Chronische myeloische Leukämie (CML)

Synonyme im weiteren Sinne

Leukämie, weisser Blutkrebs, Philadelphia Chromosom

Definition

Die CML (Chronische myeloische Lekämie) zeigt einen chronischen, also eher langsam voranschreitenden Krankheitsverlauf. Es kommt hierbei zur Entartung einer Stammzelle, die eine Vorstufe vor allem der Granulozyten, d.h. für die Abwehr von v.a. Bakterien wichtigen Zellen.

Häufigkeit

Es gibt 3/100000 Neuerkrankungen pro Jahr. Vor allem Menschen um die 60 Jahre sind betroffen.

CML bei Kindern

Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 65 Lebensjahren. Prinzipiell können zwar alle Altersgruppen erkranken, jedoch sind Kinder nur ausgesprochen selten davon betroffen. So erkranken in Deutschland jedes Jahr nur etwa 1-2 Kinder pro 1 Millionen Einwohner an der chronisch myeloischen Leukämie.
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung im Kindesalter verwundert es also nicht, dass es aktuell wenige aussagekräftige Studien und Daten zu diesem Thema existieren. Es gibt jedoch Hinweise, dass die kindliche CML möglicherweise häufiger einen aggressiveren Verlauf nimmt. Unter Umständen stellt die Erkrankung bei Kindern sogar ein eigenständiges Krankheitsbild dar.
Therapeutisch lassen sich in etwa die gleichen Ziele wie bei erwachsenen Betroffenen formulieren. Da Kinder jedoch deutlich anfälliger und sensibler für die Nebenwirkungen der modernen Therapien sind, müssen Therapientscheidungen sehr sorgfältig überlegt werden. Häufig benötigen die Kinder eine jahrzehntelange Behandlung. Wichtiges Ziel ist daher oft die Vermeidung einer lebenslangen Therapie mit den modernen Tyrosinkinase-Inhibitoren. Aktuelle Studien beschäftigen sich zudem mit Möglichkeiten des „Therapie-Stops“.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Leukämie bei Kindern

Die Tyrosinkinase-Hemmer gehören zu den gezielten Chemotherapeutika und werden vor allem bei der CML eingesetzt. Erfahren Sie mehr zu den Wirkungen und Nebenwirkungen dieser Therapie unter: Gezielte Chemotherapie mit Tyrosinkinase-Hemmer

Ursachen

Gegenwärtig ist es relativ unklar, warum es zu dieser Erkrankung kommt, aber Bestrahlung (wie bei einem Atomreaktorunfall) oder bestimmte Stoffe (Benzol) sind Faktoren, die zur Erkrankung führen könnten.

Es wird allerdings in etwa 90% der Fälle die Philadelphia-Chromosom gefunden, welche infolge einer Chromosomenmutation entsteht. Dabei findet eine reziproke Translokation von Bruchstücken der Chromosomen 9 und 22 statt. 

Symptome

Bei dieser Erkrankung sind drei Phasen typisch:

Stabile Phase: Oft ist nur ein Leistungsknick zu sehen, ebenso Gewichtsverlust. Es sind in dieser Phase relativ untypische Symptome vorhanden.

Übergangsphase: Es tritt oft eine rasche Vergrösserung der Milz (Splenomegalie) auf, die z.B. zu Bauchschmerzen führen kann. Ebenso ist hier Fieber relativ häufig. Der Gewichtsverlust und der Leistungsknick können zunehmen.

Blastenschub: Die sog. Blasten sind frühe Vorläufer der Granulozyten. Es kommt in dieser Phase zur Überschwemmung des Körpers mit den entarteten Zellen. Demnach nehmen also die Symptome rapide zu. Es können Blutarmut (Anämie) und vermehrte Blutungen hinzukommen (durch die Verdrängung der Blutplättchenbildung).

An diesen Symptomen können Sie erkennen, ob Sie an einer Leukämie erkrankt sein könnten und Dies beim Arzt kontrollieren lassen sollten.

Wie erkennt man chronische myeloische Leukämie?

Im Gegensatz zu den akuten Leukämieformen, können chronische Leukämien über viele Jahre unbemerkt verlaufen. Gerade im Anfangsstadium sind, wenn überhaupt, eher unspezifische Symptome wie chronische Müdigkeit, Fieber oder ungewollter Gewichtsverlust vorhanden. Somit ist es gar nicht so leicht, die CML ohne weiteres zu erkennen.
Erst in den beiden fortgeschrittenen Phasen (Akzelerationsphase und Blastenkrise) leiden Betroffene unter schwerwiegenderen Beschwerden.
Oft erkennt der Hausarzt bzw. die Hausärztin per Zufall Veränderungen im Blutbild. Dazu zählen z.B. eine starke Vermehrung der weißen Blutkörperchen (Leukozytose) in unterschiedlichen Ausprägungen. Oft lassen sich zudem im Blut Leukämiezellen, die sogenannten „Blasten“, nachweisen.
Häufig fallen bei einer Ultraschalluntersuchung des Bauches eine z.T. massiv vergrößerte Milz auf.
Wenn sich die Hinweise auf eine chronisch myeloische Leukämie verdichten, kommt es in der Regel zu einer ausführlichen Abklärung im Krankenhaus. Hier können spezielle Untersuchungen des Blutes und Knochenmarkes vorgenommen werden.

Allgemeine Informationen zum Thema finden Sie unter: Wie erkennt man Leukämie?

Chronische Phase

Meistens wird die chronisch myeloische Leukämie während der chronischen Phase entdeckt. Sie entspricht dem Anfangsstadium der Erkrankung und kann bis zu zehn Jahre andauern. Oft verläuft sie ohne Symptome, so dass die Erstdiagnose nicht selten eher zufällig, z.B. im Rahme einer Routine-Blutkontrolle beim Hausarzt, gestellt wird.
In dieser Phase kommt es zu einer schrittweisen Verdrängung der gesunden blutbildenden Zellen im Knochenmark. Um dennoch genügend Blutzellen produzieren zu können, weicht der Körper auf andere Organe zur Blutbildung aus. In diesem Zusammenhang spricht man auch von extramedullärer Blutbildung.
Hiervon ist in erster Linie die Milz betroffen, so dass es zur hochgradigen Vergrößerung des Organes kommen kann. Aufgrund der massiven Größenzunahme besteht sogar das Risiko eines lebensbedrohlichen Milzrisses. Gelegentlich berichten Betroffene zuvor über linksseitige Oberbauchbeschwerden.
Charakteristische Symptome der chronischen Phase gibt es kaum. Oft klagen Patienten über unspezifische Beschwerden, wie z.B. Gewichtsverlust, Müdigkeit oder Nachtschweiß.

Diagnose

Blutentnahme: Hier wird die Anzahl der weissen Blutkörperchen im Blut bestimmt. Es ist bei dieser Erkrankung, vor allem im Blastenschub, eine vermehrte Anzahl der weissen Butkörperchen zu erwarten (Leukozytose). Es werden auch Parameter, wie die sog. ALP (Alkalische Leukozytenphosphatase) im Serum bestimmt. Dieser Wert ist bei der CML (Chronisch myeloische Leukämie) erniedrigt und grenzt diese Erkrankung zu anderen ähnlichen Erkrankungen ab, bei denen dieser Wert erhöht ist. Des Weiteren werden andere Parameter bestimmt, die auf einen vermehrten Zellumsatz im Körper schließen lassen (Harnsäure z.B.). Die Werte werden bei jedem Verdacht auf einen Blutkrebs bestimmt.

Knochenmarkgewebeentnahme (Knochenmarksbiopsie) und Blutausstrich: Nach Analyse der Gewebeentnahme aus dem Knochenmark mit Hilfe des Mikroskopes können die Zellen im Knochenmark beurteilt werden und deren Herkunft bestimmt werden. Außerdem kann eine Probe von aus der Vene entnommenem Blut ebenso unter dem Mikroskop untersucht und beurteilt werden.

Lesen Sie mehr zum Thema: Knochenmarkpunktion

Zytogenetik: Die bereits beschriebene Untersuchung zum Erbmaterial der entarteten Zellen ist sowohl für die Therapie als auch für die Prognose der entscheidend, denn gerade die Zellen der CML (Chronisch myeloische Leukämie) weisen einen enorm hohen Anteil am Philadelphia Chromosom aus (ca. 95 % der Zellen besitzen diese untypische Verbindung zwischen den Chromosomen 9 und 22).

Computertomographie (Schichtröntgen) und Ultraschall: Die Vergrösserungen der Leber als auch der Milz können durch diese Bildgebung beurteilt werden.

Therapie

Knochenmarkstransplantation: Bei dieser Erkrankung ist es vor allem sehr wichtig Knochenmarkspender zu finden, denn dadurch ist diese Leukämieart heilbar.

Chemotherapie: Auch diese Krebsart wird zusätzlich mit Chemotherapie behandelt.

Leukopherese: Durch diese Methode werden die durch das unkontrollierte Wachstum sehr zahlreichen Zellen aus dem Blut entfernt, sonst würde es durch die Zunahme der Zähigkeit des Blutes zu einer Verdickung des Blutes führen. Die Folge wären Schlagfälle, Herzinfarkte oder Thrombosen, da das Blut in kleineren Gefässen stehen bleiben und diese Gefässe verstopfen würde.

Imatinib: Gerade bei dieser Erkrankung spielt der Wirkstoff Imatinib eine sehr wichtige Rolle, da 95 % der entarteten Zellen das Philadelphia Chromosom besitzen.

Prognose/ Lebenserwartung/ Heilungschancen

Nach aktuellem Stand der Wissenschaft kann die chronisch myeloische Leukämie nicht medikamentös geheilt werden. Bei fortgeschrittener Erkrankung oder fehlendem Therapieansprechen kann eine prinzipiell kurative (also heilungsversprechende), aber risikoreiche Knochenmarkstransplantation ins Auge gefasst werden. Demnach ist es nicht so leicht, allgemeingültige Aussagen bezüglich der individuellen Prognose oder Lebenserwartung zu fällen.
Grundsätzlich verursachen bei der chronisch myeloischen Leukämie massiv erhöhte Zellzahlen im Blut Komplikationen und Beschwerden. Ziel der Therapie ist daher eine Reduzierung der Leukämiezellen, so dass die potentiell tödlichen Komplikationen vermieden werden können.
Seit 2001 sind in Deutschland die sogenannten „Tyrosinkinase-Inhibitoren“, wie Imatinib, Nilotinib oder Dasatinib zugelassen. Hinter diesen komplizierten Namen verbergen sich neuartige Medikamente, welche die bösartigen Leukämiezellen, vereinfacht gesprochen, zurückdrängen können. Im Gegensatz zur herkömmlichen Chemotherapie, greifen diese Medikamente direkt an dem Entstehungsort der CML ein und verhindern so die Neuentstehung entarteter Krebszellen.
Mittlerweile lässt sich die Einführung der Tyrosinkinase-Inhibitoren als echte medizinische Revolution bezeichnen, denn vorher galt die chronisch myeloische Leukämie als schlecht therapierbare Erkrankung, die innerhalb weniger Jahre zum Tod geführt hat.
Im Gegensatz dazu, können Patienten heute ein weitgehend normales Leben führen. Bei frühzeitiger, optimaler und konsequenter Therapie lässt sich mittlerweile zum Teil eine annähernd normale Lebenserwartung erzielen.
Von großer Bedeutung für die Prognose ist ein neben einer rechtzeitigen Diagnosestellung vor allem die strenge und kontinuierliche Einnahme der Medikamente. Behandelnde Ärzte kontrollieren in regelmäßigen Abschnitten aussagekräftige Laborparameter, um im Notfall rasch einschreiten zu können.
Aktuelle Studien beschäftigen sich zudem mit Frage, ob sogar eine komplette „Verdrängung“ der Erkrankung möglich ist. Dann könnten Betroffene, zumindest für einen gewissen Zeitpunkt, die Medikamente komplett absetzen.
Falls die modernen Therapien trotzdem nicht anschlagen und es zum Fortschreiten der CML kommt, kann unter Umständen eine Knochenmarkstransplantation Aussicht auf Heilung bringen. Dennoch darf das Risiko dieses gefährlichen Eingriffes nicht unterschätzt werden.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 15.09.2007 - Letzte Änderung: 19.07.2023