Kaliummangel

Synonyme

Hypokaliämie, Kaliumdefizit

Grundlagen

Kalium ist ein Elektrolyt (Mengenelement), das vor allem für die Erregbarkeit von Muskel- und Nervenzellen und für den Flüssigkeits- und Hormonhaushalt wichtig ist. Es muss dem Körper von außen regelmäßig zugeführt werden, da jeden Tag eine kleine Menge ausgeschieden wird. Kalium kommt in großen Mengen in Fleisch, Obst (Bananen, Aprikosen, Feigen etc.), Nüssen und Gemüse (Kartoffeln) vor.

Elektrolyte verteilen sich nach Aufnahme durch die Nahrung im Körper in verschiedenen Räumen. Dies sind hauptsächlich das Blut auf der einen und die Zellinnenräume und Zellzwischenräume auf der anderen Seite. Das gesamte Kalium des Körpers findet sich zu 99% in den Zellinnenräumen. Folglich liegt es in den Zellinnenräumen in sehr hoher (~150 mmol/l, nicht direkt bestimmbar), im Blut in sehr niedriger (~ 4 mmol/l, durch Blutabnahme bestimmbar) Konzentration vor. Dieser Konzentrationsunterschied muss aufrechterhalten werden, denn er ist entscheidend für die Erregbarkeit von Körperzellen (v.a. Muskel-/Nervenzellen).

Lesen Sie mehr zum Thema unter Elektrolyte.

Kurzfristig werden Schwankungen der Blutkonzentration (z.B. durch Nahrungsaufnahme) durch das weitere Verlagern von Kalium in das Innere von Zellen ausgeglichen, langfristig kommt es in der Niere zu einer individuell variablen Ausscheidung über den Urin. Bei nicht ausreichender Nierenfunktion kann der Dickdarm diese Aufgabe vermehrt übernehmen, welcher beim Gesunden eine untergeordnete Rolle in der Kaliumausscheidung hat.

Definition

Die normale Kaliumkonzentration im Blut beträgt 3,6 – 5,4 mmol/l. Eine Konzentration unter 3,5 mmol/l wird als Kaliummangel (Hypokaliämie) bezeichnet, unter 3,2 mmol/l macht sich dieser durch körperliche Symtpome meistens bemerkbar und unter 2,5 mmol/l kann der Kaliummangel als lebensbedrohlich angesehen werden.

Vorkommen

Die Kaliumkonzentration im Blut ist anfällig für Schwankungen, da die Kaliummenge und der Toleranzbereich relativ klein sind. Es ist eine beachtliche Leistung des Körpers, die Konzentration im Blut trotz der Schwankungen der Nahrungsaufnahme konstant zu halten. Dementsprechend ist Kaliummangel eine häufige Elektrolytstörung. Die Häufigkeit liegt bei ungefähr 2-6% der stationären Krankenhauspatienten, meistens durch entwässernde Medikamente (Diuretika) bedingt. Der Großteil verläuft mild.

Entstehung

Ein Kaliummangel kann durch

  • einen Verlust von Kalium,
  • eine Störung der Umverteilung zwischen Blut und Zellinnenräumen,
  • eine zu geringe Kaliumaufnahme verursacht werden.

Ein Verlust von Kalium über die Niere in den Urin ist der häufigste Grund für einen Kaliummangel. Dies kann mehrere Ursachen haben. In den meisten Fällen sind bestimmte entwässernde Medikamente (Diuretika) ausschlaggebend, insbesondere die häufig verschriebenen Schleifendiuretika (z.B. Furosemid, Torasemid) und die Gruppe der Thiazide (z.B. Hydrochlorothiazid/HCT). Der Körper scheidet aufgrund der medikamentös bedingten hohen Flüssigkeitsverluste weniger wasserbindendes Natrium, im Gegenzug allerdings mehr Kalium aus. Auch bei der Einnahme von hochdosierten Penicillinen kommt es durch ähnliche Mechanismen zu Kaliumverlusten.

Einige Hormonungleichgewichte verursachen ebenfalls einen Kaliumverlust über die Niere. Der sogenannte Hyperaldosteronismus ist durch zu hohe Konzentrationen des Hormons Aldosteron im Blut gekennzeichnet. Aldosteron hemmt bei hoher Flüssigkeitsausscheidung Natriumausscheidung in der Niere und scheidet als Ausgleich Kalium aus. Ein erhöhter Blutspiegel führt folglich zu einem Kaliumverlust. Er kann durch einen gutartigen aldosteronproduzierenden Nebennierentumor oder eine Vergrößerung der Nebenniere (Conn-Syndrom) bedingt sein. Auch ein plötzlicher Bluthochdruckanfall, Verlegung einer Nierenarterie und häufiges Erbrechen bzw. häufige Durchfälle haben einen krankhaften Anstieg von Aldosteron zur Folge.

Beim Cushing-Syndrom ist der Cortisolspiegel im Blut erhöht. Cortisol wirkt normalerweise nicht auf den Elektrolythaushalt. Bei zu hohen Blutkonzentrationen übernimmt es jedoch die Funktion des strukturell sehr ähnlichen Aldosterons. Bei der medikamentösen Behandlung mit Cortisonpräparaten (= inaktiviertes Cortisol) und anderen Glukokortikoiden ist diese Wirkungsweise auch möglich. Besonders bei gleichzeitiger Einnahme mit Diuretika ist die Gefahr eines Kaliummangels erhöht. Auch Lakritze bewirkt auf ähnliche Weise eine höhere Kaliumausscheidung.

Darüber hinaus beeinflussen bestimmte Ernährungszustände des Körpers den Kaliumhaushalt der Niere. Häufiges Erbrechen, schlecht eingestellter Diabetes mit Überzucker, langes Hungern bzw. proteinarme Ernährung und bestimmte Diäten (z.B. Alkaline-Diät) fördern zusätzlich die Entwicklung eines Kaliummangels. Außerdem gibt es genetische Erkrankungen wie das Bartter-Syndrom und das Gittelman-Syndrom, die durch ihre Auswirkung auf die Niere einen Kaliummangel auslösen.

Ein Kaliumverlust außerhalb der Niere entsteht am häufigsten im Darm durch regelmäßige Durchfälle oder Einnahme (Missbrauch) von Abführmitteln. Dabei wird Kalium ähnlich wie in der Niere ausgeschieden. Bei Zöliakie kann es ebenfalls zu Kaliummangel kommen. Kaliumverluste über die Haut können bei schweren Verbrennungen in großem Ausmaß erfolgen, in leichter Form beim Schwitzen unter hohen Temperaturen und Anstrengung.


Gelegentlich ist auch eine Störung der Verteilung von Kalium zwischen dem Blut und den Zellinnenräumen Grund eines Kaliummangels. Wird das Kalium in die Zellen gedrängt, ist die Konzentration im Blut in der Folge vermindert. Dies ist der Fall bei einem starken Anstieg des Blut-pH-Wertes (Hyperventilation, Erbrechen), bei hohen Insulinkonzentrationen im Blut (durch Insulingabe oder bei einem akuten Überzucker) oder bei hoher Konzentration von Stresshormonen (Adrenalin) im Blut. Letzteres kann durch einen Nebennierentumor (Phäochromozytom) oder durch Gabe als Medikament bei langsamem Herzschlag der Fall sein. Beta-Agonisten (Asthmatherapie) und Coffein bewirken ebenfalls eine Umverteilung in die Zellen.

Letztlich kann auch eine verminderte Aufnahme von Kalium auslösend sein. Angesichts der großen Mengen an gespeichertem Kalium in den Zellen, dauert es jedoch lange bis die Konzentration im Blut sich ändert. Zusätzlich kann die Niere die Kaliumausscheidung bei ausbleibender Nahrungszufuhr stark reduzieren. Folglich können nur schwere Essstörungen (z.B. Magersucht) oder Alkoholmissbrauch einen Kaliummangel durch verminderte Aufnahme auslösen.

Symptome

Im Allgemeinen senkt ein Kaliummangel die Erregbarkeit der Zellen. Davon sind vor allem Muskeln und Nerven betroffen, da diese besonders auf Erregungen angewiesenen sind. Ein leichter Kaliummangel (3,5-3,2mmol/l) macht sich beim Herzgesunden meistens nicht bemerkbar. Ab einem Kaliumblutwert unter 3,2 mmol/l, vor allem bei plötzlichem Eintreten, sind körperliche Erscheinungen zu erwarten. Dazu gehören Muskelschwäche bis hin zu Lähmungen (beidseitig auftretend); es können jedoch auch Muskelkrämpfe auftreten. Außerdem können Taubheit und Fehlempfindungen wie Kribbeln entstehen.

Das Herz neigt zu Arrhythmien, was sich durch das Gefühl eines „Herzstolperns“ oder „Herklopfens“ bemerkbar macht. Eine Vorerkrankung am Herz (z.B. Herzinfarkt) oder eine Behandlung mit dem Herzmedikament Digitalis fördert dies. Da der Darm seine Beweglichkeit verliert, kann es zu Verstopfungen kommen. Des Weiteren kann eine Neigung zu hohen Blutzuckerwerten auftreten und es kann zu erhöhter Harnausscheidung kommen. Diese ganzen Erscheinungen sind meist von einer allgemeinen Müdigkeit begleitet. Der Arzt kann oft zusätzlich im EKG typische Veränderungen erkennen. Bei einem chronischen Kaliummangel, wie beim Gitelman-Syndrom, kann der Körper sich anpassen und die Symptome können entfallen.

Diagnostik

Um den Grund für den Kaliummangel herauszufinden sollten zunächst die einzunehmenden Medikamente überprüft werden. Vor allem auf Diuretika (Entwässerung), beta-Agonisten (gegen Asthma), Penicillinantibiotika und Insulin sollte geachtet werden. Auch Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts müssen berücksichtigt werden. Messungen von Blutgasen und Elektrolyten im Urin und Blut helfen bei der Ursachenfindung. Es ist auch nicht selten, dass dabei weitere Elektrolytstörungen entdeckt werden. Bei einem Verdacht auf hormonelle Ursachen (Hyperaldosteronismus) können die entsprechenden Hormone im Blut überprüft werden. Findet man die Ursache nicht, kommen auch verschwiegenes Erbrechen oder Missbrauch von Abführmitteln und Alkohol in Frage. Für das seltene Gitelman-Syndrom lässt sich das mutierte Gen nachweisen.

Therapie

In der Akutsituation besteht das Therapieziel im Ausgleich des Kaliummangels. Die fehlende Menge Kalium kann errechnet werden und sollte bei Ausbleiben von schweren Symptomen in Form von kaliumreicher Nahrung (Obst, Nüsse, Schokolade) oder Tabletten gegeben werden. Bei lebensgefährlichen Erscheinungen (wie Arrhythmien) kann Kalium direkt über das Blut gegeben werden. Es muss jedoch darauf geachtet werden, nicht zu viel Kalium zu geben, da sonst ein gefährlicher Kaliumüberschuss entsteht. Grundsätzlich sollte jedoch gegen die auslösende Erkrankung vorgegangen werden bzw. auslösende Substanzen vermieden werden.

Prognose

Die meisten Fälle eines Kaliummangels sind milden Charakters. Dabei besteht für Gesunde kaum eine Gefahr. Lediglich bei Vorerkrankungen am Herzen und bei hochgradigem Kaliummangel besteht Lebensgefahr, vor allem aufgrund von Herzrhythmusstörungen.

Kaliummangel nach einer OP

Nach operativen Eingriffen kann es vorkommen, dass ein falsch hoher Kaliumwert im Blut gemessen wird. Dies liegt daran, dass im Rahmen von Verletzungen oder Operationen es zu einem massiven Zerfall von Erythrozyten kommt, also den roten Blutkörperchen. Diese enthalten eine bis zu 25 - fach höhere Konzentration an Kalium als im Serum.

Es kann sich aber auch ein Kaliummangel nach Operationen entwickeln, wenn es im Verlauf beispielsweise zu einer Fehlernährung aufgrund veränderter Zufuhr von einzelnen Nahrungsbestandteilen kommt. Dabei können veränderte Bedürfnisse des Patienten, verminderte Flüssigkeitzufuhr, Durchfall, Erbrechen oder andere begleitende Nebenerkrankungen oder die Einnahme bestimmter Medikamente ein Rolle spielen.
Hierzu zählen unter Anderem Diuretika (also urinfördende Medikamente), das Insulin bei Diabetikern oder Abführmittel, die häufig im Rahmen der Nachsorge nach einem operativen Eingriff gegeben werden. Alle bewirken einen erhöhten Kaliumverlust.

Außerdem werden bei der physiologischen Reaktion des Körpers auf Stress Glucocorticoide ausgeschüttet. Dies sind Hormone, die in der Nebennierenrinde gebildet werden und dem Körper in einer Stressituation, beispielsweise nach einer Operation, eine erhöhte Energiebereitschaft zur Verfügung stellen sollen. Sie erhöhen dazu den Blutzuckerspiegel und hemmen Entzündungsreaktionen. Doch sie wirken auch auf die Niere und bewirken an dieser Stelle eine erhöhte Kaliumausscheidung mit dem Urin.

Kaliummangel in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung sowohl für die Mutter als auch für das Kind von essentieller Bedeutung.
Je größer das Baby wird, desto größer wird der Bedarf an Vitaminen, Mineralien und Flüssigkeit.

Lesen Sie mehr zum Thema: Vitamine in der Schwangerschaft

Auch das lebenswichtige Kalium kann im Laufe der Schwangerschaft knapp werden. Daher ist es wichtig, dass Schwangere viel kaliumhaltige Lebensmittel essen, um einem möglichen Kaliummangel entgegenzuwirken. Zu diesen zählen beispielsweise:

  • Bananen
  • Trockenobst
  • Avocados
  • Kartoffeln und
  • Nüsse

Außerdem sollte beachtet werden, dass der Kaliumspiegel eng mit dem Natriumspiegel zusammenhängt. Nimmt man viel kochsalzreiche Kost zu sich, so scheidet der Körper mehr Kalium aus.
Eine Möglichkeit zur Kaliumeinsparung ist daher die Reduktion der Kochsalzzufuhr. Ein leichter Kaliummangel lässt sich in der Regel durch die Anpassung der ernährung beheben.

Ist der Kaliummangel jedoch stärker ausgeprägt, sollte das Kalium gegebenenfalls in Form von Tabletten oder anderen künstlich hergestellten Präparaten substituiert werden.
Dies sollte jedoch unbedingt nur in Absprache mit einem Arzt erfolgen, da die selbstständige Einnahme schnell zu einem Kaliumüberschuss führen kann, was mit Lähmungen und lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen einhergehen kann.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.01.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021