Wie erkennt man Rheuma?

Einleitung

Inzwischen sind zahlreiche rheumatologische Erkrankungen bekannt, die sich alle durch bestimmte Symptomkomplexe auszeichnen. Trotzdem vergehen oft Jahre bis Betroffene die endgültige Krankheitsdiagnose erhalten, da unter anderem zahlreiche andere Erkrankungen, die ähnliche Symptome bereiten können, vorher ausgeschlossen werden müssen.

Teilweise sind die Symptome der Erkrankung so unscheinbar, beispielsweise Fieber, Unwohlsein, Muskelschmerzen, dass nicht gleich auf eine rheumatologische Erkrankung geschlossen werden kann beziehungsweise Untersuchungen dahingehend angestrebt werden. Nichtsdestotrotz ist eine möglichst schnelle Erkennung von Vorteil, um einer im Verlauf entzündungsbedingten Knorpel- und Knochenzerstörung und damit verbundenen Bewegungseinschränkung durch Therapie frühzeitig zu verhindern beziehungsweise deren Fortschreiten zu verlangsamen.

Schmerzen bei Rheuma

Gelenkschmerzen sind ein häufiges Symptom bei Rheuma. Diese treten vorallem morgens auf und können sich im Verlauf des Tages bessern. Eine bedarfsgerechten Behandlung kann helfen um unter anderem schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen zu vermeiden. Viele zu diesem Zweck eingesetzten Schmerzmittel dämmen zusätzlich die Entzündung der Gelenke ein.

Rheuma nur anhand der Schmerzen zu erkennen ist fast unmöglich. Typisch ist jedoch, dass die Schmerzen am und um das betroffene und zumeist auch geschwollene Gelenk auftreten, sowie der häufig symmetrische Befall der Gelenke auf beiden Seiten des Körpers und das über mehrere Wochen. Die Beschwerden, so auch die Schmerzen treten häufig schubförmig auf mit teils wochenlangen, beschwerdefreien Intervallen. Des Weiteren kommt es im Rahmen von Wetterwechseln bei vielen Betroffenen zu einer Verschlimmerung der Schmerzsymptomatik.

Rheuma am Knie

Bei rheumatischen Erkrankungen kommt es zu einer immunologisch-bedingten, chronischen Entzündung der Gelenkschleimhaut, welche im Verlauf zu einer Zerstörung und Abnutzung des Knorpels und letzten Endes zu einer Arthrose (Gelenkverschleiß) führen kann. Fachsprachlich wird die Erkrankung als rheumatoide Arthritis bezeichnet, was so viel bedeutet wie eine Gelenkentzündung als Folge einer rheumatischen Erkrankung. Ist das Kniegelenk betroffen, führt dies zu Schwellungen und mitunter starken Schmerzen in diesem Bereich. Beides gehört zu den Erkennungsmerkmalen einer rheumatischen Gelenkserkrankung, kann aber auch bei anderen Erkrankungen dieses Gelenks auftreten.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: rheumatoide Arthritis

Verdächtig hingehend auf eine rheumatische Genese sind anhaltende Schmerzen und Schwellung, welche 6 Wochen oder länger anhalten. Bei fortgeschrittener Erkrankung ist der Gelenkverschleiß im Röntgen oder MRT erkennbar. Eine schnelle bildgebende Alternative stellt der Ultraschall dar, mit dessen Hilfe die Entzündungen der Schleimhäute im Knie gut dargestellt werden können. Eine mögliche Knochen- oder Knorpelzerstörung ist hiermit jedoch nicht beurteilbar.

Bei einer rheumatischen Erkrankung weist die Gelenkflüssigkeit (Synovia), in diesem Fall die des Kniegelenks, eine charakteristische Zusammensetzung an bestimmten Zellen auf. Es besteht die Möglichkeit diese Flüssigkeit im Labor zu untersuchen. Dafür wird das betroffene Knie nach örtlicher Betäubung punktiert. Es ist ein kleiner Eingriff mit minimalem Risiko. Auch eine Blutuntersuchung kann die Erkennung einer rheumatischen Erkrankung erleichtern. Lesen Sie hierzu weiter unten auch den Abschnitt "Blutuntersuchung bei Rheuma".

Typisch für eine rheumatische Erkrankung ist des Weiteren, dass die betroffenen Gelenke, in diesem Fall im Bereich des Knies am Morgen versteift sind. Es vergeht mindestens eine Stunde bis Betroffene die Gelenke wieder voll bewegen können. Ein vor allem plötzlicher Wetterwechsel ist oft mit einer Verschlechterung der Symptome verbunden, was ebenfalls hinweisend auf eine rheumatische Erkrankung ist.

Ein weiteres Erkennungsmerkmal rheumatischer Erkrankung mit Befall des Kniegelenks ist eine Erkrankung weiterer Gelenke des Körpers, häufig der Finger mit ähnlichen Symptomen, also z.B. Schmerzen, Steifigkeit am Morgen. Ein wichtiges Erkennungsmerkmal ist, dass bei Rheuma nicht nur das eine Kniegelenk, sondern auch das andere Gelenk betroffen ist. Man spricht hier von „symmetrischem Befall derselben Gelenke beider Körperhälften“.

Rheuma an den Händen

Eine rheumatische Erkrankung an den Händen äußert sich ähnlich wie an anderen betroffenen Gelenken mit Schwellung und Schmerzen. Typische Erkennungsmerkmale und Vorgehensweisen zur Erkennung wurden schon genauer unter dem Punkt „Rheuma am Knie“ beschrieben und können ebenso auf die Hände übertragen werden.

Ein Befall der Fingergelenke ist sehr charakteristisch für eine rheumatische Erkrankung, Typischerweise ist nicht nur ein Fingergelenk, sondern mehrere und diese symmetrisch auf beiden Körperhälften betroffen. In Folge der Entzündung bilden sich knotige Herde an den Gelenken, die als Rheumaknoten bezeichnet werden und unter anderem aus Entzündungszellen bestehen. Sie zählen zu den diagnostischen Erkennungsmerkmalen einer rheumatischen Erkrankungen und finden sich häufig auch an anderen Gelenken, vor allem am Ellenbogengelenk.

Eine fortgeschrittene Erkrankung führt häufig durch die Knochenzerstörung und die Schmerzen zu einer Kraftlosigkeit der Hände, einer eingeschränkten Feinmotorik und Verformungen der Finger.

Rheuma bei Kindern

Rheumatische Erkrankungen können sich bereits im Kindesalter manifestieren. Zu einer vorübergehenden Entzündung der Gelenke (Arthritis) mit Schwellung, Schmerzen und Rötung des Gelenks kann es in Folge einer Entzündung des Magen-Darm-Trakts oder der Harnwege mit bestimmten Bakterien kommen. Diese Form bezeichnet man als „reaktive Arthritis“. Wichtiges Erkennungsmerkmal ist das gleichzeitige Auftreten einer Augen-, Gelenk- und Harnwegsentzündung. Sie kommt allerdings nicht durch die genannten Bakterien zustande, sondern durch die Antikörper, die der Körper als Reaktion auf die Infektion gebildet hat und die nun auch Strukturen in Augen, Gelenken und Harnröhre angreifen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: reaktive Arthritis

Bei der juvenilen idiopathischen Arthritis handelt es sich um eine chronische Gelenksentzündung, die sich ähnlich wie die der Erwachsenen äußert, definitionsgemäß jedoch vor dem 16. Lebensjahr auftritt. Die Ursache ist bisher noch ungeklärt. Ein typisches Erkennungsmerkmal ist der schubförmige Verlauf der Entzündungen mit dazwischen liegenden, beschwerdefreien Phasen. Wie bereits gesagt ähneln die Erkennungsmerkmale und Symptome, dem Rheuma im Erwachsenenalter, wie Schwellungen und Schmerzen in Gelenken und Steifigkeit der Gelenke, vor allem am Morgen. Im Gegensatz zu der Erkrankung im Erwachsenenalter kann hier auch nur ein Gelenk entzündet sein. Durch die Schmerzen nehmen die Kinder unbewusst Schonhaltungen ein, was im Verlauf zu Muskeln- und Sehnenverkürzungen, so genannten Kontrakturen und dauerhaften Bewegungseinschränkungen enden kann.

Die Untersuchung des Blutes auf bestimmte Marker, der Gelenkflüssigkeit und das Anfertigen von Röntgen-, CT-, MRT- und Ultraschallbildern tragen maßgeblich zur Erkennung der Erkrankung bei. Das Blut der Kinder wird des Weiteren häufig auf bestimmte genetische Marker untersucht, die, insofern vorhanden, ebenfalls zur Erkennung beitragen und den Verdacht auf das Vorliegen einer idiopathischen rheumatoiden Arthritis stützen würden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: juvenilen idiopathischen Arthritis

Mitbeteiligung der Augen

Eine rheumatische Erkrankung präsentiert sich nicht nur durch Gelenksbeschwerden, auch wenn diese Probleme die Betroffenen zu Beginn oft am meisten einschränken. Da es sich um eine autoimmun vermittelte Erkrankung handelt, können die mitverantwortlichen Antikörper auch andere Strukturen an verschiedenen Stellen des Körpers „angreifen“ und eine entzündliche Reaktion bedingen. Bestandteile des Auges werden hierbei sehr oft in Mitleidenschaft gezogen.

Vor allem Entzündungen des vorderen Augenabschnitts, zu dem unter anderem die Regenbogenhaut, der Ziliarkörper und die Hornhaut zählen sind häufig mit Schmerzen und Rötung des Auges verbunden. Eine Rötung die länger als 48 Stunden andauert oder im Verlauf mehrerer Wochen immer wieder auftritt, sollte deshalb durch eine Augenarzt abgeklärt werden. Dies ist wichtig, da im Verlauf und bei chronischer Entzündung viele Komplikationen, wie erhöhter Augeninnendruck (grüner Star) oder eine Schwellung des gelben Flecks (Ort des schärfsten Sehens) mit Erblindung auftreten können.

Allein durch diese Symptomatik eine rheumatische Genese als Ursache zu erkennen ist, vor allem wenn ein Rheuma noch nicht bekannt ist, fast unmöglich. Es existieren keine spezifischen Tests, die am Auge durchgeführt werden können, um Rheuma zu erkennen. Der behandelnde Arzt wird weitere Tests durchführen, um unter anderen eine Infektion mit Bakterien, Viren oder Pilzen auszuschließen.

Das eine Entzündung im vorderen Abschnitt des Auges, welcher Ursache auch immer, vorliegt kann unter anderem mithilfe eines augenärztlichen Untersuchungsinstruments, der Spaltlampe erkannt werden. Im Rahmen der Untersuchung wird auch die Regenbogenhaut und der gelbe Fleck beurteilt um mögliche Komplikationen dahingehend auszuschließen. Auch der Augeninnendruck wird bei Verdacht auf Erhöhung gemessen.

Häufig entzündet sich auch die Lederhaut des Auges im Rahmen einer rheumatischen Erkrankung. Dies wird als Skleritis bezeichnet und ist unter anderem durch Schmerz beim Ausüben von Druck auf die Augen gekennzeichnet. Auch hier ist die Lederhautentzündung kein spezifisches Erkennungsmerkmal für Rheuma. Sie kann auch im Rahmen von anderen Erkrankungen, wie der Gicht oder bei Infektionen auftreten.

Blutuntersuchung bei Rheuma

Allgemein ist die Blutuntersuchung ein diagnostischer Baustein der zur Erkennung einer rheumatischen Erkrankung einen wichtigen Beitrag leistet. Im Folgenden werden bestimmte Parameter vorgestellt, die bei Veränderung hinweisend auf Rheuma sein können. Wichtig ist, dass die Parameter stets in Kombination und nicht jeder einzeln für sich betrachtet werden, da einige auch bei anderen Erkrankungen oder Infektionen erhöht bzw. erniedrigt, sprich nicht speziell für die Diagnose des Rheumas geeignet sind.
 

  • BSG: BSG ist die Abkürzung für Blutsenkungsgeschwindigkeit. Zu einer erhöhten BSG kommt es unter anderem in Folge von Entzündungsprozessen. Dies ist bei rheumatische Erkrankungen, aber auch anderen Autoimmunerkrankungen, Infektionen durch Bakterien/Viren oder der Einnahme bestimmter Medikamente der Fall. Somit ist eine erhöhte BSG ein unspezifischer Parameter bei der Diagnose einer rheumatischen Gelenksentzündung.
     
  • C-reaktives Protein (CRP): C-reaktives Protein zählt mit zu den wichtigsten Parameter zur Beurteilung eines akuten Entzündungsgeschehens im Körper. Es wird in solchen Fällen von der Leber produziert und ist in der Lage gewisse Abwehrmechanismen im Körper in Gang zu setzen. Bei Autoimmunerkrankungen, so auch bei der rheumatoiden Arthritis ist dies nicht gewollt, da der Körper sich selbst angreift und zerstört.
    Ein erhöhtes CRP im Blut spiegelt das entzündliche Geschehen innerhalb der Gelenke wieder, kann aber auch im Rahmen von anderen Autoimmunerkrankungen und vor allem bei bakteriellen Infektionen erhöht sein. Es zählt somit, wie die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), zu den unspezifischen Blutparametern bei der Erkennung eines Rheumas. Der CRP-Wert dient vor allem der Diagnose eines akuten Entzündungsgeschehens innerhalb des Körpers ohne Unterscheidung einer infektiösen (Bakterien, Viren) oder nicht-infektiösen (Rheuma, andere Autoimmunerkrankungen) Ursache. Eine grobe Einschätzung des Schweregrades der Erkrankung ist mithilfe dieses Parameters ebenfalls möglich.
     
  • Rheumafaktor: Beim Rheumafaktor handelt es sich um einen Antikörper, der sich im Rahmen einer Autoimmunerkrankung wiederum gegen körpereigene Antikörper richtet. Aus diesem Grund wird er auch als „Autoantikörper“ (gegen eigene Körperbestandteile gerichtet) bezeichnet. Bei 70% der Patienten, die an einer rheumatischen Gelenksentzündung erkrankt sind, lässt sich dieser Antikörper im Blut nachweisen. Sie sind „Rheumafaktor positiv“. Es besteht keine Korrelation zwischen der Menge des Rheumafaktors im Blut und der Krankheitsaktivität. Ein hoher Rheumafaktor bedeutet also nicht, dass die Erkrankung zu gegebenem Zeitpunkt besonders schlimm sein muss.
    Wird der Rheumafaktor im Blut nachgewiesen ist dies paradoxerweise nicht gleich beweisend dafür, dass eine rheumatische Erkrankung vorliegt.
     
  • CCP-Antikörper: Das Vorhandensein dieses Antikörpers im Blut ist ein spezifisches Erkennungsmerkmal für eine rheumatoide Arthritis und korreliert mit deren Krankheitsgeschehen. Im Gegensatz zum Rheumafaktor befindet sich der CCP-Antikörper, der in der Labordiagnostik auch als ACPA bezeichnet wird, nicht auch bei anderen Erkrankung im Blut, dient also speziell dem Nachweis und der Erkennung eines Rheumas. Eine Schweregradeinteilung, sowie Rückschlüsse auf den Verlauf der rheumatischen Gelenkserkrankung sind ebenfalls mithilfe dieses Antikörpers möglich. Sie sind bereits 10 Jahre vor Ausbruch der ersten Symptome, wie Schwellung oder Schmerzen im Blut nachweisbar.
    Lesen Sie mehr zum Thema unter: CCP-Wert

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.04.2016 - Letzte Änderung: 19.07.2023