Wie kann man einem Bandscheibenvorfall am besten vorbeugen?

Häufige Ursache für einen Bandscheibenvorfall sind dauerhafte Fehlbelastungen der Wirbelsäule, häufiges Sitzen und wenig Sport. Um einem Bandscheibenvorfall effektiv entgegen zu wirken ist es wichtig, auf eine korrekte Körperhaltung zu achten und durch rückenschonende Sportarten und Übungen die Rückenmuskulatur zu stärken, um so die Wirbelsäule zu entlasten.

Wie kann man einem Bandscheibenvorfall am besten vorbeugen?

Einleitung

Bei einem Bandscheibenvorfall gelangen eine oder mehrere Bandscheiben durch Krafteinwirkung aus ihrem physiologischen Lager und gleiten in Richtung Rückenmark, welches sie schlussendlich komprimieren.
Dadurch entstehen starke Schmerzen, bis hin zu Lähmungserscheinungen und komplettem Funktionsverlust.
In den meisten Fällen läuft ein Bandscheibenvorfall mit milderen Symptomen ab. Trotzdem sollte man alles tun, einem Bandscheibenvorfall vorzubeugen.

Ursache

Wer bereits einen Bandscheibenvorfall durchgemacht hat, möchte nicht so schnell wieder einen haben. Daher fragen viele Patienten, ob es denn Übungen gibt, mit denen man einem Bandscheibenvorfall vorbeugen kann. Ein Bandscheibenvorfall ist kein isoliertes Geschehen, sondern meist multifaktoriell begründet. Ursachen sind unter anderem eine dauerhafte Fehlbelastung der Wirbelsäule, häufiges Sitzen (Büroarbeit) in Kombination mit wenig Bewegung. Wenig Sport, und Übergewicht zählen ebenfalls zu den Ursachen eines Bandscheibenvorfalles.

Wenn man die Ursachen kennt, kann man sich die Frage nach der Vorbeugung beinahe selbst beantworten.
Allgemein ist ein gesunder Lebensstil, mit viel Bewegung, korrekter Körperhaltung, und ausgewogener Ernährung entscheidend. Übergewichtige Patienten mit einem BMI ab 27,5 haben haben beispielsweise ein zweifach erhöhtes Risiko, einen Bandscheibenvorfall zu erleiden. Auch jahrelanges Sitzen oder jahrelange Fehlbelastung führen zur Degeneration der Bandscheibe. Dabei trocknet der innere Kern der Bandscheibe – der eigentlich wie eine Art Wasserkissen funktioniert – aus und wird porös. So wird die Bandscheibe verschieblich und ist nicht mehr in ihrer ursprünglichen Position fixiert.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema auf der Seite: Ursachen eines Bandscheibenvorfalls

Korrektes Sitzen

Auch wenn wir wissen, dass häufiges Sitzen nicht gut für die Bandscheibe ist, sieht es in der Realität doch anders aus. Im Büro lässt es sich meist nicht vermeiden, stundenlang vor dem PC zu sitzen, was für unsere Bandscheibe allerdings höchst problematisch ist, wenn wir „falsch“ sitzen.
Eine korrekte Sitzhaltung um einem Bandscheibenvorfall vorzubeugen, sieht wie folgt aus: Blickt man sitzend in aufrechter Körperhaltung auf den Bildschirm des PCs, so sollte die oberste Bildschirmzeile in etwa auf Höhe der Sehachse liegen, bis maximal ein Stück darüber. Legt man nun die Hände vor sich auf Tastatur und Maus, sollte sich im Ellenbogen ein 90 Grad Winkel ergeben, sodass Tisch und Stuhl nicht zu stark gegeneinander höhenverstellt sind. Auch zwischen Ober und Unterschenkel sollte sich beim sitzen ein 90 Grad Winkel ergeben.
Je nach Monitorgröße empfiehlt sich ein Sichtabstand von mindestens 50 Zentimetern. Für größere Monitore gilt die Faustregel Bildschirmdiagonale in Zoll mal drei, so dass sich für einen 22 Zoll Monitor ein Abstand von gut 60 Zentimetern ergeben würde. Dies schont nicht nur Ihre Augen, sondern auch Ihren gesamten Körper, da ein unterbewusstes, häufiges verrutschen auf dem Stuhl verhindert wird.
Zu guter Letzt sollten auch die Füße auf einer festen Unterlage stehen, gegebenenfalls auf einem Hocker. Diese Sitzposition wirkt zuerst relativ statisch, und verkrampft, ist jedoch mit ein wenig Disziplin und Übung einfach anzutrainieren.

Sport

Sport nimmt bei der Vorbeugung von einem Bandscheibenvorfall eine große Rolle ein, da durch Sport und spezielle Gymnastikübungen die Rückenmuskulatur gezielt gestärkt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass Sport allgemein nicht unbedingt eine Besserung bringt.
Hobbymäßiges Fußballspielen oder Joggen hat beispielsweise kaum einen Effekte auf die Rückenmuskulatur, die ja gestärkt werden soll, um einem Bandscheibenvorfall vorzubeugen.

Sport ist also nicht gleich Sport.

Vielmehr sind Sportarten sinnvoll, die den Rücken stärken.
Zu diesen gehört neben Yoga, auch Krafttraining und Sportarten, die den Rücken von Haus aus fordern, wie zum Beispiel Klettern oder Judo.
Oft macht es mehr Spaß, eine Sportart zu erlernen, als im Fitnessstudio Gewichte zu stemmen. Beim Klettern wird der komplette Rücken beansprucht, da man stets mit den Armen kopfüber arbeitet. In den letzten Jahren sind in Deutschland in nahezu jeder größeren Stadt Kletterhallen aus dem Boden gesprossen, die über hohe Sicherheitsstandards und erfahrenes Personal verfügen.
Wer nicht klettern möchte kann sich auch im Schwimmen oder Judo probieren. Dies sind sehr verletzungsarme und gelenkschonende Sportarten, die die Rückenmuskulatur stark beanspruchen und damit aufbauen.

Lesen Sie viele weitere Informationen zu diesem Thema unter: Sport während, bzw. trotz Bandscheibenvorfalls

Übungen für / gegen einen Bandscheibenvorfall

Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, durch isolierte Übungen den Rücken zu stärken. Im Folgendem mehrere Beispiele dazu:

Man legt sich flach auf den Bauch, und streckt die Arme frontal nach vorne, also so, dass man sich maximal ausgestreckt hat. Nun werden in dieser Position beide Arme gleichzeitig angehoben, während der Rest des Körpers weiterhin flach auf dem Bauch liegen bleibt. Je nachdem, wie stark Ihre Rückenmuskulatur ausgeprägt ist, können sie die Hände mehr oder weniger hoch anheben, und mehr oder weniger viele Wiederholungen durchführen. Für den Anfang ist zehnmaliges Anheben ein guter Wert.

Diese Übung kann variiert werden: Fortgeschrittene heben sowohl Arme als auch Beine gleichzeitig an, sodass nur noch der Bauch und das Becken auf dem Untergrund liegen. Auch hier gelten zehn Wiederholungen pro Satz als guter Wert. Die Position kann auch für beispielsweise eine halbe oder ganze Minute gehalten werden. Wichtig ist die korrekte und langsam Ausführung. Bei Schmerzen sollte die Übung abgebrochen werden.

Übungen sollten nie hektisch ausgeführt werden oder nach dem Prinzip „möglichst viele Wiederholungen in möglichst kurzer Zeit“. Es ist viel anstrengender eine Übung langsam auszuführen, als schnell. Heben Sie einmal einen sehr schweren Koffer erst schnell und dann ganz langsam hoch, was ist anstrengender? Genau nach diesem Prinzip sollten die Übungen erfolgen.

Für eine weitere Übung legen Sie sich flach auf den Rücken. Nun winkeln Sie beide Beine an, und stellen diese vor sich auf den Boden. Nun drücken Sie Ihr Becken nach oben, sodass das Gewicht des Oberkörpers auf den Schultern ruht, das Gewicht der unteren Extremität auf den angewinkelten Beinen. Nun wird das Becken mehrmals aus der Ausgangslage zur Decke gedrückt, bis ca. 10 Wiederholungen erreicht sind. Dies stärkt vor allem die Rumpfmuskulatur und die Bauchmuskulatur. Beide sind für die Stabilisierung des Rückens wichtig und können einem Bandscheibenvorfall vorbeugen.

Viele weitere Übungen finden Sie unter unserem Thema: Übungen für / gegen einen Bandscheibenvorfall

Krafttraining für den Rücken

Krafttraining ist sicherlich eine gute Möglichkeit, eine starke Rückenmuskulatur aufzubauen. Dabei sollte jedoch sehr genau auf eine korrekte Ausführung der Übungen geachtet werden, da im Fitnessstudio wie nirgendwo sonst in einem erheblichen Maße Verletzungen auftreten können, die den Körper nachhaltig schädigen. Hat man noch nie in einem Fitnessstudio trainiert, empfehlen sich eventuell Studios, bei der eine individuelle persönliche Beratung erfolgt.
Meist wissen die Mitarbeiter genau, welche Übungen sinnvoll sind, wenn sie gezielt den Rücken stärken möchten. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit einen Personal Trainer zu engagieren.
Der Vorteil von Krafttraining im Fitnessstudio ist, dass man das Gewicht individuell variieren kann, während bei Übungen zu Hause das Körpergewicht mehr oder weniger immer das selbe ist. Auch bieten sich hier ganz andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel assistierte Klimmzüge mit nur wenigen Kilo Gewicht. Ziel soll natürlich nicht sein, Muskelberge aufzubauen, sondern die vielen kleinen Muskelpartien, die gemeinsam den Rücken ausmachen, zu stärken.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Krafttrainingfür den Rücken.

Yoga

In den meisten neueren Fitnessstudios werden zudem auch Yogakurse angeboten. Yoga ist eine Sportart, die sehr viel mit Eigengewicht und isometrischen Übungen arbeitet. Isometrisch bedeutet, der Körper befindet sich während der Übung in einem extremen Spannungszustand, was einen hohen Energieaufwand bedeutet. Ein Beispiel für isometrische Kraft wäre, wenn man versuchen würde, sein Auto anzuheben. Das Auto bewegt sich natürlich nicht, da es über eine Tonne wiegt. Daher bewegen sich auch die Arme nicht, denn das Auto lässt sich ja nicht anheben. Trotzdem ist das ganze extrem anstrengend. Es finden intramuskuläre Spannungsänderungen statt, ohne dass sich die Muskulatur selbst bewegt.

Yoga ist also eine Sportart, die viel mit Eigengewicht und Spannungszuständen arbeitet und dadurch sehr anstrengend sein kann. Der große Vorteil ist, dass Verletzungen kaum möglich sind und zudem durch Konzentration auf den Körper und meditationsähnliche Zustände ein psychischer Ausgleich stattfindet.

Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule

Die Halswirbelsäule (kurz: HWS) ist deutlich weniger häufig von einem Bandscheibenvorfall betroffen, als die Lendenwirbelsäule (kurz: LWS). Das Verhältnis beträgt ca. 10 zu 1.

Der Teil der Wirbelsäule, der zwischen Hals- und Lendenwirbelsäule liegt – die Brustwirbelsäule (kurz: BWS) – ist nochmal um den Faktor 10 weniger häufig von einem Bandscheibenvorfall betroffen, sodass sich das Verhältnis von LWS zu HWS zu BWS von 100 zu 10 zu 1 ergibt.

Ein Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule ist also gut hundertmal häufiger als der an der Brustwirbelsäule. Wie kommt das? Zunächst einmal lastet auf der LWS ein viel höheres Gewicht, als auf der HWS. Die Wirbelkörper sind dementsprechend auch viel massiver aufgebaut. Ein degenerierter Bandscheibenkörper verursacht hier allerdings viel schneller Probleme, da das Gewicht des gesamten Oberkörpers auf ihm lastet.

Die HWS ist viel filigraner aufgebaut, als die LWS. Zwar muss sie auch das relativ hohe Gewicht des Kopfes tragen, jedoch muss sie auf der anderen Seite auch beweglich für die verschiedensten Kopfbewegungen bleiben. Aus dieser „Kompromisslösung“ ergibt sich, dass auch die HWS relativ häufig von Bandscheibenvorfällen betroffen ist.
Erschwerend kommt hinzu, dass die HWS im besonderen Maß von falschen Bewegungsmustern und Fehlbelastungen betroffen ist. Die Nackenmuskulatur ist zudem nicht so stark ausgebildet wie die des restlichen Rückens, was eine muskuläre Entlastung erschwert.
Für die HWS empfiehlt sich daher folgende Übung: Stellen Sie sich gerade hin und verschränken Sie ihre Arme hinter dem Kopf. Nun wird mit dem Hinterkopf Druck auf die verschränkten Arme ausgeübt. Nach einer halben Minute nehmen Sie beide Hände und drücken diese frontal gegen die Stirn. Der Kopf hält dagegen, so dass ein Gleichgewicht entsteht. Die Druckstärke ist variabel. Diese Übung kann leicht zu Hause ausgeführt werden und dient der Stärkung der HWS.

Wichtig ist jedoch bei allen Übungen ein kontinuierliches Training mit korrekter Ausführung.

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Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 18.01.2016 - Letzte Änderung: 30.03.2024