Kardiologie

Einleitung

Das Wort „Kardiologie“ ist aus dem Griechischen eingedeutscht und bedeutet „Lehre des Herzens“.
Diese medizinische Disziplin befasst sich mit der Erforschung des menschlichen Herzens in seiner natürlichen (physiologischen) und krankhaften (pathologischen) Beschaffenheit und Funktion, ebenso wie mit der Diagnose und Behandlung von Herzerkrankungen.

Es gibt zahlreiche Überschneidungen der Kardiologie mit anderen humanmedizinischen internistischen Fachrichtungen wie etwa der Angiologie, Pneumologie und der Nephrologie. In Deutschland ist für kindliche und damit vor allem angeborene Herzprobleme die Kinderkardiologie als Teilgebiet der Kinderheilkunde (Pädiatrie) zuständig. Oft besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Gefäß- und Herzchirurgie.
In Deutschland hat die Kardiologie durch eine Überalterung der Gesellschaft und das stetig häufigere Auftreten des metabolischen Syndroms (erhöhte Zuckerwerte und Fettwerte im Blut, Übergewicht, Bluthochdruck) einerseits, und durch die Entwicklung neuer eingreifender (interventioneller) kardiologischer Methoden andererseits, in den letzten Jahrzehnten wesentlich an Bedeutung gewonnen.

Krankheitsbilder

Im engeren Sinne befasst sich die Kardiologie mit Erkrankungen des Herzens selbst. Darunter fallen angeborene und erworbene Fehlbildungen wie etwa krankhafte Verbindungen zwischen den beiden Vorhöfen (Artrium) oder Kammern (Ventrikel) (sogenannten Herzvitien), oder aber Fehlern der Herzklappen, Entzündungen (Endokarditis, Myokarditis, Perikarditis), Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelerkrankungen und Herzschwäche (Herzinsuffizienz), ebenso wie Verletzungen. Im weiteren Sinne beschäftigt sich die Kardiologie auch mit den das Herz selbst versorgenden Gefäßen (Herzkranzgefäße/Koronararterien), den herznahen großen Venen und Arterien (Vena cava/rechter Vorhof und Aortenbogen), sowie dem Blutkreislauf (vor allem Bluthochdruck) im Allgemeinen.
Ebenfalls der Kardiologie zuzurechnen sind Krankheitsbilder, die das Herz schädigen können, oder aber selbst durch eine Fehlfunktion des Herzens (aufgrund einer kardialen Ursache) entstehen.

Diagnostische Methoden

Neben einer genauen ärztlichen Befragung (Anamnese) spielt die körperlichen Untersuchung in der Kardiologie eine große Rolle. So können sich Durchblutungmängel und Herzschwäche (Herzinsuffizienz) durch zahlreiche Zeichen wie etwa Blässe oder Blaufärbung (Zyanose) oder aber Wassereinlagerungen in den Beinen, Bauch und Lunge ebenso verraten wie einfache diagnostische Tests.

Als prominentes Beispiel ist hier der sogenannte Hepato-Jugoläre Reflux zu nennen. Hierbei sorgt der Untersuchende durch Druckausübung auf die blutgetränkte Leber für einen vermehrten Blutrückstrom zum Herzen. Ist dieses mit dem plötzlich vermehrt zu pumpenden Blut überfordert, so staut sich das überschüssige Volumen bis hinauf in die Halsvenen zurück, die dann durch ein offenkundiges Hervorstehen imponieren und die Herzschwäche anzeigen.

Auch kann durch ein einfaches Abhören (Auskultation) des Herzens viel Information gewonnen werden. Auffälligkeiten in Pulsfrequenz und Rhythmusregelmäßigkeit sind hier durch das geübt ärztliche Ohr ebenso zu erfassen wie etwaige Klappenfehler oder eine sich durch ein Reibegeräusch verratende Verklebung des Herzbeutels bei einer Entzündung desselben.

Das Elektrokardiogramm (EKG) zeichnet in Ruhe, unter Belastung oder auch im Alltag die an der Brustwand abgeleitete elektrische Aktivität des Herzens auf und ist bei sehr vielen kardiologischen Fragestellungen als einfaches, schnelles, billiges und nebenwirkungsfreies Diagnostikum unerlässlich. Gerade bei Herzrhythmusstörungen, Mangelversorgungen des Herzmuskels (akut durch Infarkt oder schleichend durch eine Koronare Herzkrankheit (KHK)), aber auch bei Elektrolytverschiebungen ist das Anfertigen eines EKG von großer diagnostischer Bedeutung.
Aufgrund seiner oben genannten Vorteile und der Tatsache, dass sich viele Herzerkrankungen durch Veränderungen im EKG beweisen oder zumindest belegen lassen, gehört diese Untersuchungsmethode zum diagnostischen Standard, wenn bei einem Patienten in Notfall oder Routine eine herzbezogene (kardiale) Problematik vermutet wird.

Im manchen Fällen kann die labortechnische Untersuchung einer Blutprobe des Patienten nötig sein, so etwa bei Verdacht auf eine Herzmuskelschädigung zum Beispiel im Rahmen einer Minderversorgung.
Mit dem Ultraschallgerät kann entweder von außen oder aber von der Speiseröhre aus (transösophageal) des Herz in seiner Tätigkeit untersucht werden. Vor allem Fehlbildungen und Klappenfehler lassen sich so gut darstellen, ebenso ist die Herzpumpleistung messbar. Mithilfe des Doppler-Effektes können Blutströme sichtbar gemacht werden, so auch die in den mit der Herzeigenversorgung betrauten Kranzgefäßen.

Oft wird anhand eines einfachen Röntgenbildes des Oberkörpers (Thorax) die Herzgröße bestimmt (welche bei längerer Überlastung zunimmt), auch können gegebenenfalls einzelne vergrößerte Bereiche des Herzens identifiziert werden und somit einen Hinweis auf das zugrundeliegende Problem liefern.

Seltener ist es notwendig, mittels eines CT oder MRT Gerätes dreidimensionale Aufnahmen des Herzens zu machen.

Im Rahmen eines kleinen Eingriffes ist es möglich mittels Einbringung einer Sonde in das Gefäßsystem über diese vor Ort ein Kontrastmittel in die Blutbahn zu entlassen und dann durch eine kurzzeitige Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen den Gefäßverlauf (zum Beispiel der Herzkranzgefäße) darzustellen und eventuelle Probleme wie etwa Engstellen zu entdecken.
Während der Durchführung dieser sogenannten Katheteruntersuchungen, die entweder über das Venöse System in das rechte Herz, oder aber über die arterielle Gefäßbahn gegen die Stromrichtung durch die Hauptschlagader (Aorta) in das linke Herz erfolgen, ist auch ein therapeutisches Eingreifen möglich.

Therapeutische Methoden

Je nach Erkrankung ist in der Kardiologie ein unterschiedliches Vorgehen angezeigt. Generell stehen aber einige wenige Therapieklassen im Vordergrund.

Sehr viele kardiologische Erkrankungen – wie etwa Bluthochdruck, Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen - erfordern eine oft lebenslange Behandlung mit Medikamenten, wobei diese sogenannte pharmakologische Herangehensweise meist mit anderen Maßnahmen kombiniert wird.

Vor allem bei „angiologischen“ Problematiken wie der Koronaren Herzkrankheit (KHK) liegt ein wesentliches Augenmerk bei der Behandlung auf der Umstellung der Lebensweise des Patienten; vor allem vermehrte Bewegung, eine gesunde Ernährung und der Verzicht auf Tabakkonsum können wesentlich dazu beitragen, ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern oder sogar eine Besserung der Symptomlage zu erwirken.

Vor allen Dingen kann es in Notfallsituationen nötig werden, durch wohldosierte Stromstöße ein rhythmusverkehrtes Herz wieder in den richtigen Takt zu bringen. Diese sogenannte Kardioversion beziehungsweise Defibrillation kann auch, ebenso wie ein dauerhafter Grundtakt, von kleinen, implantierten Gerätschaften (Schrittmachern, Cardiovertern bzw. Defibrillatoren) übernommen werden.

Auch im Rahmen einer Katherteruntersuchung können verschiedene Eingriffe vorgenommen werden. Mit einem kleinen Ballon werden Engstellen aufgedehnt (Koronarangioplastie) und falls nötig von einem sogenannten Stent dauerhaft offen gehalten, mit kleinen Schirmchen können Wanddefekt oder Vorhofohr verschlossen werden, sogar künstliche Herzklappen können so eingeführt und befestigt werden.

Manchmal lässt sich jedoch ein chirurgisches Eingreifen nicht verhindern. Je nach Situation wird dann mit oder ohne Herz-Lungen-Maschine am offenen Herzen oder mit Schlüssellochtechnik die nötige Arbeit verrichtet. Dies kann etwa ein Klappenersatz oder ein Bypass-Einsetzen (eine Überbrückung einer verengten Stelle in einem Koronargefäß mit einem an anderer Stelle entnommenen körpereigenen) sein. In seltenen Fällen werden auch Herzverpflanzungen (Herztransplantationen) durchgeführt.

Prävention in der Kardiologie

Präventive Maßnahmen gegen kardiologische Erkrankungen erfahren in westlichen Ländern weder die individuelle, noch die gesellschaftliche Aufmerksamkeit, die sie benötigen. Der durchschnittliche westliche Lebenswandel in seiner Bewegungsarmut und mangelnder Ernährungsaufmerksamkeit begünstigt gemeinsam mit einer Raucherbiographie das Entstehen verschiedener Herz- und Kreislauferkrankungen immens.

Geschichtliches

Die Kardiologie hat sich als eines ihrer wesentlichen Teilgebiete aus der allgemeinen Inneren Medizin entwickelt. Ein Großteil der diagnostischen und interventionellen Methoden ist erst im 20. Jahrhundert entwickelt worden. So wurde etwa das EKG um die Jahrhundertwende entwickelt, die erste Herzoperation lag da erst wenige Jahre zurück. Bereits im Jahr 1929 zeigte Werner Forßmann im Selbstversuch die Möglichkeit von Katheteruntersuchungen auf.
Größere chirurgische Eingriffe wurden erst durch die Entwicklung der Herz-Lungen-Maschine im Jahr 1953 möglich. In den folgenden drei Jahrzehnten wurde dann der überwiegende Großteil der wesentlichen, die heutige Kardiologie prägenden Verfahren, Gerätschaften und Medikamente entwickelt. Auch haben sich etwa die interventionellen Kathetereingriffe erst in den letzten zwei Jahrzehnten flächendeckend durchgesetzt.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 08.07.2015 - Letzte Änderung: 12.01.2023