Lendenwirbelsäule (LWS)

Synonyme

Anatomie

Die Lendenwirbelsäule (LWS) ist Bestandteil der Wirbelsäule. Sie besteht in der Regel aus 5 Lendenwirbelkörpern.
Die Lendenwirbelkörper werden vom Kopf zum Steiß mit 1 – 5 durchnummeriert. Als meistens harmlose Normvariante kann der 5 Lendenwirbelkörper mit dem ersten Kreuzbeinwirbel verwachsen sein. In diesem Fall spricht der Mediziner von einer Sakralisation (von Os sacrum = Kreuzbein).
Die Lendenwirbelsäule besteht in diesem Fall aus nur 4 Wirbelkörpern. Alternativ kann die natürliche Verschmelzung des ersten Kreuzbeinwirbels mit den restlichen 4 Kreuzbeinwirbelkörpern ausbleiben. In diesem Fall spricht der man von einer Lumbalisation.

Natürlicherweise hat die Lendenwirbelsäule von der Seite betrachtet eine geringe Krümmung (Lordose). Verstärkt sich diese Krümmung entwickelt sich ein Hohlkreuz (Hyperlordose), flacht sie sich ab entsteht ein Flachrücken (Hypolordose).

Abbildung der Lendenwirbelsäule

Lendenwirbelsäule (blau)

  1. Erster Halswirbel (Träger) -
    Atlas
  2. Zweiter Halswirbel (Dreher) -
    Axis
  3. Siebenter Halswirbel -
    Vertebra prominens
  4. Erster Brustwirbel -
    Vertebra thoracica I
  5. Zwölfter Brustwirbel -
    Vertebra thoracica XII
  6. Erster Lendenwirbel -
    Vertebra lumbalis I
  7. Fünfter Lendenwirbel -
    Vertebra lumbalis V
  8. Lenden-Kreuzband-Knick -
    Promontorium
  9. Kreuzbein - Os sacrum
  10. Steißbein - Os coccygis

Eine Übersicht aller Abbildungen von Dr-Gumpert finden Sie unter: medizinische Abbildungen

Der einzelne Lendenwirbel besteht aus einem Lendenwirbelkörper (Corpus vertebra), einem Lendenwirbelbogen (Arcus vertebra), 4 kleinen Wirbelgelenken (rechts und links, oben und unten), einem Dornfortsatz (Processus spinosus), einem Querfortsatz und einem Wirbelloch (Foramen vertebrale). Zusammen mit den benachbarten Wirbelkörpern (darüber und darunter) wird eine Austrittsöffnung für die Rückenmarksnerven geformt (Neuroforamen).

Das Wirbelloch eines einzelnen Wirbelkörpers bildet zusammen mit den anderen Wirbellöchern einen knöchernen Kanal, den Wirbelkanal oder Rückenmarkskanal (Spinalkanal).
Im Wirbelkanal verläuft das Rückenmark, das bei einem Erwachsenen etwa auf Höhe des zweiten Lendewirbelköpers endet. Unterhalb des zweiten Lendenwirbelkörpers befindet sich der sogenannte Pferdeschweif (Cauda equina). Der Pferdeschweif besteht nur noch aus Nerven, die im Hirnwasser (Liquor cerebrospinalis) schwimmen und von der harten Rückenmarkshaut (Dura mater) in einer Art Schlauch umgeben werden.

Röntgenbild Lendenwirbelsäule

  1. Bandscheibe (blau)
  2. Wirbelkörper
  3. Kreuzbein (rot)

CT - Abbildung Wirbelsäule

  1. Wirbelkörper
  2. Querfortsatz
  3. Gelenkfortsatz / Wirbelgelenk
  4. Dornfortsatz
  5. Wirbelloch

Funktion

In der Lendenwirbelsäule sind hauptsächlich Beuge- und Wiederaufricht-, sowie Seitwärtsbewegungen möglich.
Eine Drehbewegung findet aufgrund des besonderen Wirbelkörperaufbaus und der Stellung der Wirbelgelenke zueinander kaum statt.
Eine gesunde Lendenwirbelsäule kann 70° gebeugt und gestreckt werden, die Seitwärtsneigung beträgt 25°, das Rotationsvermögen liegt bei ca. 2°. Im Laufe des Alterungsprozesses nimmt die Beweglichkeit ab

Die kleinste funktionelle (bewegliche) Einheit der Wirbelsäule ist das Bewegungssegment. Unter einem Bewegungssegment versteht man die Einheit zwischen zwei benachbarten Wirbelkörpern, die über zwei Wirbelgelenke untereinander verbunden sind, sowie die zwischen den Wirbelkörpern liegende Bandscheibe und alle muskulären Strukturen, Band- und Nervenstrukturen, die sich in diesem Bereich befinden.

Spinalanästhesie

Eine Rückenmarksnarkose (Spinalanästhesie) wird im Bereich der Cauda equina durchgeführt. Dabei wird eine Nadel in den Pferdeschweif eingeführt. Die Nerven weichen der Nadel dabei problemlos aus, weshalb sie nicht verletzt werden.
Bei der Spinalanästhesie werden die Nerven mit einem örtlichen Betäubungsmittel umspült, hierdurch kann eine künstliche Querschnittslähmung erzeugt werden, die mit Ende der Medikamentenwirksamkeit (nach einigen Stunden) wieder beendet ist.

Weitere Informationen finden Sie zu diesem Thema auch unter: Spinalanästhesie

Abbildung Wirbelsäule

Der jeweils rot eingefärbte Bereich zeigt die verschiedenen Abschnitte der Wirbelsäule.

Von links nach rechts:

Seitenansicht eines Bewegungssegmentes

  1. Wirbelkörper
  2. Bandscheibe
  3. Rückenmarks- nervenwurzel
  4. Zwischenwirbel- loch (Neuro- foramen)
  5. Wirbelgelenk
  6. Dornfortsatz des Wirbels (am Rücken als hinteres Wirbel- ende tastbar)

Isolierte Störungen befinden sich häufig in einem einzelnen Bewegungssegment (z.B. Blockierungen, Bandscheibenvorfälle). Zur örtlichen Beschreibung einer Wirbelsäulenerkrankung werden die einzelnen Wirbelkörper durchgezählt, z.B. HWK 5 für den 5. Halswirbelkörper, BWK 9 für den 9. Brustwirbelkörper, LWK 3 für den 3. Lendenwirbelkörper usw..
Ebenso verhält es sich mit den Bandscheiben und den Bewegungssegmenten. Die Beschreibung HWK 4/5 bezieht sich auf das Bewegungssegment zwischen dem 4. und 5. Halswirbelkörper.

Neben der Funktion als statisches Organ und als Bewegungsorgan, hat die Wirbelsäule noch eine weitere wichtige Funktion als Schutz- und Leitungsorgan für das Rückenmark. Das Rückenmark stellt im Prinzip die Verlängerung des Gehirn dar und wird deshalb auch dem zentralen Nervensystem zugeordnet..

Erkrankungen

Die Lendenwirbelsäule ist aufgrund ihrer statischen Belastung bei großer Beweglichkeit verschleiß- und verletzungsanfällig.

Rückenschmerzen
Rückenschmerzen sind eine Volkskrankheit. Jeder kennt sie, jedoch ist die Frequenz in dem Rückenschmerzen auftreten individuell sehr verschieden.

Rückenschmerzen können in verschieden Formen auftreten:

  • Der Hexenschuss (Lumbago) wird durch eine plötzliche Nervenwurzelreizung oder eine Wirbelgelenkblockierung ausgelöst und verursacht starke Schmerzen.
  • Treten Rückenschmerzen in Kombination mit ausstrahlenden Schmerzen in die Beine auf, bezeichnet dies der Mediziner als Lumboischialgie.
  • Schmerzen, die ausschließlich in den Beinen wahrgenommen werden, aber Ihre Ursache in der Wirbelsäule haben, werden als Ischialgie bezeichnet.
  • Ursachen für Rückenschmerzen gibt es viele. In den meisten Fällen handelt es sich um alterungsbedingte Erkrankungen der Wirbelsäule (degenerative Wirbelsäulenerkrankung).
    Mehr hierzu finden Sie auch unter unserem Thema: Ursachen von Rückenschmerzen.
  • Die bekannteste degenerative Wirbelsäulenerkrankung, die schon im 3. Lebensjahrzehnt auftreten kann, ist der Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule. Bei einer Bandscheibenerkrankung ohne Vorfall von Bandscheibengewebe, spricht man von einer Diskopathie. Als Therapieoption bei derartiger Bandscheibenerkrankung kommt inzwischen eine Bandscheibenprothese immer häufiger in Frage.
  • Bei Fortschreiten des Wirbelsäulenverschleißes entstehen weitere Veränderungen und Krankheitsbilder an den Bandscheiben (Osteochondrose), den Wirbelgelenken (Facettensyndrom), dem Wirbelkanal (Spinalkanalstenose) und dem Wirbelkörper (Spondylolisthesis), die oftmals nur noch durch eine Versteifungsoperation (Spondylodese) der Wirbelsäule zu behandeln sind.
  • Oft anzutreffen ist auch die Osteoporose als Rückenschmerzursache. Nicht selten wird die Erstdiagnose durch einen Wirbelbruch gestellt. In diesen Fällen bieten sich moderne Operationsverfahren an, wie die Vertebroplastik und Kyphoplastie an.
  • In Ausnahmefällen können Tumore (Gewebewucherungen), angeborene Wirbelsäulenveränderungen (z.B. Spina bifida (offener Rückmarkskanal)), bei Heranwachsenden ein Morbus Scheuermann oder eine Skoliose zu Rückenschmerzen führen.

LWS einrenken

Schmerzen in der Lendenwirbelsäule können unter anderem durch ein verkeiltes Zygapophysialgelenk zwischen den Wirbelkörpern oder einem abgerutschten Wirbelkörper entstehen.

Bei der Behandlung kommt oft das Einrenken zum Einsatz. Der Begriff des Einrenkens stammt aus der Chiropraktik. Hier sollen durch bestimmte Techniken und Handgriffe, wie zum Beispiel durch Traktion oder Adjustierung, verrutschte Wirbel wieder an ihren ursprünglichen Ort gebracht werden, wodurch die dadurch verursachten Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in der Lendenwirbelregion beseitigt werden können.

Diese Techniken beruhen vor allem auf der Verringerung von Druckbelastung auf das Gelenk durch Zug beziehungsweise durch gezieltes Drücken eine Wiederherstellung der anatomisch korrekten Stellung zu erreichen. Der Erfolg der Behandlung zeigt sich in der Regel sofort. Das berühmte „Knack-Geräusch“ das hier entstehen kann ist jedoch kein Zeichen des Erfolgs, obwohl es von vielen Patienten fälschlicherweise für ein solches gehalten wird.

Lesen Sie mehr zum Thema: Wirbel einrenken

LWS entlasten

Die Lendenwirbelsäule ist im täglichen Leben sehr starken Kräften ausgesetzt, die sowohl bei bestimmten Bewegungen, als auch im Stehen oder Sitzen in aufrechter Position entstehen. Da das Gewicht, welches jeder einzelne Wirbelkörper aushalten muss vom Kopf abwärts immer weiter steigt, ist die Lendenwirbelsäule besonderen Belastungen ausgesetzt.

Daher ist es sinnvoll die Lendenwirbelsäule von zusätzlichen und vermeidbaren Kräften zu entlasten, um frühzeitige Abnutzungserscheinungen zu verhindern. Die Lendenwirbelsäule lässt sich entlasten, indem bei bestimmten Bewegungsabläufen die Muskulatur Teile der auf die Bänder der Lendenwirbelsäule wirkenden Kräfte übernimmt. Hierbei ist eine Kräftigung der Rückenmuskulatur anzuraten. Ein gutes Beispiel dafür, wie man die Lendenwirbelsäule durch Änderung von Bewegungsgewohnheiten entlastet, ist das Anheben schwerer Gegenstände. Bückt man sich einfach nach vorne, so sind die vorderen Wirbelkörperanteile und die hinteren Bandstrukturen an den Dornfortsätzen vermehrt beansprucht. Geht man dabei hingegen in die Hocke mit geradem Rücken, so verteilt man das Gewicht gleichmäßig auf den Wirbelkörper und nutzt unterstützend die Muskulatur von Oberschenkel und Wirbelsäule. Wissenschaftliche Studien haben ebenfalls ergeben, dass die „Gammel“-Haltung die Lendenwirbelsäule entlasten kann.

LWS stärken

Da die Lendenwirbelsäule eine vergleichsweise hohe Last zu tragen hat, ist das Stärken der Rückenmuskulatur in diesem Bereich besonders wichtig. Die sogenannte „autochthone Rückenmuskulatur“, welche sich unmittelbar an der Wirbelsäule befindet, trägt einen sehr großen Teil dazu bei.
Doch auch die Bauchmuskulatur als Gegenspieler dazu ist nicht zu vernachlässigen. Nicht zuletzt spielen auch die Knochenstruktur und die Bandfestigkeit für eine starke Lendenwirbelsäule eine tragende Rolle. All diese Komponenten werden in der sogenannten Rückenschule berücksichtigt, bei welcher das Stärken der Lendenwirbelsäule durch präventive Maßnahmen, wie zum Beispiel das Erlernen einer rückenfreundliche Haltung bei alltäglichen Bewegungsabläufen, im Vordergrund steht.
Dort wird einem gezeigt welche Haltung man beispielsweise beim Bügeln oder am Arbeitsplatz einnehmen sollte, um stärkend auf die Lendenwirbelsäule zu wirken. Zusätzlich dazu ist das Trainieren der Lendenwirbelsäule durch Physiotherapie oder Fitnesstraining ein wichtiges Element. Hierbei geht es vor allem um das gezielte Stärken der oben genannten Muskelkompartimente.

Die Rückenmuskulatur kann man mit diversen Fitnessgeräten allumfassend stärken, sodass die Lendenwirbelsäule von kräftigen Muskeln umgeben ist und gleichzeitig ihre Beweglichkeit beibehält. Die Bauchmuskulatur lässt sich durch einfache Übungen wie Sit-ups trainieren, was die Stabilität der Lendenwirbelsäule von vorne unterstützt. Hierbei ist eine Einweisung durch einen geübten Trainer/-in oder Physiotherapeuten/-in zu empfehlen, da die Übungen wenn sie falsch ausgeführt werden mehr Schaden an der Lendenwirbelsäule anrichten können, als sie Nutzen bringen.
Dennoch muss man hierbei auch den Kostenfaktor beachten. Im Akutfall kann man von der Krankenkasse mit Rückenschule und Physiotherapie unterstützt werden. Möchte man hingegen in Eigenregie die Lendenwirbelsäule im Fitnessstudio stärken und trainieren, muss man dafür selbst die Kosten übernehmen.

Trotzdem ist es sehr wichtig vorsorglich etwas für den Rücken zu tun, um spätere Schäden zu vermeiden. Dabei können auch einfache Übungen, die man in den Alltag einbauen kann, wie zum Beispiel täglich eine halbe Stunde spazieren gehen, die Lendenwirbelsäule schon trainieren und positive Effekte zeigen.

LWS tapen

Das Tapen der Lendenwirbelsäule kann als Ergänzung zu einer Behandlung der bestehenden Problematik zum Einsatz kommen. Es kann zwar nicht den Ursprung der Schmerzen beheben, dennoch kann das Tapen der Lendenwirbelsäule insbesondere bei Beschwerden bei Bewegung, zum Beispiel ziehende Schmerzen beim Bücken, helfen.
Tapes kommen bei verschieden Erkrankungen zur Anwendung. Indikationen gehen von leichten Verspannungen der Muskulatur, über Rückenschmerzen bis zum Bandscheibenvorfall der LWS.

Die Tapes werden in verschiedenen Farben angeboten, deren Bedeutung in der Kinesiologie Erklärung findet. Man bringt das Tape in der Regel im unteren Rückenabschnitt in leicht gebeugter Stellung an, sodass in aufrechter Haltung das Tape das Gewebe unter der Haut wellenförmig anhebt, was die Durchblutung fördern soll.
Der Verlauf des Tapes sollte sich an den Muskeln und Sehnen orientieren. Dennoch gibt es hier bei der Lendenwirbelsäule verschiedene Varianten des Tape-Verlaufs. Meist wird jeweils direkt rechts und links der Wirbelsäule ein Tape von unten nach oben angebracht. Dazu kann waagrecht ein weiteres Tape aufgebracht werden. Zum Teil werden die Tapes auch in Sternform angewandt.

Für die Anwendung bei einem Bandscheibenvorfall haben wir ein eigenständiges Thema unter "Tapen eines Bandscheibenvorfalls"veröffentlicht.

LWS dehnen

Die Lendenwirbelsäule bietet für zahlreiche Muskeln und Bandstrukturen Ansatzfläche, wodurch es dazu kommt, dass sowohl in Bewegung als auch in Ruheposition ständig Zug auf die Lendenwirbelsäule entsteht. Da dies im Idealfall symmetrisch stattfindet, das heißt auf beiden Seiten wirken gleiche Strukturen mit gleichen Kräften auf diese, sollte eine gewisse Balance zwischen diesen herrschen.

Das Dehnen der Lendenwirbelsäule soll hierbei ausgleichend wirken. Dadurch kann verhindert werden, dass Muskelansatzsehnen auf einer Seite verkürzen, was durch bestimmte angewohnte Bewegungsabläufe passieren kann, und somit mehr Zug ausüben als auf der anderen Seite. Dabei spielt die Hüfte eine große Rolle, da sie mit der Lendenwirbelsäule über besonders starke Muskeln in Verbindung steht.
Auch hier hilft das Dehnen der Lendenwirbelsäule insofern, dass damit einhergehenden Hüftfehlstellungen vorgebeugt werden. Zusätzlich sorgt das Dehnen der Lendenwirbelsäule dafür, dass die Beweglichkeit in alle Richtungen aufrechterhalten wird. Übungen zum Dehnen beinhalten nicht nur Beuge- und Streckbewegungen nach vorne und zur Seite, vielmehr sind auch Drehbewegungen von Bedeutung. Hierbei sollte man darauf achten in den jeweiligen Positionen einige Sekunden zu verharren, damit die Sehnen und Bänder effektiv gedehnt werden. Übermäßiges Dehnen sollte aufgrund der Gefahr von Zerrungen vermieden werden.

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Blockade

Als Blockade bezeichnet man ein aus verschiedensten Gründen aus dem Gleichgewicht geratenes Gefüge aus Muskeln, Bändern und Knochen.
Das kann man sich so vorstellen, dass durch Überbelastung oder zu starker Reizung einer Struktur, zum Beispiel durch wiederholende Bewegungsabläufe, eine andere an deren Stelle die Last und die Beweglichkeit mehr tragen muss. Durch diese ungewohnte Situation kommt es in der betreffenden Region zur Reizung von Nerven, zu starken Schmerzen und dem Gefühl in der Beweglichkeit eingeschränkt zu sein. Dies äußert sich durch einen verhärteten Muskel oder einer geschwollenen Sehne, die in ihrer Funktion sozusagen „blockiert“ sind.

Ein klassisches Beispiel ist die Blockade der Halswirbelsäule, wenn man zum Beispiel in einer für die Muskulatur angespannten Haltung geschlafen hat und am nächsten Morgen den Hals vom Gefühl her nicht mehr vollständig drehen kann, ohne dass eine Schmerzreiz ausgelöst wird, der die weitere Bewegung verhindert.

Hier helfen Physiotherapie und Wärme, um das Gefüge wieder zu lockern und schmerzlos bewegen zu können und aber auch um die Strukturen zu stärken. Mit einer Blockade ist somit nicht ein im bildlichen Sinne verkeilter Knochen gemeint. Dennoch können echte Verschiebungen von Knochen, zum Beilspiel ein Wirbelkörpervorfall an der Lendenwirbelsäule, auftreten, die ähnliche Symptome verursachen, jedoch einer dringlichen Behandlung bedürfen.

Bandscheibenvorfall der LWS

Definition:

Die Bandscheibe, welche sich zwischen den einzelnen Wirbelkörpern befindet, besteht aus zwei Teilen: dem äußeren faserigen Ring „Anulus fibrosus“ und dem gallertigen Kern „Nucleus pulposus“.
Bei dem weitbekannten Bandscheibenvorfall kommt es zum Durchbruch und Austritt des gallertigen Nucleus pulposus durch den Anulus fibrosus. Dabei dringt der Bandscheibenvorfall entweder in Richtung Rückenmark vor, seitlich zur Nervenwurzel oder beides kombiniert und übt dabei Druck auf die betreffende Struktur. Somit rutscht nicht die ganze Bandscheibe aus dem Wirbelsäulengefüge heraus, sondern nur der Kern. Die betreffenden Personen weisen je nach Druckintensität des Bandscheibenvorfalls verschiedene Symptome auf.
Die meisten Bandscheibenvorfälle treten im Bereich der Lendenwirbelsäule, v.a. zwischen Lendenwirbelkörper 4 und 5 (Bandscheibenvorfall L4/5) und zwischen 5 und dem 1. Kreuzbein (Bandscheibenvorfall L5/S1), auf. Dennoch bleibt auch die Brustwirbelsäule nicht verschont.

Ursachen:

Der weit verbreitete Bandscheibenvorfall kann mannigfaltige Ursachen haben und kann den Menschen in jedem Alter betreffen. Oft sind altersbedingte Abbauprozesse, starke körperliche Arbeit (z.B. Heben schwerer Gegenstände), Fehlhaltung, Überbelastung (z.B. durch hohes Gewicht) oder auch Sport (v.a. über längere Zeiträume), Schuld an dem Ausbruch des Faserrings der Bandscheibe. Doch auch Veranlagung spielt hier eine große Rolle.
Des Weiteren kann es durch einen Unfall, bei welchem starke Kräfte auf die Wirbelsäule einwirken, zum Beispiel bei einer Wirbelsäulenverdrehung, zu einem Bandscheibenvorfall kommen. Auch Knochentumoren oder –metastasen in Wirbelkörpern schädigen die Knochen und die umliegenden Strukturen und machen die Wirbelsäule anfälliger für Verletzungen.

Symptome:

Im Vordergrund bei einem Bandscheibenvorfall stehen starke Schmerzen im Wirbelsäulenbereich (je nach Lokalisation des Bandscheibenvorfalls), die individuell variieren und zum Beispiel bis in den Fuß ausstrahlen. Durch die Schmerzen kommt es zur Schonhaltung und zu Verspannungen, die weitere Schmerzen verursachen und die Beweglichkeit einschränken. Außerdem verspüren die Betroffenen Parästhesien, das heißt eine Mischung aus Taubheitsgefühl, Kribbeln und Kältegefühl, aufgrund der Nervenreizung. Bestimmte Hautareale können sich taub anfühlen, manche Muskeln können in ihrer Funktion eingeschränkt werden.
Lesen Sie mehr zum Thema: Symptome bei einem Bandscheibenvorfall der LWS

Diagnostik:

Zur Feststellung eines Bandscheibenvorfalls gibt es verschiedene Methoden. Zunächst ist es hilfreich den Betroffenen über Beschwerdemuster und etwaige Ereignisse, die im Zusammenhang mit den Schmerzen stehen könnten, zu befragen. Als nächstes gibt eine ausgiebige körperliche Untersuchung, speziell auch der Wirbelsäule und der Beine Aufschluss über krankhafte Veränderungen. Hier achtet man vor allem, ob Hackengang (L5) und Zehenspitzengang (S1) möglich sind, was einen Hinweis auf die Höhe des Bandscheibenvorfalls gibt.
Des Weiteren schaut man, ob noch alle Reflexe auslösbar sind oder ob diese durch den Druck auf die Nervenwurzel abgeschwächt oder gar ganz erloschen sind. Gleiches gilt für die Beurteilung der Muskelfunktion beispielsweise des Quadrizeps und die daraus folgende Stabilität der Gelenke. Beim Lasègue-Test werden die Spinalnervenwurzeln der Segmente L4 bis S1 und der Ischias-Nerv durch Beugung des Hüftgelenks mit gestrecktem Bein gedehnt. Löst diese Dehnung einen Schmerz aus, ist der Test positiv und eine Kompression oder Reizung der Nervenwurzel aufgrund eines Bandscheibenvorfalls liegt vor.
Um den Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall zu festigen und die Lokalisation zu erfahren bedient man sich der bildgebenden Verfahren:

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Therapie:

Der Bandscheibenvorfall verursacht in der Regel starke Schmerzen, die durch Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente zu minimieren sind. Außerdem kann Wärme- oder Kälteanwendung auf der betroffenen Stelle für Linderung der Schmerzen sorgen. Auch Bewegungstherapie, wie zum Beispiel Rückentraining zur Stärkung der Muskulatur und der Haltung, oder Massagen können positiv wirken.
Das sogenannte „Stufenbett“, bei welchem man waagrecht liegt und die Unterschenkel auf einem Würfel senkreckt gewinkelt legt, entlastet die Wirbelsäule und kann zeitweise angewandt werden.
Liegen schwerwiegende Nervenausfälle, die die Sensibilität und die Motorik der Betroffenen einschränken, vor, oder persistieren die Schmerzen trotz Behandlung länger als sechs Wochen, so kann eine operative Behandlung, bei welcher das Bandscheibenmaterial, das ausgetreten ist, entfernt wird, helfen. Je nach Fall kann offen oder minimalinvasiv („Schlüsselloch-OP“) operiert werden.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.05.2007 - Letzte Änderung: 25.07.2023