Kräftigungsübungen bei einer Kniearthrose

Einleitung

Kniearthrose ist ein so häufig vorkommendes Krankheitsbild, dass man die Erkrankung fast schon als wahre Volkskrankheit bezeichnen könnte. Fast jeder Deutsche über 50 Jahren zeigt zumindest Anzeichen einer beginnenden Kniearthrose, viele klagen bereits über Symptome. Je weiter das Alter fortschreitet, desto mehr Patienten werden symptomatisch, stellen sich also mit schmerzenden, steifen Knien, die im Alltag schon massiv störend und einschränkend sind, einem Arzt vor.

Im Endstadium der Kniearthrose hilft oftmals nur noch eine Operation mit dem Ziel das geschädigte Gelenk künstlich zu ersetzen. Schon sehr viel früher kann allerdings mit entsprechendem Wissen der Schmerz gemindert und der Verlauf der Krankheit zumindest verzögert werden. Das Ziel für alle Arthrosepatienten lautet Normalgewicht! Eine Gewichtsabnahme entlastet auch das Knie und bremst damit die Arthrose.

Spezielle Kräftigungsübungen (einige davon im Folgenden vorgestellt) können zu Hause oder unter Anleitung eines Physiotherapeuten den Muskelaufbau fördern, was wiederum das Gelenk stabilisiert und entlastet.

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Ursache

In den aller meisten Fällen liegt die Ursache einer Kniearthrose schlichtweg in altersabhängigen Verschleißerscheinungen. Sie sind zu beobachten, wenn durch starke oder jahrelange Belastung die Knorpelschicht im Kniegelenk zerstört wird. Diese befindet sich als Art Gleitlager zwischen den Knochen des Ober- und Unterschenkels und wird zudem von Gelenkschmiere bedeckt. Einmal geschädigt oder abgebaut regeneriert sich knorpeliges Gewebe nur sehr langsam oder sogar gar nicht. Es kommt zu weiteren Veränderungen innerhalb des Knies, die dann als Arthrose auffallen.

Verstärkt wird die Schädigung des Gewebes, die zur Arthrose führt, durch mehrere Faktoren:

  • bereits leichtes Übergewicht erhöht die Belastung, die auf dem Kniegelenk enorm lastet und beschleunigt damit Arthrosen des Knies;
  • auch Leistungssport, der über längere Zeit exzessiv betrieben wurde sowie ältere, nicht erkannte oder nicht behandelte Verletzungen des Knies sind als Risikofaktoren zu nennen;
  • häufig tritt eine Arthrose nach Verletzungen wie Kreuzband- oder Meniskusschäden auf, die beide zu einem Stabilitätsverlust im Knie und dadurch zu verstärkten Bewegungen mit erhöhter funktioneller Belastung des Gelenks führen;
  • ein ähnlicher Zusammenhang ist auch bei langjährigen Fehlstellungen der Beinachse (beispielsweise bei X- oder O-Beinen) zu beobachten.

Symptome

Die Arthrose im Knie ist wie andere Formen der Arthrose eine degenerative Erkrankung, die mit einer Entzündung und Schmerzen – zunächst unter Belastung später auch in Ruhe – einhergeht. Als klassische Zeichen einer Entzündung kann man eine Schwellung (tumor), eine Rötung (rubor), eine Überwärmung (calor), den Schmerz (dolor) und eine funktionelle Einschränkung (functio laesa) beobachten.

Im fortgeschrittenen Stadium der Arthrose tritt der Schmerz auch ohne Bewegung auf und verschwindet häufig gar nicht mehr. Schreiten arthrotische Veränderungen dann noch weiter fort, kann es zu entzündlichen Veränderungen und Infiltraten kommen, die eine Versteifung und damit eine Bewegungsunfähigkeit des betroffenen Knies bedingen, die meist nicht mehr wieder rückgängig zu machen ist.

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Diagnose

Ab welchem Zeitpunkt eine Operation mit künstlichem Kniegelenkersatz erfolgen sollte und wie lange eine gezielte Trainingstherapie mit Kniekräftigungsübungen noch sinnvoll ist? Dies kann ein erfahrener Orthopäde oder ein Facharzt für Sportmedizin nach einer genauen Untersuchung des Patienten anhand der beschriebenen Schmerzen unter Zuhilfenahme eines Röntgenbildes beurteilen.

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Dabei ist die Art und die Häufigkeit des Schmerzes genauso wichtig wie der Zeitpunkt des Auftretens und die Stärke. Selbstverständlich beeinflusst auch die subjektive Einschätzung des Patienten eine Entscheidung für oder gegen einen Therapieversuch mit Kräftigungsübungen bei Kniearthrose erheblich.

Betroffene, die von Anfang an mit einer Prothese als Knieersatzprodukt liebäugeln und nicht regelmäßig üben und trainieren, werden keine guten Erfolge durch Kräftigungsübungen erzielen. Sie unterziehen sich früher einer Operation als derjenige Patient, der Spaß an Bewegung und Kräftigungsübungen hat (oder für sich entdeckt) und gerne so lange wie möglich ohne einen künstlichen Gelenkersatz bleiben möchte.

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Therapie

Neben der operativen Versorgung einer Kniearthrose mit einem künstlichen Gelenkersatz (Teil- oder Vollprothese), besteht die Möglichkeit einer konservativen, abwartenden Behandlung. Je nach Bedarf kann der Patient Schmerzmittel einnehmen und/ oder das Knie kühlen oder wärmen (je nachdem was als angenehmer empfunden wird).

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Zusätzlich bietet sich eine Kombination von regelmäßigem, knieschonendem Ausdauertraining (optimal: Radfahren, Schwimmen) und speziellen Kräftigungsübungen an. Hierbei sollte der Fokus in erster Linie auf dem Muskelaufbau der Beinmuskulatur liegen. Gerade am Knie direkt stützen starke Sehnen und Muskeln das Gelenk und federn Belastungen besser ab. Folglich sind die Oberschenkelmuskulatur und auch die der Wade spezielles Trainingsziel. Bereits einfaches An- und wieder Entspannen der Muskelgruppen hat erwiesenermaßen bereits einen positiven Effekt. Dieser verstärkt sich natürlich noch, wenn gezielt bestimmte Kräftigungsübungen beispielsweise mit einem Physiotherapeut im Rahmen von Krankengymnastik oder als spezielles Gerätetraining in einem Fitnessstudio durchgeführt werden.

Übungen

Sinnvolle Übungen zur Stärkung des Oberschenkels sind beispielsweise richtig ausgeführte Kniebeugen, tiefe Ausfallschritte oder der sogenannte „Wandsitz“. Hierbei bilden beide Knie und die Hüfte jeweils einen rechten Winkel, während der Oberkörper fest an eine Wand gelehnt bleibt. Man sitzt also ohne etwas auf dem man sich absetzen könnte.

Zur Kräftigung der Wadenmuskulatur eignet sich stetiges Auf- und Abwippen auf einer Stufe, wobei die Fußspitzen auf der Stufe selbst platziert sind und die Fersen in der Luft schweben.

Auch einige Yogaübungen wie beispielsweise die Standwaage, bei der ein Bein das gesamte Gewicht trägt und die Balance halten muss, während das andere Bein getreckt nach hinten geführt wird, eignen sich ideal als Kräftigungsübungen bei Kniearthrose.

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Was soll beim Training beachtet werden?

Entscheidend bei allen Übungen ist – gerade bei bestehender Vorschädigung eines Gelenkes – die perfekte Form und Ausführung der Übung. Niemals sollte zu schnell oder zu viel gearbeitet werden; auf gar keinen Fall darf die Ausführung der Übung unsauber oder sogar fehlerhaft werden.

Optimal ist vor Trainingsbeginn eine persönliche und hochqualifizierte Anleitung eines erfahrenen Trainers (Im Idealfall erfolgt diese Anleitung durch einen Physiotherapeuten oder Arzt!) sowie regelmäßige Erfolgs- und Formkontrollen im weiteren Verlauf.

Es sollte eher mit wenig oder sogar gar keinem zusätzlichen Gewicht in Form von Hanteln oder Ähnlichem trainiert werden; das eigene Körpergewicht ist in den allermeisten Fällen bereits ausreichend.

Des Weiteren ist es nicht empfehlenswert, in kurzer Zeit sehr viel oder bis an die eigene Belastungsgrenze zu trainieren: alle Übungen sollen in jedem Fall schmerzfrei ausgeführt werden können. Wenige, eher kurze Sätze, die dafür regelmäßig geübt werden, sind ideal. Ein passendes Trainingschema wären beispielsweise 15- 20 Wiederholungen einer Übung. Das ganze etwa dreimal (3 Sätze) hintereinander, etwa dreimal wöchentlich.

Kombiniert mit einer Ausdauersportart wie Radfahren oder Schwimmen ergibt sich eine ideale Schonung und Unterstützung der Knie.

Nach den Kräftigungsübungen sollte natürlich auch das Dehnen nicht vergessen werde. Alle Muskeln, die man trainiert hat und aufbauen möchte, sollten nach jedem Training sanft gedehnt werden, damit sie ihre ursprüngliche Länge beibehalten und noch lange funktionstüchtig bleiben.

Befolgt man diese Ratschläge und hört auf seinen Körper, der schmerzhafte Veränderungen meist recht früh ankündigt, steht einer optimalen Trainingstherapie mit Kräftigungsübungen nichts mehr im Wege.

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Prognose

Kräftigungsübungen gegen Kniearthrose erzielen bei einigen Patienten wahrlich überragende Ergebnisse. Sehr gut hilft diese Form der Therapie gerade denjenigen die auch sonst aktiv sind und niemals übergewichtig waren. Auch Patienten, die es dauerhaft schaffen, ihre überflüssigen Pfunde zu verabschieden, profitieren enorm.

Dennoch sind oben beschriebene Übungen (und natürlich auch die Vielzahl an weiteren Übungen) lediglich eine Möglichkeit, den Krankheitsfortschritt zu verzögern. Die eigentliche Ursache – den Knorpelschaden – kann auch das beste Training nicht aufwiegen. Frühzeitig begonnen und kombiniert mit einer passenden Schmerzmedikamentation bei Bedarf kann in vielen Fällen nichtsdestotrotz eine hohe Lebensqualität auch ohne einen operativen Gelenkersatz erzielt werden.

Prophylaxe

Bereits in jungen Jahren lohnt sich ein Kräftigungstraining, das den ganzen Körper und dabei natürlich auch die Oberschenkel und die Waden beansprucht und trainiert, zur Gelenkstabilisierung und Gesundheitsvorsorge. Gerade wer regelmäßig einen kniebelastenden Ausdauersport ausübt (beispielsweise Joggen, Karate, Step Aerobic, …) sollte darauf achten, ausreichend Kräftigungsübungen als Ausgleich durchzuführen. Hierbei ist besonders darauf zu achten, dass sämtliche Übungen perfekt nach Anweisung und damit gelenkschonend ausgeführt werden, um eventuelle Schäden durch eine Fehlbelastung oder eine Überlastung zu verhindern.

Allen übergewichtigen Patienten wird zudem – als Therapie bei Arthrose, aber auch zur Prophylaxe – eine nachhaltige und dauerhafte Gewichtsreduktion empfohlen. Ohne die zusätzliche (überflüssige) Mehrbelastung, die das Übergewicht mit sich bringt, erfährt das Kniegelenk sofort Entlastung. Bei bestehendem Übergewicht empfehlen sich zur Gewichtsreduktion knieschonende, moderate Ausdauersportarten wie Radfahren oder Schwimmen zum Abnehmen. Im Zweifel oder bei Unsicherheiten berät ein Haus- oder Sportarzt oder ein Physiotherapeut gerne.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 13.07.2016 - Letzte Änderung: 30.03.2024