Patellasehnenriss

Einleitung

Vom Patellasehnenriss spricht man, wenn die Sehne zwischen der vorderen Oberschenkelmuskulatur und dem unteren Anteil der Kniescheibe (Patella) teilweise oder vollständig reißt. Synonym zum Patellasehnenriss wird auch der Begriff der Patellasehnenruptur verwendet.

Beim Patellasehnenriss handelt es sich um eine relativ seltene Erkrankung, die bei bestehendem Vorschaden der Sehne oder durch Hebewirkungen bedingt auftreten kann. Vorwiegend tritt sie bei jüngeren Menschen auf und sollte ärztlich versorgt werden, um eine nachfolgende Bewegungseinschränkung als Spätfolge unbedingt zu vermeiden.

Anatomisch betrachtet ist diese Sehne für die Streckung im Kniegelenk unabdingbar, da sie der Ansatzpunkt für die darüberliegende Streckmuskulatur des Oberschenkels ist. Es handelt sich hierbei vor allem um den vierköpfigen Streckmuskel (Musculus quadriceps femoris), der auf der Vorderseite des Oberschenkels liegt und dessen vier Anteile gemeinsam in die Patellasehne am unteren Pol der Kniescheibe (Patella) münden. Außerdem fixiert die Patellasehne die Kniescheibe in ihrem Gleitlager und dient bei der Beugung im Kniegelenk als Umlenkrolle.

Ursachen

Zum Patellasehnenriss kommt es meist spontan durch zu starke Überspannung des Beins gegen einen Widerstand oder bei Anspannung des Knies in Beugestellung. Solche Unfallmechanismen kommen häufig bei Sportarten wie Skilaufen oder Tennis zustande.

Bei einer vollkommen gesunden Sehne ist jedoch kaum zu erwarten, dass sie reißt. Meist liegt eine andere Vorschädigung vor, mit der die Wahrscheinlichkeit für einen Riss bei einem solchen Ereignis steigt. Hierbei handelt es sich beispielsweise um degenerative Veränderungen der Sehne im Rahmen anderer Begleiterkrankungen, Patellasehnenreizung,Voroperationen oder in seltenen Fällen Kortisoninjektionen ins Kniegelenk.

Bei Kindern und Jugendlichen tritt der Patellasehnenriss meist am Übergang der Sehne auf das Schienbein auf. Bei Erwachsenen befindet sich der Riss meist weiter oben, am unteren Übergang der Sehne auf die Kniescheibe.

Manchmal kommt es hierbei zusätzlich zu einem Abriss eines Knochenfragments der Kniescheibe, man spricht dann von einem knöchernen Sehnenabriss.

Mittig reißt die Sehne meist nur im Rahmen von Verletzungen mit direkter Gewalteinwirkung.

Symptome

Der Patellasehnenriss äußert sich meist durch einen plötzlichen Schmerz bei den Betroffenen. Zusätzlich tritt eine Geh- und Stehunsicherheit durch den Stabilitätsverlust auf, sowie eine Kraftminderung im Kniegelenk. Die aktive Streckung im Kniegelenk ist in der Regel eingeschränkt bis nicht mehr möglich. Darüber hinaus kann man beobachten, dass die Kniescheibe im Vergleich zur Gegenseite höher steht (Patellahochstand) und an der Stelle des Risses ist häufig eine Delle tastbar.

Ein weiteres Phänomen das beim Patellasehnenriss auftritt, ist das Hochgleiten der Kniescheibe bei Anspannung der Oberschenkelmuskulatur oder bei der Beugung im Kniegelenk, da diese durch die gerissene Sehne nicht mehr ausreichend am Schienbein fixiert ist.

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Diagnose eines Patellasehnenrisses

Bei der Tastuntersuchung (Palpation) des Patellasehnenrisses fällt zum Einen der Patellahochstand und zum Anderen die tastbare Delle auf. Die Sehne kann zudem nicht mehr in ihrer Kontinuität getastet werden.

Auf einem Röntgenbild lässt sich die genaue Beschaffenheit des Risses gut beurteilen. Außerdem kann man darauf sehen, ob zusätzlich ein knöcherner Sehnenausriss vorliegt oder nicht. In der seitlichen Aufnahme lassen sich zudem andere Diagnosen mit ähnlichen Symptomen (zB. Patellaruptur) ausschließen, was für die weitere Therapie von grundlegender Bedeutung ist.

Die Diagnosesicherung findet letzendlich mittels einer Ultraschalluntersuchung statt. Bei komplizierteren Varianten des Patellasehnenriss oder um Begleitverletzungen am Kniegelenk ausschließen zu können, kann weitere bildgebende Diagnostik notwendig werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um die MRT vom Knie. Gerade bei Teilrissen der Patellasehne kann ein MRT vom Knie wertvolle Informationen über den Zustand des verbliebenen Patellasehne geben.

Therapie

In der Akutphase des Patellasehnenriss kann man versuchen mit Eis eine Schmerzlinderung herbeizuführen und das Bein hochzulagern.

Bei einem vollständigen Riss der Sehne sollte diese immer durch ein operatives Verfahren wieder zusammengenäht werden. Ausnahme wäre, wenn der Patient in akuter Lebensgefahr schwebt oder zusätzlich ein ausgedehnter Weichteilschaden vorliegt. Dann ist es sinnvoller ein wenig abzuwarten und die Gesamtsituation des Betroffenen zu stabilisieren, bevor man die Operation des Patellasehnenrisses durchführt.

Ganz ohne operativen Eingriff lassen sich jedoch nur Zerrungen oder kleine Risse der Sehne behandeln, die keine relevante Kraftminderung bewirken.

Je nach Lokalisation des Patellasehnenrisses kommt ein unterschiedliches Verfahren zum Einsatz.

Beim tiefen Patellasehnenriss am Übergang zum Schienbein, der häufig bei Kindern und Jugendlichen auftritt wird zum Einen die Sehnennaht durchgeführt und zusätzlich die Sehne mittels eines Nahtankers am Knochen fixiert.

Um die neu fixierte Sehne vor mechanischer Überbelastung zu schützen, wird meist eine sogenannte McLaughlin- Cerclage eingesetzt. Es handelt sich hierbei um eine Drahtschlinge, die zwischen der Kniescheibe und dem Schienbein fixiert wird, um die Sehne während des Heilungsprozesses zu entlasten. Dadurch wird eine frühzeitige Behandlung zur schnellstmöglichen Wiedererlangung des vollen Bewegungsumfangs des Kniegelenks ermöglicht. Nach drei bis sechs Monaten wird diese Drahtschlinge wieder entfernt, soweit sie sich nicht bereits vorher gelockert oder abgelöst hat.

Außerdem muss darauf geachtet werden, dass die vorherige Länge der Sehne wiederhergestellt wird, da eine zu straffe Fixierung zu Spätfolgen wie Bewegungseinschränkung oder Arthrose führen kann.

Die Operation des Patellasehnenriss wird in Vollnarkose durchgeführt und dauert in der Regel nicht länger als 30 bis 45 Minuten.

Komplikationen die im Rahmen dieses Eingriffs auftreten können sind wie bei allen operativen Maßnahmen eine Blutung im Bereich des Kniegelenks, eine mögliche Infektion und Verletzung benachbarter Strukturen.

Nachbehandlung

Insgesamt dauert die Heilungsphase beim Patellasehnenriss relativ lange, da Sehnen zu den Gewebearten zählen, die weniger gut durchblutet sind. Ruhigstellung ist daher für den Heilungsprozess von größter Bedeutung.

Dafür werden verschiedene Hilfsmittel verwendet, wie beispielsweise eine sogenannte Streckorthese oder eine Oberschenkeltutorschiene. Bei der Streckorthese handelt es sich um eine Aluminiumschiene, die von innen gepolstert ist und das Knie in einem bestimmten Beugewinkel gebeugt hält. Die Oberschenkeltutorschiene ist ein Gipsverband, der von der Leiste bis zum Knöchel reicht und das Knie auch in einem definierten Beugewinkel hält.

Mit einem solchen Hilfsmittel kann das Bein sofort nach der Operation voll belastet werden, nur die Kniebeugung sollte nach und nach durchgeführt werden. Die ersten zwei Wochen sollte das Kniegelenk maximal 30 Grad gebeugt werden, danach folgt eine Steigerung im Zweiwochentakt auf 60 und 90 Grad. Etwa sieben Wochen nach der Operation sollte die Bewegung des Knies ohne Schienung erfolgen, wenn keine weiteren Faktoren dagegen sprechen.

Trotz der Ruhigstellung ist es jedoch von extrem großer Bedeutung frühzeitig mit dem Knietraining zu beginnen, um den vollständigen vorherigen Bewegungsumfang wieder erreichen zu können und weitere Komplikationen durch die Ruhigstellung zu vermeiden. Diese sind beispielsweise Thrombosen oder Emboliereignisse, Weichteilschaden durch die Schienung und Rückbildung der Muskulatur (Atrophie) durch mangelnde Bewegung.

Für die frühzeitige Mobilisierung des Knies und der Vermeidung dieser Komplikationen ist die Krankengymnastik sehr gut geeignet. Hiermit werden speziell die betroffenen Muskelgruppen trainiert und an den jeweiligen Heilungsschritt angepasste Übungen für die Kniebeweglichkeit durchgeführt.

Viele Betroffene berichten von einer Einschränkung der Kniestreckung, was jedoch durch gezieltes Training meist wieder zu beheben ist.

Prognose

Für eine gute Prognose des Patellesehnenrisses ist es wichtig trotz der Ruhigstellung frühzeitig mit der Mobilisierung anzufangen, um den vorherigen Bewegungsumfang wieder zu erreichen. Meistens gelingt dies auch gut.

Faktoren, die den Heilungsprozess verzögern können sind jedoch zu frühe oder nicht angepasste Vollbelastung des Knies, wodurch die Drahtschlinge abreißen kann, oder postoperative Wundinfektionen. Bei degenerativ vorgeschädigten Sehnen kann es zudem zu erneuten Rissen der Sehne kommen.

Bleiben jedoch negative Faktoren aus kommt es zu einer kompletten Heilung des Patellasehnenrisses und zu keinen weiteren Einschränkungen im Alltag oder anderweitigen sportlichen Aktivitäten.

Weiterführende Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.07.2015 - Letzte Änderung: 30.03.2024