Anatomie der Zehe

Einleitung

Als Zehen (lat.: Digitus pedis) bezeichnet man die Endglieder des menschlichen Fußes. Normalerweise besitzt ein Mensch an jedem Fuß jeweils fünf Zehen, welche systematisch von innen nach außen in der Anatomie mit römischen Zahlen von eins bis fünf durchnummeriert werden. Die Großzehe wird demnach als Digitus pedis I oder auch als Hallux bezeichnet, die zweite Zehe als Digitus pedis II, die dritte Zehe als Digitus pedis III, die vierte Zehe als Digitus pedis IV und die kleine Zehe als Digitus pedis V oder auch als Digitus minimus. Analog zu den Fingern an der Hand besitzt jeder Zeh einen Nagel. Die Zehen spielen für die Beweglichkeit des Fußes sowie für einen sicheren Stand und Gang eine wichtige Rolle.

Knochen und Gelenke

An jedem Fuß besitzt der Mensch insgesamt 14 Zehenknochen. Die Großzehen (Digitus pedis I oder Hallux) werden aus jeweils zwei Knochen gebildet, die übrigen Zehen (Digitus pedis II bis V) aus jeweils drei Knochen. Diese Knochen, welche die Zehen in zwei beziehungsweise drei Glieder unterteilen werden als Grundglied (lat.: Phalanx proximalis), Mittelglied (lat.: Phalanx media) und Endglied (lat.: Phalanx distalis) bezeichnet (da die Großzehe nur aus zwei Knochen gebildet wird, findet sich hier nur ein Grundglied und ein Endglied, kein Mittelglied). Grundglied, Mittelglied und Endglied einer Zehe bestehen wiederum aus drei Bereichen, die in der Anatomie als Basis, Körper und Kopf bezeichnet werden. Die Glieder beziehungsweise Knochen einer Zehe sind über Gelenke miteinander verbunden. Dabei bildet jeweils der Kopf eines Gliedes mit der Basis des folgenden Gliedes ein Gelenk. Das Gelenk zwischen den Mittelfußknochen und dem Grundglied heißt Zehengrundgelenk oder Metatarsophalangealgelenk. Das Gelenk zwischen Grundglied und Mittelglied wird als Mittelgelenk oder proximales Interphalangealgelenk (PIP), das Gelenk zwischen Mittelglied und Endglied als Endgelenk oder distales Interphalangealgelenk (DIP) bezeichnet. Die Gelenke der Zehen sind von bindegewebigen Gelenkkapseln umgeben und dadurch gesichert.

Muskeln und Bewegungen

An den Gelenken der Zehen setzen zahlreiche Muskeln an, die ihren Ursprung entweder an Knochen des Unterschenkels oder an den Knochen des Fußes haben. Durch ein koordiniertes Zusammenspiel dieser Muskeln ist es möglich, die Zehen in viele verschiedene Richtungen zu bewegen. Zum einen können die Zehen in Richtung Boden gebeugt werden, was man als Flexion bezeichnet. Zum anderen können sie in Richtung Decke gestreckt werden, was man als Extension bezeichnet. Weiterhin ist es möglich, die Zehen auseinander zu spreizen. Das Spreizen der Fußzehen wird als Abduktion bezeichnet. Führt man die gespreizten Zehen wieder zurück in die Ausgangsposition wird dies als Adduktion bezeichnet.

Die Beugung der Zehen (Flexion) wird durch die Zehenbeugemuskulatur vollzogen. Man unterscheidet in der Anatomie hierbei die langen Zehenbeuger, welche ihren Ursprung an den Knochen des Unterschenkels haben und von dort zu den Zehen ziehen, von den kurzen Zehenbeugern, welche ihren Ursprung an der Fußsohle haben und somit einen kürzeren Verlauf zu den Zehen haben. Wichtige Vertreter der langen Zehenbeuger sind der Musculus flexor hallucis longus, welcher unter anderem für eine Beugebewegung der Gelenke der Großzehe (Digitus pedis I oder Hallux) verantwortlich ist und der Musculus flexor digitorum longus, welcher die Beugung der übrigen Zehen (Digitus pedis II bis V) ausführt. Als kurze Zehenbeuger zu nennen, sind der Musculus abductor hallucis, der Musculus flexor digitorum brevis und der Musculus adductor hallucis, welche die Beugung der Großzehe (Digitus pedis I oder Hallux) unterstützen, sowie der Musculus flexor digitorum brevis, welche zur Beugung der übrigen Zehen (Digitus pedis II bis V) beisteuern. Der Musculus abductor digiti minimi unterstützt zudem ebenfalls die Beugung der kleinen Zehe (Digitus pedis V oder Digitus minimus).

Die Streckung der Zehen (Extension) wird durch die Zehenstreckermuskulatur gewährleistet. Auch hier kann man in der Anatomie lange Zehenstrecker, die ihren Ursprung an den Unterschenkelknochen haben, von kurzen Zehenstreckern, welche an Knochen des Fußes entspringen, unterscheiden. Zu den langen Zehenstreckern zählen der Musculus extensor hallucis longus und der Musculus extensor digitorum longus. Der Musculus extensor hallucis longus dient der Streckung der Großzehe (Digitus pedis I oder Hallux) in Richtung Decke, der Musculus extensor digitorum longus der Streckung der übrigen Zehen (Digitus pedis II bis V). Die kurzen Zehenstrecker, der Musculus extensor hallucis brevis und der Musculus extensor digitorum unterstützen die Streckung der Zehen in Richtung Decke. Das Spreizen der Zehen (Abduktion) wird durch die Musculi interossei dorsales ermöglicht. Das Schließen der gespreizten Zehen gewährleisten die Musculi lumbricales und die Musculi interossei plantares.

Innervation

Damit sich die genannten Muskelgruppen anspannen und eine Bewegung der Zehen ausführen können, benötigen sie elektrische Signale (Befehle) von Nerven aus dem Rückenmark. Von großer Bedeutung sind hierbei vor allem zwei Nerven, der Nervus tibialis und der Nervus fibularis. Die Zehenbeugemuskulatur, die Muskeln, welche für das Spreizen der Zehen verantwortlich sind, sowie die Muskelgruppen, die das Schließen der gespreizten Zehen bewirken, erhalten elektrische Signale aus dem Nervus tibialis und seinen Ästen. Die Zehenstreckermuskulatur wird hingegen vom Nervus fibularis versorgt. Auch die sensiblen Empfindungen der Zehen, wie Schmerz, Wärme oder Kälte, Druck und Vibration werden unter anderem durch den Nervus tibialis und den Nervus fibularis übermittelt.

Blutversorgung

Neben einem elektrischen Signal, welches sie über verschiedene Nerven erhalten, benötigen die verschiedenen Muskelgruppen der Zehen auch eine Versorgung mit Blut. Diese erfolgt über verschiedene Äste der Arteria tibialis anterior, welche an der Unterschenkelvorderseite verläuft und Äste der Arteria tibialis posterior, welche sich an der Unterschenkelhinterseite befindet.

Zehendeformitäten

Liegen Fehlbildungen oder Fehlstellungen der Zehen vor, bezeichnet man dies als Zehendeformität. Zehendeformitäten können angeboren, das heißt von Geburt an vorhanden, oder erworben sein. Erworbene Zehendeformitäten entwickeln sich erst im Laufe des Lebens, meist aufgrund von ungeeignetem Schuhwerk. Beispiele für angeborene Zehendeformitäten sind verkürzte Zehen (Brachydaktylie), das Fehlen einer oder mehrere Zehen (Oligodaktylie) oder das Vorhandensein einer zusätzlichen Zehe (Polydaktylie). Erworbene Zehendeformitäten sind häufig. Beispiele sind der Hallux valgus, bei welchem es zu einer schmerzhaften Abweichung der Großzehe nach außen kommt und der Hallux rigidus, bei welchem es zu einer Versteifung des Großzehengrundgelenks kommt. Die häufigste Zehendeformität ist der Digitus malleus, bei welchem es zu einer krallenartigen Verbiegung einer Zehe kommt. Einige der genannten Zehendeformitäten können durch operative Eingriffe korrigiert werden.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.12.2015 - Letzte Änderung: 25.07.2023