Therapie eines Karpaltunnelsyndroms

Einleitung

Das Karpaltunnelsyndrom wird durch den Engpass eines Nervs im Bereich der Handwurzel bedingt. Diese Einengung kann zu Schmerzen und Sensibilitätsausfällen führen. Dementsprechend richtet sich die Therapie hauptsächlich danach, diesem Nerv wieder mehr Raum zu verschaffen und die Symptome zu lindern. Je nach Ursache des Karpaltunnelsyndroms fällt die Therapie unterschiedlich aus.

Konservative Therapie

Wurden die Beschwerden durch eine starke Überbelastung des Handgelenks verursacht, ist die Therapie der Wahl die Schonung des betroffenen Gelenks. Dauert die Belastung jedoch länger an, beispielsweise im beruflichen Rahmen, sollte möglicherweise über weitere Hilfsmaßnahmen beziehungsweise einen Berufswechsel nachgedacht werden.

Handgelenksorthese

Sind die Beschwerden leichtgradig ausgeprägt, ohne größere Auswirkungen auf die Funktion und die Beweglichkeit der Hand zu haben, kann die Therapie lediglich darin bestehen die Hand während der Nachtstunden zu schienen. Dies geschieht mittels einer Handgelenksschiene und soll die bestmögliche Durchblutung gewährleisten, da die meisten Menschen nachts die Handgelenke angewinkelt haben und somit die Durchblutung im Handbereich schlechter wird. Außer der Fixierung in der neutralen Handstellung übt diese Handgelenksschiene einen leichten Druck aus, was Entzündungen entgegenwirken soll.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Schiene beim Karpaltunnelsyndrom

Behandlung mit NSAR

Eine Schmerzlinderung kann durch die Einnahme entzündungs- und schmerzhemmender Medikamente erreicht werden. Nicht-steroidale-Anti-Rheumatika (NSAR) erfüllen diese Anforderungen und sind in der Orthopädie wohl die meist verschriebenen Medikamente und nicht allein Rheumatikern vorbehalten, wie die Bezeichnung glauben machen könnte. Sie wirken zuverlässig bis zu einem bestimmten Schmerzgrad.

Produkte der 1.Wahl beim Karpaltunnelsyndrom sind NSAR wie Diclofenac (Voltaren®),
Ibuprofen (Imbun®), Indometacin (Amuno®), Naproxen (Proxen®) oder Piroxicam
(Felden®).
Hauptvorteil der NSAR gegenüber herkömmlichen Schmerzmitteln wie Acetylsalicylsäure (Aspirin®) oder Paracetamol (Benuron®) ist ihre stark entzündungshemmende Wirkung. Sie wirken am Ort der
Schmerzentstehung beruhigend. Das entzündliche Gewebe kann abschwellen und ggf. zu einer Druckreduzierung im Handwurzeltunnel führen.

Wie alle Medikamente besitzen auch NSAR Nebenwirkungen. Hauptproblem ist der schädigende Einfluss der NSAR auf Magen und Darm, vor allem bei einer Dauertherapie. Oberbauchschmerzen, Übelkeit, Durchfälle bis hin zur Ausbildung blutender Magen- und Darmgeschwüre können die Folge sein.
Deshalb kann es sinnvoll sein, die Einnahme von NSAR mit der gleichzeitigen Einnahme eines
Magenschutzpräparates zu kombinieren.

Lesen Sie mehr zum Thema: Nebenwirkungen von NSAR

NSAR gibt es auch in Form von Salben oder Gelen zur äußerlichen Anwendung
(Voltaren Emulgel®, Ibutop Creme®). Bei äußerlicher Anwendung gibt es fast keine
Nebenwirkungen, allerdings ist die Wirksamkeit auch deutlich geringer. Selten werden
lokale allergische Reaktionen beobachtet.

Lesen Sie mehr zum Thema: NSAR

Kortisontherapie

Ist die Entzündung stärker ausgeprägt kann zusätzlich Kortison verabreicht werden.

Lokale Infiltrationen mit einem Kortisonpräparat (15 mg Methylprednisolon) mittels einer Spritze in den Handwurzeltunnel sind möglich, bergen aber die Gefahr der Nervenverletzung (maximal 3-malige Injektion). Kortison wirkt entzündungshemmend und soll den überempfindlichen Medianusnerven beruhigen.

Eine orale Kortisontherapie in Tablettenform kann erfolgversprechend sein. Empfohlen werden Prednisolon 20 mg morgens über 2 Wochen, danach 10 mg für weitere 2 Wochen.

Beide Therapieformen sollten jedoch immer nur über einen relativ kurzen Zeitraum angewendet werden, da Kortison in der Langzeittherapie schwere Nebenwirkungen aufweist.

Vitamin B-Präparate

Vitamin B soll eine stabilisierende und beruhigende Wirkung auf Nerven besitzen, weshalb es bei Nervenschäden jeglicher Art öfter verordnet wird. Da so gut wie keine Nebenwirkungen bestehen, kann ein Versuch erfolgen, auch wenn ein positiver Effekt auf das Karpaltunnelsyndrom wissenschaftlich nicht erbracht werden konnte.

Behandlung mit Ultraschallwellen

Zudem besteht die Möglichkeit, die Beschwerden mithilfe von Ultraschallwellen zu lindern.
Die genannten Therapieoptionen fallen alle in die Gruppe der konservativen Therapie, die für leichte bis mittlere Krankheitsverläufe geeignet ist.

Operative Therapie

Hält das Kribbeln in den Fingern oder die Funktionseinschränkung der Hand länger an und wird durch die oben genannten Maßnahmen nicht mehr besser kommt die operative Therapie in Frage. Dabei wird das Band (Ligamentum carpi transversum oder Karpalband) gespalten, das den Karpaltunnel wie ein Dach nach oben hin begrenzt, um somit dem eingeklemmten Nerven mehr Platz zu verschaffen.

Diese Art der Operation wird meist von einem Hand- oder Neurochirurgen durchgeführt und erfolgt in lokaler Betäubung. Sie kann daher auch ambulant durchgeführt werden. Ein fortgeschrittenes Alter oder eine bestehende Schwangerschaft stellen hierbei keine Kontraindikationen dar, da insgesamt bei diesem kleineren Eingriff mit wenigen Komplikationen zu rechnen ist.

Es stehen dabei zwei Operationsverfahren zur Verfügung, die offene und die endoskopische oder auch geschlossene Operation.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Operation eines Karpaltunnelsyndroms

Offene Operation

Bei der offenen Operation macht der Chirurg einen Hautschnitt in der Längsachse des Unterarms auf Höhe des Handgelenks. Damit verschafft er sich optimale Sichtverhältnisse auf das Karpalband, den darunterliegenden Nerven und andere Strukturen, die im Karpaltunnel velaufen. Er durchtrennt zunächst das Band und entfernt zusätzlich überschüssiges Gewebe im Karpaltunnel selbst, um dem Nerv wieder mehr Platz darin zu verschaffen. Diese Art der Operation wird gewählt, wenn die Anatomie des Handgelenks von der Norm abweicht, es sich um eine wiederholte Operation an der gleichen Stelle handelt oder wenn die Handgelenksfunktion bereits sehr stark eingeschränkt ist.

Neben den allgemeinen Risiken der Blutung, Infektion und Schwellung, die bei jeglichem Eingriff vorhanden sind können bei der offenen Operation bestimmte andere Komplikationen auftreten. Beispielsweise kann ein Nerv verletzt werden, was zu Taubheitsgefühl in den betroffenen Fingern führen kann. In sehr seltenen Fällen kann es auch zur sehr schmerzhaften fortwährenden Weichteilschwellung mit Entkalkung des Knochens kommen. Im Rahmen dieser Erkrankung, nämlich dem Morbus Sudeck schließlich dann auch zu Gelenkversteifungen. Außerdem kann die Narbe noch einige Wochen sehr empfindlich gegenüber Berührungen oder Belastungen reagieren und sich schlimmstenfalls infizieren.

Endoskopische OP

Bei der endoskopischen Operation macht der Chirurg einen sehr kleinen Hautschnitt am Handgelenk, durch den er seine Instrumente führt und dort operiert. Vorteil von dieser Operationsart ist natürlich, dass der eigentliche Schnitt kleiner ist und daher mit weniger Beschwerden einhergeht. Zudem kann die Hand nach endoskopischen Operationen früher wieder belastet werden als bei offenen.

Doch letztendlich ist das Ergebnis beider Operationsverfahren als gleichwertig zu betrachten. Mögliche Gefahren des endoskopischen Verfahrens sind das etwas erhöhte Risiko einer Nervenverletzung, da die Sicht auf die Strukturen gegenüber dem herkömmlichen Verfahren reduziert ist. Treten während der Operation Schwierigkeiten auf kann es außerdem sein, dass zur offenen Operation gewechselt werden muss.

Erwähnenswert ist außerdem der sogenannte Schnappfinger, die häufigste Spätfolge bei beiden Operationsverfahren. Dazu kann es kommen, wenn während der Operation eine Sehnenscheide verletzt oder eingeklemmt wird. Dann können einzelne Finger schnappen oder stark schmerzen. Dies kann jedoch mit einem erneuten Eingriff in lokaler Betäubung meist wieder behoben werden.

Die Rückbildung der Taubheit in der Hand nach dem Eingriff kann manchmal einige Wochen andauern. Insbesondere ist dies bei Patienten der Fall, die bereits vor der Operation unter schweren Ausfällen aufgrund des Karpaltunnelsyndroms gelitten haben. Meist kehrt das Berührungsempfinden jedoch über kurz oder lang und gegebenenfalls nach einer erneuten Operation wieder zurück. In Ausnahmefällen aber kann die Taubheit ein Leben lang andauern, vor allem bei Patienten die sich erst sehr spät in Behandlung gegeben haben.

Nach der OP

Direkt im Anschluss an die Operation wird meist ein Gipsverband angelegt, der für etwa einen Tag den Arm immobilisieren soll. Durch Hochlagerung können Schwellungen vermieden werden. Gegen die Schmerzen können gängige Schmerzmedikamente zum Einsatz kommen. Wichtig ist aber, dass bereits nach den ersten 24 Stunden nach dem Eingriff mit Fingerübungen begonnen werden sollte.

Die Fäden des Hautschnitts werden circa elf Tage nach dem Eingriff gezogen und sollten bis dahin trocken gehalten werden. Dafür eignet sich beispielsweise eine Plastiktüte über dem Unterarm beim Duschen.

Außerdem ist es wichtig, während dieser Zeit mit dem betroffenen Arm nichts Schweres zu heben und diesen nirgends aufzustützen.

Nach beiden Arten des Eingriffs ist es aber wichtig, so früh wie möglich mit Übungen für das Handgelenk und die Finger zu beginnen, um die Beweglichkeit möglichst gut zu fördern. Vor allem die Dehnung der Arme und des Handgelenks wirken sich sehr positiv auf den Heilungsprozess aus, auch wenn dies kurz nach der Operation womöglich etwas Schmerzen verursachen kann. Das Ganze sollte über ein bis drei Wochen gemacht werden. Danach kann und sollte die Hand wieder wie vor dem Eingriff benutzt werden.

Wird die Hand in diesem Zeitraum hingegen zu sehr geschont, kann es zu weiteren Komplikationen wie Schwellungen oder einer Verstärkung der Schmerzen kommen.

Arbeitsunfähigkeit nach der OP

Die Zeitdauer der Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach dem Umfang, in dem der Arm bei der Arbeit benutzt werden muss. Nach einer solchen Operation sollte aber in der Regel drei bis vier Wochen die Arbeit pausiert werden und kein Sport getrieben werden. Je nach Art der Beschäftigung ist ein Wiedereinstieg jedoch auch bei niedriger Belastung früher und bei schwerer Belastung später als nach vier Wochen möglich.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.04.2016 - Letzte Änderung: 30.03.2024