Tavor® expidet®

Einleitung

Tavor® expidet® ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das kurzzeitig bei Angststörungen, Nervosität und Schlafstörungen eingesetzt wird.

Es enthält den Wirkstoff Lorazepam, der zur Gruppe der Benzodiazepine gehört. Benzodiazepine wirken allesamt beruhigend (sedativ) und angstlösend (anxiolytisch).
Bei dem Medikament Tavor® expidet® handelt es sich um kleine Plättchen, die direkt unter die Zunge gelegt werden und sich dann auflösen. So gelangen sie schneller ins Blut und können ihre Wirkung schnell entfalten.

Generell lindert das Medikament nur Symptome, kann aber die Ursache der Krankheit nicht heilen, sodass bei Angst- oder Schlafstörungen, die oftmals auf seelische oder körperliche Erkrankungen hinweisen, zusätzliche Therapien wie Psychotherapie empfohlen sind.

Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet von Tavor® expidet® sind epileptische Krampfanfälle, die durch eine zu starke bzw. unkontrollierte Erregung der aktivierenden Nervenbahnen zustande kommen und somit durch die verstärkte Hemmung eingedämpft werden können
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Da der Wirkstoff Lorazepam abhängig macht, sollte das Medikament nur kurzzeitig eingenommen werden (ca. 4 Wochen). Um Entzugssymptome beim Absetzen des Medikaments zu vermeiden, wird Tavor® expidet® bis zum endgültigen Absetzen in der Dosis immer weiter reduziert.

Unterschied Tavor® zu Tavor® expidet®

Der größte Unterschied zwischen Tavor® und Tavor® expidet® liegt in der unterschiedlichen Anwendungsart. Bei Tavor® handelt es sich um eine Tablette, die unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit eingenommen werden soll. Hier erfolgt also die Aufnahme von Lorazepam ins Blut über die Magen-und Darmschleimhaut. Deswegen ist bei der Einnahme der Tablette mit einem langsameren Wirkungseintritt zu rechnen, der im Durchschnitt zwischen 10 bis 40 Minuten liegt.
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Im Gegensatz dazu ist Tavor® expidet®eine Schmelztablette. Sie wird als Plättchen in den Mund gelegt und zergeht dort direkt. Gegebenenfalls kann man zum Schlucken etwas Flüssigkeit zu sich nehmen. Die Plättchen können unabhängig von Mahlzeiten eingenommen werden. Dadurch geht Lorazepam zum großen Teil über die Mundschleimhaut in das Blut über und zeigt in den meisten Fällen schon nach wenigen Minuten eine Wirkung.

Der Vorteil an Tavor® expidet® ist, dass es vor allem bei Menschen mit Schluckbeschwerden, bei Kindern, oder in Notfällen angewendet werden kann. Hierbei kann das Plättchen auch von Ärzten oder Rettungspersonal einfach in die Backe des Patienten oder unter die Zunge gelegt werden. Dazu muss der Patient sich nicht darauf konzentrieren zu schlucken und es wird sicher gewährleistet, dass die richtige Dosis des Stoffes aufgenommen wird.

Indikationen

Tavor® expidet® wird kurzfristig zur symptomatischen Behandlung von Angst-, Erregungs- und Spannungszuständen eingesetzt wie sie zum Beispiel bei Depressionen oder Psychosen (z.B. Schizophrenie) vorkommen.

Es kann kurzzeitig auch zur Behandlung von Schlafstörungen (Einschlaf-und Durchschlafstörungen), die durch Angst, Unruhe oder Sorge ausgelöst sind, Verwendung finden.

Weiterhin wird Tavor® expidet® vor Operationen oder diagnostischen Eingriffen gegeben, um dem Patienten die Angst vor der Intervention zu nehmen. Tavor® expidet® findet außerdem als Notfallmedikament beim Status epilepticus (akuten, langandauernden epileptischen Anfall) Anwendung.

Epilepsie

Tavor® expidet® wird nicht als Medikament der ersten Wahl zur Dauerbehandlung einer Epilepsie empfohlen, da es schnell abhängig macht.
Hierfür werden Medikamente wie Valproat (bei generalisierter Epilepsie) oder Lamotrigin (bei fokaler Epilepsie) verabreicht.

Tavor® expidet® wird vor allem eingesetzt, wenn eine Reihe an epileptischen Anfällen mit längeren Pausen zwischen den Anfällen – sogenannte Anfallsserie – auftritt. Es wird auch teilweise beim sogenannten Status epilepticus – einer Komplikation der Epilepsie - als Notfallmedikament vom Laien verabreicht.

Der Status epilepticus kann sich verschiedenartig äußern: Zum einen kann es zu einem länger als 5 Minuten andauernden Krampfanfall kommen. Zum anderen kann es wiederholt zu Krampfanfällen kommen, ohne dass sich zwischen den Anfällen ein Normalzustand bei der betroffenen Person eingestellt hat. Tavor® expidet® soll den Status epilepticus durchbrechen, um lebensgefährliche Folgen wie Hirnödem oder Herz-Kreislaufstillstand zu verhindern.
Hierbei haben sich allerdings andere Medikamente, die zum Beispiel in die Nase geträufelt werden, besser bewährt, da teilweise der Übertritt einer wirksamen Menge Tavor® expidet® ins Blut bis zu 40 Minuten dauern kann.

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Wirkung

Der in Tavor® expidet® enthaltene Wirkstoff heißt Lorazepam.
Wie alle Wirkstoffe aus der Gruppe der Benzodiazepine bindet auch Lorazepam an spezifische Rezeptoren im Gehirn.
Diese spezifischen Rezeptoren heißen GABA-A-Rezeptoren und sind sogenannte Liganden-gesteuerte Ionenkanäle. An diese bindet normalerweise der körpereigene Transmitter GABA (Gamma-Aminobuttersäure). GABA hemmt (inhibiert) die Nervenzellen im Gehirn, indem es durch die Rezeptorbindung die Erregung der Zellen herabsetzt.
Lorazepam kann wie GABA an GABA-A-Rezeptoren binden und dadurch die GABA-Wirkung imitieren. Wenn Lorazepam (oder auch GABA) an die Rezeptoren bindet, öffnet sich der Ionenkanal und es strömen negativ geladene Chloridionen in die Zelle. Dadurch wird das Potenzial in der Zelle negativer und die Nervenzelle kann für eine bestimmte Zeit nicht mehr erregt werden.

Diese inhibierende Wirkung der Rezeptoren löst letztlich die Angst-, Spannungs- oder Krampfzustände, da die Nervenzelle keine Impulse mehr weiterleiten kann.

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Wie schnell wirkt Tavor® expidet®?

Die Tavor® expidet® Plättchen werden nach dem Zergehen im Mund über die reichlich durchblutete Mundschleimhaut aufgenommen und erreichen so über das Blut den Kreislauf des Körpers. Daher kommt es bei manchen Patienten zu einem schnelleren Wirkungseintritt als bei einer Tablette, die vollständig erst über die Magen- und Darmschleimhaut aufgenommen wird.

Der Wirkungseintritt ist jedoch bei den Patienten sehr verschieden. Teilweise tritt die Wirkung von Tavor® expidet® schon nach wenigen Minuten ein. Es kann aber auch passieren, dass keine ausreichend wirksame Menge von Tavor® expidet® durch die Mundschleimhaut aufgenommen werden konnte. Dann kann der Wirkungseintritt, da der Rest über die Darmschleimhaut aufgenommen werden muss, bis zu 40 Minuten betragen. Die zeitliche Aufnahme des Medikaments über die Magen-Darmschleimhaut ist außerdem davon abhängig, wann der Patient die letzte Mahlzeit zu sich genommen hat.

Da bis zum Eintritt der Wirkung ca. 30 Minuten vergehen, sollte es, falls Tavor® expidet®, als Schlafmittel angewendet wird, 30 Minuten vor dem Schlafen gehen eingenommen werden.
Dabei sollte bedacht werden, dass je nach Schlafdauer (7 bis 8 Stunden sind vorgesehen) die Wirkung noch bis zum nächsten Morgen andauern kann und es so zum Beispiel zu anhaltender Müdigkeit und verlangsamtem Reaktionsvermögen kommen kann.

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Was macht man, wenn Tavor® expidet® nicht wirkt?

Wenn Tavor® expidet® zur unterstützenden Behandlung von Angstzuständen oder Nervosität bei Psychosen oder Depressionen, zur allgemeinen Behandlung von Ängsten (z.B. vor einer Operation) oder Schlafstörungen nicht wirkt, sollte dies dem Arzt mitgeteilt werden.
Dieser kann die anfängliche Dosis erhöhen oder ein anderes Medikament als Ersatz verschreiben.

Bei einem Status epilepticus sollte auf jeden Fall ein Notarzt gerufen werden. Dieser kann Lorazepam entweder direkt in die Vene spritzen, wodurch das Medikament schneller in der Blutbahn und letztlich im Gehirn ankommt.
Sollte auch dies den Anfall nicht durchbrechen, kann der Arzt auf andere Mittel (Phenytoin oder Narkotika wie Propofol, Thiopental oder Midazolam), die ebenfalls direkt in die Vene gegeben werden, zurückgreifen.

Nebenwirkungen

Tavor® expidet® kann wie jedes andere Medikament Nebenwirkungen haben, die meistens durch eine zu hohe Anfangsdosis ausgelöst werden.
Häufig kommt es zur Muskelschwäche und Mattigkeit. Da Lorazepam das zentrale Nervensystem beeinflusst, kann es bei einer zu hohen Dosis zu einer starken Sedierung (Beruhigung), Müdigkeit und Benommenheit kommen. Außerdem führt es oft zu Verwirrtheitszuständen, Schwindelgefühl, Gangunsicherheit und Bewegungs-und Koordinationsstörungen.

Weiterhin kann Tavor® expidet® das sexuelle Verlangen verringern und kann in seltenen Fällen zu Impotenz führen. Gelegentlich kommt es während der Einnahme von Tavor® expidet® zu Übelkeit. Es kann auch zu Verstopfung, Gelbsucht (Ikterus) und zum Anstieg von Leberenzymen führen.

Wenn Patienten auf das Medikament oder dessen Bestandteile überempfindlich oder allergisch reagieren, kann es zu Hautreaktionen mit Ausschlägen und Juckreiz und im schlimmsten Fall zu einem anaphylaktischen Schock mit Herz-Kreislauf-Versagen und Atemstillstand kommen.
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Da Tavor® expidet® ein hohes Abhängigkeitspotenzial besitzt, kann es nach dem Absetzen zu Entzugserscheinungen wie Schlafstörungen, erneuten Angst- und Spannungszuständen und innerer Unruhe kommen. Daher sollte das Medikament vor dem endgültigen Absetzen unbedingt nach und nach in der Dosis reduziert werden.

Wechselwirkung

Bei der Anwendung von Tavor® expidet® muss besonders auf Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, die zentral dämpfend wirken, geachtet werden.
Hierzu gehören unter anderem Antidepressiva, Betablocker, Opiate und Neuroleptika.
Die Wirkung von Lorazepam und anderen zentral dämpfenden Medikamenten kann sich bei gleichzeitiger Einnahme verstärken.

Es sollte auch während der Einnahme von Tavor® expidet® auf den Konsum von Alkohol verzichtet werden, da diese Kombination ebenfalls verstärkt die Gehirnleistung verringert.

Einige Medikamente wie zum Beispiel Probenecid (Medikament zur Behandlung von Gicht) können den Wirkungseintritt von Lorazepam beschleunigen. Außerdem führt Probenecid dazu, dass Lorazepam verringert über die Nieren ausgeschieden wird. Dadurch kann sich die Wirkung von Tavor® expidet® verlängern.
Bei gleichzeitiger Einnahme von Lorazepam und Clozapin (Neuroleptikum, das zur Behandlung von Psychosen eingesetzt wird) kann es neben der gesteigerten zentralen Dämpfung auch zu vermehrtem Speichelfluss und gestörter Bewegungskoordination kommen.

Dosierung

Welche Dosierung des Medikaments gewählt wird, sollte bei jedem Patienten individuell überdacht werden. Besonders bei Patienten mit bestimmten Grunderkrankungen sollte eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Generell gilt wegen des hohen Abhängigkeitspotentials, dass Lorazepam immer in der niedrigsten wirksamen Dosis verschrieben wird.

Die Anfangsdosis (Initialdosis) beträgt normalerweise 1mg Tavor® expidet® 2-3 Mal am Tag bei Angstzuständen. Bei älteren Menschen muss eine niedrigere Dosis gewählt werden. Daher beginnt man hier meist mit einer 50% geringeren Dosis von 0,5 mg Lorazepam 2-3 Mal am Tag. Wenn bei der Anfangsdosis keine ausreichende Wirkung erkennbar ist, kann diese langsam gesteigert werden.
Wenn kurzzeitig Schlafstörungen behandelt werden sollen, reicht eine einmalige tägliche Einnahme von ca. 0,5 - 2,5 mg Lorazepam (je nach Raten des Arztes) eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen.

Überdosis

Bei der Einnahme einer Dosis über der angewendeten Tagesdosis von 0,2mg – 2,5 mg des Wirkstoffen Lorazepam, kann es zu schwerwiegenden unerwünschten Nebenwirkungen kommen.

Die ersten Zeichen einer Überdosis sind Müdigkeit, Benommenheit und Verwirrtheit. Der Betroffene Patient zeigt ein Absinken der Aufmerksamkeit und des Reaktionsvermögens und kann immer schläfriger werden. Dies kann bis hin zur Bewusstlosigkeit oder zu Halluzinationen führen. Eine sehr gefährliche Nebenwirkung, die vor allem bei einer Überdosis Eintritt ist das Nachlassen der Muskelspannung. Da die aktivierenden Nervenbahnen immer weiter blockiert werden kann es bis hin zu einer Erschlaffung der Muskulatur kommen. Diese ist besonders in Bezug auf die Atemmuskulatur problematisch. So kann es zu einem tödlichen Atemstillstand kommen. Als Gegenmittel gibt man bei einer Vergiftung mit Lorazepam den Wirkstoff Flumazenil. Dieser blockiert die Hemmenden Neuronen die zu stark aktiviert wurden und macht so einen normale Anregung der Atemmuskulatur möglich.

Nur in akuten Notfällen, kann der behandelnde Arzt (unter höchster Vorsicht) eine Einzeldosis von bis zu 7,5mg verabreichen. Dies sollte stets unter höchster Vorsicht getan werden und der Patient sollte daraufhin zur Beobachtung möglicher auftretender Nebenwirkungen im Krankenhaus bleiben bzw. aufgenommen werden

Ist die Tavor® expidet® teilbar?

Die Tavor® expidet® Plättchen sind nicht teilbar, d.h. dass eine Tavor® 1,0 mg expidet® nicht verschrieben werden kann, wenn die einzunehmende Dosis eigentlich 0,5 mg Lorazepam beträgt. Dies liegt daran, dass bei einer Teilung die gewünschte Dosis nicht gewährleistet werden kann und sich entweder mehr oder weniger Lorazepam in jeder Hälfte befinden kann. Da man dieses Medikament aber genau dosieren möchte, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, sollte das Plättchen nicht geteilt werden.

Tavor® expidet® in Kombination mit Alkohol

Die Kombination von Tavor® expidet® und Alkohol ist sehr gefährlich. Alkohol hat auch ohne Kombination mit Medikamenten, genau wie der Wirkstoff Lorazepam, eine zentral dämpfende Wirkung. Das heißt ein hoher Konsum führt auch hier bis hin zur Bewusstlosigkeit. Durch den gleichzeitigen Konsum von Alkohol und Tavor® expidet® kann sich die Wirkung des Medikamentes in nicht vorgesehener Weise ändern. Die gegenseitige Verstärkung kann somit zu einer unkontrollierten Betäubung, führen, wobei auch hier die größte Gefahr ein tödlicher Atemstillstand ist.

Zudem hat der Patient durch den Alkohol ein erhöhtes Risiko sich zu erbrechen. Aufgrund des reduzierten Bewusstseins kann es hierbei als Folge zu einem unbemerkten Verschlucken bzw. Ersticken am Erbrochenen kommen, was wiederum tödlich enden kann. Aus diesem Grund sollte die gleichzeitige Einnahme beider Stoffe vermieden werden und es im Falle einer Vergiftung dem Arzt mitgeteilt werden.

Preis

Der Grundpreis für die verschreibungspflichtigen Tavor® expidet® Täfelchen variiert, je nach Packungsgröße und wie viel Milligramm Lorazepam in jedem Plättchen enthalten ist, ungefähr zwischen 17 und 20 € für 50 Plättchen.
Bei Kassenpatienten beträgt die Zuzahlung, je nachdem ob der Patient zuzahlungsbefreit ist oder nicht, zum Medikament maximal 5 €. Privatpatienten müssen in der Apotheke erst einmal den gesamten Medikamentenpreis zahlen und bekommen das Geld dann von der Krankenkasse wieder.

Autor: Dr. Nikolas Gumpert Veröffentlicht: 07.04.2017 - Letzte Änderung: 25.07.2023