Wachstumsschmerzen am Knie

Definition - Was sind Wachstumsschmerzen am Knie?

Bei Wachstumsschmerzen am Knie handelt es sich um Schmerzen, die vor allem nächtlich auftreten. Oft werden betroffene durch den Schmerz geweckt.
Die Wachstumsschmerzen sind meist beidseitig und strahlen nicht selten auch in die Oberschenkel aus. Da es keinen Test gibt, der zur Diagnostik von Wachstumsschmerzen am Knie genutzt werden kann, handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose. Bei Schmerzen am Knie werden zuerst andere mögliche Erkrankungen ausgeschlossen. Wenn man nichts findet, handelt es sich in der Regel um Wachstumsschmerzen.

Ursachen der Wachstumsschmerzen

Genaue Ursachen für die Wachstumsschmerzen am Knie sind bislang noch nicht geklärt.

Es gibt allerdings viele Vermutungen, die vor allem darauf beruhen, dass die verschiedenen Gewebe im Bein nicht alle gleichmäßig wachsen. Stattdessen ist mal der Knochen schneller gewachsen, mal die Muskulatur und wieder ein anderes Mal die Bänder. Dadurch verändert sich immer wieder die Kraftübertragung im Knie und es werden unterschiedliche Strukturen stärker belastet. Diese Strukturen müssen sich nach einem Wachstumsschub erst einmal an ihre ungewohnte neue Belastung gewöhnen. Während dieser Zeit treten die Wachstumsschmerzen am häufigsten auf.

Zudem kann es durch das ungleichmäßige Wachstum vorrübergehend zu Fehlstellungen im Knie kommen. Auch eine Überbeweglichkeit kann entstehen, wenn Bänder und Sehnen schneller wachsen als der Knochen.

Ergänzende Informationen finden SIe unter: Akute Knieschmerzen - Was steckt dahinter?

Begleitende Symptome

Wachstumsschmerzen am Knie zeichnen sich durch Schmerzen aus, die ohne eine entzündliche Komponente und damit ohne Schwellung, Rötung und Überwärmung des betroffenen Kniegelenks auftreten. In der Regel sind beide Knie von den Schmerzen betroffen. Diese strahlen am häufigsten in die Oberschenkelmuskulatur aus. Zeitgleich können auch Wachstumsschmerzen an anderen Gelenken auftreten. Dies betrifft in aller Regel die Beine, also das Fuß- und das Hüftgelenk. Aber auch Wachstumsschmerzen an den Armen können auftreten. Zusätzlich zu den Schmerzen an den Extremitäten leiden viele Kinder auch an Bauch- und Kopfschmerzen. Wie genau die Schmerzen dabei zusammenhängen ist nicht geklärt, man vermutet jedoch eher eine psychische Komponente der Erkrankung.

Aufgrund des nächtlichen Aufwachens wegen der Schmerzen kann ein Schlafmangel entstehen. Dieser äußert sich durch vermehrte Tagesmüdigkeit, Kopfschmerzen, eine verminderte Konzentrationsfähigkeit in der Schule und eine verringerte Leistungsfähigkeit. Auch Schlafstörungen können auftreten, wenn das betroffene Kind lernt, dass es häufig mit Schmerzen aufwacht.

Da die Schmerzen nicht mit Belastung und Bewegung assoziiert sind, sondern eher in Ruhe auftreten, sind sportliche Aktivitäten des Kindes in der Regel nicht beeinflusst. Schulsport oder auch Sport im Verein und die täglichen körperlichen Aktivitäten können meist problemlos beibehalten werden.

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Dauer der Wachstumsschmerzen am Knie

Wachstumsschmerzen am Knie treten in der Regel nachts auf und halten für einige Minuten bis Stunden an. Nach einer Schmerzmittelgabe können sie sich meist innerhalb von 30 Minuten so verbessern, dass das betroffene Kind wieder schlafen kann. Morgens sind die Schmerzen dann in der Regel verschwunden.

Während einzelner Wachstumsschübe können diese Schmerzen vermehrt auftauchen. Dabei dauern diese Phasen meist einige Wochen an. Insgesamt können die Wachstumsschmerzen am Knie über das gesamte Wachstum des betroffenen Kindes hinweg auftreten. In der Regel verschwinden sie, sobald das Kind ausgewachsen ist. Bei Mädchen ist dies meist mit etwa 16 Jahren der Fall, bei Jungs kann es noch andauern, bis sie 18 oder 20 sind.

Auszuschließende Erkrankungen

Morbus Schlatter

Morbus Schlatter oder auch Morbus Osgood Schlatter ist eine Erkrankung, bei der es zu einer Reizung am Knie kommt. Diese Reizung entsteht genau an der Stelle, an der die Patellasehne (Sehne der Kniescheibe) am Schienbeinknochen befestigt ist. Die Erkrankung tritt insbesondere bei sportlich aktiven Jugendlichen auf, weshalb es sehr wahrscheinlich ist, dass die Beschwerden durch eine Überlastung der Kniescheibensehne entstehen.

Aber auch während starker Wachstumsschübe im Rahmen der Pubertät ist das vermehrte Auftreten des Morbus Schlatter zu beobachten. Während die Schmerzen in der Regel an einem Knie beginnen, ist meist mit der Zeit auch das andere Knie betroffen.

Durch die Reizung der Sehne können sich zudem kleine Knochenstückchen aus dem Schienbeinkopf lösen. Diese werden dann nicht mehr mit Nährstoffen versorgt und sterben nach einiger Zeit ab. Wird die Erkrankung entdeckt, bevor es zu größeren Knochendefekten kommt, ist die Prognose gut. In der Regel reicht eine Sportpause als Therapie aus. Die kleinen Knochenstückchen, die sich aus dem Schienbeinknochen herauslösen, können sich jedoch auch in der Patellasehne ablagern und dort immer wieder Probleme verursachen. In diesem Fall sollten diese kleinen knöchernen Anteile operativ entfernt werden.

Die Diagnose Morbus Schlatter kann meist bereits aufgrund der typischen Symptome gestellt werden. Um die knöcherne Situation beurteilen zu können, ist jedoch oftmals noch ein Röntgenbild oder ein MRT sinnvoll.

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Morbus Sinding-Larsen

Die Erkrankung Morbus Sinding-Larsen oder genauer Morbus Sinding-Larsen-Johansson ist ähnlich wie der Morbus Schlatter auf eine Überbelastung des Knies zurückzuführen. Dabei kommt es zu einer Reizung an der Stelle, an der die Patellasehne an der Kniescheibe ansetzt. Durch die Reizung und Entzündungsreaktion können dort ebenso wie beim Morbus Schlatter kleine Knochenstückchen aus der Kniescheibe herausgelöst werden, die anschließend absterben. Diesen Vorgang nennt man Ostenekrose (osteo = Knochen, Nekrose = Absterben von Gewebe).

Diagnostiziert wird der Morbus Sinding-Larsen meist allein aufgrund seiner klinischen Symptomatik. Zusätzlich kann ein Ultraschall des Knies erfolgen. Dort kann die Sehnenstruktur der Patellasehne besonders gut beurteilt werden. Aber auch Röntgen und MRT werden eingesetzt, um die Knochen bzw das umliegende Gewebe zu beurteilen.

Ebenso wie beim Morbus Schlatter können sich kleine Knochenstückchen in der Patellasehne festsetzen, die dauerhaft Beschwerden auslösen und daher operativ entfernt werden sollten. Sonst sind eine adäquate Therapie mit Schmerzmitteln sowie die Kühlung des Knies die Maßnahmen der Wahl. Um die Beschwerden dauerhaft loszuwerden und einen Rückfall zu vermeiden kann eine Sportpause notwendig sein, die ein Viertel bis ein ganzes Jahr andauert.

Weitere Informationen finden Sie hier: Morbus Sinding-Larsen

Osteochondrosis dissecans

Bei der Osteochondrosis dissecans löst sich ein kleiner Anteil des Knorpels plus/minus des Knochens im Gelenk. Dieses Knorpelstück ist anschließend als freie Gelenkmaus im Gelenk anzutreffen.

Die Ursache für diese Erkrankung sind vermutlich kleine sogenannte Mikrotraumata, die beispielsweise bei Sportarten mit hohen Belastungen für das Knie auftreten. Durch die kleinen Traumata ist der Knorpel nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt und stirbt ab. Dieser Prozess verläuft in drei Phasen: Zunächst beginnt es mit dem sogenannten Schlummerstadium, in welchem der Knorpel und evtl. der darunterliegende Knochen minderversorgt sind. In der zweiten Phase entsteht eine leicht beschädigte Knorpelschicht, die schon mit ersten Ablösungsprozessen vom restlichen Knochen beginnt. Im dritten Stadium hat sich das Fragment gelöst und bildet einen freien Gelenkkörper.

Die Therapie der Osteochondrosis dissecans wird stark diskutiert und ist abhängig vom Alter sowie von der Ausprägung der Erkrankung. Dabei gehen die Methoden von einer konservativen Behandlung mit Verzicht auf High-Impact-Sportarten (Sport mit hoher Belastung für die Gelenke) sowie Schmerzmittel und Physiotherapie über eine Fixierung des noch nicht vollständig gelösten Knochenareals bis hin zur Entfernung der freien Gelenkmaus. Bei Erwachsenen kann zudem in Erwägung gezogen werden, einen gut durchbluteten Knochen aus dem Beckenkamm an die Stelle des herausgelösten Knochenstücks zu implantieren, da so die stark belastete Gelenkfläche wieder gleichmäßiger ist und es zu weniger Folgeschäden wie Arthrose kommt.

Weitere Informationen finden Sie unter: Osteochondrosis dissecans

Morbus König ist eine spezielle Form der Osteochondrosis dissecans, die bei Kindern auftritt. Bevor das Wachstum beendet ist, sind die Knochen noch nicht vollständig geschlossen, stattdessen haben sie viele knorpelige Anteile, die ein großes Wachstumspotenzial mit sich bringen. Gleichzeitig führt dies zu einer verminderten Festigkeit der Knochen vor Abschluss des Wachstums. Deshalb kann es leicht zur Osteochondrosis dissecans kommen, bei der sich kleine Knorpel- und Knochenstücke aus der Gelenkfläche herauslösen. Beim Morbus König ist die Gelenkfläche des Oberschenkelknochens im Knie betroffen.

Juvenile Arthritis

Die juvenile Arthritis ist eine rheumatologische Erkrankung, die im Kindes- und Jugendalter auftritt. Dabei greift der Körper aus bisher unbekannten Gründen seine eigenen Gelenke an, weshalb es zu chronischen Entzündungen in den betroffenen Gelenken kommt.
Die typischen Symptome sind Schmerzen sowie Überwärmung und eine Schwellung des betroffenen Gelenks. Es kann auch zu einem Erguss im Gelenk kommen. Um die Diagnose juvenile Arthritis stellen zu können, muss die Erkrankung bereits mehr als 6 Wochen anhalten und bei Betroffenen unter 16 Jahren auftreten. Die Therapie besteht aus dosiertem Sport und Physiotherapie sowie der Gabe von Schmerzmittel und entzündungshemmenden Medikamenten.

Lesen Sie mehr unter: Juvenile Arthritis

Reaktive Arthritis

Die reaktive Arthritis bezeichnet eine Gelenkentzündung, die nach einer bakteriellen Infektion auftritt. Typischerweise ist der bakterielle Infekt im Magen-Darm-Trakt, den Atemwegen und der Lunge sowie den Harnwegen angesiedelt.
Die reaktive Arthritis betrifft meist ein einziges Gelenk an den Beinen, oftmals ist es das Kniegelenk. Charakteristisch ist dabei die Ausprägung auf nur einer Seite. Die Behandlung der reaktiven Arthritis besteht aus Physiotherapie, Schmerzmedikamenten und entzündungshemmenden Mitteln.

Mehr dazu: Reaktive Arthritis

Eitrige Arthritis

Die eitrige Arthritis entsteht, wenn eine bakterielle Infektion im Gelenk selbst stattfindet.
Die Krankheitserreger können dabei über die Blutbahn in das Gelenk gelangen oder aus benachbarten Strukturen wie Muskeln in das Gelenk einwandern. Eine eitrige Arthritis ist auch nach einer Operation an Gelenken möglich, da so von außen Bakterien in das Gelenk gelangen können. Typischerweise kommt es zu Schmerzen, Schwellung, Rötung und einer Funktionseinschränkung an dem Gelenk. Auch Fieber ist ein mögliches Symptom. Die Behandlung besteht aus der Gabe von Antibiotika.

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Ausstrahlende Hüfterkrankungen wie M. Perthes

Morbus Perthes ist eine Hüftgelenkserkrankung, bei der es aus bislang unbekannten Gründen zum Absterben von Knochengewebe am Hüftkopf kommt. Vermutlich ist eine verminderte Durchblutung des Hüftkopfes oder ein hormonelles Ungleichgewicht schuld an der Knochennekrose. In der Regel treten bei der Erkrankung einseitige Hüftschmerzen auf.

Diagnostiziert wird der Morbus Perthes mit einem Röntgenbild. Im Ultraschall der Hüfte lässt sich bereits ein Erguss im Hüftgelenk feststellen, der den Verdacht auf M. Perthes erhärtet. Je nach Fortschritt der Erkrankung können Krankengymnastik und Orthesen als Behandlung ausreichen, in fortgeschrittenen Stadien ist meist eine Operation notwendig. Da Hüfte und Knie beim Gehen eine funktionelle Einheit bilden, fallen viele Hüfterkrankungen wie M. Perthes bei Kindern zunächst durch Knieschmerzen auf.

Ergänzende Informationen hier: Morbus Perthes

Diagnose

Die Diagnostik von Wachstumsschmerzen besteht in erster Linie darin, andere Erkrankungen auszuschließen. Eine eindeutige Diagnostik der Wachstumsschmerzen am Knie ist nämlich nicht durch Tests zu erreichen.

Stattdessen müssen Erkrankungen wie Verletzungen und Infektionen im Knie ausgeschlossen werden. Gelenkentzündungen und Arthritis kann man meist durch Bluttests ausschließen. Knochenläsionen oder auch -tumoren werden im Röntgenbild sichtbar. Verletzungen von Menisken, Bändern oder der Muskulatur können durch eine gute Anamnese (Befragung der betroffenen Person durch den Arzt) oftmals schon ausgeschlossen werden. Besteht dennoch der Verdacht, kann eine Bildgebung mittels MRT Klarheit schaffen.

Behandlung

Die Behandlung der Wachstumsschmerzen erfolgt ausschließlich symptomatisch. Da eine genaue Ursache der Erkrankung noch nicht entdeckt wurde, kann keine ursächliche Therapie durchgeführt werden. Zudem sind die Wachstumsschmerzen ungefährlich und haben eine gute Prognose, weshalb eine symptomatische Therapie als deutlich sinnvoller zu erachten ist.

In erster Linie besteht die Therapie der Wachstumsschmerzen am Knie daher aus einer adäquaten Gabe von Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Paracetamol. Dabei sollte darauf geachtet werden, die Dosis an das Körpergewicht des Kindes anzupassen. Zu hohe Dosen können nieren- und/oder leberschädigend wirken. Außerdem sollten die Schmerzmittel an maximal zehn Tagen im Monat eingenommen werden. Sonst können beispielsweise medikamentenassoziierte Kopfschmerzen entstehen.

Da die Wachstumsschmerzen am Knie oft mit einer eher angespannten Muskulatur einhergehen, hilft oftmals auch eine Wärmeanwendung am Knie. Manchen Kindern tut jedoch auch das Kühlen des Knies gut. In diesem Fall kann zusätzlich eine kühlende und schmerzlindernde Salbe wie Voltaren oder Docsalbe auf das Knie aufgetragen werden.

Den wichtigsten Anteil an der Behandlung der Wachstumsschmerzen am Knie hat jedoch der richtige Umgang mit der Erkrankung. Daher ist eine Aufklärung von Eltern und Kind über die Ungefährlichkeit der Wachstumsschmerzen essenziell. Obwohl die Schmerzen auf keine schlimme Erkrankung hindeuten, sollten sie von Eltern und Ärzten ernstgenommen werden. So kann das Kind meist besser mit den Symptomen umgehen.

Prognose der Wachstumsschmerzen am Knie

Die Prognose der Wachstumsschmerzen ist äußerst gut. Bei dieser Art des Schmerzes gibt es keine körperlichen Schäden, sodass die Erkrankung keine Folgeschäden mit sich bringt.
In aller Regel sind die Wachstumsschmerzen mit dem Ende der Wachstumsphase, also dem Ende der Pubertät, beendet.

Um eine Chronifizierung der Schmerzen zu verhindern, sollte während der Schmerzphasen auf eine adäquate Therapie sowie das Ernstnehmen der Beschwerden des Kindes geachtet werden. So kann man sicherstellen, dass das Kind die Wachstumsschmerzen auch psychisch gut verarbeitet und sich keine Folgebeschwerden ausbilden.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 05.09.2018 - Letzte Änderung: 22.10.2021