Cortison beim Baby

Einleitung

Cortison und Cortisol (Hydrocortison) sind körpereigene Hormone und gehören zu den sogenannten Glucocorticoiden. Als Medikament gehört Cortison zu denen mit den meisten Anwendungen und Indikationen, nicht zuletzt wegen der Vielzahl an Wirkungen, unter anderem Verminderung von Entzündungsreaktionen.
Bei einem Mangel oder vollständigem Fehlen von Cortison im Körper durch bestimmte Erkankungen muss dieses lebenslang zugeführt werden. Ist das Ziel aber Entzündungsreaktionen und Symptome abzuschwächen kann es zur kurzzeitigen Therapie eingesetzt werden. Bei einer lokalen Behandlung zum Beispiel mit Salben oder Augentropfen können die Nebenwirkungen gering gehalten werden.

Wirkung und Indikationen

In der Substitutionstherapie wird Cortison bei einer Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison) und beim adrenogenitalen Syndrom auch bei Babys eingesetzt. Die Cortisonproduktion des Körpers funktioniert nicht richtig, weshalb Cortison von außen zugeführt werden muss.
Neben der Substitutionstherapie wird Cortison auch zur symptomatischen Therapie eingesetzt: In der akuten Situation, zum Beispiel bei allergischen Reaktionen bis zum anaphylaktischen Schock, beim akuten Asthmaanfall und bei einem akuten Schub von einer Autoimmunkrankheit. Bei Babys sind dies vor allem verschiedene Entzündungen der Blutgefäße.
Eine Dauertherapie wird bei chronisch entzündlichen Erkrankungen wie Asthma eingesetzt sowie bei rheumatologischen Krankheiten - bestimmte Formen davon können bereits beim Baby auftreten. Wird Cortison bei Lungenerkrankungen wie Asthma oder anderen, selteneren Krankheiten eingesetzt, so hat es zusätzlich den Effekt, dass chronische Veränderungen der Lunge vermieden werden können.
Bei entzündlichen Hauterkrankungen – wie zum Beispiel Neurodermitis – kann Cortison in Form von Salben eingesetzt werden, bei Augenerkrankungen beispielsweise in Form von Tropfen. Hier spricht man von einer lokalen Therapie. Die Therapie hat immer den Zweck Entzündungen und Folgeschäden zu vermeiden.

Cortison-Therapie bei Husten und Bronchitis

Tritt eine Bronchitis beim Baby auf, so geht sie meist mit einer Verengung der Atemwege einher, da die noch sehr kleinen Atemwege der Babys durch die Entzündung schneller zu schwellen, als bei älteren Kindern (obstruktive Bronchitis). Bei ausgeprägten Symptomen wie Luftnot sollte hier Cortison eingesetzt werden.
Treten immer wieder obstruktive Bronchitiden auf ,zum Beispiel drei oder mehr in sechs Monaten, oder liegt Asthma vor, so muss eine Langzeittherapie mit einem inhalativen Cortison eingeleitet werden. Ziel ist es, dass das Baby/Kind ein Leben ohne Einschränkungen führen kann. Das Cortison verringert das Risiko von erneuten Bronchitiden und verhindert irreversible Umbauprozesse, die bei häufigen Bronchitiden in der Lunge stattfinden.

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Cortison-Therapie bei Neurodermitis

Bei schweren Fällen von Neurodermitis (atopischem Ekzem) werden cortisonhaltige Salben und Cremes angewendet. Dabei wird in aufsteigender Stärke in Cortisone von Klasse 1 bis 4 unterschieden.
Im Allgemeinen sollten diese Cremes möglichst nur im akuten Schub eingesetzt werden, da sie hierbei die beste Wirkung zeigen und sich erst bei langfristiger Anwendung langsam Nebenwirkungen zeigen. Heutzutage gilt es als gesichert, dass eine Anwendung dieser Cremes beim Baby ungefährlich ist, im Gegensatz zu Tacrolimus-Salben.

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Nebenwirkungen

Systemische Gabe (Tabletten oder Zäpfchen)

In der Akuttherapie sind selbst bei hohen, systemischen Dosen von Cortison keine Nebenwirkungen zu erwarten.
Bei einer systemischen Langzeittherapie (hochdosiert für mindestens drei Monate) mit Cortison ist eine Verdünnung der Haut (Atrophie) zu erwarten. Es kann zu Wundheilungsstörungen kommen, das heißt, dass Wunden länger brauchen um zu verheilen. Des Weiteren kann es auf Grund der Wirkung auf den Elektrolyt-Haushalt des Körpers zu einem Bluthochdruck kommen sowie zur Einlagerung von Wasser. Aufgrund einer verstärkten Ausscheidung von Calcium kann es zu einer Einlagerung von Calcium in den Nieren kommen, was zu einer Nierenfunktionsstörung führt.
Zudem kann es zu Wachstumsstörungen in den Knochen und zu einer Fettleibigkeit führen. Auch ein Diabetes kann sich entwickeln. Zu den wichtigsten Nebenwirkungen gehört die Schwächung des Immunsystems und damit einhergehend vermehrte Infektionserkrankungen.

Lokalen Anwendung (Cortisonsalbe oder Cortisonspray)

Inhalative Cortisone, zum Beispiel als Spray oder Inhalator können zu einer lokalen, den Mund- und Rachenraum betreffenden Verminderung der Immunabwehr führen und so lokale Infektionen begünstigen. Typisch ist hierbei ein sogenannter Mundsoor, also ein Befall der Mundschleimhaut durch Hefepilze. Auch eine Heiserkeit kann auf Dauer durch die Wirkung auf die Stimmbandmuskulatur auftreten. Dies kann durch ein Ausspülen des Mundes mit Wasser nach jedem Cortison-Sprühstoß verhindert werden. Insbesondere bei Babys und Kindern ist es wichtig, das Ausspülen nicht zu vergessen. Alternativ kann nach Gabe des Medikaments auch etwas getrunken werden.

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Bei Cortison in Cremes oder Salben kann es selten und nur bei Langzeittherapie zu einer lokalen Ausdünnung der Haut kommen (Atrophie). Man spricht auch von einer Zigarettenpapier- oder Pergamenthaut. Gefährdete Stellen sind hierbei Gesicht, Hautfalten und Bereiche um Genital und Anus. Es sollte an diesen Stellen immer ein möglichst niedriggradiges Cortison verwendet werden.

Warum sollte ich - wenn mein Kinderarzt es empfiehlt - meinem Kind Cortison geben?

Cortison ist ein extrem wirksames, gut erforschtes und wichtiges Medikament.
Nebenwirkungen treten in der Regel nur bei einer Langzeittherapie auf. Bei vielen Erkrankungen ist Cortison aber die einzige wirksame Therapie, die eine Besserung der Symptome bewirken und Folgeschäden verhindern kann. Ziel einer Behandlung mit Cortison ist immer den Kindern ein möglichst uneingeschränktes Leben zu ermöglichen und zudem dauerhafte Schäden, zum Beispiel durch einen Umbau des Lungengewebes, zu verhindern.
Auch kann Cortison helfen eine erste Entzündungsreaktion so einzudämmen, dass im Anschluss wieder die körpereigenen Heilmechanismen übernehmen können. Um all dies zu ermöglichen ist, wenn empfohlen, eine Gabe von Cortison unabdingbar. Alternative Medikamente gehen meist mit stärkeren Nebenwirkungen, insbesondere bei Kindern einher.

Was kann ich tun, um die Nebenwirkungen zu mildern?

Die Nebenwirkungen bei einer Cortisontherapie fallen meist sehr gering aus. Nur bei einer Langzeittherapie kommt es zu relevanten Nebenwirkungen. Diese können Sie auf ein Minimum begrenzen, indem Sie in der Anwendung genau den Anweisungen des verschreibenden Arztes folgen. Bei Unklarheiten sollten Sie jederzeit genau nachfragen. Bitten Sie um regelmäßige Kontrolltermine, bei denen überprüft wird, ob Nebenwirkungen auftreten, ob diese behandelt werden müssen und vor allem ob eine weitere Cortisontherapie notwendig ist. Cortison sollte nur dafür verwendet werden, wofür es ausdrücklich verschrieben wurde. Es sollte zum Beispiel nicht einfach die Cortisoncreme eines älteren oder jüngeren Geschwisterkinds benutzt werden. Nutzen sie Cremes nur an den dafür vorgeschriebenen Stellen. Insbesondere im Gesicht und Genital- und Analbereich sollte Cortison nur sehr vorsichtig und in geringen Dosen angewandt werden, da hier häufiger Nebenwirkungen auftreten.

Nach der Benutzung eines Cortisonsprays muss der Mund unbedingt ausgespült werden, um Nebenwirkungen zu verhindern. Alternativ kann auch nach jeder Nutzung etwas getrunken werden.

Bei einer systemischen Therapie (Tabletten oder Zäpfchen) sollte das Cortison möglichst am Morgen gegeben werden. Dies entspricht am ehesten den natürlichen Schwankungen des körpereigenen Cortisons.  

​​​​​​​Was für Optionen gibt es, wenn Cortison nicht hilft?

Cortison gehört zu den Medikamenten mit den zuverlässigsten und besten Wirkungen der modernen Medizin. Sollte eine Behandlung mit Cortison nicht helfen, so sollte zunächst überprüft werden, ob das Cortison richtig angewandt wurde. Wurde die richtige Menge an Medikament auf die richtige Art und Weise zur richtigen Zeit gegeben? Sollte Cortison trotzdem keine Besserung bringen, so sollte das Kind wieder beim behandelnden Kinderarzt vorgestellt werden.

Wird Cortison in Form von Saft oder Zäpfchen bei Husten oder Pseudo-Krupp-Anfall gegeben, so wirkt es erst nach einer Zeit von 30 Minuten bis zwei Stunden. Ist nach zwei Stunden keine Besserung der Beschwerden eingetreten, so sollte ein Kinderarzt aufgesucht werden. Cortison ist hier nicht als Notfallmedikament bei akuter Luftnot zu sehen, da es zu lange braucht, bis die Wirkung eintritt. Wird Cortison bei entsprechender Indikation richtig angewandt, so wirkt es bei allen Krankheiten, bei denen eine reguläre Cortisontherapie etabliert ist.

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Warum besteht so viel Angst vor dem körpereigenen Hormon Cortison?

Die Angst vor Cortison ist meist in gefährlichem Halbwissen aus medizinischen oder pseudomedizinischen Foren und viel Hörensagen begründet. Nebenwirkungen, wie sie auch weiter oben aufgeführt sind klingen gefährlich und können durchaus auftreten, diese Gefahr muss jedoch in Relation gesetzt werden.
Nebenwirkungen wie beschrieben sind in der Regel nur bei systemischer Therapie (also Gabe per Tablette, Zäpfchen oder Infusion) über einen langen Zeitraum (etwa drei Monate oder mehr) zu erwarten. Auf diese Weise wird Cortison ausschließlich bei schweren Erkrankungen wie starken Formen von Rheuma oder gravierenden Autoimmunerkrankungen verschrieben. Wird Cortison lokal angewandt, also in Form von Asthmasprays oder Salben und Cremes, so ist meist nicht mit Nebenwirkungen zu rechnen. Wenn überhaupt treten diese dann nur lokal am Ort der Anwendung auf.

Letztendlich wird sich in der Cortisontherapie ein körpereigener Stoff zu Nutze gemacht, der jeden Tag beim Menschen von der Nebennierenrinde gebildet wird. Er hilft Wachheit und Stressreaktionen zu regulieren, beeinflusst natürlicherweise das Immunsystem indem es überschießende Reaktionen hemmt und hilft außerdem den Stoffwechsel von Eiweiß und Fett im Körper zu regulieren.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 13.12.2017 - Letzte Änderung: 30.03.2022