Verrenkung des Fingergelenks

Definition

Der Begriff „Fingergelenksverrenkung“ oder „ausgekugeltes Fingergelenk“ ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die Luxation eines Fingergelenkes. Bei der Luxation eines Gelenkes springen die Knochen aus dem Gelenk heraus.

Einleitung

Eine Unterform der Luxation ist die Subluxation, bei der die Knochen nicht vollständig aus dem Gelenk herausspringen, sondern sich die Position der Knochen innerhalb des Gelenkes verschiebt. Die Verrenkung eines Fingergelenkes geschieht meist aufgrund einer plötzlichen und starken Krafteinwirkung wie bei einem Sturz, kann aber auch spontan ohne äußere Gewalteinwirkung passieren. Die Verrenkung eines Fingergelenkes ist sehr schmerzhaft. Nicht nur die Fingergelenke können von einer Verrenkung betroffen sein: Die Schulter ist das Gelenk, das am häufigsten luxiert, Ellenbogen und Kniescheibe sind ebenfalls häufig betroffen. Die Fingergelenke sind eher seltener von einer Verrenkung betroffen. Ein Finger besitzt insgesamt drei Gelenke: Das Grundgelenk am Übergang zur Hand, das Mittel- und das Endgelenk. Jedes dieser Gelenke kann von einer Verrenkung betroffen sein.

Ursache

In einem Gelenk stehen mehrere Knochen miteinander in Kontakt. An den Kontaktflächen sind sie mit Knorpel überzogen, um das Knochenmaterial zu schützen. Die Kommunikation der Knochen findet innerhalb der Gelenkhöhle statt, die von einer Gelenkkapsel umgeben wird. Jedes Gelenk wird von Bändern, Muskeln und Sehnen gesichert.

Bei der Verrenkung eines Fingergelenkes kommt es meist durch eine starke äußere Krafteinwirkung zu „Herausspringen“ der Knochen aus dem Gelenk. Der Grund dafür ist, dass die Bänder und Muskeln, die das Gelenk stabilisieren, nicht stark genug sind, um die Knochen trotz der einwirkenden Kraft im Gelenk zu halten. Es kommt zur Luxation (komplettes Herausspringen der Knochen) oder Subluxation („Verrutschen“ der Knochen innerhalb des Gelenkes). Luxation und Subluxation werden umgangssprachlich als Verrenkung bezeichnet. In den meisten Fällen sind Sportverletzungen die Ursache für eine Fingergelenksverrenkung, möglich sind Stürze oder der Aufprall eines Balles auf den verletzten Finger.

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Menschen, die ein überdurchschnittlich stark dehnbares Bindegewebe haben, sind häufiger von Luxationen betroffen als andere. Auch bei alten Menschen kommt es häufiger zur Verrenkung von Gelenken als bei jüngeren Menschen, weil die Sehnen und Muskeln bei älteren Menschen schwächer sind und die Knochen deshalb schon durch die Einwirkung von kleineren Kräften aus dem Gelenk springen können.

Außerdem begünstigen Arthrose und Gelenkerkrankungen wie Rheuma die Verrenkung von Gelenken. (siehe: Fingerarthrose) Die krankhaft veränderten Gelenkflächen können leichter herausspringen als gesunde Gelenkflächen. Kinder sind seltener von Verrenkungen der Finger betroffen als Erwachsene, weil die Knochen von Kindern biegsamer sind und deshalb nicht so häufig aus dem Gelenk herausspringen, wenn eine starke Kraft auf das Gelenk einwirkt.

Symptome

Nach der Verletzung sind starke Schmerzen am Fingergelenk das Hauptsymptom einer Fingergelenksverrenkung. Zusätzlich kommt es zu einer sichtbaren Fehlstellung des betroffenen Fingergelenkes. Bei einer Fingergelenksverrenkung ist die Beweglichkeit des Gelenkes deutlich eingeschränkt: Die aus dem Gelenk herausgesprungenen Knochen machen eine Bewegung unmöglich, die Schmerzen schränken die Bewegungen ein. Das betroffene Gelenk schwillt an, die Entstehung eines Blutergusses ist möglich. Der Patient hält eine Schonhaltung ein, um das verletzte Gelenk möglichst wenig zu belasten. Wurden bei der Fingergelenksverrenkung zusätzlich Nerven verletzt oder durch Druck beeinträchtigt, sind Missempfindungen und ein kribbelndes Gefühl in den Fingern oder der Hand möglich.

Bei der Fingergelenksverrenkung können Knochen, Bänder und Muskeln verletzt werden. Bei einer Luxation nach dorsal (Richtung Handrücken) sind vor allem die Strecksehnen verletzungsgefährdet. Eine Verletzung der Strecksehnen äußert sich dadurch, dass der Patient auch nach dem erfolgten Einrenken den verletzten Finger nicht strecken kann. Bei der Fingergelenksverrenkung können auch die Seitenbänder des Fingers verletzt werden, was zu einer seitlichen Aufklappbarkeit des Fingergelenkes führt.

Diagnose

In vielen Fällen kann die Diagnose schon durch reines Ansehen des verletzten Fingers gestellt oder zumindest vermutet werden. Ein Röntgenbild sollte vor der körperlichen Untersuchung angefertigt werden, um sich einen Überblick über das Ausmaß der knöchernen Verletzung zu machen. Ist das Gelenk schwer verletzt, kann es durch eine zu unvorsichtige körperliche Untersuchung nämlich weiteren Schaden erleiden. Vor der körperlichen Untersuchung ist die Gabe von Schmerzmitteln sinnvoll. Während der Untersuchung muss sich der Arzt ein Bild von der momentanen Position des Gelenkes machen und die Durchblutung, die Sensorik (das Gefühl) und die Motorik (die Bewegung) des verletzten Gelenkes untersuchen. Es kann nötig werden, das Fingergelenk in der Computertomografie (CT) oder in der Magnetresonanztomografie (MRT) zu untersuchen, um das Ausmaß der Begleitverletzungen einschätzen zu können.

Therapie

Die allererste Maßnahme nach einer Fingergelenksverrenkung sollte das Ruhigstellen und Kühlen des betroffenen Gelenkes sein. Die Kühlung wirkt schmerzlindernd und beugt einer übermäßigen Schwellung vor. Patienten sollten nicht versuchen, das Gelenk wieder einzurenken, da die Verletzungsgefahr bei einem solchen Versuch sehr hoch ist.

Im Krankenhaus erfolgt eine Untersuchung des verletzten Gelenkes, anschließend wird eine Reposition unter Gabe von Schmerzmitteln oder unter einer Kurznarkose durchgeführt. Nach der Reposition wird die korrekte Stellung des Gelenkes durch ein Röntgenbild überprüft und das Gelenk ruhiggestellt. Zeigt sich in der Untersuchung, dass nicht nur das Fingergelenk verrenkt ist, sondern auch weitere Verletzungen, z.B. am Knochen, vorliegen, muss der Finger eventuell operiert werden.

Ist das Endgelenk des Fingers verrenkt, wird es durch kräftigen Zug wieder eingerenkt und möglichst nicht ruhiggestellt. Das Endgelenk des Fingers hat nämlich die Tendenz, schnell zu versteifen und sollte deshalb nur bei starken Schmerzen und maximal für die Dauer von einer Woche ruhiggestellt werden. Eine Operation des Fingerendgelenkes ist nur bei offenen Verletzungen nötig. (siehe: Operation der Fingerarthrose)

Auch das Fingermittelgelenk versteift sehr schnell: Bei starken Schmerzen sollte es maximal für drei Wochen ruhiggestellt werden. Bewegungsübungen sollten trotz Schiene schon nach einer Woche begonnen werden, um eine Versteifung des Mittelgelenkes in Beugestellung zu verhindern.

Ist das Fingergrundgelenk verrenkt, kann es leider passieren, dass eine Reposition nicht möglich ist, weil die Knochen in den Bandstrukturen eingeklemmt sind. In diesem Fall muss das Gelenk operiert werden.

Prognose

Nach einer Fingergelenksverrenkung kann die Schwellung sehr lange anhalten, auch die Schmerzen können über mehrere Monate bestehen. Eine mögliche Spätfolge einer verletzungsbedingten Verrenkung des Fingergelenkes kann die Instabilität des Gelenkes sein. Durch die Instabilität von Bändern und Muskeln kommt es dann immer wieder zu Verrenkungen, die auch spontan ohne die Einwirkung einer äußeren Kraft auftreten können, was Mediziner als habituelle Luxation bezeichnen. Diese Patienten sollten durch einen Physiotherapeuten behandelt werden, um die Bänder und Muskeln zu stärken und das instabile Gelenk zu stabilisieren. Wurden bei der Verrenkung des Fingergelenks Nerven verletzt, können bleibende Missempfindungen die Folge sein. Als Folge eines Knochenschadens kann sich im Verlauf eine Arthrose ausbilden.

Weiterführende Informationen

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Eine Übersicht über bereits veröffentlichte Themen der Orthopädie finden Sie unter: Orthopädie A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.04.2016 - Letzte Änderung: 21.07.2023