Entsteht ein Hallux valgus durch falsche Schuhe?

Einleitung

Ein immer häufiger werdendes Problem in der Medizin sind Fußfehlstellungen und Deformitäten, die zum Beispiel durch falsches Schuhwerk ausgelöst werden können. Die Folgen sind Schmerzen, Verkrampfungen und Fehlstellungen sowie Entzündungen der Gelenke. Zu hohe oder zu enge Schuhe, die über Jahre eine Kompression auf den Fuß und vor allem die Zehen ausüben, führen zu einer Fehlstellung des Zehengrundgelenks der Großzehe. Hier weicht die Großzehe in Richtung der anderen Zehen aus der geraden Grundstellung ab. Durch den Druck der Großzehe auf die anderen Zehen werden diese komprimiert und weichen diesem Druck, indem sich Hammer- oder Krallenzehen bilden. Diese sind nicht nur ästhetisch störend, sondern verschlimmern die Fußfehlstellung zusätzlich. Die anderen Zehen sowie der Zehenballen können zudem durch die vermehrte Druckbelastung ebenfalls zu schmerzen anfangen. So kann es auch zu unschönen Gelenkentzündungen kommen,die die Gelenkskapsel immer schwächer werden lässt. Dieses Krankheitsbild wird auch Hallux valgus genannt.

Ist der Hallux valgus bereits stark ausgeprägt, kann es zu Gangunsicherheiten und Fehlbelastungen kommen, wobei sich das Gangbild stark verändert und auch andere Gelenke, wie etwa das Sprunggelenk in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies schränkt die Lebensqualität der Patienten meist stark ein und führt nach und nach zu einer Immobilisation. Meist ist eine Operation die einzige Alternative, um diese schwere Fehlstellung zu beheben. Wird hier zu lange gewartet, versteift sich das Gelenk und der Mittelfuß immer mehr.

Die Folgeerkrankung eines Hallux valgus ist ein Hallux rigidus. Dies beschreibt eine Großzehengrundgelenksarthrose, die durch die Fehlstellung und vermehrte Belastung ausgelöst wird. Vor allem sind junge Frauen von diesem Leiden betroffen, da diese häufig Absatzschuhe tragen und viel Wert auf das modische Aussehen der Schuhe legen, jedoch zu wenig Wert auf den Komfort. Außerdem sendet der Fuß bei stetiger Druckbelastung zu wenig Schmerzreize an den Körper, er gewöhnt sich eher an den Schmerz und den falschen Schuh, sodass erst bei einer hochgradigen Fehlstellung des Fußskeletts Symptome und starke Schmerzen sowie Entzündungen auftreten. In diesem Fall hilft meistens nur eine Operation, um eine dauerhafte Schmerzlinderung herbeizuführen, allerdings ist diese Knochenumstellungs-Operation ein großer Eingriff und sollte nur bei erheblichem Leidensdruck und starken Schmerzen durchgeführt werden.

Bei der Operation erfolg sowohl eine Korrektur der Knochenfehlstellung, als auch eine Wiederherstellung des Gleichgewichts von Sehnenzug und Muskeln mit der Knochenrichtung und eine Straffung der Gelenkkapsel als zusätzliche Stablilsierung. Je nachdem ob eine möglichst schnelle Vollbelastung erwünscht ist oder eine ausreichend lange Heilungszeit möglich ist, wird mit mehr oder weniger Implantaten gearbeitet. Metallimplantat und Schrauben helfen bei der Fixierung der Knochenumstellung, sie sind jedoch Fremdmaterial für den Körper und können daher auch die Narbenbildung und Heilung erschweren.

Alternativ zum diesem operativen Eingriff gibt es einige präventive und lindernde Maßnahmen, die vor allem im Anfangsstadium der Erkrankung helfen können. Hierzu zählen insbesondere die spezielle Hallux valgus Schuhe und spezielle Stützhilfen, die die Zehen und den Vorfuß entlasten sollen. Verschiedene Modelle der speziellen Hallux-valgus-Schuhe können sowohl als Präventionsmaßnahme, als Verbesserungsmöglichkeit der Druckbelastung und der Schmerzen bei bereits bestehendem Hallux valgus oder als Vorfußentlastungsschuh nach einer Hallux valgus Operation eingesetzt werden.

Schuharten

An den Vorfußentlastungsschuh sind besonders hohe Ansprüche gestellt, denn er soll dem frisch operiertem Vorfuß eine ungestörte Wundheilung ermöglichen. Dafür wird ein offener Vorfußbereich und eine steife und feste Sohle benötigt. Dies gewährleistet eine relativ schnell zurückerlangte Mobilität nach der Operation. Trotzdem sollte der Fuß häufig hochgelegt und nicht zu stark belastet werden, um eine optimale Heilung zu ermöglichen.

Ist der Hallux valgus nur leicht ausgeprägt und noch im Anfangsstadium, hilft oftmals eine Umstellung auf das richtige Schuhwerk, eine Verschlechterung, und damit nötige Operation zu vermeiden. So gibt es spezielle Einlagen als Prophylaxe, die das Fußlängsgewölbe unterstützten und die Mittelfußknochen anheben, um einem entstehenden Spreizfuß entgegen zu wirken. Sogenannte sensomotorische Einlagen aktivieren außerdem die Muskulatur des Fußes und der Zehen und sorgen für eine Kräftigung dieser.

Zudem gibt es Mittelfußbandagen, die dauerhaft im Schuh getragen werden sollten oder besondere Schienen für die Nacht. Die Bandagen für den Tag stützen den Fuß durch ein Polster, das Pelotte genannt wird, schützt das Großzehengrundgelenk vor Reibung, mildert die Kompression und enthält in einigen Fällen auch eine antimikrobielle Beschichtung, die bakterielle Infektionen vorbeugen soll.

Eine alternative Therapieform ist die Hallux valgus Schiene, die nachts getragen wird und vor allem postoperativ zum Einsatz kommt. Sie dehnt die Gelenkkapsel des Großzehengrundgelenks langsam auf und korrigiert so die Fehlstellung. Ähnliche Korrekturorthesen gibt es auch in einer flexiblen Form. Diese werden tagsüber getragen und ebenfalls die Fehlstellung korrigieren und zusätzlich Schmerzen lindern. Allerdings ist diese bei einem völlig steifen Zeh nicht mehr sinnvoll und eine völlige Korrektur der Fehlstellung durch die Schiene allein ist unmöglich.

Bei einem bestehenden Hallux valgus im Anfangsstadium ist das Tragen von Spezialschuhen wichtig. Hier gibt es einige Firmen, die sich darauf spezialisiert haben Schuhe herzustellen, die dem Vorfuß ausreichend Platz bieten, seitliche elastische Dehnungszonen haben und durch Polsterung den Vorfuß entlasten. Sie haben ein flexibles und weiches Fußbett, das unnötige Kompression vermeidet und extra Unterfüttert ist, da Hallux valgus Füße häufig besonders druckempfindlich sind.

Präventionsmaßnahmen

Es wurde bereits medizinisch nachgewiesen, dass die Erkrankung Hallux valgus durch keine genetische Vererbung bedingt ist oder das Erkrankungsrisiko erhöht, sondern alleine das jahrelange Tragen des falschen Schuhwerks Schuld an dieser Fehlstellung ist. Vor allem Absatzschuhe und zu enge, spitze und schmale Schuhe können die Erkrankung auslösen. Zudem führt die Schuhmode der Moderne auch zu krankhaften Veränderungen des Fußskeletts oder Achillessehnen Verkürzungen. Als Präventionsmaßnahme sollte sich jeder Mensch generell angewöhnen, häufig Barfuß zu laufen und sich dies zum Beispiel als Routine für Zuhause anzugewöhnen. Dadurch werden die Zehen nicht komprimiert und können ihre natürliche Spreizung wiedererlangen. Auch Socken und Strümpfe üben eine leichte Kompression auf die Zehen aus, daher ist das Tragen von Zehensocken für die Erhaltung der Beweglichkeit jeder einzelnen Zehe förderlich.

Der nächste Schritt wäre daraufhin das Tragen von Barfußschuhen oder sogar Zehenschuhen, die eine flexible Bewegung jeder Zehe fördern und den Vorfuß entlasten. Diese Schuhe sind vor allem bei Füßen, die zum Spreizfuß neigen hilfreich. Zehenschuhe gibt es mittlerweile für Erwachsene und Kinder sowie als Sport oder Freizeitschuhe. Im Sommer ist Patienten mit einer Neigung zu Hallux valgus auch das Tragen von Flip Flops zu empfehlen. Diese Schuhe haben nur einen kleinen Steg zwischen Großzehe und zweiter Zehe und sind ansonsten sehr offen, sodass auch hier eine flexible Bewegung jeder Zehe möglich ist.

Eine weitere Möglichkeit, Fußfehlstellungen vorzubeugen ist das Muskeltraining der Bein- und Fußmuskulatur durch gezielte Patientenschulung und die Physiotherapie. Fuß- und Zehengymnastik kräftigt die Muskulatur, strafft das Bindegewebe und hilft so bei der Vermeidung von Fußfehlstellungen. Der Patient kann die Techniken der Spiraldynamik erlernen. Dies ist ein spezielles Bewegungs- und Kräftigungsprogramm, durch das die Zehen aktiv in die richtige Haltung gebracht werden können.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.11.2015 - Letzte Änderung: 30.03.2024