Alpha-1-Antitrypsin

Einleitung

Alpha-1-Antitrypsin gehört zu den Eiweißstrukturen, also Proteinen, welche im Blutserum schwimmen. Der Name kommt von der Untersuchung zur Ermittlung dieser Proteine. Bei einer Serumeiweißelektrophorese befinden sich diese Proteine in der Alpha-1-Gruppe.

Alpha-1-Antitrypsin ist ein Gegenspieler des Trypsins, einem Enzym, welches Eiweiße spaltet. Dieses Trypsin, welches im Blut schädlich ist, wird also vom Alpha-1-Antitrypsin gehemmt. Da Alpha-1-Antitrypsin nicht nur Trypsin hemmt, sondern auch andere Enzyme, wird es auch Proteasen-Hemmer genannt.

Aufgaben, Funktionen und Nutzen von Alpha-1-Antitrypsin

Alpha-1-Antitrypsin ist ein Hemmstoff für eiweißspaltende Enzyme. Es gehört zu den Proteinen der Serpin-Familie, welche auf den Serpine-Genen kodiert sind.

In der Verdauung sind eiweißspaltende Enzyme, wie Trypsin, wichtige Hilfsmittel, während diese im Blut schädlich sind. Im Blut können Serumeiweiße, welche der Körper benötigt, zerstört werden und dies wird von Alpha-1-Antitrypsin verhindert.

Serumeiweiße sind eine große Gruppe unterschiedlicher Proteine, welche sich in Untersuchungen in verschiedene Untergruppen unterteilen lassen. Sie haben unter anderem Aufgaben in der Immunabwehr und der Blutgerinnung des Körpers. Die meisten dieser Eiweiße werden in der Leber produziert. Ein gesteigerter Abbau durch Enzyme hätte viele schädliche Folgen für den Menschen.
Da es sich nicht nur um Trypsin handelt, ist der allgemeinere Name Proteasen-Hemmer. Neben dem Alpha-1-Antitrypsin gibt es noch viele andere Proteasen-Hemmer. Proteasen sind ebenfalls Teil der Blutgerinnung und vieler anderer Prozesse im Körper.

Protease-Hemmer können auch medikamentös genutzt werden. Bestimmte Thrombin-Hemmer, also Stoffe zur Verhinderung der Blutgerinnung (Gerinnungshemmer), können als Herzinfarkt-Prophylaxe genutzt werden. Auch bei einigen Viruserkrankungen können Medikamente aus dem Bereich der Protease-Hemmer genutzt werden.

Die Menge an Alpha-1-Antitrypsin im Blut steigt an, wenn im Körper Entzündungen ablaufen. Im Rahmen der Akuten-Phase-Reaktion wird vermehrt Alpha-1-Antitrypsin gebildet und kann so eine überschießende Immunreaktion und die Wirkung der neutrophilen Granulozyten abmildern, welche andernfalls zu einer Zerstörung des körpereigenen Elastins führen würden.

Eine Mutation in den Serpine-Genen kann zu fehlerhaftem Alpha-1-Antitrypsin führen, welches im Körper angereichert wird und so viele schädliche Folgen für den Betroffenen mitbringt.

Weiterhin hat der Mangel an dem Alpha-1-Antitrypsin selbst viele Folgen, da die Blutgerinnung und das Immunsystems Störungen entwickeln. Die genetische Erkrankung ist im nordwestlichen Europa besonders stark verbreitet.
Bisher kann Alpha-1-Antitrypsin nicht künstlich hergestellt werden. Es kann jedoch aus dem Blutserum gesunder Menschen gewonnen und konzentriert werden, um bei einem Mangel zu helfen. Alpha-1-Antitrypsin hat also weitreichende Funktionen im menschlichen Körper und ein Mangel weitreichende Folgen.

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Was sind die Alpha-1-Antitrypsin - Normwerte?

Alpha-1-Antitrypsin kann im Blut bestimmt werden. Der Normbereich liegt zwischen 83 und 199 Milligramm pro Deziliter.
Eine Erhöhung muss nicht krankhaft sein, sondern kann auch in der Schwangerschaft auftreten. Ein Normbereich ist immer eine reine Statistik. Nicht jeder Mensch, dessen Werte anders sind, ist automatisch krank. Einige Menschen haben ihr Leben lang andere Werte und zeigen niemals Symptome. Ein solcher Laborwert kann immer nur als unterstützende Diagnostik und nicht als einzige Grundlage einer Diagnose dienen.

Was misst der Schnelltest?

Ein Schnelltest kann genutzt werden, um eine abnormale Variante des Alpha-1-Antitrypsins zu entdecken.
Diese Variante kann die normale Funktion nicht erfüllen und führt so effektiv zu einem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Der Test funktioniert mit einer einfachen Blutprobe aus der Fingerspitze und das Ergebnis ist schon nach wenigen Minuten vorhanden. Mit dem Test kann jedoch nur das Vorliegen dieser fehlerhaften Variante ausgeschlossen werden und nicht allgemein die Mangelerkrankung.

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Wo wird Alpha-1-Antitrypsin hergestellt?

Alpha-1-Antitrypsin wird in der menschlichen Leber produziert und verlässt diese dann über das Blut. Kodiert ist Alpha-1-Antitrypsin auf den Genen der Serpine-Gruppe auf dem vierzehnten Chromosom.
Die Gene werden in den Leberzellen abgelesen und von den Ribosomen in Aminosäuren übersetzt. Die Aminosäure-Kette muss dann noch passend gefaltet werden, damit Alpha-1-Antitrypsin entsteht. Bei Entzündungsreaktionen werden die Leberzellen aktiver und die Produktion vieler Stoffe, inklusive des Alpha-1-Antitrypsins, wird gesteigert.

Was passiert bei einem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel?

Ein Alpha-1-Antitrypsin wirkt über zwei verschiedene Systeme.

  1. Die eine Folge ist die Verklebung des fehlerhaften Alpha-1-Antitrypsins am Enstehungsort. Das fehlerhafte Protein sammelt sich in der Leber und die Leber kann ihren anderen Aufgaben nicht mehr ausreichend nachkommen. Dies kann bei Neugeborenen zu einer schweren Leberschädigung, einer Leberzirrhose, führen. Betroffene sind häufig auf ein Spenderorgan angewiesen. Eine Leberzirrhose kann neben dem Funktionsverlust der Leber auch zu Leberkrebs führen.
  2. Die Folge dieser Verklumpung in den Leberzellen ist ein Mangel des Alpha-1-Antitrypsins im Rest des Körpers. Dies ist die zweite Ursache für Symptome im Rahmen der genetischen Erkrankung. Normalerweise hemmt Alpha-1-Antitrypsin Elastase, Trypsin, Chymotrypsin, Thrombin und Plasmin.
    Eine Überaktivität dieser Enzyme hat viele Folgen. Eine vermehrte Menge an Elastase führt zu einem Abbau des Elastins in den Lungenbläschen, wodurch diese zerstört werden und der Betroffene ein Lungenemphysem entwickelt. Betroffene werden daher oft fälschlicherweise mit einer chronischen Bronchitis diagnostiziert. Eine Behandlung besteht zum einen aus der Ersatztherapie mit Alpha-1-Antitrypsin und einer Therapie der Symptome. Die Leberschäden treten nur bei ungefähr zwanzig Prozent der Betroffenen auf, während die Lungenschäden nach längerem Krankheitsverlauf immer bestehen.

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Ursachen für eine Erhöhung des Antitrypsin-Wertes

Erhöhte Werte von Alpha-1-Antitrypsin im Blut oder Stuhl können unterschiedliche Gründe haben. Nicht alle Ursachen sind als krankhaft zu bewerten.

  • Während einer Schwangerschaft haben Frauen oft wegen der Hormonveränderungen auch höhere Alpha-1-Antitrypsin-Spiegel.
  • Ebenso kann eine künstliche Hormonumstellung im Rahmen einer Östrogen-Therapie zu einer Steigerung führen.
  • Eine Steigerung des Alpha-1-Antitrypsin-Spiegels im Stuhl zeigt eine Durchlässigkeit der Darmschleimhaut. Dies kann auf Allergien oder eine Glutenunverträglichkeit hinweisen oder im Rahmen einer akuten oder chronischen Darmentzündung auftreten.
  • Im Blut erhöht sich der Alpha-1-Antitrypsin-Spiegel bei Entzündungen im Körper im Rahmen der Akuten-Phase-Reaktion.
  • Auch bei Tumorerkrankungen, besonders bei Bronchialkarzinomen, steigt das Alpha-1-Antitrypsin an. Hierbei kann das Alpha-1-Antitrypsin in der Langzeitkontrolle als Tumormarker genutzt werden.

Eine Erhöhung ist also normalerweise eine akute Veränderung und nicht wie der Mangel genetisch bedingt. Die Veränderungen sind variabel und gehen meist selbständig wieder zurück.

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Alpha-1-Antitrypsin im Stuhl

Der unspezifische Protease-Hemmer Alpha-1-Antitrypsin befindet sich im Blut aller Menschen. Bei Entzündungsreaktionen ist das Alpha-1-Antitrypsin vermehrt vorhanden. Wenn die Darmschleimhaut durchlässig ist, kann dort ein Verlust von Alpha-1-Antitrypsin geschehen und das Alpha-1-Antitrypsin kann im Stuhl nachgewiesen werden.

Auf diese Weise kann die Qualität der Darmschleimhaut ohne Biopsien und andere invasive Maßnahmen kontrolliert werden. Eine solche Schädigung der Darmschleimhaut kann unterschiedliche Ursachen haben. Erhöhte Werte sind bei allergischen Reaktionen und einer Glutenunverträglichkeit möglich. Auch bei chronischen Entzündungen des Darms, wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, sind erhöhte Werte möglich.
Im Akutfall einer Darmentzündung ist ebenfalls Alpha-1-Antitrypsin nachweisbar. Durch Durchfälle kann jedoch eine Verdünnung des Stuhls falsch niedrige Werte bedeuten. Bei den chronischen Darmentzündungen kann Alpha-1-Antitrypsin zur Langzeitkontrolle der Erkrankung genutzt werden. Der Normbereich von Alpha-1-Antitrypsin liegt bei unter 0,27mg pro Gramm Stuhl. Der Verlust über den Stuhl kann in einigen Fällen zusätzlich zu Mangelerscheinungen im restlichen Körper führen.

Folgen eines veränderten Antitrypsin-Wertes

Der Anstieg von Alpha-1-Antitrypsin hat selbst kaum negative Folgen für den Körper und ist eine normale Reaktion auf abnormale Vorgänge im Körper.
Die Veränderung des Wertes ist also ein Hinweis auf möglicherweise krankhafte Vorgänge im Körper, welche wiederum zu Krankheitssymptomen führen. In diesem Fall sollte weitere Diagnostik gemacht werden, um den Grund für den Anstieg zu finden.

Alpha-2-Antitrypsin

Ein Alpha-2-Antitrypsin gibt es in dieser Form nicht. Jedoch gibt es in der Gelelektrophorese, welche dem Alpha-1-Antitrypsin seinen Namen gibt, auch eine Alpha-2-Fraktion.
Eiweiße, welche in dieser Fraktion zu finden sind, sind während verschiedener Entzündungsreaktionen im Körper erhöht. Einige dieser Proteine gehören zu den Akute-Phase-Proteinen. Ursächlich für einen Anstieg können Gewebsnekrosen, akute Infektionen, Autoimmunerkrankungen, entzündliche Darmerkrankungen und Tumore sein.
Der Anstieg ist also häufig ähnlich zu dem Anstieg der Alpha-1-Fraktion.
Besonders stark ist der Anstieg bei einem nephrotischen Syndrom, da es sich um einen relativen Wert handelt und die anderen Eiweiße über die kranke Niere verloren gehen. Erniedrigte Werte finden sich bei Leberschäden und einem vermehrten Blutabbau.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 12.09.2018 - Letzte Änderung: 25.07.2023