Hormonelle Medikamente

Einleitung

Bei hormonellen Medikamenten handelt es sich um verschiedene Medikamente, die Hormone enthalten. Bei Hormonen handelt es sich um körpereigene Stoffe, die nicht über die Nahrung aufgenommen werden. Beispielsweise gibt es die Geschlechtshormone, die Schilddrüsenhormone, die Hormone der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), die Hormone der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) wie Insulin oder Glukagon sowie die Hormone der Nebenniere, beispielsweise Aldosteron.

Die am häufigsten eingesetzten hormonellen Medikamente enthalten Geschlechtshormone, also entweder weibliche Geschlechtshormone, wie Östrogene oder Gestagene , oder männliche Geschlechtshormone, wie beispielsweise Testosteron oder Androgene.

Hormonelle Medikamente werden bei verschiedenen Erkrankungen eingesetzt oder sie dienen der Empfängnisverhütung oder um Wechseljahresbeschwerden zu minimieren. Einige Patienten missbrauchen hormonelle Medikamente, um beispielsweise mehr Muskelmasse zu bekommen oder aber um im Sport eine bessere Leistung zu erzielen. Andere Patienten setzten hormonelle Medikamente ein, um einen Eisprung zu erzielen und somit eine Möglichkeit zu haben, schwanger zu werden. Somit gibt es viele verschiedene hormonelle Medikamente, die alle sehr unterschiedlich eingesetzt werden und auch mitunter sehr unterschiedliche Zwecke erfüllen.

Hormonelle Medikamente für die Frau

Empfängnisverhütung

Es gibt drei verschiedene hormonelle Medikamente, die bei Patientinnen eingesetzt werden, um eine Schwangerschaft auf lange Sicht zu verhindern.

Zum einen gibt es die normale Antibabypille, sowie die Mikropille und zum anderen gibt es die Minipille, wobei sich beide anhand der eingesetzten Hormone unterscheiden. Kommt es bei einer Patientin zum ungeschützten Geschlechtsverkehr und die Patientin möchte dennoch nicht schwanger werden, so gibt es ein hormonelles Medikament, die sogenannte Pille danach, welches kurz nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden kann und somit eine Schwangerschaft verhindert.

  • Antibabypille

    Bei der Pille oder auch Antibabypille handelt es sich um ein hormonelles Medikament, welches Patientinnen prophylaktisch einsetzten, wenn sie trotz Geschlechtsverkehr keine Kinder bekommen möchten. Korrekt bezeichnet man die Pille als orales Kontrazeptivum da die Pille über den Mund (oral) eingenommen wird und eine Schwangerschaft verhindert. Die Antibabypille wird zwar nicht eingesetzt um eine Krankheit zu heilen, dennoch handelt es sich um ein hormonelles Medikament, welches neben der eigentlichen Wirkung, nämlich der Empfängnisverhütung, auch Nebenwirkungen haben kann, wie beispielsweise die Gefahr der Ausbildung eines Blutpfropfens (Thrombus). Die Antibabypille enthält zwei verschiedene Hormone, weshalb sie auch als hormonelles Medikament bezeichnet wird. Zum einen enthält die Pille das weibliche Geschlechtshormon Östrogen und zum anderen enthält sie ein Gestagen, das sogenannte Progesteron.

    Durch die Pille hat eine Patientin einen konstanten gleichbleibenden Hormonspiegel, wodurch ein Eisprung (Ovulation) unterdrückt wird und zusätzlich die Schleimhaut in der Gebärmutter (Uterus) nicht ausreichend aufgebaut wird, um eine Eizelle sich einnisten zu lassen. Dadurch unterdrückt die Pille als hormonelles Medikament den Eisprung und verhindert somit eine Schwangerschaft.
  • Mikropille

    Auch die Mikropille enthält beide Hormone, wobei hier die Hormonkonzentration sehr viel geringer ist als bei der klassischen Antibabypille. Vom Aufbau her sind sich beide hormonellen Medikamente jedoch sehr ähnlich und auch ihre Sicherheit unterscheidet sich kaum.
  • Minipille

    Die Minipille hingegen enthält ausschließlich das Hormon Gestagen und verhindert ebenfalls den Eisprung, weshalb sie als hormonelles Medikament eingesetzt wird, um eine Schwangerschaft zu vermeiden.
  • Pille danach

    Hatte eine Patientin ungeschützten Geschlechtsverkehr und nimmt anschließend das hormonelle Medikament Pille danach ein, so wird eine Schwangerschaft ebenfalls verhindert, indem sie den Eisprung so lange hinauszögern bis die Spermien bereits wieder abgestorben sind. Hierzu gibt es zwei Formen der hormonellen Medikamente. Zum einen gibt es die Pille danach, die ausschließlich Gestagene in einer hohen Konzentration enthält und zum anderen gibt es eine Pille danach mit dem Wirkstoff Uliprista.

    Auch wenn es sich bei den Verhütungspillen nicht um Medikamente im klassischen Sinne handelt, da sie keine Krankheit heilen, sondern nur eine Schwangerschaft verhindern, sollten sie als hormonelle Medikamente angesehen werden, deren Nutzen und Risiko immer gegeneinander abgewogen werden müssen.

Außerdem kann auch noch eine Drei-Monats-Spritze eingesetzt werden, die ebenfalls Gestagene enthält und einmal alle 3 Monate als Depot gespritzt wird.

Schwangerschaftswunsch / Ausbleiben der Schwangerschaft

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb eine Patientin trotz Schwangerschaftswunsch nicht schwanger werden kann. Je nach Ursache gibt es verschiedene hormonelle Medikamente, die zum Einsatz kommen können und der Patientin helfen, schwanger zu werden. Ein Grund für eine ausbleibende Schwangerschaft kann sein, dass die Patientin eine zu hohe Konzentration des Hormons Prolaktin in ihrem Körper hat. Dies kann verschiedene Ursachen haben, beispielsweise eine unzureichende Schilddrüsenfunktion (thyroidale Dysfunktion). In diesem Fall kann die Patientin hormonelle Medikamente einnehmen, die die Hormonbildung von Prolaktin unterdrücken. Dadurch wird weniger Prolaktin gebildet und die Patientin kann durch die hormonellen Medikamente schwanger werden. Liegt die Ursache darin, dass die Patientin keinen Eisprung hat, so können hormonelle Medikamente wie Clomifen  oder Gonadotropin helfen.

Hormonelle Medikamente bei Wechseljahresbeschwerden

Viele Patientinnen leiden während der Wechseljahre (Menopause) unter Wechseljahresbeschwerden. Hierbei gibt es verschiedene hormonelle Medikamente, die helfen, das hormonelle Ungleichgewicht auszugleichen und somit die Wechseljahresbeschwerden zu minimieren.

Eines dieser hormonellen Medikamente, welches aus Silberkerzenextrakten gewonnen wird, nennt sich Cimicifuga. Dieses hormonelle Medikament wirkt sehr ähnlich wie das weibliche Hormon Östrogen und kann somit helfen, Wechseljahresbeschwerden zu minimieren. Auch die Medikamente Femininon® C, Galafem® oder Jinda® können als hormonelle Medikamente helfen, die Wechseljahresbeschwerden zu minimieren. Ihre Wirkungsweise basiert darauf, dass das hormonelle Ungleichgewicht, welches während der Wechseljahre besteht, wieder ins Lot gebracht wird. Dabei werden die Strukturen des weiblichen Geschlechtshormones Östrogen imitiert, wodurch die abfallende Östrogenkonzentration während der Wechseljahre abgeschwächt werden kann. Diese hormonellen Medikamente haben einige Nebenwirkungen und können teilweise das Brustkrebsrisiko erhöhen, weshalb es immer wichtig ist, einen Nutzen-Risiko-Ausgleich zu finden und das hormonelle Medikament nur unter strenger ärztlicher Auflage und Kontrolle zu verwenden.

Hormonelle Medikamente für den Mann

Nur selten kommt es vor, dass ein Mann hormonelle Medikamente einnehmen muss, die Geschlechtshormone enthalten. Es kann jedoch sein, dass ein Patient, beispielsweise aufgrund einer Kastration, zu wenige männliche Geschlechtshormone (Testosteron) produziert. In diesem Fall kann ein Patient hormonelle Medikamente bekommen, die das Hormon Testosteron enthalten. Dadurch können unter anderem auch das sexuelle Lustempfinden (Libido) gesteigert werden, weshalb es teilweise auch zum Missbrauch dieser Medikamente kommt. Neben Testosteron kommt es vor allem bei Sportlern teilweise zum Missbrauch von Steroiden, also hormonellen Medikamenten, welche dafür sorgen, dass die Muskeln schneller aufgebaut werden, jedoch auch starke Nebenwirkungen haben. Deshalb sollten hormonelle Medikamente für den Mann, wenn sie Geschlechtshormone umfassen, immer genauestens mit dem Arzt besprochen werden damit es nicht zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt.

Hormonelle Medikamente bei Drüsenstörungen

Hormonelle Medikamente bei Schilddrüsenfunktionsstörungen

Es gibt verschiedene hormonelle Medikamente, die bei verschiedenen Schilddrüsenfunktionsstörungen (thyrioidale Dysfunktion) eingesetzt werden können. Zum einen gibt es hormonelle Medikamente, wie das Thyroxin, welches bei einer Schilddrüsenunterfunktion zum Einsatz kommt. Auch bei der Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis kommen im Laufe der Erkrankung hormonelle Medikamente zum Einsatz, wobei es sich auch hier um das sogenannte L-Thyroxin handelt. Somit kann bei einigen Funktionsstörungen der Schilddrüse, vor allem aber bei einer Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) das hormonelle Medikament L-Thyroxin verabreicht werden, das dem Körper hilft, den Stoffwechsel wieder anzuregen und somit ein gesundes Gleichgewicht schafft.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Erkrankungen der Schilddrüse.

Hormonelle Medikamente bei Bauchspeicheldrüsenstörungen / Zuckerkrankheit

Besonders häufig eingesetzt werden hormonelle Medikamente bei der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Bei der Zuckerkrankheit kommt es dazu, dass die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) nicht mehr in der Lage ist, genügend Insulin auszuschütten. Dieses Insulin sorgt normalerweise dafür, dass der Körper immer genug Energie in Form von Glukose hat.
Fehlt das Insulin, können die Organe nicht mehr adäquat arbeiten, da ihnen die Energie in Form von Glukose fehlt. Dabei kann es im schlimmsten Fall zum sogenannten diabetischen Koma kommen. Um dies zu vermeiden, gibt es hormonelle Medikamente, die das Insulin ersetzten. Hierbei wird dem Patienten mithilfe einer kleinen Spritze in den Bauch das Hormon Insulin verabreicht.

Insulin ist ein sehr häufig angewandtes hormonelles Medikament, welches vor allem bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 zum Einsatz kommt, also der Form von Diabetes, die sich meist im Kindesalter manifestiert.

Neben dem Insulin gibt es verschiedene hormonelle Medikamente, wie beispielsweise das Glukagon-like-peptide 1 (GLP1), welches bei Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzt wird. Hierbei ist noch eine Restfunktion der Bauchspeicheldrüse vorhanden, weshalb es reicht, diese anzuregen mehr Insulin auszuschütten. Im Endstadium des Diabetes mellitus Typ 2 muss jedoch häufig auf das hormonelle Medikament Insulin zurückgegriffen werden.

Hormonelle Medikamente bei Ausfall der Hirnanhangdrüse

Es gibt verschiedene Ursachen, weshalb die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) keine Hormone mehr produziert. Beispielsweise kann es durch eine Blutung im Gehirn dazu kommen, dass die Hypophyse eingeengt wird und anschließend einen Funktionsausfall hat. Dies kann unter anderem bei einer Geburt auftreten, da es hierbei zu einem erhöhten Druck im Bereich des Gehirns kommt. Zwar ist ein Ausfall der Hirnanhangsdrüse selten, dennoch kommt es immer wieder vor. Patienten, die davon betroffen sind müssen viele hormonelle Medikamente einnehmen, um den Verlust der hormon-produzierenden Hirnanhangsdrüse ausgleichen zu können. Insgesamt müssen alle Hormone dem Patienten über hormonelle Medikamente zugefügt werden, die der Körper durch den Ausfall der Hirnanhangsdrüse nicht mehr selber produzieren kann. Dazu gehören das Schilddrüsenhormon Thyroxin, Hydrocortison, bei einer Patientin die weiblichen Geschlechtshormone Östradiol sowie Progesteron-Derivate und bei einem Patienten das männliche Geschlechtshormon Testosteron. Zusätzlich muss das Hormon „Growth hormon“ oder kurz GH genannt, gegeben (substituiert) werden. All diese hormonellen Medikamente sind notwendig, damit der Patient ein normales Leben führen kann.

Hormonelle Medikamente in akuten Situationen

Während einer akuten Situation, wie einer Operation oder auch bei einem Kreislaufstillstand, einem Schock oder einem Herzstillstand, kann es dazu kommen, dass ein Arzt einem Patienten bestimmte hormonelle Medikamente verabreicht. Diese werden meist über die Vene, also ein Blutgefäß, das meist sauerstoffarmes Blut transportiert, gegeben (appliziert). Hierbei handelt es sich beispielsweise um das Hormon Adrenalin oder um das Hormon Noradrenalin. Diese sorgen dafür, dass der Kreislauf des Patienten angeregt wird. Die Herzfrequenz steigert sich und der Puls wird schneller. Dies kann in akuten Situationen sehr hilfreich sein, weshalb bestimmte hormonelle Medikamente hier unabdinglich sind.

Hormonelle Medikamente bei Osteoporose

Bei der Osteoporose kommt es dazu, dass die Knochendichte abnimmt und somit die Knochen vor allem an der Wirbelsäule immer weiter in sich zusammensacken und es mitunter auch zu Brüchen (Frakturen) kommen kann. Vor allem Patientinnen jenseits der Wechseljahre (Menopause) sind davon betroffen.

Um die Osteoporose zu verringern, können hormonelle Medikamente eingenommen werden, die das Hormon Calcitonin enthalten. Diese hormonellen Medikamente sorgen dafür, dass die Knochendichte wieder größer wird, wodurch der Knochen eine dichtere Struktur bekommt und nicht mehr so leicht in sich zusammenfällt. Da durch ein hormonelles Medikament, welches das Hormon Calcitonin enthält, jedoch auch das Krebsrisiko zu steigen scheint, wird das Medikament nur noch selten verwendet, stattdessen kommen die sogenannten Bisphosphonate zum Einsatz.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Therapie Osteoporose.

Hormonelle Medikamente bei Nierenversagen

Bei einem Nierenversagen (einer Niereninsuffizienz) kommt es dazu, dass das Hormon Erythropoitin (kurz EPO) nicht in ausreichender Menge hergestellt werden kann. Dieses Hormon ist jedoch entscheidend bei der Neubildung von roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Kommt es also dazu, dass die Niere aufgrund eines Nierenversagens nicht mehr ausreichend Erythropoitin produzieren kann, so muss dieses in Form eines hormonellen Medikaments unter die Haut gespritzt werden. EPO wurde jedoch häufig von verschiedenen Hochleistungssportlern missbraucht, indem sie sich das Medikament spritzen um dadurch mehr rote Blutkörperchen und somit eine bessere Leistung im Sport zu erzielen. Diese Art von Doping ist jedoch streng verboten und kann dazu führen, dass Sportler von einem Wettkampf disqualifiziert werden oder aber ihre Siege nicht zugestanden bekommen.

Hormonelle Medikamente mit Somatostatin

Es gibt drei verschiedene Erkrankungen, bei denen eine Therapie mit hormonellen Medikamenten Sinn macht, welche Somatostatin als Hormon enthalten.
Zum einen können solche Medikamente bei Patienten eingesetzt werden, die unter unnormalen (pathologischem) Höhenwuchs (Akromegalie) leiden, welches dadurch entsteht, dass in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) zu viele Wachstumshormone gebildet werden, meist aufgrund eines Tumors. Hierbei können die hormonellen Medikamente mit dem Bestandteil Somatostatin helfen, das Wachstum der Patienten zu stoppen und somit die damit verbundenen Symptome zu lindern.

Eine weitere Indikation für hormonelle Medikamente mit dem Bestandteil Somatostatin ist ist ein neuroendokriner Tumor, ein sogenanntes Karzinoid. Auch bei der portalen Hypertension, also einem Bluthochdruck in der Pfortader, die zur Leber führt, können hormonelle Medikamente mit Somatostatin eingesetzt werden.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 29.01.2016 - Letzte Änderung: 22.10.2021