Heißhunger

Einleitung

Heißhunger beschreibt den plötzlich auftretenden, unbändigen Drang, sich schnell große Menge Nahrung einzuverleiben. Diese Lust kann wahllos sein, richtet sich in vielen Fällen aber auf das Verzehren von süßen, salzigen oder fettigen Lebensmitteln. Heißhunger kann auf einen Nährstoffmangel zurückzuführen sein, kann aber auch ein Anzeichen für eine körperliche oder psychische Erkrankung sein oder durch hormonelle Veränderungen bedingt werden.

Symptome

Es ist wichtig eine Grenze zwischen normal auftretendem Hunger und Heißhungerattacken zu ziehen, um gesunde von krankhaften Hungergefühlen zu unterscheiden.

Der Stoffwechsel wird durch Körperbau und individuelle Anlagen beeinflusst, aber auch persönliche Ernährungs- und Essgewohnheiten, sowie die momentane Stimmungslage und Stress spielen eine Rolle. Daher arbeitet er nicht immer gleich und unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Das wirkt sich auch auf Hungergefühle bzw. Heißhunger aus.

Heißhunger ist ein plötzlich auftretendes, starkes Hungergefühl, das nur durch eine schnell folgende Nahrungsaufnahme gestillt werden kann. Meistens gilt die Lust bestimmten, in den meisten Fällen süßen, salzigen oder fettigen Nahrungsmitten. Die Heißhungerattacken treten oft außerhalb der normalen Essenszeiten auf und sind geprägt von einem generellen Kontrollverlust über die Attacke selbst, über die Wahl der Lebensmittel und die Menge an Essen, die man in einer Attacke zu sich nimmt.

Meistens hift eine Ernährungsumstellung zu frischen unverarbeiteten Lebensmitteln. Vor allem Vollkornprodukte und Haferflocken halten länger satt, sodass Heißhungerattacken selten austreten.
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Ursachen vom Heißhunger

Heißhunger kann verschiedene Ursachen haben, doch ihnen gemein ist die Notwendigkeit, dem Körper schnell Energie zuzuführen, um dem im Körper herrschenden Energiemangel auszugleichen. Fehlen dem Körper wichtige Nahrungsbestandteile, zum Beispiel wenn man länger keine oder nicht ausreichend Nahrung zu sich genommen hat oder geistig bzw. körperlich sehr aktiv gewesen ist, kann es zu einer Unterversorgung kommen. Um einen gefährlichen Energiemangel zu vermeiden, versucht der Körper sich über plötzlich auftretende Fressattacken kurzfristig und vor allem schnell Energie zuzuführen.
Wenn die Heißhungerattacken nur selten auftreten, kann man von einem normalen körperlichen Signal ausgehen. Nicht zuletzt benötigt der Körper in gewissen Lebenslagen, wie während Schwangerschaft bzw. Stillzeit oder in Wachstumsphasen, mehr Energie als durchschnittlich und versucht diesen Mehrbedarf über Heißhungerattacken zu decken. Doch auch Gewöhnung und psychologische Faktoren sollten bei Heißhunger beachtet werden. Gönnt man sich zur Belohnung öfter mal ein Stück Schokolade, verbinden Gehirn und Körper diesen Vorgang sowohl mit wohligen Gefühlen, da dadurch Belohnungssysteme im Gehirn angesprochen werden, die als Glückshormone bekannte Botenstoffe aussschütten (Dopamin), als auch mit Energielieferung. Der Körper verlangt im Folgenden nach einer Wiederholung, da er diesen Reiz (Schokolade essen) mit dem guten Gefühl der Belohung (durch die vom Gehirn ausgeschütteten Botenstoffe) verbindet. Tritt diese nicht ein, weil zum Beispiel gerade keine Schokolade vorrätig ist, die verspeist werden kann, antwortet der Körper auf den Verzicht mit einer Heißhungerattacke nach Süßem.
Auch ein Mangel eines Bestimmten Nahrungsbestandteiles kann Heißhunger hervorrufen. So kann beispielsweise bei Magnesiummangel ein Heißhunger nach Schokolade auftreten, da der darin enthaltene Kakao eine vorzügliche Magnesiumquelle ist. Abgesehen von diesen natürlichen Vorgängen zur Energieerhaltung kann Heißhunger aber auch das Zeichen einer körperlichen oder geistigen Erkrankung sein.
Treten Heißhungerattacken in gehäufter Regelmäßigkeit auf, können Erkrankungen wie Diabtes mellitus (Zuckerkrankheit) oder eine Überfunktion der Schilddrüse (da durch Schilddrüsenhormone der Appetit gesteigert wird, was bis zu einer Heißhungerattacke führen kann), Leberkrankheiten oder Stoffwechselerkrankungen, die mit einer Störung der für die Sättigung zuständigen Botenstoffe einhergehen, die Ursache sein.
Aber auch im Zuge einer psychischen Erkrankung können Heißhungerattacken auftreten. Im Vordergund steht dabei zumeist die Befriedigung oder der Ausdruck emotionaler Bedürfnisse durch Fressattacken. In Stresssituationen, starker Langeweile oder bei einem stark emotionalen Ereignis (wie zum Beispiel der Beendigung einer Beziehung) hat bestimmt jeder schon einmal zu Essen gegriffen, um sich zumindest kurzzeitig besser zu fühlen oder abzulenken. Dies ist auch völlig normal, kann aber nichtsdestotrotz zu Heißhungerattacken führen. Nur wenn diese Komfortmechanismen über die Maßen in Anspruch genommen werden, sollte man sich professionell beraten lassen, da eine psychische Erkrankung Ursprung sein kann. Bei der Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa oder Bulimie) treten regelmäßige Fressattacken mindestens wöchentlich in Verbindung mit Erbrechen und anderen Maßnahmen, die zu einer Abnahme von Gewicht führen sollen (wie zum Beipiel dem Einnehmen von Abfürhmitteln) auf.
Bei der Binge-Eating-Störung treten Fressattacken mindestens wöchentlich, aber alleine auf, ohne zusätzliche Maßnahmen zur Gewichtsverminderung. Weitere nicht derart schwerwiegende Ursachen für Fressattacken können des Weiteren eine Migräne, Schlafmangel, falsche Essgewohnheiten und Diäten, ein prämenstruelles Syndrom, Wurminfektionen, Cannabis-Konsum, Alkoholabhängigkeit und bestimmte Medikamente (zum Beispiel solche, die bei psychischen Krankheiten wie Depression eingesetzt werden) sein. Auch eine dauerhaft erhöhte Nahrungsaufnahme, wie sie zum Beispiel im Zuge der Fettsucht (Adipositas) auftreten kann, kann mit Fressattacken einhergehen. Um den Unterschied zwischen gesund und krank richtig zu erfassen, ist es daher wichtig, sich den Unterschied zwischen Hunger und Heißhunger klarzumachen.
Hunger ist ein für das Überleben zutiefst wichtiges Signal. Es zeigt ein Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und -verbrauch im Körper an und versucht auf dessen Ausgleich hinzuwirken. Hungergefühle können sehr unangenehm werden, wenn man sie länger ignoriert und dem Körper keine Nahrung zuführt. Hungergefühle enstehen über das komplizierte Zusammenspiel verschiedener Botenstoffe, Rezeptoren und Informationen des Körpers. An diesem Vorgang sind insbesondere das vegetative Nervensystem, sowie verschiedene Hormone und die Aktivitäten von Leber und Verdauungssystem beteiligt. Hormone, die für Stimmung, Gefühlslagen oder Stress zuständig sind, wie z.B. Noradrenalin, Serotonin, Dopamin oder Kortison, spielen eine beeinflussende Rolle. Auch das Belohnungszentrum im Gehirn ist zugeschaltet.
Von daher ist es kein Wunder, dass körperliche und seelische Empfindungen sich überlappen, wenn es um Hunger und Appetit geht. Dies hat sich insbesondere in Zusammenhängen gezeigt, wo die Nahrungsaufnahme nicht mehr allein das Überleben sichern soll. Auch gelernte Verhaltensweisen und Sinneswahrnehmungen beeinflussen den Appetit. Zum Beispiel ist es sehr viel einfacher den Hunger auszuhalten, wenn man nicht sein Lieblingsgericht auf einem Teller vor sich stehen hat, was einen nicht zu unterschätzenden visuellen Reiz darstellt. Im Gehirn laufen die Informationen im Hypothalamus und im Hirnstamm zusammen. Das Gehirn regelt das Gleichgewicht zwischen Energieverbrauch und Nahrungsaufnahme und sagt uns, ob wir satt oder hungrig sind. Störungen dieser Regulierungsmechanismen können in Krankheiten wie die oben genannten resultieren.

Ein wichtiger Energielieferant sind kohlenhydratreiche Speisen. Diese werden im Körper zu Glukose (oder Traubenzucker) abgebaut, dem wichtigsten Energieieferant und Regulierungsmerkmal für Hungergefühle. Glukose ist im Blut nachweisbar und kann bei einer erhöhten Konzentration zu Zell- und Organschäden führen. Kohlenhydrate stehen in leicht abbaubarer und schwerer verdaulicher Form zur Verfügung. Insbesondere erstere können das Hungergefühl nur eine kurze Zeit zum Verstummen bringen, da sie schnell abgebaut und verbraucht werden. Bei Heißhunger ist die Lust auf diese schnellen Energielieferanten besonders groß. Ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl wird durch das Verspeisen schwerer verdaulicher Formen von Kohlenhydraten erreicht, wie zum Beispiel Kartoffeln, Naturreis und Vollkornprodukte, da sie über einen längeren Zeitraum abgebaut und somit auch nur Stück für Stück verbraucht werden.

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Hunger wird gebremst durch Sättigungsgefühle, die sich 10-15 Minuten nach dem Essen einstellen. Ein gefüllter Magen und Botenstoffe, die bei der Verdauung freigesetzt werden, signalisieren dem Körper, dass der Bedarf gedeckt und man satt ist. Bei Heißhungerttacken nimmt man in kurzer Zeit sehr viel Nahrung zu sich. Der Körper kann nicht derart schnell mit dem Stop durch ein Sättigungsgefühl reagieren, sodass man durch eine solche Attacke unverhätnismäßig viel Nahrung zu sich nimmt. Das merkt man auch an dem sich oftmals anschließendem Völlegefühl, das bis hin zu Übelkeit reichen kann.

Therapie vom Heißhunger

Heißhunger ist oft nur ein Symptom, von daher ist es wichtig, die zugrunde liegende Ursache zu erkennen und zu behandeln. Wenn Heißhunger nach langen Essenspausen oder körperlichen Anstrengungen auftritt, ist in der Regel keine Therapie nötig. Jugendliche in der Wachstumsphase und insbesondere schwangere Frauen können sich bei vermehrtem Auftreten von Heißhungerattacken ärztlich beraten lassen, um eine mögliche Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen, eine Mangelernährung oder eine Stoffwechselerkrankung auszuschließen. Meist sind jedoch nicht therapiebedürftige Hormonschwankungen die Ursache. Folgende Tipps sollten Sie beherzigen, wenn sie Heißhungerattacken begegnen wollen:

  • Essen sie langsam und gemächlich. So geben Sie dem Körper Zeit, Sättigungsgefühle zu entwickeln und essen insgesamt weniger bzw. essen im besten Falle genau die Menge, die Sie benötigen.
  • Verzichten Sie wenn möglich auf süße oder salzige Zwischenmahlzeiten. Wenn sie der Heißhunger überkommt, greifen sie lieber zu gesunden Möglichkeiten, wie Obst oder Gemüse.
  • Vermeiden Sie es in stressigen, langweiligen oder emotional aufwühlenden Situationen zu Essbarem zu greifen. Gewöhnen sie ihren Körper nicht an Lebensmittel als Belohnung oder Ablenkung.

Schwerwiegenderen Erkrankungen als die bisher angesprochenenen sind durch diese Verhaltensregeln allerdings nicht beizukommen. Bei Diabetes wird zumeist anfänglich ein Ernährungs- und Bewegungsplan erstellt, um wenn möglich eine Verminderung des Blutzuckers und eine Gewichtsabnahme zu erreichen. Zusätzlich werden Medikamente verschrieben, um den Blutzucker schnellstmöglich auf ein noch vertretbares Maß einzustellen und etwaige Folgeschäden zu vermeiden. Es können zudem Appetitzügler eingesetzt werden oder ein operatives Vorgehen, wie beispielsweise eine Verkleinerung des Magens in extremen Fällen von Übergewicht, erwogen werden. Auch bei einer Funktionsstörung der Schilddrüse werden mit gutem Erfolg Medikamente gegeben.
Bei Diäten oder Stress kann Ihnen der Arzt den Fressattacken vorbeugende Maßnahmen empfehlen. Depressionen werden je nach Schweregrad mit Medikamenten behandelt, aber auch eine Psychotherapie kann helfen. Zur Behandlung der Ess-Brech-Sucht oder Binge-Eating-Disorder kommen zumeist psychotherapeutische Behandlungsmethoden in Frage, insbesondere die Gesprächs- oder Verhaltenstherapie. Sind Medikamnte selbst die Ursache für die Fressattacken, ist eine Umstellung mithilfe ärztlicher Beratung anzuraten.

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Diagnose

Bei wiederkehrenden Heißhungerattacken, die in gehäufter Regelmäßigkeit auftreten, sollten Sie sich von Ihrem Hausarzt beraten lassen.
Zur Diagnosestellung ist als erstes die Aufstellung einer ausführlichen Krankengeschichte notwendig. Wichtige Fragen, die zu klären sind, wären: Wann und wie häufig tritt der Heißhunger auf? Seit wann treten die Attacken auf? Was sind Ihre normalen Essgewohnheiten? Wie oft und unter welchen Bedingungen essen Sie? Aber es können auch Fragen nach Medikamenteneinnahme und die Fressattacke begleitenden Symptomen gestellt werden. Des Weiteren sind zur Abklärung einer körperlichen Ursache, wie zum Beispiel einer Stoffwechselerkrankung, eine körperliche Untersuchung sowie Bluttests vonnöten.
Eine Überweisung zu einem Facharzt kann gegebenenfalls erfolgen, da die oben besprochenen Ursachen teilweise den Wissen- und Kenntnisstand des Hausarztes übersteigen.

Prognose

Auch die Prognose hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Es erklärt sich von selbst, dass Fressattacken im Zuge von Wachstumsphasen oder Schwangerschaft nur kurzzeitig auftreten, während Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus oder eine Schilddrüsenüberfunktion für längere Zeit, womöglich sogar für den Rest des Lebens behandlungsbedürftig sind. Generell kann man allerdings davon ausgehen, dass die Ursachen von Heißhungerattacken nur in den schwersten Fällen und bei Nichtbehandlung lebensbedrohlich werden können.

Prophylaxe

Heißhunger ist schwer abzuwenden, da er auch in alltäglichen Situationen wie während einer Wachstumsphase oder nach einer längerwährenden körperlichen Anstrengung auftreten kann. Natürlich können vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden, um insbesondere die oben genannten körperlichen Erkrankungen wie Diabetes nicht zu bekommen. Eine gesunde Ernährung und viel Bewegung können diese Krankheit am besten verhindern, doch sollte man es auch damit nicht übertreiben.
Diäten, einseitige Ernährung und ein überstrapazierendes Bewegungsprogramm können andere Probleme nach sich ziehen, die einem gesunden Leben abträglich sind. Am hilfreichsten ist es, ein ausgewogenes Ernährungsprogramm zu verfolgen und mit Sport zu ergänzen, der neben der körperlichen Erüchtigung auch Spaß macht. Es kann helfen, sich für stressige und emotional aufwühlende Situationen Strategien zurecht zu legen und sich nicht auf den seelischen Trost durch Essen zu verlassen.
Meditation oder eine psychologische Beratung könnte man zur Hilfesetllung erwägen, aber das ist eine Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen sollte. Das Symptom Heißhunger an sich kann allerdings nur begrenzt vorbeugend begegnet werden – denn es ist eben nur ein Symptom. Leidet man unter wiederkehrenden Attacken, sollte man nach der zugrunde liegenden Ursache suchen und diese wenn nötig behandeln. Wie in vielen Fällen hilft die Früherkennung.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 14.10.2015 - Letzte Änderung: 19.07.2023