Tumormarker

Einleitung

Tumormarker sind Substanzen, die im Blut messbar sind und auf das Vorhandensein von Tumoren hinweisen können. Sie werden vor allem von malignen Zellen im Körper produziert und können so richtungweisend für eine Diagnose sein. Tumormarker können entweder vom Tumor selbst synthetisiert werden, oder aber als Reaktion des Gewebes entstehen.
Da sie nicht immer zuverlässig mit dem Vorhandensein eines Tumors korrelieren, werden die Tumormarker in der Regel nicht zur Diagnostik herangezogen. Zudem steigen die meisten Tumormarker auch bei bestimmten gutartigen Erkrankungen an und sind somit nicht zur Frühdiagnostik einer Tumorerkrankung sinnvoll. Allerdings gibt es einige Marker, die zur Verlaufskontrolle bei einer Tumorbehandlung genutzt werden und hier auch zuverlässige Aussagen zu Prognose und Wirksamkeit der Therapie erlauben. Es gibt viele verschiedene Tumormarker, die für bestimmte Organe spezifisch sind.

CEA

Das Carcinoembryonale Antigen (kurz CEA) als Tumormarker wurde erstmals 1965 aus Zellen eines Kolorektalen Karzinoms isoliert. Es handelt sich um eine Familie von Glykoproteinen, welche von den CEA bildenden Zellen in ihre eigene Zellmembran einbauen und dieses auch ins Blut abgeben.

Aus diesem Grund ist CEA sowohl in den entsprechenden Zellen, als auch im Blut nachweisbar. Da es sich um einen sehr unspezifischen Tumormarker handelt, kann er nicht zur Frühdiagnostik eines Tumors herangezogen werden. Allerdings hat er sich in der Nachsorge und Therapiekontrolle bewährt. Besonders spezifisch ist CEA für das kolorektale Karzinom und das Schilddrüsenkarzinom. Allerdings gibt es auch gutartige Erkrankungen wie Entzündungen von Leber, Magen, Bauchspeicheldrüse und Lunge, sowie die alkoholinduzierte Leberzirrhose, welche zu einer CEA- Erhöhung führen können. Auch Raucher können eine CEA- Erhöhung im Blut haben. Dauerhaft erhöhte CEA- Werte weisen jedoch auf einen bösartigen Tumor hin.

HCG

Das humane Choriongonadotropin (HCG) als Tumormarker wird zu Beginn einer Schwangerschaft von fetalen Zellen produziert. Es dient der Stimulation der Eierstöcke, wodurch die Hormonproduktion derselben angeregt wird und dadurch die Schwangerschaft erhalten wird.

Liegt keine Schwangerschaft vor, deuten erhöhte HCG-Werte auf einen bösartigen Tumor der Eierstöcke, aber auch auf gutartige Geschwüre der Eierstöcke, oder bei Männern auf einen Hodentumor hin. Dabei handelt es sich in der Regel um ein Chorionkarzinom. Auch bei einem Lebertumor (Hepatoblastom) bei Kindern sind erhöhte HCG-Werte nachweisbar. Die Blasenmole bei Frauen ist ein Beispiel für gutartige Erkrankungen, die mit einem erhöhten HCG-Wert einhergehen.

AFP

Das Alpha1-Fetoprotein dient als Tumormarker bei Leberzellkarzinomen und Keimzelltumoren. Es wird im Fetus ab der 4. Woche in der Leber gebildet und dient hier als Transportprotein. Nach der Geburt wird die Produktion des Alpha1-Fetoprotein fast vollständig eingestellt und kann dann Hinweis auf einen Tumor sein. Neben Tumorerkrankungen kann es aber auch auf einen Verschlussdefekt beim Fetus hinweisen, wenn der Alpha1-Fetoprotein - Wert im Fruchtwasser der Schwangeren deutlich erhöht ist. Grundsätzlich gilt auch hier, dass der Alpha1-Fetoprotein - Wert besser zur Verlaufskontrolle geeignet ist, als zur Frühdiagnose. In Kombination mit einem erhöhten HCG- Wert (humanes Choriongonadotropin) dient der AFP- Wert als Tumormarker zur Kontrolle von Keimzelltumoren, speziell bei Kindern.

CA 19-9

Der Tumormarker Carbohydrat- Antigen 19-9 ist ein Glykoprotein, welches vor allem bei Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreas- Karzinom) produziert wird. Es hat eine Halbwertszeit von 4 bis 8 Tagen und dient der Verlaufskontrolle des Pankreas- Karzinoms. Studien zufolge ist die CA 19-9 Konzentration bei etwa 50% der Patienten mit einem Tumor <3cm erhöht, bei einer Tumorgröße >3cm findet sich in etwa 90% ein erhöhter Wert. Dabei korreliert die Höhe des Tumormarkers mit der Größe des Tumors. Auch in etwa 70% der Gallengangstumore findet sich ein erhöhter Carbohydrat- Antigen 19-9 Wert.

CA 72-4

Der Tumormarker Cancer- Antigen 72-4 wird vor allem als Tumormarker bei Magenkarzinom genutzt. Es handelt sich um ein Eiweiß, welches physiologisch auf vielen Oberflächenzellen vorkommt.

Aber auch Krebserkrankungen der Eierstöcke (Ovarialkarzinom) weisen einen erhöhten Cancer- Antigen 72-4 Wert auf. Da dieser Wert ebenfalls bei Lungenentzündungen und Leberzirrhose erhöht ist, lässt sich auch dieser Wert nicht direkt auf das Vorhandensein eines Karzinoms zurückführen. In sehr seltenen Fällen kann Cancer- Antigen 72-4 auch beim Gesunden erhöht sein. Obwohl der CA 72-4 Wert vor allem für den muzinösen Eierstockkrebs sensitiv ist, wird der Wert in den Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft in der Regel für die Verlaufskontrolle und Therapie des Dickdarmkrebses eingesetzt.

CA 15-3

Das Cancer- Antigen 15-3 wird auch als Mucin- 1 (MUC 1) Tumormarker bezeichnet. Es handelt sich um ein Mucin, das in allen Membranen von Wirbeltieren vorkommt. Bei epithelialen Tumoren, Adenokarzinomen, Lymphomen oder dem multiplen Myelom wird das Cancer- Antigen 15-3 deutlich überexprimiert und kann so als Tumormarker verwendet werden. In der Praxis wird es als Marker zur Verlaufskontrolle von Brustkrebspatienten genutzt. Allerdings liegt die Sensitivität nur bei ca. 60- 80%. Neben dieser Verlaufskontrolle wird das Mucin- 1 auch als Ansatz für neuere Therapien in der Krebstherapie genutzt.

CA 125

Der Tumormarker CA 125 ist ebenso wie das CA 15-3 ein Zucker- Eiweiß Molekül, welches vor allem bei Eierstockkrebs (Ovarialcarcinom) Bedeutung hat. Die Messung des CA 125 hat vor allem in der Verlaufskontrolle eine große Bedeutung und kann als relativ spezifischer Marker zum Nachweis eines Rezidives herangezogen werden.

Von Deutschen Krebsexperten wurde festgelegt, dass ein wiederholter normaler CA 125 Wert nach einem Eierstockkrebs andere aufwändigere Untersuchungen ersetzen kann. Es gibt auch einige gutartige Erkrankungen, wie Leberzirrhose, akute Pankreasentzündung und eine Gallenblasenentzündung, welche einen erhöhten Ca 125 Wert verursachen können.

NSE

Die neuronenspezifische Enolase als Tumormarker ist ein Enzym des Glucosestoffwechsels und wird in verschiedenen Unterformen in den Nervenzellen des Gehirns, im peripheren Nervengewebe und in sogenanntem neuroendokrinen Gewebe gebildet. Die Bildung der Enolase in diesen hormon eigenproduzierenden (neuroendokrin) Geweben wird zur Tumorkontrolle genutzt. Aus diesem Grund ist die NSE vor allem beim kleinzelligen Bronchialkarzinom und Tumoren anderer neuroendokriner Gewebe deutlich erhöht. Der NSE- Wert steigt jedoch auch bei Traumata des Gehirns, bei Hirntumoren oder der Creutzfeld- Jakob- Krankheit an.

SCC

Das Plattenepithelkarzinomantigen (engl. Squamous cell carcinoma antigen) ist ein Zucker- Eiweiß- Molekül und als Tumormarker Bestandteil von Plattenepithelkarzinomzellen. Plattenepithelien finden sich in den verschiedensten Organen, so zum Beispiel als verhornendes Plattenepithel auf der Haut oder auf Schleimhäuten.

Niereninsuffizienz, Nierenversagen, Hauterkrankungen, Leberzirrhose oder eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) können erhöhte SCC- Werte aufweisen obwohl es sich hierbei nicht um Tumorerkrankungen handelt. Plattenepitheltumore des Gebärmutterhalses, der Speiseröhre, der Lunge oder des Enddarms sind Beispiele für Plattenepitheltumore und können damit erhöhte SCC- Werte ausweisen. Auch hier weist der SCC- Wert vor allem auf eine erneute Krankheitsaktivität nach erfolgreicher Therapie hin. Allerdings wird der SCC- Wert in den Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft nicht als Tumormarker empfohlen.

PSA

Der Tumormarker prostataspezifische Antigen ist ein Enzym, welches im Drüsenepithel der Prostata gebildet wird. Es ist physiologischerweise dem Ejakulat in kleinen Mengen beigemischt und dient der Verflüssigung des Samenkoagulums. Die Bildung des PSA erfolgt unter der Kontrolle von Androgenen.

Heute ist das PSA einer der wichtigsten Prostataspezifischen Tumormarker. Da PSA auch beim Gesunden oder bei Patienten mit einer gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie) nachweisbar ist, gilt der PSA- Wert als Gewebemarker, nicht als reiner Tumormarker.

Ein PSA- Wert zwischen 4- 10 ng/ml korreliert in 25% der Fälle mit dem Auftreten eines Prostatakrebs. Bei einem PSA- Wert über 10ng/ml liegt die Wahrscheinlichkeit eines Prostatakarzinoms bei 50 bis 80%. Die anderen PSA- Erhöhungen korrelieren mit Entzündungen der Prostata, einer gutartigen Vergrößerung der Prostata oder einem Prostatainfarkt. Entsprechend ist das Screening auf ein Prostatakarzinom mit Hilfe des PSA- Wertes nicht spezifisch genug, um andere Untersuchungen zu ersetzen.
Allerdings kann der PSA- Wert sehr aussagekräftig nach der Therapie sein. Ein zuvor erhöhter und stetig sinkender PSA- Wert ist ein deutliches Zeichen für eine Remission nach einer Tumorerkrankung. Da eine PSA- Erhöhung in Studien nicht immer mit dem vorliegen eines Tumors korrelliert werden konnte, wird das PSA- Screening nicht von der Krankenkasse übernommen. Dennoch ist es Männern möglich, sich einem jährlichen Screening zu unterziehen, sofern sie dieses selbst bezahlen.

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Zusammenfassung

Tumormarker sind Syntheseprodukte des Tumors, oder des körpereigenen Gewebes und können dem Nachweis von Tumoren dienen. Heute sind sehr viele verschiedene Tumormarker bekannt, die bedeutendsten sind im Text erläutert.
Aufgrund der zum Teil sehr geringen Spezifität können Tumormarker aber in der Regel nicht zur Diagnostik oder Tumorsuche eingesetzt werden. Zu viele gutartige andere Erkrankungen oder Entzündungen können ebenfalls mit erhöhten Werten eines Tumormarkers einhergehen. Dennoch wird vor allem der PSA- Wert von einigen Ärzten zum Screening eines Prostatatumors eingesetzt. Die Aussagekräftigkeit konnte in Studien jedoch nicht belegt werden und ist damit in den Fachgesellschaften umstritten. Die meisten anderen Tumormarker können vor allem zur Therapie- und Verlaufskontrolle herangezogen werden.
Hierbei können die Tumormarker sehr aussagekräftig sein und zum Teil andere, aufwendigere Untersuchungen ersetzen. Im Gegensatz hierzu können falsch positive Ergebnisse in der Vorsorge zahlreiche, vielleicht auch belastende Untersuchungen nach sich ziehen, da kein Tumormarker Gewissheit über das Vorliegen einer Tumorerkrankung liefern kann. So mussten die Fachgesellschaften für Krebsforschung wieder von der Hoffnung mit den Tumormarkern eine einfache und relativ schonende Form der Tumorfrüherkennung gefunden zu haben, Abstand nehmen.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 06.12.2011 - Letzte Änderung: 12.01.2023