Knorpelschaden an der Hüfte

Allgemeines

Normalerweise gewährleistet der Aufbau des Knorpels eine schmerzfreie und optimale Bewegung im Gelenk. Durch ihn können die beiden beteiligten Knochen, vom Oberschenkel und der Hüfte, hin und her Gleiten und alltägliche Bewegungen wie Treppensteigen und Laufen ohne Probleme ausführen. Ohne den Knorpel währen diese Bewegungen undenkbar.

Die Knorpelglatze beschreibt den Zustand, wenn kein Knorpel mehr vorhanden ist. Lesen Sie für mehr Informationen den Artikel unter: Knorpelglatze - Ist das gefährlich?​​​​​​​

Das Hüftgelenk wird gebildet aus dem Kopf des Oberschenkelknochens (Caput femoris) und der Hüftgelenkspfanne (Acetabulum). Beide Strukturen sind mit Knorpel überzogen. Die Knorpelstruktur und Gelenkflüssigkeit sorgen dafür, dass bei Bewegungen keine Reibungen und Schmerzen entstehen. Falls ein Knorpelschaden vorliegt, also eine Art Riss im Knorpelgewebe, kann es zu Schmerzen kommen, die unter Umständen behandelt werden müssen. Es kann sich hierbei um einen kleinen Riss handeln, aber auch unter Umständen deutlich größere Ausmaße (bis zu 2€-Stück Größe) annehmen. Problematisch bei einem Knorpelschaden ist, dass der Knorpel nicht, wie die meisten anderen Strukturen in unserem Körper, über eine eigene Blut- oder Nervenversorgung verfügt, sondern größtenteils über die umliegenden Strukturen mitversorgt wird. Falls Knorpelgewebe zu Schaden kommt, ist eine körpereigene Regeneration meist aus diesem Grund nur sehr eingeschränkt möglich.

Lesen Sie mehr zum Thema: Knorpelschaden

Ursachen eines Knorpelschadens der Hüfte

Da das Knorpelgewebe für unsere Gelenke unabdingbar ist um eine gleichmäßige, schmerzfreie Bewegung auszuführen, ist es nicht verwunderlich, dass bei der leichtesten Störung in dieser optimalen Konstruktion Beschwerden auftreten, die einer Abhilfe erfordern.
Die Gründe für einen Knorpelschaden sind nicht immer eindeutig zu diagnostizieren. So kann ein Schaden der den Knorpel bildenden Knorpelschicht mehrere Ursachen haben.

Die Ursachen lassen sich in erworbene und angeborene Ursachen einteilen. Zu den angeborenen Ursachen gehören anatomische Faktoren, wie unterschiedliche Beinlängen, und X- oder O- Beine.
Zu den erworbenen Ursachen gehören traumatische, sowie entzündliche Prozesse. Ein vorangegangener Unfall ist typisch für einen solchen Abrieb des Knorpelgewebes, aber auch falsche, zu große Belastungen können als Folge einen solchen Schaden hervorrufen. Wenn das Gelenk einer plötzlichen, sehr starken Belastung ausgesetzt wird, zum Beispiel bei einem Autounfall oder beim Sport, kann der Knorpel beschädigt werden. Diese Prozesse müssen jedoch nicht unbedingt plötzlich passieren, sondern können sich über viele Jahre hinweg entwickeln. So kann auch jahrelanger Leistungssport das Knorpelgewebe beschädigen. Teilweise kommt es außerdem zu einem Absplittern eines Knorpelstücks, welches wiederum zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen kann. Risikofaktoren für das Entstehen einer chronische Erkrankung der Gelenke, wie Arthritis, sind typischerweise Übergewicht, und bestimmte Berufsgruppen, die ihren Gelenken zu hohen Belastungen aussetzen. Oft sind Schäden die auf eine langjährige Belastung zurückzuführen sind grossflächiger als bei einem Schaden nach einem traumatischen Ereignis (Verkehrsunfall, Sportverletzung).

Ein Knorpelschaden kann außerdem auftreten, wenn Stoffwechselstörungen wie Gicht vorliegen, oder Infektionen durch bestimmte Bakterien vorangegangen sind. Hierbei ist es nicht unbedingt nötig, dass die Infektion im Hüftgelenk vorlag. Rheumatische Erkrankungen, wie die rheumatoide Arthritis können außerdem der Grund für den Knorpelschaden im Hüftgelenk darstellen.

Bei der Entstehung eines Knorpelschadens am Hüftgelenk spielen außerdem Einflussgrößen wie Alter und individuelle Belastungen für das Gelenk eine entscheidende Rolle. Der Schaden kann in manchen Fällen einseitig auftreten, präsentiert sich jedoch meist auf beiden Hüftgelenken. Die Diagnose wird häufig im Alter zwischen 40 und 50 Jahren gestellt.

Abbildung Knorpelschaden am Beispiel Kniegelenk

  1. Gelenkknorpel
    (hyaliner Knorpel) -
    Cartilago articularis
  2. Umbauzone von Knorpel
    in Knochen -
    Zona ossificationis
  3. Gelenkkörper (Gelenkknorren
    des Oberschenkelbeins) -
    Condylus femoris
  4. Oberschenkelknochen -
    Femur
  5. Gelenkknorpel -
    Cartilago articularis
  6. Außenband -
    Ligamentum collaterale fibulare
  7. Äußerer Meniskus -
    Meniscus lateralis
  8. Innerer Meniskus -
    Meniscus medialis
  9. Wadenbein - Fibula
  10. Schienbein - Tibia

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Symptome

Die Symptome eines Knorpelschadens im Hüftgelenk sind typisch für ein Gelenkschaden in diesem Bereich. Hierzu gehören:

  • Schmerzen, welche häufig belastungs- und lageabhängig sind
  • ein „Knacken“ im Gelenk, mit oder ohne damit verbundener Schmerzen
  • Schmerzen in der Nacht
  • ein Instabilitäts-Gefühl des Hüftgelenks
  • Bewegungseinschränkungen im Gelenk
  • Schwellungen und andere Entzündungszeichen wie Erwärmung, und Rötung.

Die Beschwerden treten, falls ihnen eine chronische Erkrankung zugrunde liegt, oft periodisch auf. In einigen Wochen oder Monaten sind die Schmerzen extrem stark, wobei in anderen Wochen die Beschwerden gut tolerierbar sind. Wenn solche oder ähnliche Symptome vorliegen, sollte in jedem Fall der behandelnde Arzt aufgesucht werden, damit das Problem erkannt und unter Umständen behoben werden kann.

Diagnose

Beim Verdacht auf einen Knorpelschaden im Hüftgelenk ist ein Facharzt für Orthopädie oder Allgemeinmedizin. Für die Diagnosestellung ist eine ausführliche Anamnese der betroffenen Person wichtig, da nur so bestimmte Erkrankungen ausgeschlossen werden können. Hierbei ist entscheidend, ob der Schmerz in direktem Zusammenhang mit einem Unfall steht und wann bzw. wie lange schon die Schmerzen auftreten. Der Arzt wird einige Tests durchführen und die Stabilität und Bewegungsfreiheiten untersuchen.
Zudem können Röntgenbilder angefertigt werden, allerdings ist auf diesen das Knorpelgewebe nicht beurteilbar. Es können nur andere Erkrankungen ausgeschlossen werden.
Daher wird meist auch eine MRT der Hüfte (Magnetresonanztomographie) durchgeführt. Gegebenenfalls wird auch ein Kontrastmittel in die Hüfte injiziert, um Schäden genauer beurteilen zu können.
Lesen Sie mehr zum zu diesem Thema unter: MRT der Hüfte

Um die endgültige Diagnose festzustellen, ist jedoch in den meisten Fällen eine Arthroskopie nötig. Laut der International Cartilage Repair Society gibt es unterschiedliche Schweregrade für die Einteilung von Knorpelschäden:

Grad 0: (normal) gesundes Knorpelgewebe
Grad 1: Der Knorpel hat weiche Stellen oder Blasen
Grad 2: Kleine Beschädigungen des Knorpels sind sichtbar
Grad 3: Beschädigungen mit Spaltbildung (bei mehr als 50% des Knorpelgewebes im Gelenk)
Grad 4: Die Beschädigungen des Knorpels gehen bis auf den darunterliegenden Knochen und exponieren diesen.

Nach dieser Einteilung wird die passende Therapie für den jeweiligen Patienten festgelegt.

Lesen Sie mehr zum Thema: Arthroskopie der Hüfte

Therapie

Die passende Therapie für den Knorpelschaden im Hüftgelenk hängt ganz entscheidend von den gegebenen Umständen ab. So kann sich das Knorpelgewebe bei Kindern relativ gut selbst regenerieren, solange der Schaden ein gewisses Ausmaß nicht überschreitet. Der Knorpel Erwachsener regeneriert sich kaum von selbst, weswegen in diesen Fällen meist für eine Operation entschieden wird. Bei einer sehr geringen Schädigung kann unter Umständen mit einem chirurgischen Eingriff noch abgewartet werden, und mit einer nicht operativen Therapie begonnen werden. Hierzu zählen physiotherapeutische und physikalische Behandlung, sowie einer schmerzlindernden medikamentösen Therapie.

Da Knorpelschäden im Hüftgelenk proportional häufig mit einer hohen Belastung des Gelenks korrelieren, ist es vorrangig, diese Belastung, wenn möglich, abzustellen. Dies betrifft bestimmte Bewegungen, sowie Belastungen, die auf Übergewicht zurückzuführen sind. Falls ein Übergewicht vorliegt, sollte dies so schnell wie möglich in Normalgewicht reduziert werden. Jeder Schritt würde sonst den Knorpel unnötig belasten. Deshalb sollte unter Umständen eine Ernährungs- sowie Sportberatung erfolgen. Einlagen für die Sport- und Alltagsschuhe können außerdem die Belastung auf das Gelenk etwas reduzieren. Langes Stehen, schweres Heben und das Laufen auf unebenen Boden sollte außerdem vermieden werden. Die Einnahme von Schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten (NSARs) kann außerdem helfen. Falls der Knorpelschaden gering ausfällt und die äußeren Umstände des Betroffenen (Alter, Begleiterkrankungen, etc.) es zulassen, kann eine solche Therapie durchaus erfolgversprechend sein.

Dennoch ist in den meisten Fällen eines schweren Knorpelschadens eine Operation im Hüftgelenk nicht zu umgehen. Die Operation erfolgt meist minimal-invasiv mittels Hüftgelenkarthroskopie. Es gibt einige Methoden, um das beschädigte Gewebe im Hüftgelenk zu reparieren. Hierzu zählt das sogenannt Mikrofraktuierung, bei der Einblutungen entstehen und das Gewebe zur Knorpelbildung anregen. Außerdem gibt es das Verfahren der Knorpeltransplantation, bei der Knorpel aus anderen Gelenken entnommen, und in das betroffene Gelenk eingesetzt wird, beziehungsweise das Verfahren der Stammzelltransplantation, bei der Stammzellen zur Bildung von Knorpelgewebe angeregt werden, und das Material dann in das betroffene Gelenk eingesetzt wird.

Operation bei einem Knorpelschaden der Hüfte

Die Behandlung von Knorpelschäden an der Hüfte richtet sich nach dem Schweregrad der Hüftgelenksarthrose (Einteilung nach ICRS: International Cartilage Society).

  • Besteht eine Hüftgelenksarthrose der Stufe 1, findet eine minimal-invasive Hüftgelenksspiegelung (Arthroskopie der Hüfte) durchgeführt, bei der überwuchernder Knochen und freie Gelenkkörper entfernt sowie eingerissene Knorpelanteile und die teilweise beeinträchtigte Gelenkskapsel abgetragen werden.
  • Bei fortgeschrittener Arthrose in der Stufe 2 bei jüngeren Patienten unter 60/65 Jahren macht ein gelenkserhaltender Eingriff über eine Arthroskopie kaum noch Sinn. Hier kommen Hüftgelenksprothesen zum Einsatz, die in Voll- oder Teilnarkose über einen Hautschnitt über dem seitlichen Hüftgelenk (anterolateraler Zugang) eingebaut werden. Um möglichst viel des gesunden Hüftgelenks bzw. Oberschenkelknochens zu erhalten, wird in diesem Fall meist entweder nur eine Hüftkopfkappe ohne Oberschenkelhalsresektion oder eine Implantation einer Kurzschaftprothese durchgeführt.
  • Bei einer fortgeschrittenen Hüftgelenksarthrose Stufe 3 bei älteren Patienten über 60/65 Jahren wird hingegen in der Regel ein vollständiger Hüftgelenksersatz angestrebt, wobei sowohl der Hüftkopf als auch die Hüftpfanne ersetzt werden.

Knorpelzüchtung (ACT)

Unter Knorpelzüchtung wird die sogenannte Knorpelzelltransplantation (synonym auch autologe Chondrozytentransplantation (ACT)) verstanden, bei der es durch einbringen von Knorpelzellen in das betroffene Gelenk (z. B. Hüftgelenk) zu einem Wiederaufbau von Gelenkknorpel kommen kann.
Dieses Verfahren wird zumeist bei jüngeren Hüftgelenkspatienten mit einem zwar tiefen aber lokal begrenzten Knorpelschaden, der von noch intaktem Knorpelgewebe umgeben ist, durchgeführt.

In der Regel werden für die Knorpeltransplantation körpereigene Knorpelzellen verwendet, in bestimmten Fällen kann aber auch auf Spenderzellen zurückgegriffen werden.
Bei der körpereigenen Knorpelzüchtung werden dem Patienten aus einem intakten Knorpelbereich im Rahmen einer Gelenksspiegelung (Arthroskopie) gesunde Knorpelzellen mittels einer Biopsie entnommen, die dann anschließend im Labor unter bestimmten Bedingungen kultiviert werden können. Diese Knorpelzellen werden dann in einem weiteren Schritt im Serum des patienteneigenen Blutes, welches ebenfalls während der Gelenksspiegelung entnommen wurde, über 3-4 Wochen angezüchtet bzw. vermehrt.

Im letzten Schritt werden die herangezüchteten Zellen dem Patienten in einem erneuten, minimal-invasiven Eingriff am Hüftgelenk wieder reimplantiert, nachdem das defekte Knorpelgewebe entfernt wurde. Die eingebrachten Knorpelzellen wachsen nun in den Defekt ein und vermehren sich, sodass nach ca. 1 Jahr eine vollständige Regeneration des Knorpels erwartet wird.

Risikogruppen und Prophylaxe

Es gibt einige Faktoren, die das Entstehen eines Knorpelschadens im Hüftgelenk fördern. Hierzu zählen Gruppen die aus beruflichen, sportlichen oder anatomischen Gründen dem Hüftgelenk eine außerordentliche Belastung zumuten. Personen sind außerdem gefährdet, wenn sie an Aktionen teilnehmen, bei denen Verletzungen von außen auf das Hüftgelenk nicht ausgeschlossen werden können.

Ein Knorpelschaden am Hüftgelenk kann durch eine schonende Behandlung des Gelenks in vielen Fällen erfolgreich vermieden werden. Dazu gehört, belastende Bewegungen in der Freizeit sowie im Beruf zu vermeiden, sowie das eigene Körpergewicht dahingehend zu reduzieren, dass die mechanische Belastung des Gelenks reduziert wird. Es kann außerdem notwendig sein, auf besonders belastende Sportarten zu verzichten, wenn ein Knorpelschaden am Hüftgelenk bekannt wird und Schmerzen in dieser Region bestehen.

In jedem Fall ist es ratsam, den behandelnden Arzt aufzusuchen und diesem die Problematik zu erklären, damit Folgeschäden eines nicht behandelten Knorpelschadens vermieden werden können.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 12.08.2014 - Letzte Änderung: 30.03.2024