Symptome von Schilddrüsenkrebs

Einleitung

Wie jedes andere Organ des Körpers auch, kann ebenso die Schilddrüse von Krebs befallen werden. Dabei hängt die Art des bösartigen Tumors von dem Gewebe ab, welches im Rahmen der Erkrankung entartet. Es können die Schilddrüsenepithelzellen (Thyreozyten), das Follikelepithel (in welchem die Schilddrüsenhormone gespeichert werden) und die C-Zellen - Zellen, die das Hormon Kalzitonin produzieren - Ausgangspunkt des Schilddrüsenmalignoms sein.
Im Jahr treten im Durchschnitt etwa 30.000 Neuerkrankungen auf. Dabei besteht der Großteil der Erkrankungen (80%) aus sogenannten follikulären und papillären Schilddrüsenkarzinomen, welche sich aus Schilddrüsenepithelzellen entwickeln. Die soeben genannten Krebsarten sowie das medulläre Schilddrüsenkarzinom aus C-Zellen, sind differenzierte Tumore – sie weisen einen geringen Malignitätsgrad (Grad der Bösartigkeit des Tumors) auf und sind daher gut behandelbar.

Im Gegensatz dazu steht das anaplastische Karzinom, welches stark undifferenziert ist, sehr schnell wächst und oftmals keine gute Prognose ermöglicht. Je nach Ausgangszellart gibt es geschlechterspezifische Unterschiede. Während die meisten differenzierten Tumore drei Mal häufiger bei Frauen auftreten, gibt es bei medullären und anaplastischen Formen eine Gleichverteilung.

Ursachen

Die Ursachen für die Entstehung von Schilddrüsenkrebs sind in der Mehrzahl aller Fälle ungeklärt. Ionisierende Strahlung soll die Gefahr erhöhen, an einem differenzierten Karzinom papillärer oder follikulärer Art zu erkranken. Ein Jodmangel, welcher ein Struma (Schilddrüsenvergrößerung) auslösen kann, ist scheinbar kein Risikofaktor für die Tumorentwicklung. Jedoch tendieren Menschen in jodreicheren Gebieten eher zum papillären Schilddrüsenkrebs, der sich in der Prognose günstiger darstellt. Der dritte differenzierte Tumor, das C-Zell-Karzinom (medullärer Schilddrüsenkrebs), ist in einem Viertel der Erkrankungen auf genetische Merkmale zurückzuführen. Mutationen auf dem Chromosom 11 sind für den Tumor verantwortlich. Beim Rest der Fälle ist die Ursache abermals unbekannt. Das anaplastische Schilddrüsenkarzinom ist durch seine undifferenzierte Art der gefährlichste Tumor. Er entwickelt sich extrem schnell aus dem Follikelepithel, wobei auch hier bislang keine Ursache herausgefunden werden konnte.

Anzeichen

Der papilläre Schilddrüsenkrebs kommt oftmals als Mikrokarzinom vor, also als Tumor mit einer Größe kleiner als ein Zentimeter. Daher bleibt er zunächst klinisch stumm und wird nicht durch den Patienten bemerkt. Auch erfahrene Ärzte können solch kleine Strukturen beispielsweise bei einer Routinekontrolle nicht ertasten.
Da die papillären Karzinome vornehmlich auf lymphogenem Wege streuen, können sich im Rahmen der Erkrankung Lymphknotenmetastasen bilden, die eher als der Primärtumor in Erscheinung treten. Dabei ist auf verhärtete Lymphknoten in der Halsregion zu achten, die wenig verschieblich sind. Fernmetastasen sind eher beim follikulären Schilddrüsenkarzinom zu finden, da dieses über die Blutbahn streut.
Somit können Metastasen das Skelett und die Lunge befallen, die beiden häufigsten Metastasierungsorte.

Andere Symptome der papillären und follikulären Tumore sind harte, tastbare Knoten in der Schilddrüse oder eine scheinbare Vergrößerung derselben. Im späteren Verlauf der Erkrankung kommt es bei Nichtentdeckung zur Infiltrationen des umliegenden Gewebes – der Muskulatur, der Luft- und Speiseröhre. Auch Nerven können durch den Tumor geschädigt werden.
Ist der Nervus laryngeus recurrens betroffen, kommt es bei einseitiger Schädigung zu Heiserkeit, bei beidseitigem Befall zu Heiserkeit und Luftnot. Der Grund dafür ist die Aufgabe des Nervs: die Innervation (nervale Versorgung) der inneren Kehlkopfmuskulatur, welche die Stimmbänder bewegt.

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Neben der Recurrensparese (Recurrenslähmung) kann das Horner-Syndrom auftreten, welches durch die Schädigung der Sympathikus-gesteuerten Augenmuskulatur hervorgerufen wird. Dieser Symptomkomplex beinhaltet die Miosis (Pupillenverkleinerung), die Ptosis (Lidsenkung) und je nach wissenschaftlicher Ansicht, den (Pseudo-)Enophtalmus (Hervortreten des Auges).

Das medulläre Schilddrüsenkarzinom wird ebenfalls oftmals erst spät entdeckt, da es sich anfangs symptomlos entwickeln kann. Ein auffälliger Befund bei einer Untersuchung mit folgender Biopsie einer Lymphknoten- oder Fernmetastase führt oftmals zur Erstdiagnose. Kann der Tumor nicht erfolgreich therapiert werden oder wird er nicht bemerkt, kann es zu einer relevanten Erhöhung des Kalzitoninspiegels kommen. Dieses Hormon wird von den C-Zellen produziert und bei maligner Entartung vermehrt ausgeschüttet.
Es senkt den Blutspiegel von Kalzium, indem es dessen Ausscheidung über die Niere erhöht, die Aufnahme im Darm vermindert und die Aktivität der Knochensubstanz-abbauenden Zellen (Osteoklasten) reduziert. Folgen eines erhöhten Kalzitoninspiegels können unter anderem Flush (Errötung der Haut durch verstärkte Durchblutung, s. Flush-Syndrom), Durchfall und Schwindel sein. Ebenso kann ein leichter Kalziummangel (Hypokalzämie) auftreten, der sich in einer erhöhten Erregbarkeit der Skelettmuskulatur zeigt – Muskelzuckungen oder Krämpfe können auftreten.

Durch die rasante Entwicklung des anaplastischen Karzinoms zeigt sich die Erkrankung relativ schnell. Es besteht eine einseitige Halsschwellung die durch Schluckbeschwerden und zunehmende Heiserkeit begleitet wird.
Eine plötzliche Schwellung am Hals muss immer schnellstmöglich untersucht werden, da auch andere gefährliche Krankheiten (allergische Reaktion) ursächlich sein können.

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Haarausfall

In seltenen Fällen können die Schilddrüsenhormone durch bösartige Tumorerkrankungen beeinflusst werden. Sowohl eine Unterfunktion, eine Verminderung der Hormonproduktion, als auch eine Überfunktion, eine vermehrte Hormonproduktion, können das Haarwachstum und dessen Aufbau beeinflussen. Die Schilddrüsenhormone haben wichtige Aufgaben bei der Steuerung des Wachstums und der Entwicklung des menschlichen Körpers. Durch eine Unterfunktion kann es passieren, dass Haare an Stärke und Durchmesser verlieren. Auch die Dichte kann verloren gehen – die Haare wirken matt und sind brüchig. Dadurch fallen sie leichter aus. Dies passiert auch bei einer Überfunktion, wobei hier zunächst das Wachstum beschleunigt werden kann. Als Folge dessen treten die Haare schneller in ihre Ruhephase ein – sie werden nicht so lang, sind dünner und brüchiger.

Schilddrüsenkrebs kann mit Hilfe einer Radiojodtherapie nachbehandelt werden. Meist folgt diese auf eine operative Entfernung der Schilddrüse, wird aber auch bei starken Schilddrüsenüberfunktionen eingesetzt. Bei der Radiojodtherapie wird dem Patienten radioaktives Jod verabreicht. Dieses wird in die Schilddrüse eingelagert, welche für den Jodhaushalt des Körpers zuständig ist und das Jod zum Aufbau der Hormone benötigt. Die radioaktive Substanz zerstört das Gewebe, von dem es aufgenommen wird. Daraus kann eine therapiebedingte Schilddrüsenunterfunktion resultieren, die sich in Antriebslosigkeit und Gewichtzunahme, aber auch in dem vorangehend beschriebenen Haarausfall niederschlagen kann.

Blutwerte

Oftmals wird die Diagnose eines papillären oder follikulären Schilddrüsenkarzinoms dadurch gestellt, dass kleinste Gewebemengen aus den verdächtigen Strukturen entnommen werden. Diese werden im Labor mikroskopisch untersucht und befundet. Die Blutwerte spielen in der Diagnostik eher eine untergeordnete Rolle, da sie in den meisten Erkrankungsfällen unauffällig sind und nur selten eine erhöhte Schilddrüsenhormonproduktion zeigen. In manchen Fällen ist das Thyreoglobulin (TG = Trägersubstanz der Schilddrüsenhormone im Blut) erhöht, welches in den Schilddrüsenzellen produziert und gespeichert wird. In geringen Mengen ist es normalerweise im Blut vorhanden – eine Erhöhung deutet auf ein Problem der Schilddrüse hin.

Auch das medulläre Schilddrüsenkarzinom wird vornehmlich mit Hilfe einer histologischen Untersuchung festgestellt. Da der Krebs aus C-Zellen besteht, kann hierbei eine auffällige Blutuntersuchung beobachtet werden. C-Zellen bilden Kalzitonin, ein Hormon des Kalziumstoffwechsels, welches im Blut gemessen werden kann. Durch die Wucherung der Zellen im Rahmen der Krebserkrankung kommt es zu einem mehrfach bis tausendfachen Anstieg des Kalzitonin-Spiegels im Blut. Parallel dazu steigt der Tumormarker CEA (karzinoembryonales Antigen) an, welcher im Rahmen vieler verschiedener bösartiger Tumorerkrankungen erhöht ist.

Beim anaplastischen Schilddrüsenkarzinom ist einzig und allein die klinische Auffälligkeit wegweisend. Die Schilddrüsenhormone stellen sich im Blutbild vollkommen normal dar und sind daher diagnostisch keine Hilfe.

Heilungschance

Die Heilungschancen sind beim papillären und follikulären Schilddrüsenkrebs am höchsten. In über 80 % aller Erkrankungen an einem papillären Schilddrüsenkarzinom, kann das Tumorleiden geheilt werden, was an der 10-Jahres-Überlebensrate festgemacht wird. Dadurch hat diese Form der bösartigen Tumorerkrankungen der Schilddrüse die besten prognostischen Aussichten. Etwas schlechter stellt sich die Prognose eines follikulären Schilddrüsenkarzinoms mit 60 bis 70 % Heilungschance dar.

Ein C-Zell-Karzinom oder medullärer Schilddrüsenkrebs kann von den genetischen Grundlagen abhängig sein. Es gibt eine familiäre Form, bei der die Anlage zur Ausbildung eines Schilddrüsentumors vererbt wird. Bei einer familiären Vorbelastung stellen sich die Heilungschancen bezüglich der 10-Jahres-Überlebensraten mit 50 bis 70 % besser dar, als bei der „Wildform“, die ohne genetische Ursache entsteht. Kann festgestellt werden, dass die Erbanlagen an der Erkrankung Schuld sind, sollte eine Beratung der gesamten Familie angestrebt werden, um Maßnahmen zur Früherkennung einleiten zu können und die Prognose der Erkrankung bei weiteren Fällen in der Familie zu verbessern.

Die schlechteste Prognose und damit die geringsten Heilungschancen bestehen bei einem anaplastischen Schilddrüsenkarzinom. Durch die entdifferenzierten Zellen wächst der Tumor extrem schnell und ist nur schwer durch therapeutische Maßnahmen angreifbar. Da diese Krebsform kaum heilbar ist, überleben weniger als 10 % die folgenden 5 Jahre, auch wenn eine Behandlung eingeleitet wird. Durch die hohe Aggressivität des Tumors, sind 6 Monate nachdem die Diagnose gestellt wurde bereits die Hälfte aller Patienten an der Krankheit verstorben.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 18.12.2015 - Letzte Änderung: 19.07.2023