Abszess am Kiefer

Einleitung

Ein Abszess im Kiefer ist eine Eiteransammlung in den Hohlräumen des Kieferknochens. Ein Kieferabszess ist charakterisiert durch eine schmerzhafte, mit Eiter gefüllte, erwärmte, druckempfindliche Schwellung im Ober- oder Unterkiefer. Wenn der Oberkiefer betroffen ist, kann es zusätzlich zu einer Schwellung der Augen kommen. Ein Unterkieferabszess kann mit Schluckbeschwerden einher. Ein Abszess im Kiefer lässt sich von einem Ödem oder einer teigigen Schwellung, einem Infiltrat abgrenzen. Diese zeigen sich in der Regel als Vorstufe eines Abszesses.

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Ursachen für einen Kieferabszess

Abszesse im Kiefer werden durch Entzündungen ausgelöst. Insbesondere immungeschwächte Personen oder Personen mit Vorerkrankungen haben ein höheres Risiko, dass sich Entzündungen und daraus Kieferabszesse bilden können. Die Entzündungen können durch eine Zahnfleischtasche, einem entzündeten Zahnbett, einem abgestorbenen Zahn, einem noch nicht durchgebrochenen Weisheitszahn oder einer Zahnzyste verursacht werden. Im Mundbereich handelt es sich meist um bakterielle Infekte, die zu einem Abszess führen.

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Bei einem abgestorbenen Zahn setzt das Eiweiß Giftstoffe frei. Diese bieten Bakterien einen Nährboden. Der Eintritt von Bakterien wird durch Zahnkaries erleichtert. Dadurch können entzündliche Prozesse in Gang gesetzt werden. Schließlich kann es zu einem Absterben des Zahnmarks kommen. Eine Blutunterversorgung in dem Bereich, führt zum Zerfall und Abbau von Zellen. Folglich können ein übelriechendes Gangrän und eine „dicke Backe“ entstehen. In der Zahnmedizin ist ein Gangrän definiert als eine Nekrose des Zahnmarks. Das heißt, es kommt zum Zelltod in dem Bereich, welcher durch einen Infekt verursacht wurde. Das Zahnmark, ist der Anteil des Zahnes, der den Zahn mit Nerven versorgt. Unkorrekterweise wird er daher manchmal als Zahnnerv bezeichnet. Da in diesem Bereich neben Bindegewebe mit Blut- und Lymphgefäßen, sich auch Nervenfasern befinden, leiten diese thermische, mechanische oder chemische Reize als Schmerzreize weiter. Wenn das Zahnmark abgestorben ist, werden diese schützenden Signale nicht mehr vermittelt und die Entstehung eines Kieferabszesses wird begünstigt. Falls die Zahnwurzelspitze entzündet ist, führt dies zur vermehrten Aktivitäten von körpereigenen Abwehrzellen. Es kann zum Abbau des Kieferknochens kommen. Bei diesen Prozessen kann ein Hohlraum entstehen. Bakterien können sich vermehrt ansammeln. Dadurch wird der Hohlraum mit Eiter gefüllt. Resultat ist ein Abszess im Kiefer.         

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Diagnose eines Kieferabszesses

Wenn sich Anzeichen einer Entwicklung eines Kieferabszesses zeigen, sollte ein Zahnarzt aufgesucht werden. Dieser führt zunächst eine Befragung, eine sogenannte Anamnese, durch. Es ist sinnvoll sich schon vor dem Zahnarztbesuch Gedanken zu machen, welche Informationen mitgeteilt werden sollten. Dabei sollten Vorerkrankungen und Medikamente stets erwähnt werden.

Der Zahnarzt wird den Mundraum von innen und außen betrachten. Bei fortgeschrittenem Abszess sind Schwellungen der Wange in der Regel augenscheinlich. Bei einem reifen Kieferabszess kann man einen zentralen gelblich-grünlichen Bereich erkennen. Es lässt sich häufig eine bewegende Flüssigkeit tasten. Bei Berührung tritt in der Regel Eiter raus. Von diesem wird ein Abstrich gemacht um den Erreger herauszufinden. Um eine sichere Diagnose zu stellen, wird in der Regel auch eine Röntgenaufnahme des Kiefers gemacht. Bei geschwächtem Immunsystem und/oder anderen Vorerkrankungen können auch Blutuntersuchungen und weitere Diagnostik notwendig sein.

Symptome bei einem Kieferabszess

Im Anfangsstadium eines Abszesses ist der Betroffene meist beschwerdefrei. Wenn die Eiteransammlung ein gewisses Maß angenommen hat, bricht sie durch in das Nachbarschaftsgewebe hinein. Dort entleert sich der Eiter. In diesem Stadium kann der Betroffene eine geschwollene Wange und/oder geschwollene Mundschleimhaut wahrnehmen. Die Schwellung ist meist gerötet, erwärmt und schmerzhaft. Wenn der Oberkiefer betroffen ist, kann es zu Schwellungen der Augen kommen. Wenn der Unterkiefer betroffen ist kann es zu Schwierigkeiten kommen, den Mund zu öffnen. Dadurch können das Sprechen und die Nahrungsaufnahme erschwert sein.

Die Eiteransammlung kann sich ausbreiten und umgebende Nerven und Muskeln schädigen. Das kann zu weiteren Bewegungseinschränkungen und Kribbeln oder Taubheitsgefühl führen. Zudem können sich durch die entzündlichen Prozesse im Körper ein allgemeines Krankheitsgefühl und Abgeschlagenheit entwickeln. Wenn Eiter in die Mundhöhle austritt, kann dies zu einem übelriechenden und einem übelschmeckenden Geruch und Geschmack führen. Ein Gangrän verursacht meistens unangenehmen Mundgeruch. Wenn der Abszess fortschreitet oder nicht behandelt wird, kann Fieber entstehen. In diesem Zusammenhang ist Fieber ein Zeichen, dass die Bakterien im Blut angelangt sind. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss ein Arzt aufgesucht werden. Denn es kann zu einer Blutvergiftung und entsprechenden Beschwerden und Komplikationen kommen. Wenn eine Blutvergiftung nicht behandelt wird, endet sie tödlich.

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Schmerzen

In der zahnärztlichen Krankengeschichte stellt sich oft heraus, dass der Patient Monate vorher starke Zahnschmerzen hatte. Daraufhin folgte eine schmerzfreie Zeit. Wenn die Bildung eines Kieferabszesses abgeschlossen ist, können erneut Schmerzen entstehen. Schmerzen treten bei einem Kieferabszess oftmals erst im späteren Stadium auf. Die Schmerzen können bei Druck und Berührung entstehen. Hierbei spricht man von einem druckdolenten Schmerz. Dieser kann bei der Nahrungsaufnahme, dem Zähne putzen oder bei der zahnärztlichen Untersuchung entstehen. Die Schmerzen können aber auch ohne Außenreizung entstehen. In diesem Fall spricht man von einem Ruheschmerz. In manchen Fällen kann der Schmerz sehr stark ausgeprägt und pulsierend sein. Auch kann der Schmerz zum Ohr oder/ und zur Schläfe ausstrahlen. Ohren- und Kopfschmerzen können zusätzlich entstehen. Da die Schmerzwahrnehmung sehr individuell ist, können die Schmerzen sehr unterschiedlich stark wahrgenommen werden. Daneben kann sich ein sogenannter Gangrän-Schmerz entwickeln.

Abszess im Oberkiefer

Die Ursachen für einen Oberkieferabszess wurden bereits oben beschrieben. Bei einem Abszess des Oberkiefers können der obere Gesichtsbereich, inklusive die Augen, mit betroffen sein. Es kann zu ausufernden Schmerzen, Schwellungen, Rötungen und einer Überwärmung kommen. Die Schmerzen können in den Nasen-, Wangen-, Schläfen-, Stirn- und Augenbereich ausstrahlen. Bei sehr starker Schwellung kann das Öffnen des Auges an der betroffenen Seite erschwert sein. Entsprechend kann die Sehleistung eingeschränkt sein. Die Schmerzen sind oftmals stark und pulsierend. Der Abszess sollte so schnell wie möglich behandelt werden. Fieber ist ein Alarmzeichen.

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Abszess im Unterkiefer

Die Ursachen für einen Unterkieferabszess wurden ebenfalls oben erklärt. Bei einem Abszess des Unterkiefers kann es zusätzlich zu Schluckbeschwerden kommen. Der Betroffene kann Schwierigkeiten haben den Mund zu öffnen. Diese Problematik wird als Kieferklemme bezeichnet. Bei einem Unterkieferabszess ist oftmals verstärkt die Nahrungsaufnahme eingeschränkt. Die Stelle kann sehr berührungsempfindlich sein. Das Essen und Trinken, Zähneputzen, das Schlucken und das Sprechen können erschwert sein. Manche betroffene Personen reagieren zudem sensibel auf Luftzug. Es kann zu Gewichtsverlust kommen. Auch bei einem Unterkieferabszess können die Schmerzen ausstrahlen in den unteren Gesichtsbereich, Richtung Kinn und in Richtung Ohr. Auch hier gilt, möglichst schnell zu handeln und einen Zahnarzt zu kontaktieren. Sollten temporär Schmerzmittel eingenommen werden, sollte bedacht werden, dass diese nicht die Ursache beheben. Eine ärztliche Behandlung ist unbedingt notwendig.

Mehr zu dem ThemaAbszess im Unterkiefer

Abszess in der Wange

Ein Abszess der Wange kann direkt auf der Haut oder unter der Haut entstehen. Er kann durch Bakterien auf der Haut oder im Mundraum ausgelöst werden. Außerdem kann er im Zusammenhang mit einem Kieferabszess stehen. Ein Abszess der Wange zeigt in der Regel dieselben Entzündungszeichen wie Abszesse an anderen Körperstellen: Schwellung, Schmerzen, Rötung und Erwärmung. Auch die Behandlung ist ähnlich. Ziel ist es, die bakterielle Infektion mit Antibiotika zu bekämpfen und den Eiter durch einen operativen Eingriff abfließen zu lassen.

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Behandlung bei einem Kieferabszess

Je früher der Kieferabszess behandelt wird, desto besser. Der bakterielle Infekt wird medikamentös behandelt. Es werden Antibiotika eingesetzt. Je nach verursachenden Erreger und individuellen Faktoren wird ein bestimmter Wirkstoff ausgewählt. Der entsprechende Wirkstoff soll die Erreger, die die Infektion ausgelöst haben, abtöten. Allerdings ist eine alleinige Behandlung mit Antibiotika nicht ausreichend um den Abszess zu bekämpfen. Denn Ziel ist es, dass der Eiter entfernt wird. In sehr günstigen Fällen kann er ohne operative Eingriffe abfließen. Aber oftmals bedarf es chirurgischer Maßnahmen. Häufig ist ein kleiner Schnitt mit örtlicher Betäubung ausreichend um den Abszess zu entfernen und sicher zu stellen, dass sich die Bakterien nicht weiter im Mundraum ausbreiten. Im fortgeschrittenen Stadium ist der Eingriff aufwendiger. Der Abszess kann in manchen Fällen nicht mehr durch die Mundhöhle erreicht werden und muss über die Öffnung der Haut zugänglich gemacht werden. Zudem muss der betroffene Zahnbereich oder die Zahnwurzel oder die Grunderkrankung behandelt werden. Nach der Behandlung bedarf es einer Wundheilung. Es ist wichtig die Anweisungen des Zahnarztes zu befolgen.

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Operation

Wenn ein Abszess sich im Kiefer ausgebildet hat, muss er in der Regel operativ behandelt werden. Wenn der Abszess fortgeschritten ist, bedarf es verschiedener Maßnahmen. Da ein Abszess ein entzündetes Areal ist, können Lokalanästhetika nur begrenzt wirken. Lokalanästhetika wirken örtlich betäubend. Allerdings aufgrund ihrer Eigenschaften können sie nur begrenzt in entzündetes Gewebe ihre Wirkung entfalten. Es kann sein, dass während des Eingriffs weiter Schmerzen wahrgenommen werden. Daher wird zu einer Kurznarkose geraten. Es erfolgt zuvor mündlich und schriftlich eine Information und Aufklärung darüber. Nach dem Eingriff sollte man sich von einer Person abholen lassen. Am selben Tag sollte kein Auto mehr gefahren werden und keine Maschinen bedient werden. Außerdem sollten wichtige Entscheidungen auf einen anderen Tag gelegt werden. Wenn möglich sollte der Betroffene sich nach dem Eingriff Ruhe gönnen. Der Abszess kann unter der Kurznarkose schmerzfrei gespalten bzw. eröffnet werden, so dass der Eiter austreten kann. Danach können in dem Bereich ein Drainagesystem gelegt werden. Weiterführend werden eine Antibiotikatherapie, Maßnahmen zur Wundheilung und Verlaufskontrolle durch geführt.

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Hausmittel

Bei Vorstufen eines Abszesses können in manchen Fällen Hausmittel ratsam sein. Auch unterstützend zu anderen Maßnahmen können bestimmte Hausmittel den Heilungsprozess des Kieferabszesses unterstützen. Das kann Wärme einer Rotlichtlampe sein oder warme Kompressen mit warmen Wasser, oder Kamille oder Salbeitee sein. Auch Mundspülungen mit Salbei und Meersalz können heilend und prophylaktisch wirken. Zusätzlich kann das Trinken von Brennnesseltee den Heilungsprozess unterstützen.

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Homöopathie

Ergänzend zu der chirurgischen und medikamentösen Behandlung können in manchen Fällen homöopathische Mittel unterstützend wirken. Die Einnahme sollte mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Je nach Beschwerdebild werden unterschiedliche Homöopathika bei Abszessen im Kiefer empfohlen. Beispielsweise werden Hepar sulfuris, Ledum, Mecurius solubilis oder Silicea empfohlen. Laut des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) wird bei der Selbstbehandlung für alle Wirkstoffe die Potenz C12 empfohlen. In der Regel wird geraten 2 – 3 Globuli bis zu 4-mal täglich einzunehmen. Die Globuli sollte man im Mund zergehen lassen. Nach Möglichkeit sollten 15 Minuten vor und nach der Einnahme nichts gegessen oder getrunken werden.

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Dauer eines Kieferabszesses

Die Dauer des Kieferabszess ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Je früher der Abszess behandelt wird, desto geringer ist der Eingriff und desto früher kann der Betroffene sich von der Entzündung erholen. Je besser das Immunsystem ist, desto schneller kann der Heilungsprozess erfolgen.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 03.11.2017 - Letzte Änderung: 28.11.2022