Die Funktion der Leber

Synonyme

Medizinisch: hepar

Leberlappen, Leberzelle, Leberkrebs, Leberzirrhose, Fettleber

Englisch: liver

Definition

Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan des Menschen. Zu ihren Aufgaben gehört die nahrungsabhängige Speicherung, Umwandlung und Freisetzung von Zuckern und Fetten, der Abbau und die Ausscheidung körpereigener und medikamentöser Giftstoffe, die Bildung der meisten Bluteiweiße und der Gallenflüssigkeit sowie zahlreiche weitere Aufgaben.

Funktion der Leber

Stoffwechselleistung der Leberzellen
Die Leber vollbringt viele Stoffelwechslleistungen. Die wichtigsten Leistungen werden unten aufgeführt.

Produktion von Bluteiweißen

Im Blut befindet sich eine Vielzahl von Eiweißen (Plasmaproteine), die jeweils ganz bestimmte Funktionen haben. Bis auf eine Klasse der Bluteiweiße, nämlich die Antikörper (Gamma-Globuline) des Immunsystems (Abwehrsystem), werden alle übrigen von der Leber hergestellt und ins Blut abgegeben.
Dazu zählen die Eiweiße für die Blutgerinnung (Gerinnungsfaktoren), für das Abwehrsystem (Komplementsystem), für den Transport und viele weitere Funktionen. Mithilfe einer speziellen Untersuchung dieser Eiweiße, der Elektrophorese, kann man einiges über die Produktionsleistung der Leber erkennen.

Im Rahmen einer akuten Entzündung im Körper kann die Leber ihre Produktion ein wenig verändern. Sie bildet dann vermehrt die sogenannten Akute-Phase-Proteine (C-reaktives Protein (CRP-Wert), Haptoglobin und andere), die bei der Bekämpfung der Entzündung hilfreich sind.

Außerdem führen sie zu einer Erhöhung der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG), einem einfachen Test im Rahmen der ärztlichen Diagnostik.

Produktion von Hormonen

Die Leber bildet einige Hormone. Sie ist beteiligt an der körpereigenen Herstellung von Vitamin D3. Das ist ein Hormon, dass notwendig ist für die Regulation des Calciumhaushaltes.
Weiterhin bildet sie IGF-1, ein Hormon, das Wachstum und Muskelaufbau beschleunigt und sogar im Rahmen des Sportdopings (Doping, Anabolika) eingesetzt wird. Ein anderes, wichtiges Hormon (genauer gesagt, eine Vorstufe) ist das Angiotensinogen.
Dieses ist unmittelbar beteiligt an der Regulation von Blutdruck und Flüssigkeitshaushalt. Gegen dieses Hormon werden bei Bluthochdruck Medikamente verschrieben, die sogenannten ACE-Hemmer.

Kohlenhydratstoffwechsel

Der Kohlenhydratstoffwechsel wird umgangssprachlich auch als Zuckerstoffwechsel bezeichnet.Einige Zellen im Körper, vor allem die roten Blutkörperchen und die Nervenzellen, sind auf die kontinuierliche Versorgung mit Blutzucker (Glukose) angewiesen.Da der Mensch seine Nahrung mit seinen wenigen täglichen Mahlzeiten in Intervallen aufnimmt, braucht er ein System, mit dem er nach dem Essen die erhöhten Konzentrationen an Nährstoffen speichern und bei Bedarf zwischen den Mahlzeiten wieder freisetzen kann. Dies ist im wesentlichen Aufgabe der Leber.

Nach dem Essen wird die Leber durch das Hormon Insulin dazu angeregt, die erhöhte Konzentration von Blutzucker in besonderer Form (Glykogen) zu speichern. Insgesamt kann bis zu 10% des Gesamtgewichts der Leber, also ca. 150 gr, als Zucker in dieser Form in der Leber gespeichert werden. Wenn nun der Blutzucker in der Zeit zwischen den Mahlzeiten zu sinken beginnt, startet die Leber, unter dem Einfluss des Hormons Glukagon, den Abbau des gespeicherten Zucker.
Dieser wird im Dienst des Körpers in das Blut abgegeben. Allerdings reichen die Zuckerspeicher der Leber ohne Nahrungszufuhr nur für weniger als einen Tag. Daher verfügt die Leber zusätzlich über die Möglichkeit, Zucker aus Eiweißen herzustellen. Die Eiweiße werden vornehmlich durch den Eiweißabbau in Muskelzellengewonnen.

Einige seltene, immer genetisch bedingte Erkrankungen betreffen diese Funktion der Leber. Es fehlen einzelne Eiweiße (Enzyme), die für die Abgabe von Zucker an das Blut notwendig sind. In diesen Fällen kann der Patient zwar normal Essen und seine Speicher füllen. Aber in dem Moment, wo der Körper auf die Abgabe von Zucker ins Blut angewiesen ist, macht sich der Defekt bemerkbar und der Patient unterzuckert. Die Therapie ist eine sorgfältige Diät mit regelmäßigen, kleinen Mahlzeiten.

Lesen Sie mehr zum Thema: Kohlenhydrate

Fettstoffwechsel

Die Leber ist auch für den Stoffwechsel (Verarbeitung) von Fetten überlebensnotwendig. Fette, die der Körper verwerten kann, sind nicht im Blut löslich. Daher bildet die Leber spezielle Fetttransporter, die Lipoproteine.

Wenn die Leber genug Nährstoffe und Energie zur Verfügung hat, ist sie in der Lage, aus Zuckern und Eiweißen Fette (Fettsäuren) herzustellen. Diese werden besonders verpackt (in VLDL-Lipoproteine) und dann mit dem Blut in Richtung Fettgewebe transportiert. Im Fettgewebe werden die Fette dann in den Fettzellen gespeichert. Wenn nun Energiemangel herrscht, werden die Fette in den Fettzellen wieder abgebaut und zurück in die Leber transportiert, wo sie zur Energiegewinnung genutzt werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Fettstoffwechsel

Speicherung von Stoffen

Die Leber ist in der Lage, zahlreiche, lebensnotwendige Stoffe zu speichern und bei Bedarf wieder freizugeben. Dazu zählen die Vitamine A, B12, D, E und Folsäure sowie die Metalle Eisen und Kupfer. Für beide Metalle sind Krankheiten beschrieben, bei denen es aufgrund eines genetischen Defekts zur krankhaften Einlagerung dieser Metalle kommt und die damit auch zu einer Leberschädigung bis hin zur Leberzirrhose führen können (Morbus Wilson, Hämosiderose).

Entgiftung (Biotransformation)

Die Leber ist das Organ des Körpers, das besonders zum Abbau von Giftstoffen befähigt ist. Wie ein Klärwerk müssen alle Substanzen aus der Nahrung durch die Leber, bevor sie in den allgemeinen Blutkreislauf gelangen. Aber nicht nur Nahrungsstoffe, auch körpereigene Stoffwechselprodukte können giftig werden. Auch sie werden in der Leber in weniger giftige Stoffe umgewandelt.

Alkohol, das von seiner Wirkung ein starkes Zellgift darstellt, wird nahezu ausschließlich in der Leber abgebaut(Entgiftung). Über spezielle Eiweiße (Enzyme) wird der Alkohol chemisch so verändert, dass er nicht mehr schädlich, sondern im Gegenteil nützlich wird. Am Ende des Alkoholabbaus entsteht ein Stoff, der direkt Energie liefert.

Bevor man diese Tatsache falsch versteht, muss man jedoch noch mehr bedenken: Die Leber schafft es nicht, direkt bei der ersten Passage den gesamten Alkohol abzubauen; somit gelangt das Gift über den Blutweg in alle Zellen des Körpers.
Weiterhin ist Alkohol auch für die Leberzellen selber giftig; es kommt hier zum Absterben von Leberzellen. Zudem entsteht beim Abbau von Alkohol soviel Energie, dass die Leber nicht mehr hinterherkommt, diese dann auch zu verbrauchen. Sie speichert die Energie dann in Form von Fett. Sammelt sich zu viel von diesem Fett an, entsteht eine Fettleber (Steatosis hepatis); die Vorstufe einer Leberzirrhose.

Für Medikamente gilt das gleiche Prinzip: Beim Fluss durch die Leber werden die Substanzen durch spezielle Eiweiße chemisch so sehr verändert, dass sie ihre Wirkung verlieren (first-pass-Effekt). In der Arzneimitteltherapie wird dieser Effekt bei der Wahl der Dosierung immer mitberechnet. Dies kann so ausgeprägt sein, dass manche Medikamente nicht in Tablettenform verabreicht werden können. In seltenen Fällen werden durch diese Prozesse jedoch giftigere Substanzen gebildet.
Ein wichtiges Beispiel ist die Kombination von Alkohol und Paracetamol (Schmerzmittel), die zu einer Bildung eines krebserregenden Stoffes führen kann.

Eine vor allem für die ärztliche Diagnose wichtige Entgiftungsreaktion der Leber ist der Umbau von Bilirubin. Bilirubin entsteht überall dort, wo rote Blutkörperchen abgebaut werden oder zugrunde gehen. In beiden Fällen bindet dieses als unkonjugiert oder indirekt bezeichnete, giftige Bilirubin an ein spezielles Eiweiß aus dem Blut, das Albumin.
Gelangt dieser Komplex aus Eiweiß und Bilirubin schließlich in die Leber, wird dieses Bilirubin von seinem Transporteiweiß gelöst und in den Leberzellen so umgebaut, dass es ungiftig wird. Nach seinem Umbau wird es als direkt oder konjugiert bezeichnet. Aus dem Verhältnis von direktem und indirektem Bilirubin lässt sich für den Arzt ablesen, wo möglicherweise eine Schädigung vorliegt.

Eine weitere wichtige Entgiftungsreaktion der Leber ist die Bildung von Harnstoff. Harnstoff enthält Ammoniak, ein Stoff aus dem Eiweißstoffwechsel, der in seiner natürlichen Form das Gehirn schädigt, in seiner Verbindung als Harnstoff hingegen ungiftig ist. So kann der Körper das vorher giftige Ammoniak einfach über den Urin ausscheiden (daher auch der Name).

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Harnstoff

Gallenflüssigkeit

Die Leber ist der Produzent der Gallenflüssigkeit (bis zu 1 Liter/Tag). Die Galle ist eine gemischte Flüssigkeit, die aus Fett (Cholesterin), Gallensäuren, Gallenfarbstoffen, Gallensalzen und anderen Stoffen besteht. Sie dient sowohl der Ausscheidung von nicht mehr benötigten, möglicherweise giftigen Substanzen, als auch der Unterstützung bei der Verdauung fettreicher Nahrung.Cholesterin ist der Hauptbestandteil der Galle. Es kann zwar vom Körper hergestellt, aber nicht wieder abgebaut werden, weshalb seine Ausscheidung notwendig ist. Das Cholesterin kann entweder gekoppelt an verschiedene Aminosäuren (Bausteine der Proteine) als Gallensäure ausgeschieden werden (der überwiegende Teil), oder als Cholesterin selber.

Gallenfarbstoffe sind überwiegend die Abbaustoffe der roten Blutkörperchen. Sie werden von der Leber noch einmal weiterverarbeitet.

Die Galle wird bis zur Ausschüttung bei Nahrungsaufnahme in der Gallenblase gespeichert.

Die Leber enthält überwiegend Substanzen, die sich wenig oder gar nicht in Wasser lösen lassen, aber dafür in Fett (lipophile Stoffe). Dies lässt sich damit erklären, dass nur wasserlösliche Stoffe in den Urin gelangen können.
Dieses vermehrte Vorkommen der fettlöslichen Substanzen in der Galle nutzt der Körper bei der Verdauung fettreicher Nahrung. Über den Gallengang steht die Gallenblase mit dem Dünndarm in Verbindung. Im Dünndarm vermischt sich die Galle mit den Verdauungsstoffen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) und dem Nahrungsbrei. Die Gallenflüssigkeit löst (emulgiert) die fetthaltigen Anteile der Nahrung, um den Verdauungseiweißen der Bauchspeicheldrüse die Arbeit zu ermöglichen.

Bildung von Lipoproteinen

Lipoproteine gehören zu den Bluteiweißen. Sie werden alle (bis auf eine Ausnahme) in der Leber produziert. und fungieren als Transporter für Fettsäuren und Cholesterin im Blut, die aufgrund ihrer chemischen Beschaffenheit ansonsten nicht im Blut vorkommen könnten.Es gibt vier verschiedene Klassen von Lipoproteinen: Chylomikronen (die Ausnahme, die nicht in der Leber gebildet wird), VLDL, LDL und HDL:

Chylomikronen werden im Darm gebildet. Ihre Aufgabe ist es, das frisch aus der Nahrung aufgenommene Fette über die Lymphbahnen ins Blut und dann in die verbrauchenden Gewebe transportiert werden, v.a. Fettgewebe und Muskulatur. Dort sitzen besondere Eiweiße (Lipoproteinlipase), welche die Fette in ihre Einzelbestandteile spalten und damit die Aufnahme in die Zielzellen ermöglichen. Die Überreste der Fetttransporter werden in der Leber weiter verarbeitet.

Die VLDL werden in der Leber gebildet. Ihre Aufgabe besteht darin, die in der Leber bei Energieüberschuss neu hergestellten Fettsäuren in den Körper zu transportieren. Analog zu den Chylomikronen werden auch sie durch Eiweiße nahe ihren Zielzellen aufgespalten und die Fettsäuren in die Zellen aufgenommen.

LDL: Diese berühmten Lipoproteine sind vor allem Cholesterintransporter. Sie bringen Cholesterin aus der Nahrung und der Leber in die übrigen Körperzellen. Berühmt sind sie als „böses“ Cholesterin deswegen, da sie in höheren Konzentrationen die Entstehung von Arterienverkalkung (Arteriosklerose) begünstigen können. Das LDL wird als ganzes in die Zielzellen aufgenommen und erst in der Zelle abgebaut.

HDL: Dieses auch als „gutes“ Cholesterin bekannte Lipoprotein hat die Aufgabe, Cholesterin im Körper einzusammeln und zur Leber zu transportieren, um es über die Galle auszuscheiden. Daher kann eine hohe Konzentration an HDL überflüssiges Cholesterin entsorgen und damit die Entstehung von Arteriosklerose hemmen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: HDL - "high density lipoprotein"

 

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 18.05.2007 - Letzte Änderung: 25.07.2023