Furosemid

Synonyme

Lasix®, Diuretikum/Diuretika, Schleifendiuretikum/Schleifendiuretika, Wassertabletten, harntreibende Mittel

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Definition

Unter Furosemid versteht man eine chemische Substanz, welche, wenn sie in den Körper gelangt, eine erhöhte Urinausscheidung bewirkt. Der Angriffspunkt dieses Arzneistoffes ist ein bestimmter Ionen-Transporter in der Niere.

Einleitung

Furosemid gehört zu den Substanzen der wassertreibenden Arzneimittel (Diuretika). In der Niere sorgt ein Transporter in der Niere für die Rückresorption von Salzen (Natrium, Kalium, Chlorid) und bewirkt somit eine Wiederaufnahme von bereits filtriertem Wasser. Wird dieser Transporter durch Furosemid gehemmt, können die Salze und in Folge dessen das Wasser nicht mehr rückresorbiert werden und es kommt zu einer erhöhten Harnausscheidung. Furosemid ist die Leitsubstanz der Wirkstoffklasse der sog. Schleifendiuretika.

Anatomie und Physiologie der Niere

Die großen, zur Niere führenden Blutgefäße verzweigen sich im Verlauf durch die Niere zu immer kleineren Arterien. Innerhalb der Niere werden aus den kleinen zuführenden Blutgefäßen (Vas afferens) Schlingen gebildet. Zusammen mit einer Basalmembran und spezialsierten Zellen (Podozyten) wird der Nierenfilter aufgebaut, der von einer Kapsel umgeben ist. Dieser Filter wirkt wie ein Sieb und lässt Flüssigkeiten, also Wasser, und kleine Blutbestandteile durch. Hier werden am Tag 150 – 200 l Wasser abfiltriert. Dem Filter schließt sich ein Röhrensystem (Tubulussystem einschließlich der Sammelrohre) an, welches die Aufgabe besitzt diesen Primärharn von bis zu 200 l auf etwa 1,5 – 2 l am Tag zu konzentrieren, indem das System Wasser und Substanzen rückresorbiert. Zudem sind diese Zellen auch in der Lage, gewisse Substanzen in den Harn abzugeben. Für diese Zwecke gibt es viele verschiedene Kanäle und Transporter an den Zellen des Tubulussystems. Nach Passage dieses Systems gelangt der sog. Sekundär- oder Endharn über die Harnleiter (Urether) die Harnblase und kann über die Harnröhre (Urethra) ausgeschieden werden.
Das Tubulussytem besteht aus einem proximalen und distalen Abschnitt. Dazwischen liegt die sog. Henle-Schleife. An den distalen Abschnitt schließen sich die Sammelrohre an. Diese münden in die Harnleiter. Die verschiedenen Abschnitte weißen unterschiedliche Spezialisierungen auf.

Wirkungsweise

Furosemid hemmt einen speziellen Transporter, der in einem bestimmten Abschnitt des Tubulussystems vorkommt. Bei diesem Transporter handelt es sich um einen Kotransport von Natrium, Kalium und Chlorid, welcher sich im dicken Abschnitt des aufsteigenden Schenkels der Henle-Schleife befindet. Infolge der Hemmung des Transporters findet keine Wasserrückresorption in diesem Teil des Tubulussystems mehr statt. Somit gelangt eine erhöhte Menge an Wasser in die Blase. Das Arzneimittel Furosemid wirkt relativ stark und schnell.

Pharmakokinetik und Bioverfügbarkeit

Unter Pharmakokinetik versteht man die Aufnahme, Verteilung, Verstoffwechselung und Ausscheidung von dem Körper zugeführten Arzneimitteln.
Die Bioverfügbarkeit beschreibt den Anteil des zugeführten Arzneistoffes, der unverändert im Blut erscheint und somit wirken kann. Sie ist eine pharmakologische Messgröße und macht Aussagen über den Aufnahmeumfang des Arzneistoffes.
Wird Furosemid als Tablette eingenommen, erscheint nur gut die Hälfte der Substanz im Blut. Die Bioverfügbarkeit liegt somit bei 50, manchmal bei bis zu 70 %. In der Niere wird der größte Anteil filtriert und zum Teil auch über die Zellen des Tubulussystems abgegeben. Der Abbau der Substanz im Blut ist relativ schnell. Nach 30 Minuten bis 2 Stunden ist nur noch die Hälfte der Substanz im Blut vorhanden (Plasmaeliminationshalbwertszeit 0,5 – 2 Stunden).
Der harntreibende Effekt setzt schon nach 30 – 60 Minuten ein und erreicht sein Maximum nach 1 – 2 Stunden. Nach etwa 6 Stunden ist kein Effekt mehr zu erwarten.
Wird Furosemid intravenös über eine Kurzinfusion verabreicht, tritt die Wirkung schon nach 15 Minuten ein und dauert bis zu 2 Stunden.

Anwendung

Furosemid wird eingesetzt, um Flüssigkeitsansammlungen in Geweben (Ödeme) auszuschwemmen. Geeignet ist Furosemid dabei vor allem für Flüssigkeitsansammlungen, welche durch Herz-, Nieren- oder Lebererkrankungen hervorgerufen werden. Die schnell eintretende und starke Wirkung dieser Substanz ist dabei ideal. Von besonderer Bedeutung ist dies auch bei Ödemen, die mit einer Lebensbedrohung einher gehen. Dies ist bei Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge oder im Gehirn der Fall.Schleifendiuretika werden auch eingesetzt, wenn andere harntreibende Arzneimittel aufgrund schwerer Herz- oder Nierenschwäche nicht mehr einzusetzen sind. Sinkt beispielsweise die Filtrationsmenge der Niere auf unter 50 ml pro Minute, ist der Einsatz eines solchen Medikamentes angezeigt. Die normale Filtrationsmenge bei gesunden Menschen beträgt etwa 120 ml pro Minute.Eine weitere wichtige Indikation zur Anwendung von Furosemid bzw. anderen Schleifendiuretika ist ein akutes Nierenversagen mit drohender ausbleibender Ausscheidung (Anurie). Dabei wird versucht, mich sehr hoher Dosierung eine Urinausscheidung zu veranlassen. Dabei muss beachtet werden, dass die Filtrationsmenge nicht gesteigert werden kann.


Eine Anwendung finden diese Substanzen auch manchmal bei Bluthochdruck (Hypertonie) und der Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz). In der Regel werden dabei aber andere Diuretika bevorzugt, denn die schnelle Senkung des Wasservolumens ist manchmal nicht vorteilhaft.


Leidet ein Patient an einer starken Erhöhung des Kalziumspiegels (Hyperkalzämie), kann Furosemid zur Senkung dessen eingesetzt werden. In hohen Dosen wird das Arzneimittel per Infusion wiederholt verarbreicht. Wasser- und Elektrolythaushalt müssen dabei ständig kontrolliert und ggf. substituiert werden.

Dosierung

In der Regel wird die Substanz Furosemid als Tablette eingenommen. Die Dosis beträgt 20 – 40 mg und kann ggf. nach 6 – 8 Stunden wiederholt werden. Im Krankenhaus kann Furosemid auch als Kurzinfusion appliziert werden. Die Dosierung liegt hier ebenfalls bei 20 – 40 mg.

Nebenwirkungen

Durch die Ausschwemmung des Wassers bedingt, wird das Blut dickflüssiger (erhöhte Viskosität des Blutes). Dies birgt einige Gefahren, denn dickflüssiges Blut neigt eher zur Gerinnung.

Thrombosen oder lebensgefährliche Embolien können die Folgen sein.
Eine weitere Folge der Wasser- und Salzauschwemmung kann ein verminderter Gehalt der Salze mit Entgleisung des Elektrolythaushaltes sein. Dabei ist in extremen Fällen manchmal ein Einschränkung des Hörvermögens zu beobachten. Grund dafür ist, dass im Hörapparat ein ähnlicher Transporter vorkommt, wie der in der Niere.

Furosemid bzw. Schleifendiuretika können Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall verursachen.
Des weiteren wird die Magnesiumausscheidung gefördert, was zu einem Magnesiummangel (Hypomagnesiämie) führen kann. Symptome dafür sind beispielsweise Muskelkrämpfe, Reizbarkeit und Müdigkeit oder auch Herzklopfen.
Zudem wird eine erhöhte Kalziumausscheidung induziert. Da Kalzium wichtig für den Knochenbau ist, ist eine Langzeittherapie mit Schleifendiuretika nicht angebracht.

Wird durch die Anwendung von Furosemid ein Natriummangel verursacht, wird die Wirkung des Arzneimitteles automatisch begrenzt.
Die Behandlung mit Schleifendiuretika kann auch zu einem Anstieg des Harnsäurespiegels einher gehen. Dies kann zu einem Gichtanfall führen.
Im Allgemeinen führen harntreibende Medikamente tendenziell zu einer verminderten Filtrationsmenge. Die Wasserausscheidung wird zwar erhöht, dennnoch sinkt die die Filtrationsfähigkeit und damit die Reinigung des Blutes von Substanzen, die über den Urin ausgeschieden werden.

In manchen Fällen kann es außerdem zu einer reversiblen Hörstörung kommen, da das Medikament einen Transporter blockiert, der ebenfalls im Innenohr vorkommt. Meist geschieht dies nur bei hohen Dosierungen.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 29.11.2010 - Letzte Änderung: 22.10.2021