Nervenentzündung am Kopf

Einleitung

Eine Nervenentzündung wird als Neuritis bezeichnet, diese kann prinzipiell jeden Nerven im Körper betreffen. Am Kopf existieren sehr viele Nerven, die meisten davon gehören zu den Hirnnerven, insbesondere der Nervus trigeminus und der Nervus facialis spielen eine große Rolle bei Nervenentzündungen.

Hier finden Sie einen generellen Überblick zum Thema Nervenentzündung

Die Ursachen für eine Nervenentzündung im Kopfbereich unterscheiden sich prinzipiell nicht von Ursachen an anderen Stellen im Körper.

Eine wichtige Ursache sind verschiedene Viren, hier zunächst Herpes-Viren wie das Varizella-Zoster-Virus (Humanes Herpes-Virus 3). Dieses Virus löst bei Erstinfektion die Windpocken aus und bleibt dann in den Nervenzellen des Körpers, wird aber vom Immunsystem in Schach gehalten. Kommt es jedoch zu einer Immunschwäche, zum Beispiel durch Stress oder auch durch Krankheiten kann sich das Virus wieder ausbreiten und löst jetzt einen Zoster (Gürtelrose) aus. Im Gesicht spricht man dann vom Zoster ophthalmicus oder Zoster oticus.
Weiterhin können Adenoviren Nerven befallen und zur Gesichtslähmung führen.

Auch Bakterien können Ursache einer Nervenentzündung sein, hier sind unter anderem Borrelien wie Borrelia burgdorferi zu nennen. Der Erreger wird durch Zeckenstiche übertragen und löst die Borreliose aus. In einem späteren Stadium der Neuroborreliose kommt es in seltenen Fällen zu einem sogenannten Bannwarth-Syndrom, das sich neben anderen Symptomen durch eine oft beidseitige Lähmung des N. facialis zeigt. Das Bannwarth-Syndrom ist zwar sehr schmerzhaft, lässt sich jedoch in den allermeisten Fällen neurologisch gut behandeln.
Auch im Rahmen von Verletzungen kann es zur Schädigung und Entzündung von Nerven kommen.

Eine mechanische Kompression von Nerven, wie man sie vielleicht vom Bandscheibenvorfall und Karpaltunnel-Syndrom kennt, führt ebenfalls zu einer Nervenentzündung oder einer Entzündung umliegender Strukturen. Bei der Trigeminus-Neuralgie ist ein häufiger Auslöser ein Blutgefäß, welches den Nerven komprimmiert und zu heftigen Schmerzen führen kann.

Außerdem gibt es eine Vielzahl an entzündlichen neurologischen Erkrankungen, am bekanntesten ist sicherlich die multiple Sklerose, bei der das eigene Immunsystem die Oligodendrozyten (Gliazellen des zentralen Nervensystems) angreifen. Hierdurch können alle möglichen neurologischen Defizite ausgelöst werden, sehr häufig ist aber die Neuritis nervi optici, also die Entzündung des Sehnerven. Ursache hierfür können weiterhin Erkrankungen aus der Formenkreis der Neuromyelistis-optica-Spektrumerkrankungen (NMO-SD) sein.

Eine weitere entzündliche Nervenerkrankung ist das Guillan-Barre-Syndrom, bei dem neben vielen anderen Nerven auch die Hirnnerven geschädigt werden können.

Vor allem bei plötzlich einsetzenden Symptomen wie einer Lähmung im Gesicht sollte immer auch an einen möglichen Schlaganfall gedacht werden, der dringend im Krankenhaus abgeklärt werden muss!

Zugluft als Ursache

Eine etwas ungewöhnliche Ursache für Nervenentzündungen ist tatsächlich Zugluft. Hierbei kann es zu einer Fazialisparese kommen, die sich in einer halbseitigen Gesichtslämung äußert.

In der Regel zeigt sich die Fazialisparese durch eine halbseitige Gesichtslähmung. Dass eine Beeinträchtigung des Gesichtsnervs beziehungsweise Nervus facialis vorliegt, zeigt sich z.B. durch herabhängende Mundwinkel und ein unvollständig geschlossenes Auge. Je nach Lage des Schädigungsortes können noch eine vermehrte Tränenausschüttung, eine intensivere Hörempfindung, Geschmacksstörungen, eine verminderte Speichelproduktion oder auch Schmerzen im Bereich des Ohres an Symptomen auftreten. Die Lähmung kann sich über mehrere Stunden bis zur Dauer von zwei Tagen entwickeln. Der Höhepunkt wird innerhalb von drei Wochen erreicht. Die Fazialislähmung kann auf eine Gesichtshälfte beschränkt bleiben. „Zu einer einseitigen Lähmung kann es jedoch auch durch Tumoren, Schlaganfälle oder Hirnblutungen kommen. Diese Erkrankungen gehen jedoch häufig mit weiteren Lähmungserscheinungen einher, wie etwa eines Armes oder einer Hand“, ergänzt der Nervenarzt.

Verschiedene Bereiche einer Nervenentzündung am Kopf

Im Bereich des Kopfes verlaufen sehr viele Nerven. Einige davon sind Hirnnerven, doch auch periphere Nerven laufen zum Beispiel Nacken. Daher ist es sinnvoll, diese nach Bereich getrennt zu betrachten.

Nervenentzündung am Nacken

Prinzipiell verlaufen auch im Nacken Nerven, die sich entzünden können, dies ist aber eher selten der Fall. Im Nackenbereich kommt es eher zu muskulären Verspannungen, die dann zu Schmerzen führen. Über ein Kompression von Nerven können auch diese beeinträchtigt werden und zu Schmerzen führen, die teilweise bis in den Arm oder die Hand ausstrahlen. Ebenso führen Bandscheibenvorfälle der Halswirbelsäule zu Nervenschäden in diesem Bereich.

Mehr zum Thema erfahren Sie in unseren Artikeln zum Thema Nackenschmerzen

Trigeminusneuralgie

Der Nervus trigeminus ist einer der größten Hirnnerven und für viele Funktionen wichtig, insbesondere für das Schmerzempfinden im Gesicht. Kommt es zum Beispiel durch ein Gefäß zu Druck auf den Nerven, kommt es zu attackenartigen stärksten Schmerzen. Allerdings wird diese Erkrankung in der Regel nicht durch eine Entzündung des Trigeminus ausgelöst.

Mehr erfahren Sie im Artikel Trigeminusneuralgie

Nervenentzündung der Kopfhaut

Die Kopfhaut wird zu großen Teilen durch den Nervus occipitalis versorgt. Auch hier kann es in selteneren Fällen zu Nervenentzündungen kommen. Diese äußert sich in der Regel mit Schmerzen, Kribbeln oder anderen Missempfindungen.

Diagnostik bei Verdacht auf Nervenentzündung

Die Diagnostik hängt natürlich von der genauen Lokalisation und der vermuteten Ursache ab und sollte daher bei jedem Patienten je nach vermuteter Ursache individuell angepasst werden.

Allerdings gehört zu jedem Arztbesuch zunächst eine gründliche Anamnese. Anschließend wird der Arzt eine körperliche Untersuchung durchführen und hierbei vor allem neurologische Tests anwenden. Wichtig bei Verdacht auf eine Nervenentzündung sind zum einen Entzündungszeichen wie Schmerz, Rötung oder Schwellung, zum anderen aber auch Ausfallerscheinungen durch die Nervenschädigung. Hierzu gehören insbesondere Lähmungen, Taubheitsgefühle, Kribbeln oder andere Missmepfindungen.

Je nach Ergebnis dieser Basis-Untersuchungen werden eventuell weitere Untersuchungen nötig. Zum Beispiel können mittels Elektroneurographie oder evozierter Potentialen Nervenleitgeschwindkeiten gemessen werden, um eine Nervenschädigung zu erkennen. Eventuell ist sogar ein MRT oder - vor allem bei sehr akuten Fällen - ein CT nötig.

Viele Nervenentzündungen sind durch Viren verursacht, bei denen oft keine Erregerdiagnostik nötig ist, da sie in kurzer Zeit von selbst ausheilen. Sollten sie aber bestehen bleiben oder Verdacht auf eine Infektion mit beispielsweise Borrelien oder eine Gesichtsrose (Zoster ophtalmcus/oticus) bestehen, wird ihr Arzt eine genauere Diagnostik durchführen.

Was können Symptome einer Nervenentzündung am Kopf sein?

Nervenentzündungen können sich durch viele Symptome äußern. Oft entstehen sogenannte neuropathische Schmerzen, die sich als bohrender oder stechender Schmerz äußern. Dies ist vor allem von der Gürtelrose bekannt und kann auch chronifizieren, was dann als Post-Zoster-Neuralgie bezeichnet wird.

Für weitere Informationen lesen Sie auch: An diesen Symptomen erkennt man eine Nervenentzüdndung

Weitere Symptome von Nervenentzündungen können Missempfindungen wie Kribbeln oder aber auch Taubheitsgefühle sein.

Insbesondere bei einem Befall des Nervus facialis, der bei Gürtelrose oder Borreliose häufig mitbetroffen ist, kommt es auch zu Gesichtslähmungen. Sollten Lähmungserscheinungen wie ein hängender Mundwinkel auftreten, muss sofort eine Abklärung im Krankenhaus erfolgen, da prinzipiell auch ein Schlaganfall dahinter stecken kann.

Ist der Nervus facialis entzündet können je nach Ort der Entzündung auch Geschmacks- oder Hörstörungen auftreten.

Mehr dazu lesen Sie unter Facialisparese

Je nach Ursache muss eine Nervenentzündung verschieden behandelt werden. Viele Entzündungen von Nerven im Gesichtsbereich, vor allem wenn sie viraler Genese sind, müssen nicht oder nur symptomatisch behandelt werden, da sie in der Regel von selbst ausheilen. 

Tritt die Nervenentzündung im Rahmen einer Borreliose auf muss dringend eine antibiotische Therapie erfolgen. In diesem Fall obliegt die Therapie einem Arzt!

Welche Medikamente helfen bei Nervenentzündung?

Die Wahl der Medikamente hängt von der Ursache der Entzündung ab. Treten Schmerzen auf, können diese in leichten Fällen oft selbst behandelt werden. Hierfür eignen sich freiverkäufliche Mittel wie Ibuprofen oder Paracetamol

Wenn jedoch Kribbeln oder andere Missempfindungen im Vordergrund stehen, ist eine medikamentöse Therapie eher schwierig.

In jedem Fall sollte bei längeren Symptomen einer (vermutlichen) Nervenentzündung ein Neurologe aufgesucht werden, der die Ursache diagnostizieren und eine danach ausgerichtete Therapie einleiten kann.

Hausmittel bei Nervenentzündungen

Gerade gegen Nervenschmerzen gibt es viele Hausmittel, die versucht werden können. Es ist jedoch Vorsicht angebracht: Wenn die Schmerzen nicht von selbst verschwinden, schlimmer werden oder Symptome wie Lähmungen hinzu kommen, muss schnellstmöglich ein Arzt aufgesucht werden. Kommen die Symptome schlagartig und besteht somit ein Verdacht auf einen Schlaganfall, so sollte unmittelbar der Rettungsdienst gerufen werden, da dringend eine Abklärung im Krankenhaus erfolgen muss!

Kräuter gegen Nervenschmerzen sind zum Beispiel Teufelskrallenwurzel oder Brennessel-Geist. Während erstere zum Beispiel in Form von Kapseln oder Tee eingenommen wird, eignet sich Brennessel-Geist gut, um in einer Mischung mit Apfelessig ein Massageöl herzustellen. Hierzu die beiden Zutaten einfach im Verhältnis 1:5 gut vermischen und die betroffene Stelle vorsichtig damit massieren.

Kräuterwickel können mit Kümmel-Samen hergestellt und auf den schmerzenden Bereich aufgelegt werden.

Als Tee zubereitet können auch Brennessel, Ingwer oder Grüner Tee versucht werden.

Auch das von der Chili und Cayenne-Pfeffer bekannte Capsaicin hilft vielen Nervenschmerz-Geplagten bei äußerer Anwendung. Hierfür gibt es auch in der Apotheke vorbereitete Salben oder Pflaster.

Das in Olivenöl enthaltene Oleocanthal ist ein Wirkstoff, der ähnliche Wirkung wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen hat. Da die Konzentration im extra nativem Olivenöl recht gering ist, braucht man bei gelegentlicher Einnahme keine Angst vor einer Überdosierung haben.

Pfefferminzöl hat eine hohe Wirkung gegen Schmerz und wird auch in der Kopfschmerz-Therapie gerne eingesetzt. Studien zufolge es es eine ebenso starke Wirkung wie 1000 mg Paracetamol. Ein Versuch bei neuropathischen Schmerzen ist es also auf jeden Fall wert.

Bei Johanniskraut wurde neben seiner antideprssiven Wirkung oft auch eine lindernde Wirkung gegen Nervenschmerzen beobachtet. Allerdings steigert Johanniskraut in wichtiges Leberenzym (CYP3A4), das am Stoffwechsel zahlreicher Medikamente beteiligt ist. So kann zum Beispiel die Wirkung der “Antibabypille” abgeschwächt werden. Lassen Sie sich also vorher unbedingt von Ihrem Arzt oder Apotheker beraten.

Hier finden Sie einen Überblick über viele weitere Naturheilverfahren

Wärme oder Kälte - was ist besser?

Oft hilft sogar die Kombination aus beidem, nämlich in Form sogenannter Wechselbäder. Diese sollen sich zum einen positiv auf das Immunsystem auswirken, zum anderen teilweise auch Nervenschmerzen und Missempfindungen reduzieren. Gerade bei akuten Entzündungen sollte allerdings eher Kälte angewendet werden, um die Durchblutung der Region und somit die Entzündung zu verringern. Ist eher eine Verspannung die Ursache sollte mit Wärme versucht werden, den Muskel wieder zu lockern, da hier eine höhere Durchblutung erwünscht ist.

Homöopathie

Auch in der Homöopathie findet das schon erwähnte Johanniskraut als Hypercium perforatum Anwendung. Weiterhin werden Aranea diadema, Gnaphalium und Kalium phosphoricum empfohlen. Wenn sie eine homöopathische Behandlung wünschen, so sollten Sie sich von einem erfahrenen Arzt, Heilpraktiker oder Apotheker beraten lassen. Sollte die Beschwerden sich aber nicht bessern oder gar verschlimmern sollte dringend ein Neurologe zur weiteren Behandlung aufgesucht werden. Gerade bei schwerwiegenden Ursachen wie einem Schlaganfall oder einer Borrelien-Infektion ist eine schnelle, effektive Therapie durch einen Arzt entscheidend für die Prognose!

Dauer einer Nervenentzündung am Kopf

Die Dauer und auch Prognose einer Nervenentzündung hängt entscheidend von der Ursache ab. Während eine harmlose Nervenentzündung durch Zugluft auch ohne Therapie oft nach einer Woche folgenlos ausheilt, bessert sich ein Bannwarth-Syndrom durch Borrelien-Infektion in aller Regel erst durch eine antibiotische Therapie, hier ist die Prognose dann meist sehr gut. Eine Post-Zoster-Neuralgie kann über Monate oder Jahre hinweg Beschwerden machen oder sogar dauerhaft bleiben.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 06.07.2020 - Letzte Änderung: 06.11.2021