RSI-Syndrom

Einleitung

Das RSI-Syndrom (Repetitive Strain Injury) ist eine Art Sammelbegriff für eine Vielzahl von Beschwerden und Schmerzen ausgehend von Nerven, Gefäßen, Muskeln, Sehnen und Triggerpunkten.
Hauptsächlich sind damit Beschwerden durch repetitive und stereotype (sich dauernd wiederholenden) Bewegungen und Arbeiten im Unterarm und Hand gemeint. Oft finden sich bei den Betroffenen mehrere Ursachen von denen das RSI Syndrom ausgeht. Im deutschen Sprachgebrauch ist dieses Syndrom auch häufig als Mausarm bekannt. Früher wurde von Sehnenscheidenentzündungen (Tendovaginitis) gesprochen. Heute weiß man, dass es sich eher um einen chronischen Defekt der Sehnen handelt - eine sogenannte Tendinose.

Ursachen

Eine der Hauptursachen für die Entstehung eines RSI Syndroms sind repetitive Arbeiten am Schreibtisch. Heutzutage arbeiten sehr viel Menschen für nahezu den gesamten Arbeitstag am Computer.
Die Ausstattung des Arbeitsplatzes und die Sitzhaltung der Betroffenen sind in der Regel nicht ideal und führen dadurch langfristig zu Beschwerden im Rücken, Nacken und auch in den Armen. Bei der Arbeit am Computer kommen über den Tag viel tausend kleinste Bewegungen und Klicks zustande. Dies stellt in der Summe eine große Belastung für die Unterarm- und Fingermuskulatur sowie Sehnen dar. Weiterhin fehlen Ausgleichsbewegungen und regelmäßige Pausen.
In Kombination mit einer fehlerhaften Sitzhaltung, kann es zusätzlich zu einer Minderversorgung der Unterarme mit Sauerstoff kommen. Außerdem sind bei den meisten Betroffenen die Tastatur und Maus nicht ergonomisch ausgerichtet. Bei der typischen Maus und Tastatur ist die Hand dauerhaft abgeknickt und nicht auf einer Ballen-Auflage aufliegend. Dies stellt über den Arbeitstag einen dauerhaften Reizzustand dar. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Faktor ist Stress. Die Betroffenen nehmen diesen möglicherwies gar nicht wahr und haben dadurch einen dauerhaften unbewussten Anspannungszustand. Dieser wirkt sich auch auf den Tonus der Muskulatur aus.

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Symptome

Patienten, die unter einem RSI Syndrom leiden, berichten oft von Schmerzen in den Händen, Unterarmen, Nacken oder auch Rücken. Diese werden als stechend und ziehend beschrieben. Diese Schmerzen können akut sehr stark und bis zur Unfähigkeit Arbeiten zu können führen.
Oft sind diese Schmerzen über Monate und Jahre immer stärker geworden oder wurden bewusster wahrgenommen. Weiterhin kann eine Verschlechterung über den Arbeitstag hinweg vorhanden sein. Darunter ist zu verstehen, dass je länger am Schreibtisch bzw. Computer gearbeitet wurde, die Probleme und Beschwerden mehr werden. Neben den Schmerzen, können auch Kribbeln, Sensibilitätsstörungen, Taubheit oder Steifheit der Finger und derer Gelenke auftreten. Zusätzlich besteht die Möglichkeit des Auftretens von Verspannungen und Schmerzen im Nacken-, Schulter- und Kopfbereich.
Neben den reinen körperlichen Symptomen fallen bei viel Patienten starke Belastungen und Stress am Arbeitsplatz auf. Das Auftreten von psychischen Problemen kann sowohl Symptom als auch Teil der Ursache für das Auftreten eine RSI Syndroms sein.

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Therapie

Die Therapie bzw. Behandlung des RSI Syndroms beruht zu einem Großteil auf der Eigenarbeit des Patienten. Durch Ärzte, Therapeuten oder andere Betroffene können eine Vielzahl von alltags- und arbeitsplatzstauglichen Übungen zur Dehnung, Kräftigung und Mobilisation erlernt werden, die das Fortschreiten der Erkrankung verhindern.

Weiterhin ist es Teil des Therapiekonzeptes, dass die Arbeitszeit am Computer und Schreibtisch reduziert oder über den Tag anders verteilt werden muss. Der Schreibtisch muss an eine ergonomischere Haltung von Kopf, Oberkörper und Armen angepasst werden. Zusätzlich kann durch Ergo- und Physiotherapie mit weiteren Tricks zur Entspannung und Dehnung geholfen werden. Mit der Physiotherapie werden Massagen, Mobilisation und Wärme- oder Kältebehandlungen ins Therapiekonzept aufgenommen.

Neben der Gestaltung des Arbeitsplatzes gehört die Veränderung des Lifestyles in der Freizeit auch dazu. Statt Sitzen und Liegen, erfordert es mehr Bewegung durch z.B. Joggen, Radfahren, Schwimmen oder anderen Sportarten, die eine ganzheitliche Bewegung und Kräftigung des Körpers erzwingen.
Zur Behandlung der Schmerzen kann für kurze Phasen auf Schmerzmedikamente (z.B. Ibuprofen, Diclofenac) zurückgegriffen werden. Die sollte jedoch nicht über längere Phasen sein, da so keine Änderung des Verhaltens erfolgt, sondern eher eine Fixierung auf die Schmerzen und ihre Behandlung mit den entsprechen Medikamenten.
Ein weiter Fokus muss auf der Reduzierung von Stress und Belastung liegen. Das Erlernen von Entspannungsübungen für Kopf und Körper kann vor allem in schwierigen  und stressbehafteten Situationen am Arbeitslatz hilfreich sein. Weiterhin gehört zur Therapien des RSI Syndroms dazu, dass regelmäßige Pausen, der entsprechende Tätigkeit, eingefordert und eingehalten werden.

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Übungen

Zur eigenständigen Behandlung der, sowie der Vorbeugung, gibt es eine Vielzahl von Übungen und Techniken.
Grundlegend gehört dazu, dass sich regelmäßig und abwechslungsreich bewegt wird. Ein zentraler Bestandteil von Übungen sind die Dehnübungen der Hände und des Unterarms. Einmal kann die Hand durch Dehnung in die Beugung oder Überdeckung beübt werden. Dabei wird jeweils mit der anderen Hand in die gewünschte Dehnung gezogen. Es sollte jedoch nicht mit zu viel Kraft und Gewalt gearbeitet werden.

Eine ähnliche Wirkung hat es, wenn beide Hände mit den Handflächen gegen eine Wand gestützt werden. Dabei werden langsame Rotation der Hände durchgeführt. Oder man nimmt die Arme hinter den Rücken und greift mit einer Hand die Finger der Anderen, und zieht diese langsam nach oben. Alle drei Übungen dehnen die Unterarmmuskulatur sehr gut. Neben dem Fokus auf die Unterarme, sollte vor allem nach längerem Sitzen der gesamte Oberkörper durchgedehnt und trainiert werden. Dabei sollte Nacken, Schulter, Oberarme, oberer und auch der untere Rücken beübt werden.

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Dauer

Viele Patienten entwickeln ein RSI über viele Jahre.
Dabei entwickeln sich die Schmerzen und Symptome schleichend und es gibt Phasen in den die Beschwerden besser und schlechter sind. Bei Diagnose eines RSI Syndroms und der beginnenden Behandlung kann kein fester Zeitraum genannt werden bis die Symptome verschwunden sind. Oft können die Probleme durch eine dauerhafte und regelmäßige Eigentherapie in den Griff bekommen werden. Zusätzlich ist eine langfristige Anpassung von Sitz- und Arbeitsangewohnheiten ein wichtiger prognostischer Faktor.
Aber auch dann kann es Fälle geben in den das RSI Syndrom langfristig keine relevante Besserung erfährt.

Berufskrankheit

Die Anerkennung des RSI Syndroms als eine Berufskrankheit hat bisher noch nicht stattgefunden. Grundlage der Anerkennung eine Berufskrankheit ist, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Tätigkeit, also dem Beruf, und den vorhandenen Folgen oder Erkrankungen hergestellt werden kann.
Dies kann man zum Beispiel bei einem Bergmann, der später im Leben vielleicht an einer Staublunge oder Asbestose leidet. Hier kann durch eine Messung der Konzentration von Asbest oder andere Staubpartikeln am Arbeitsplatz ein Vergleich zu einem wissenschaftlich erarbeiteten Maximalwert durchgeführt und dann auf Grundlage dessen die Anerkennung einer Berufskrankheit gewährt werden. Dies ist bei einem RSI Syndroms nicht ohne weiteres möglich.

Die Forderung, dass das RSI Syndrom, als Berufskrankheit anerkannt wird, besteht und wird regelmäßig ausgesprochen. Es besteht die Möglichkeit diese in Liste 2101 der Berufskrankheit en einzuordnen; „Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehengleitgewebes sowie der Sehnen oder Muskelansätze“. Auch darüber besteht nur eine geringe Anerkennungsquote.
In anderen Ländern, wie z.B. Australien und den USA, kann das RSI Syndrom als Berufskrankheit anerkannt werden. Hier muss sich zeigen, wie sich die Situation in Deutschland in den nächsten Jahren verändert. Darauf beruhend ist es umso wichtiger, dass Arbeitnehmern entsprechende Möglichkeit für präventive (vorbeugende) und therapeutische Übungen gegeben werden.

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Computermaus

Das Arbeiten mit einer Maus am Computer ist ein ursächliches Problem für das Entstehen eines RSI Syndroms. Viele Betroffene arbeiten mehrere Stunden mit einer schlechten Handhaltung an der Maus.
Eine gute Ansatzmöglichkeit kann das Nutzen einer speziell geformten Maus sein, die eine physiologischere Handhaltung unterstützt. Weiterhin gibt es Mauspads mit Handballenauflage. Dadurch knickt die Hand weniger ab und es liegt weniger Stress auf Fingern und Unterarm. Neben diese Methoden können Betriebssystem und Software für ein leichteres und effizienteres Arbeiten mit der Maus angepasst werden. So kann z.B. die Doppelklickzeit reduziert oder eine Sprachsteuerung eingerichtet werden.
Als weitere Maßnahmen sollten regelmäßige Pausen vom Arbeiten an der Maus gemacht und Übungen und Ausgleichsbewegungen durchgeführt werden.

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Krankschreibung bei einem RSI Syndrom

Bei akuten Beschwerden und Schmerzepisoden kann eine Krankschreibung erfolgen. Auch eine wiederholte und längere Krankschreibung ist im Rahmen der gesetzlich erlaubten Möglichkeiten.
Sollten die Beschwerden trotz Veränderung der Ausstattung und Sitzhaltung am Arbeitsplatz nicht besser werden und es wiederholt zu Phasen der Arbeitsunfähigkeit kommen, dann sollte zusammen mit dem behandelnden Arzt und dem Arbeitgeber nach Möglichkeiten für andere Einsatz- und Umschulungsmöglichkeiten gesucht werden um eine Berufsunfähigkeit zu vermeiden.

Diagnose

Bei vielen Betroffenen findet eine Diagnose erst nach dem Besuch vieler Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen statt.
Neben Sehnenscheidenentzündungen werden Blockaden und eingeklemmte Nerven im Halsbereich häufig als Grund für die Beschwerden herausgestellt. Das grundlegende Problem bei einem RSI Syndrom ist, dass die gängig genutzten diagnostischen Mittel, wie Röntgen, CT und MRT keine organische Ursache darstellen können.
Meist wird die Diagnose eines RSI Syndroms von einem Arzt mit Hintergrundwissen, aufgrund der Sammlung an Symptomen und der Anamnese, gestellt.

Welcher Arzt behandelt das RSI-Syndrom?

Grundsätzlich kann die Diagnose eines RSI-Syndroms durch den Hausarzt bzw. einen Allgemeinmediziner erfolgen. Häufig stellt sich die Einordnung der Beschwerden aber als schwierig dar und es erfolgt die Überweisung an einen Orthopäden oder Chirurgen. Leider findet auch hier nicht immer die zielführende Diagnose statt. Es kann daher hilfreich sein anderen Betroffene zu finden bzw. selber nach einem Experten für das RSI Syndrom zu recherchieren. Zusätzlich kann das Aufsuchen eines Physiotherapeuten oder anderer Therapeuten aus dem Bereich des Bewegungsapparates helfen.

Heilungschancen

Eine Heilung des RSI Syndrom ist möglich. Dies erfordert eine bewusste und regelmäßige Therapie, die viel Eigenverantwortung vom Patienten erfordert. Auch nach vielen Jahren müssen nach langen Arbeitsphasen am Schreibtisch Dehn- und Kraftübungen durchgeführt werden. Viele Patienten verspüren auch nach langer Zeit ohne Schmerzen immer wieder Auffälligkeiten in den Unterarmen und Händen, die sie an das RSI Syndrom erinnern. Sollte in alte Haltungs- und Arbeitsmuster zurückgefallen werden, kann ein erneutes Ausbrechen der Schmerzen die Folge sein. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mit Selbstdisziplin und therapeutischer Unterstützung eine gute und schmerzfreie Lebensqualität erreicht werden kann.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 08.08.2018 - Letzte Änderung: 30.03.2024