Prinzip der progressiven Belastung

Einleitung

Das Prinzip der progressiven Belastung ist definiert als stetiger Anstieg der Belastung bei zunehmender Leistungsfähigkeit.

Für einen sportlichen Einsteiger ist es zum Teil unmöglich, eine Strecke von 5 km durchgehend ohne Pause zu joggen. Durch regelmäßiges Trainieren kommt es zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit, dadurch wird der Dauerlauf über 5 km problemlos absolviert.
Woran liegt das: Die äußere Belastung ist in beiden Fällen absolut identisch, die innere Belastung (Beanspruchung) wird mit zunehmender Leistungsfähigkeit bei gleichbleibender äußeren Belastung geringer. Die Belastbarkeit hat sich durch das Training erhöht.

Daraus folgt: Der Sportler muss sein Training (äußere Belastung) permanent seiner Belastbarkeit angleichen... Und das ist im Trainingsalltag nicht einfach.

Terminologie

äußere Belastung = einwirkende Belastungsreize durch Training
Beanspruchung = körperliche Reaktion auf die äußere Belastung
Belastbarkeit = Momentanes Leistungsniveau

Trainingsanpassung

Die äußere Belastung muss permanent erhöht werden um eine gleichbleibende (innere) Beanspruchung zu erzielen.
Durch Training kann jedoch nicht nur die äußere Belastung erhöht werden, sondern es steigt auch die innere Belastung (erhöhte Belastbarkeit).

... das führt zu einem Leistungsdilemma!

Man muss immer intensiver/ härter trainieren, um immer kleinere Leistungsfortschritte zu erzielen.
Bsp. Die Zeit im 10 km von 60 min auf 50 min zu verbessern, ist mit relativ wenig Aufwand möglich. Von 50 auf 40 Minuten bedarf es schon ordentliches Training. Von 40 auf 30 Minuten scheint aussichtslos.
Der Leistungsgewinn hält mit dem Trainingsanstieg nicht mit. Je höher das Leistungsniveau des Sportlers, desto ungünstiger wird das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag.

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Anwendungsfelder

Die Anwendung der progressiven Belastung im konditionellem Sinn:

  • Erhöhung der Trainingshäufigkeit (von einmal die Woche, über alle 2-3 Tage hin zum täglichem Training)
  • Erhöhung des Trainingsumfangs (statt 30 Minuten Laufen - 60 Minuten Laufen)
  • Erhöhung der Reizdauer
  • Erhöhung der Reizdichte
  • Erhöhung der Reizintensität

Das Prinzip der progressiven Belastung betrifft nicht nur konditionelle Aspekte (Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer) sondern auch technische und taktische Aspekte.
Beim progressiven Techniktraining spricht man auch von einer sog. variablen Verfügbarkeit. Das bedeutet, das dem Sportler situationsgemäß mehrere Auswahlmöglichkeiten zur Absolvierung der Aufgabe zur Verfügung stehen.

Beispiele für progressives Techniktraining:

  1. Tennis: Dem Sportler stehen mehrere Auswahlmöglichkeiten beim Aufschlag zur Verfügung (Slice, Topspin, ohne Drall)
  2. Fußball: Mehrere Finten zur Gegnerüberwindung
  3. Turnen: Mehrere Elemente bei der Bodenkür
  4. etc.

Beispiele für progressives Taktiktraining:

  1. Vergrößerung der Anzahl tatktischer Fähigkeiten (Angriffsstrategien im Fußball, Aufstellungsformen etc.)
  2. Variable Verfügbarkeit über die verschiedenen taktischenFähigkeiten

Arten der Belastungssteigerung

In Abhängigkeit des Trainingsalters, des Leistungsniveaus und Art der Leistungsentwicklung existieren Unterschiede in der Art der Belastungssteigerung zur Sicherung des Trainingserfolges.
Es wird unterschieden in:

  1. allmähliche Belastungssteigerung (kontinuierlich)
  2. sprunghafte Belastungssteigerung (stufenförmig)

1. Die allmähliche Belastungssteigerung sollte in erster Linie im Nachwuchsbereich und bei sportlichen Einsteigern Anwendung finden. Sie ist weniger Störanfällig für Verletzungen. Solange mit der allmählichen Belastungssteigerung noch Leistungsfortschritte erzielt werden können, sollten diese mit dieser Form ausgeschöpft werden.

2. Die sprunghafte Belastungssteigerung findet eher im Leistungssport Anwendung, besonders dann, wenn durch die allmähliche Leistungssteigerung eine Stagnation eintritt. Die sprunghafte Belastungssteigerung erzielt höhere Anpassungen am Organismus.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Sportler ausreichend Regeneration bei dieser Form erhält. Die Belastungssteigerung sollte darüber hinaus nicht zu schnell und zu sprunghaft erfolgen.

Anzustreben ist ein ideales Verhältnis zwischen allmählicher Belastungssteigerung und sprunghafter Belastungssteigerung.

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Was können progressive Belastungsreize sein?

Progressive Belastungsreize können auf unterschiedliche Art und Weise gesetzt werden. Beim Ausdauersport kann die Geschwindigkeit oder die Strecke verändert werden. Laufe ich eine Strecke für die ich vorher eine Stunde gebraucht habe 10 min schneller, wird der Körper stärker gefordert. Auch Intervalltraining kann als progressive Belastung genutzt werden. Im Kraftsport werden zur Progression zunächst die Wiederholungen gesteigert, mit denen eine Übung ausgeführt wird, anschließend kann natürlich auch das Gewicht gesteigert werden. Auch die Art der Durchführung kann zur Progression dienen (Explosiv, langsam gehalten, etc.).

Progressive Belastung im Ausdauersport

Um sich im Ausdauersport zu verbessern, ist eine progressive Belastungssteigerung wichtig. Ohne diese wird der Körper sich früher oder später an den Belastungsreiz gewöhnen und das Leistungsniveau kann nicht mehr gesteigert werden.
Ohne Progression werden weder die Energiespeicher vergrößert, noch das Herz-Kreislauf-System oder die Durchblutung der Muskulatur deutlich verbessert. Sich steigernde Belastungsreize sind notwenig um den Körper zu fordern, sich an die neuen Anforderungen anzupassen.

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Progressive Belastung beim Muskelaufbau

Beim Krafttraining sind sich steigernde Reize essentiell für den Erfolg des Trainings.
Muskulatur reagiert auf Spannung, gegen die sie arbeiten muss. Kraftsportler wissen selbst, wenn sie eine Übung über mehrere Wochen durchführen, wird das anfänglich gewählte Gewicht plötzlich viel leichter zu bewältigen sein, als es am ersten Tag war. Eine Progression im Training ist notwendig, dass es zum weiteren Muskelaufbau kommt, anders wird es nicht zu einer Leisutngssteigerung und Muskelwachstum kommen.

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Biologische Begründung

Die biologische Anpassung des menschlichen Organismus ist kein linearer Verlauf, sondern ein parabolischer.
Wäre der Verlauf linear, gäbe es keine Leistungsgrenze und die Leistungsfähigkeit würde bis in unermessliche steigen.

Daher zeigt der menschliche Organismus bei höherem Leistungsniveau geringere Antwortreaktionen im Vergleich zum niedrigem Niveau.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert, Tobias Kasprak Veröffentlicht: 02.02.2014 - Letzte Änderung: 22.10.2021