskeltonus, eine Entzündungshemmung sowie eine Reduzierung von Schwellungen.

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Weitere Informationen zum Thema Supraspinatussehne

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 22.04.2014 - Letzte Änderung: 25.07.2023