Unter oxidativem Stress versteht man eine Stoffwechsellage, die durch einen Überschuss an reaktiven Sauerstoffverbindungen (ROS) gekennzeichnet ist. Ursachen sind UV-Strahlung oder Schadstoffbelastung der Luft, Konsum von Alkohol oder Nikotin, sowie Mangelernährung.

Was ist oxidativer Stress?

Definition / Wie entsteht oxidativer Stress?

Der Begriff des oxidativen Stresses wurde 1985 von Helmut Sies erstmals verwandt und beschreibt eine Stoffwechsellage, die durch einen Überschuss an reaktiven Sauerstoffverbindungen (ROS) gekennzeichnet ist. Diese entstehen in jeder Zelle in den sogenannten Mitochondrien, in denen die Zellatmung zur Energiegewinnung stattfindet. Im Rahmen der Stoffwechselvorgänge in den Mitochondrien können verschiedene reaktive Sauerstoffverbindungen entstehen, wie dem Wasserstoffperoxid, Hydroxylradikalen oder Superoxid-Anionenradikale.

Diese Stoffe sind, ihrer Bezeichnung folgend, äußerst reaktiv und interagieren mit vielen anderen Bestandteilen einer Zelle. Diese Prozesse beschreibt man als Oxidierung. In einer gesunden Zelle stehen die oxidierenden Stoffe, wie die ROS, im Gleichgewicht mit reduzierenden Stoffen, was letztendlich zu einer Neutralisierung deren schädlichen Wirkung führt.

Ist dieses Gleichgewicht zugunsten der reaktiven Sauerstoffverbindungen verschoben, kommt es zu Zellschäden. Dieser Prozess wird als sogenannter oxidativer Stress bezeichnet.

Ursachen

Die Ursachen für eine Verschiebung dieses Gleichgewichts im Sinne von oxidativem Stress, kann diverse Ursachen haben. Neben äußeren Faktoren, wie zu viel UV-Strahlung oder Schadstoffbelastung der Luft, können auch eine ungesunde Ernährung und der Konsum von Alkohol oder Nikotin oxidativen Stress auslösen.

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All diesen Auslösern ist gleich, dass der Körper vermehrt Energie umsetzt, sei es für die Neutralisierung von Giftstoffen oder einem schlichten Überangebot bei ungesunder Ernährung. Dieser vermehrte Energieumsatz hat dann eine erhöhte Produktion von reaktiven Sauerstoffverbindungen zur Folge.

Ähnlich hohe Energieumsatzsteigerungen können auch durch eine aktive Immunabwehr bei Vorliegen einer Infektion oder Entzündung, oder durch Extremsport ausgelöst werden. Immer häufiger wird auch der Einfluss von Medikamenten in der Entstehung von oxidativem Stress diskutiert. Hierbei sind vor allem bestimmte Antibiotika und Hormonpräparate in Verdacht.

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Wie kann man oxidativen Stress diagnostizieren?

Die Diagnostik von oxidativem Stress beruht auf 3 verschiedenen Säulen. Zunächst erfolgt eine ausführliche Krankenanamnese, die die Abfrage verschiedener Risikofaktoren, wie eine ungesunde Ernährung, den Konsum von Alkohol oder Nikotin und vielen weiteren, beinhaltet.

Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung mit Bestimmung des Gewichts und des BMIs, sowie die Überprüfung der Gefäße anhand von Pulskontrollen. Zudem wird der Blutdruck und die Herzfrequenz gemessen.

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All diese Parameter geben zwar keinen eindeutigen Nachweis von oxidativem Stress, können jedoch unspezifische Zeichen sein. Spezifisch wird die Diagnostik erst durch die Bestimmung zahlreicher Laborparameter, wie Enzymen, Vitaminen oder bestimmten Proteinen.

Gibt es verlässliche Tests + Wie kann man oxidativen Stress messen?

Mittlerweile kann durch die Kombination verschiedenster Laborparameter eine sehr genaue Messung des oxidativen Stresses durchgeführt werden. Am genausten hat sich die Messung von Proteinen ergeben, die infolge von oxidativem Stress entstehen. Hier sind vor allem das Malondialdehyd-modifizierte LDL, eine Form des Cholesterins, und Nitrotyrosin zu nennen. Ihre Genauigkeit ist hierbei vor allem darauf zurückzuführen, dass sie nur in sehr geringem Maße Schwankungen unterliegen, wie es beispielsweise bei der Bestimmung von Enzymen der Fall ist.

Neben der Testung von Proteinen, die infolge der reaktiven Sauerstoffverbindungen entstehen, können auch deren eigentliche Gegenspieler des reduzierenden Systems gemessen werden. Diese sollten bei einem ausgeprägten oxidativen Stress, deutlich vermindert sein. Zu dieser Gruppe zählen Vitamin C und E, sowie das intrazelluläre Glutathion. Meist werden auch noch Spurenelemente wie Selen oder Zink bestimmt, da sie integraler Bestandteil vieler Enzyme sind, die in diesem Kontext aktiv sind.

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Symptome

Da oxidativer Stress per se kein eigenes Krankheitsbild darstellt, können diesem auch keine eindeutigen Symptome zugewiesen werden. Vielmehr präsentiert sich oxidativer Stress im Sinne eines Risikofaktors für viele andere Erkrankungen. Hierzu gehören Herz- Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus, neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson, aber auch Krebs.

Zudem wird vermutet, dass oxidativer Stress eine entscheidende Rolle im Prozess des Alterns einnimmt. So sollte an dieser Stelle nochmals Erwähnung finden, dass oxidativer Stress grundsätzlich in jedem Menschen vorhanden ist. Problematisch wird dieser erst, sofern ein gewisses Maß überschritten ist.

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Wie zeigt sich oxidativer Stress an der Haut?

Oxidativer Stress führt zwar selbst zu Schäden in der Zelle, wie zum Beispiel an deren äußeren Fettschicht, doch ist die Hauptwirkung von oxidativem Stress eine Verminderung von Schutz- und Reparatursystemen in der Zelle. Dies ist auch in der Haut der Fall. So können Schäden, die durch äußere Faktoren, wie UV-Strahlung entstehen, immer schlechter ausgeglichen werden, was letztendlich zu einer schnelleren Alterung der Haut führt. Anzeichen dieser sind eine immer dünner werdende Oberhaut (Epidermis), ein Flexibilitätsverlust, trockenere Haut, sowie eine deutlich verlängerte Regenerationszeit der Haut bei Verletzungen.

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Behandlung / Therapie

Da oxidativer Stress auf einer Gleichgewichtsverschiebung zugunsten des oxidativen Systems, im Sinne einer vermehrten Konzentration reaktiver Sauerstoffverbindungen, beruht, sollte eine Therapie auf der Stärkung deren Gegenspieler basieren. Diese gehören dem reduzierenden System an, werden häufig jedoch schlicht als Antioxidantien bezeichnet, um ihre Rolle als Gegenspieler zu den ROS zu verdeutlichen.

Die wichtigsten Antioxidantien sind die Vitamine A, C, E und die Spurenelemente Zink und Selen. Ihre Rolle als Schützer vor oxidativem Stress konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden. Unklar bleibt nun jedoch, ob eine ergänzende Einnahme von diesen Vitaminen und Zink tatsächlich zu einem besseren Schutz vor oxidativem Stress führen. Klar ist, dass Menschen, die einen gesunden Lebensstil führen, der eine ausgewogene Ernährung und sportliche Betätigung enthält, nicht auf die zusätzliche Einnahme von Antioxidantien angewiesen sind. Somit sollte vor der Einnahme von etwaigen Nahrungsergänzungsmittel zunächst eine Überprüfung des eigenen Lifestyles erfolgen.

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Wie kann ich oxidativen Stress durch Sport behandeln?

Grundsätzlich ist der Aussage zuzustimmen, dass Sport einen protektiven Einfluss vor oxidativem Stress darstellen kann. Hierbei zeigt sich jedoch eine deutliche Abhängigkeit von der Intensität des betriebenen Sports.

Organe, die einen hohen Energieumsatz durch die Zellatmung aufweisen, wie beispielsweise das Herz, die Leber und die Muskulatur, neigen bei körperlicher Aktivität zunächst zur Produktion von reaktiven Sauerstoffverbindungen. Diesen Organen ist jedoch auch eigen, dass sie ihre eigenen Schutzfunktionen vor oxidativem Stress infolge sportlicher Belastung dauerhaft hochfahren können, um den anfallenden oxidativen Stress zu kompensieren. Somit gilt, dass durch sportliche Aktivität grundsätzlich eine Steigerung der Schutzsysteme vor oxidativem Stress möglich ist.

Kritisch wird dies nur, sofern Sport sehr intensiv betrieben wird, da die Organe die anfallenden Sauerstoffverbindungen dann nur teilweise kompensieren können und es sogar zu einem vermehrten oxidativen Stress kommen kann. Somit ist die protektive Wirkung von Sport immer eine Frage des Maßes der körperlichen Aktivität.

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Wie kann ich oxidativen Stress durch Ernährung beeinflussen?

Um oxidativen Stress zu vermeiden, sollten im Körper stets genug Antioxidantien vorhanden sein, um diesen zu verhindern. Wie bereits erwähnt, gehören die Vitamine A, C und E, sowie die Spurenelemente Selen und Zink zu den wichtigsten Vertretern dieser Gruppe. Eine Ernährung, die auf die Vermeidung von oxidativem Stress abzielt, sollte somit reichlich dieser Stoffe enthalten. Dies ist jedoch in den meisten Fällen bereits durch den ausreichenden Konsum von Gemüse und Obst zu erreichen und es müssen keine zusätzlichen Vitaminpräparate eingenommen werden.

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Sollte dieser Wunsch trotzdem bestehen, sollte dies in Absprache mit einem Arzt erfolgen, da eine Überdosierung von Vitaminen schwere Nebenwirkungen zur Folge haben kann. Der Konsum von sehr zucker- und fetthaltigem Essen steht nicht nur in Verdacht meist wenig Antioxidantien zu enthalten, sondern die Entstehung reaktiver Sauerstoffverbindungen sogar zu fördern. Somit gilt, dass oxidativer Stress sehr gut durch eine gesunde Ernährung zu beeinflussen ist auch ohne ergänzende Präparate einnehmen zu müssen.

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Welche Erkrankungen stehen mit oxidativem Stress in Zusammenhang?

Es gibt zahlreiche Erkrankungen, denen ein Zusammenhang mit oxidativem Stress nachgesagt wird. Hierbei sind zunächst die Herz-Kreislauf Erkrankungen zu nennen. So wird vermutet, dass hoher oxidativer Stress zu erhöhten Cholesterinwerten (Hypercholesterinämie), Verkalkungen der Gefäße (Atherosklerose) und einem chronischen Bluthochdruck führen kann. Weiterhin wird oxidativem Stress eine Rolle in der Entstehung des Diabetes mellitus Typ 2 zugesprochen.

Doch auch manche neurodegenerativen Erkrankungen, wie der Morbus Alzheimer oder Morbus Parkinson, stehen im Verdacht unter anderem durch oxidativen Stress ausgelöst zu werden. Zudem konnte nachgewiesen werden, das erhöhter oxidativer Stress ein Risikofaktor für die Entstehung bestimmter Krebsarten darstellt.

Autor: Dr. Nikolas Gumpert Veröffentlicht: 14.02.2019 - Letzte Änderung: 18.09.2024