Die Laktatleistungsdiagnostik findet primär Anwendung im Leistungssport. Im klinischen Alltag kommt sie eher selten vor.

Laktatleistungsdiagnostik

Synonym

Laktattest

Definition

Die Laktatleistungsdiagnostik ist ein Verfahren, das in erster Linie bei der Arbeit mit Sportlern angewandt wird. Seltener kommt sie auch im klinischen Alltag zum Einsatz.

Sie dient der Bestimmung der Leistungsfähigkeit, insbesondere im Ausdauerbereich, beispielsweise beim Fußball.

Sie kann auch genutzt werden, um zu prüfen, ob im Zeitverlauf eine Leistungssteigerung oder -minderung eingetreten ist.

Grundlage der Laktatleistungsdiagnostik ist die Energiegewinnung der Muskelzellen auf aerobem und anaerobem Weg und die Laktatentstehung, die Hinweis auf den aktuellen Modus der Energiegewinnung gibt.

Physiologie der Leistungsdiagnostik

Der Körper braucht zu jeder Zeit Energie. Diese gewinnt er bei anhaltender körperlicher Belastung zu einem großen Teil aus dem Abbau von Zuckern (Kohlenhydraten) wie Glucose.

Die Glucose liegt dafür in einer Art Speicherform, dem Glykogen, in Muskel und Leber vor.

Solange der Körper mit genügend Sauerstoff versorgt wird, wird die aus dem Glykogen gewonnene Glucose vollständig zu Wasser (H2O), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP) abgebaut.
Man spricht von aerober Energiegewinnung.

Auch in diesem Bereich der Energiegewinnung entsteht Laktat, jedoch deutlich weniger als im Bereich der aneroben Energiegewinnung (siehe unten).

Mit steigender Belastung ist der Körper ab einem bestimmten Punkt nicht mehr in der Lage, genügend Sauerstoff für den Energiestoffwechsel bereitzustellen.
Er muss die nötige Energie nun ohne Sauerstoff gewinnen.

Hierfür wird ebenfalls Glucose aus dem Glykogen abgebaut, jedoch nicht so vollständig wie bei der areoben Energiegewinnung.
Es entstehen Laktat und wiederum Adenosintriphosphat.

Im Gegensatz zur aeroben Energiegewinnung, bei der maximal 38 Mol ATP entstehen, entstehen bei der anaeroben Energiegewinnung jedoch nur 2 Mol ATP pro Molekül Glucose.

Die anaerobe Energiegewinnung ist also deutlich weniger ergiebig. Ihr Vorteil ist aber die Unabhängigkeit vom Sauerstoff.

Das bei der anaeroben Energiegewinnung in größeren Mengen anfallende Laktat führt innerhalb relativ kurzer Zeit zu einer Übersäuerung, der sogenannten Azidose, der pH-Wert des Körpers ist also erniedrigt.

Eine solche Ansäuerung führt zu einer Hemmung der Prozesse, die für den Glykogen-Abbau zuständig sind und die Energiebereitstellung kommt langsam zum Erliegen.
Der Körper wird zu seinem eigenen Schutz sozusagen gezwungen, die Belastung abzubrechen.

Man unterscheidet also den aeroben und den anaeroben Bereich bei der Energiegewinnung. Den Punkt, an dem der Körper von dem einen in den anderen Modus wechselt bezeichnet man als anaerobe Schwelle oder Laktatschwelle.
Bei welcher Belastungsintensität diese Schwelle liegt, hängt sehr stark vom Trainingszustand ab, ist also sehr individuell.

Bei einer Leistungserbringung unterhalb der anaeroben Schwelle, also im Bereich der aeroben Energiegewinnung, kann der Sportler diese Leistung noch über einen relativ langen Zeitraum konstant weiter erbringen, so zum Beispiel der Marathonläufer.

Bei einer Belastung oberhalb der anaeroben Schwelle, also im Bereich der anaeroben Energiegewinnung, kann der Körper die Leistung nur über eine kurze Zeit erbringen, so beispielsweise bei einem Sprint.
Die anaerobe Schwelle liegt bei einem Laktatwert von 4 mmol/l. Dieser Wert ist aber individuell sehr variabel und kann nur als grober Richtwert gelten, deshalb gibt es heutzutage den Begriff der individuellen anaeroben Schwelle.

Die Laktatkonzentration in Ruhe beträgt in der Regel etwa 1-2 mmol/l.

Ablauf der Laktatleistungsdiagnostik

Bei der Arbeit mit (Hochleistungs)sportlern ist das Ziel, die Laktatleistungsdiagnostik möglichst sportspezifisch durchzuführen.
Insofern findet die körperliche Belastung nicht immer unter standardisierten Bedingungen auf einem Ergometer oder Laufband statt.

Im Fußballtraining zum Beispiel sieht man des Öfteren, wie den Fußballern nach dem Laufen ein klein wenig Blut aus dem Ohrläppchen entnommen wird, um dann die Laktatwerte im Blut zu bestimmen.

Wichtig ist aber, unabhängig von der Art der Belastung, dass die Belastungsintensität stufenweise gesteigert wird.
In der Regel wird mit einer niedrigen Belastungsstufe begonnen und alle 3-5 Minuten die Intensität gesteigert.

Bei jeder Stufe wird kapilläres Blut, in der Regel aus dem Ohrläppchen oder der Fingerbeere, entnommen. Das Ohrläppchen wird dazu zumeist etwa 10 Minuten vor der ersten Messung mit einer durchblutungssteigernden Salbe (Finalgon®) eingerieben.

Wird der Laktattest in einem dafür vorgesehenen Raum durchgeführt, so wird normalerweise zeitgleich ein EKG abgeleitet, womit auch die Herzfrequenz berücksichtigt wird.

Die Stufen werden immer weiter erhöht, bis die Ausbelastung erreicht ist.
Mit welcher Belastungsintensität begonnen wird, wie groß die Stufen sind und ob bis zur Ausbelastung gesteigert wird, wird dabei individuell anhand des Trainings- und Gesundheitszustandes des jeweiligen Probanden entschieden.

Anhand der pro Stufe ermittelten Werte wird eine Laktatleistungskurve erstellt. Sie setzt in der Regel die erbrachte Leistung (zum Beispiel Laufgeschwindigkeit oder Wattzahl, x-Achse) mit der gemessenen Laktatkonzentration (y-Achse) in Beziehung.

Dabei ergibt sich eine Kurve, deren Rechtsverschiebung für eine Steigerung der Leistungsfähigkeit spricht.
Der Punkt, an dem die Laktatkurve deutlich ansteigt, wird als individuelle anaerobe Schwelle bezeichnet.

Bis zu diesem Punkt ist also bei gleichbleibender Belastung ein sogenannter Laktat steady state vorhanden. Entstehung und Abbau von Laktat halten sich die Waage sodass es zu keiner Anhäufung von Laktat im Muskel kommt.

Eine Leistung in diesem Bereich kann somit über einen längeren Zeitraum erbracht werden. Deshalb bezeichnet man die individuelle anaerobe Schwelle auch als Dauerleistungsgrenze.

Indikationen

Die Laktatleistungsdiagnostik wird heutzutage in erster Linie bei der Arbeit mit Sportlern, vor allem solchen im Ausdauerbereich, angewendet.

Sie gibt Auskunft über den aktuellen Trainingszustand und kann im Verlauf anzeigen, ob ein Training zu einer Zunahme der Leistungsfähigkeit führen konnte.

Mithilfe des Laktattests können individuelle Trainingsintensitätsbereiche definiert und Belastungsempfehlungen für das Ausdauertraining gegeben werden.

Für bestimmte Fragestellungen bietet es sich an, die Laktatleistungsdiagnostik mit einer spiroergometrischen Untersuchung zu kombinieren, bei der zusätzlich Atemgase und -volumina gemessen werden.
Gerade im klinischen Alltag fernab von der Sportmedizin ist eine solche Kombination oftmals sinnvoll.

Kontraindikationen

Da die Laktatleistungsdiagnostik mit einer erheblichen körperlichen Belastung einhergeht, gibt es einige Erkrankungen, bei denen eine Durchführung kontraindiziert ist.

Hierzu zählen ein akuter Herzinfarkt, eine Infektion wie beispielsweise eine Lungenentzündung (Pneumonie), eine starke Verengung der Aortenklappe (Aortenklappenstenose), eine akute respiratorische Insuffizienz sowie eine Thrombose, beispielsweise in den tiefen Beinvenen.

Abbruchkriterien

Zum Schutz des Probanden sollte bei Durchführung des Laktattests auf bestimmte Zeichen geachtet werden, die darauf hinweisen, dass der Körper überbeansprucht ist.

Hierzu zählen:

Weiterführende Informationen zu diesem Thema

Weitere allgemeine Informationen zu diesem Thema:

Eine Übersicht immer unter: Sportmedizin Online.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 24.10.2014 - Letzte Änderung: 22.10.2021