Eitrige Meningitis

Synonyme im weiteren Sinne

bakterielle Meningitis, Haubenmeningitis, Konvexitätsmeningitis, Leptomeningitis, Meningokokkenmeningitis

Medizinisch: Meningitis purulenta

Englisch: meningitis, brain-fever

Allgemeine Informationen

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Definition

Der Begriff eitrige Meningitis (eitrige Hirnhautentzündung) beschreibt eine eitrige Entzündung (-itis) der Hirn- und Rückenmarkshäute (Meningen), welche durch unterschiedliche Erreger ausgelöst werden kann.
Die eitrige Meningitis (eitige Hirnhautentzündung) wird meist durch Bakterien verursacht. Sie geht mit hohem Fieber und schwerem allgemeinem Krankheitsbild wie Bewußtseinstrübung einher und stellt einen absoluten Notfall dar, der sofort behandelt werden muss.

Symptome

Das Symptome der eitrigen Meningitis ist in der Regel für alle Erreger ähnlich. Oft beginnt es mit einer Phase grippeähnlicher Beschwerden wie:

  • Abgeschlagenheit
  • Temperaturerhöhung / Fieber
  • Gliederschmerzen

Diese Phase wird medizinisch als Prodromalstadium bezeichnet. Dem Prodromalstadium folgt das Generalisationsstadium. In diesem Stadium überschwemmt der Erreger den Körper, um dann in ein sehr akutes, schweres Krankheitsbild mit:

  • hohem Fieber
  • stärksten Kopfschmerzen (Stadium der Entzündung der Hirnhaut)
  • Nackensteifigkeit (Meningismus)

Symptome bei Säuglingen und Kindern

Bei Säuglingen und Kleinkindern ist es schwieriger, eine Meningitis als solche zu erkennen. Die Symptome sind nicht so ausgeprägt wie bei Erwachsenen. Die Kinder können apathisch sein oder schrill schreien und verweigern die Nahrungsaufnahme.
Zeichen für Hirndruck sind Erbrechen und eine vorgewölbte Fontanelle (Knochenlücke im Schädel des Säuglings).
Die Hirnhautentzündung beim Kind sollte wenn möglich in einer Kinderklinik behandelt werden.

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Hierbei können die Patienten den Kopf nicht oder nur unter heftigen Schmerzen auf die Brust legen, weil durch diese Bewegung die entzündeten Hirnhäute, die das Rückenmark / Halsmark umgeben, gedehnt und gereizt werden (poschkeititives Dehnungszeichen). Die Patienten weisen eine erhöhte Empfindli gegen alle Sinnesreize auf; Berührungen der Haut, helles Licht oder laute Geräusche werden als schmerzhaft empfunden. Oft bestehen Schwindel und Schüttelfrost.

Nicht selten entwickeln sich enzephalitische Begleitsymptome. Das bedeutet, dass nicht nur die Hirnhaut, sondern auch das Gehirn gereizt wird, was mit Bewusstseinsstörung und psychischen Symptomen einhergehen kann. Häufig greift eine Hirnhautentzündung auch auf das Gehirn über, da es ja mit dem „erregertragenden“ Nervenwasser umspült wird (Meningoenzephalitis).
Das Bewusstsein ist dann oft getrübt und kann von leichter Benommenheit über delirante Zustände bis hin zum Koma reichen. Die Patienten können verwirrt sein und ihre Umgebung verkennen, weshalb bei älteren Patienten die Gefahr besteht, dass die Erkrankung als Schlaganfall oder akuter Verwirrtheitszustand fehlgedeutet wird.
Weitere Symptome können ausgeprägte Unruhe oder Krampfanfälle (Epilepsie) sein.
Bei 10 % der Patienten kommt es zu einer Hirnnervenbeteiligung, bei 10-20 % zu Hörstörungen aufgrund einer Mitbeteiligung des Labyrinths des Innenohrs.

Aufgrund der Entzündung im Gehirn kann es auch passieren, dass sich Hirndruck aufbaut (intrakranielle Drucksteigerung), denn entzündliche Prozesse neigen dazu, mit Schwellung / Wasseransammlungen (Ödemen) einherzugehen, damit die körpereigene Abwehr besser arbeiten kann (wie man es z.B. auch von Insektenstichen kennt).
Bei den meisten entzündlichen Prozessen kann diese Schwellung nach außen ausweichen. Da der Schädel jedoch nach außen knöchern begrenzt ist und innen nicht soviel Platz ist, drückt sich das Gehirn, wenn es anschwillt, förmlich selbst zusammen (Hirnödem).
Zeichen für einen erhöhten Hirndruck sind Erbrechen und rasche Bewusstseinsverschlechterung. Überlebenswichtige Zentren im Gehirn werden dann zusammengedrückt und gereizt. Manchmal baut sich der Hirndruck so schnell auf, dass man ihn nicht mehr beherrschen kann, und der lebensbedrohende Zustände trotz sofortiger Behandlung eintreten können.

Insbesondere bei der Hirnhautentzündung durch Meningokokken (Meningokokkenenzephalitis) kann es vorkommen, dass kleine punktförmige Hautblutungen auftreten, die sich nicht wegdrücken lassen (petechiales Exanthem).
Wenn sie auftreten, ist höchste Dringlichkeit geboten, da sie Zeichen für eine Blutvergiftung (Sepsis) durch die Bakterien bzw. ihre Bestandteile, die Endotoxine = Bakteriengifte, darstellen.
75 % der Patienten mit einer Meningokokkenmeningitis weisen solche oder andere Hautveränderungen auf.
Die Meningokokkensepsis (ca. 50 % der Fälle von Meningokokkenmeningitis) ist gefährlicher als die Meningitis selbst, weil die Endotoxingifte der Bakterien das Gerinnungssystem im Blut aktivieren und die im Blut gelösten Gerinnungsfaktoren verbrauchen (Verbrauchskoagulopathie, disseminierte intravasale Gerinnung).
Hierdurch blutet es nicht nur in die Haut, sondern auch in andere Organe, insbesondere in die Nebenniere (Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom), eine Schocksymptomatik kann entstehen (Endotoxinschock).
Trotz rechtzeitiger Behandlung liegt die Letalität (Sterblichkeitsrate) bei diesem schlagartigem Verlauf immer noch bei 85 %.

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Ursachen / Entstehung

Die Entstehung der eitrigen Meningitis kann auf drei Ursachen zurückgeführt werden.

  1. Eitrige Hirnhautentzündung über den Blutweg (meist nach Tröpfcheninfektion, z.B. über Husten oder Schnupfen)
  2. fortgeleitete Hirnhautentzündung
  3. direkte (sekundäre) Hirnhautentzündung

Eitrige Hirnhautentzündung
Die häufigste ist die Verbreitung der Erreger mit dem Blutstrom (hämatogene Meningitis). Dies kann zum einen der Fall sein, wenn eine bakterielle Infektion (z.B. des Nasen-Rachen-Raumes (Schnupfen) oder der Lunge (Husten)) generalisiert, d.h. die Erreger sich mit dem Blut in den ganzen Körper ausbreiten.
Zum anderen können Erreger aus einem chronischen Eiterherd immer wieder ins Blut geschwemmt werden, beispielsweise bei einer chronischen Endokarditis (Herzmuskelenzündung / Herzklappenentzündung = Erreger streuen vom Herzen aus) oder einer Osteomyelitis (chronische Knocheneiterung = Erreger streuen vom Knochen aus).

Häufigste Erreger: Meningokokken, Pneumokokken, Streptokokken, Staphylokokken, Enterokokken

Fortgeleitete Meningitis
Die fortgeleitete Meningitis entsteht meist aus einer Infektion am Kopf, z.B. einer (akuten oder chronischen) Nasen-Nebenhöhlen-Infektion, Mittelohrentzündung oder Mastoiditis (als Prozessus mastoideus wird der hinter dem äusseren Gehörgang gelegene Knochen des Schläfenbeins genannt.
Es handelt sich um einen mit Luft gefüllten Knochen, der mit dem Mittelohr in Verbindung steht). Die Erreger wandern hier durch die dünnen Knochenwände des Schädels in den sogenannten Subarachnoidalraum und führen so zur Infektion.

Der Subarachnoidalraum liegt mit den drei Hirnhäuten zwischen dem knöchernen Schädel und dem Gehirn und ist umspült von Nervenwasser, dem sog. Liquor cerebrospinalis. Bakterien, die durch den Knochen in diesen Raum eintreten, passieren zuerst die äußere, harte Hirnhaut (Dura mater). Hierunter liegt die mittlere, zarte Spinnengewebshaut (Arachnoidea), unter der sich besagter Raum befindet (sub = unter, sub-arachnoidal = unter der Spinnengewebshaut gelegen), der mit Nervenwasser angefüllt ist und von dem aus sich die Erreger leicht über die ganze Fläche des Gehirns (und des Rückenmarks) verbreiten können. Die untere Begrenzung dieses Subarachnoidalraums bildet die innere, weiche Hirnhaut (Pia mater), die als zarte Schicht dem Gehirn direkt aufliegt und ihm in seine Furchen und Windungen folgt.

Häufigste Erreger: Pneumokokken, Meningokokken.

Direkte (sekundäre) Hirnhautentzündung
Auch bei Schädelverletzungen wie beim Schädelbasisbruch können Bakterien, die den Nasen-Rachen-Raum und die Nebenhöhlen besiedeln, leicht in den Subarachnoidalraum einwandern, besonders wenn die äußere, harte Hirnhaut verletzt worden ist. Bei offenen Schädelverletzungen schließlich haben die Erreger direkten Zugang zu den Liquorräumen, so dass es in vielen Fällen innerhalb kurzer Zeit zu einer Entzündung kommt.

Häufigste Erreger: Pneumokokken, Hämophilus influenzae, Staphylokokken.

Diagnose

Außer dem klinisch eindrucksvollen und richtungweisenden Krankheitsbild ist die vorrangige Untersuchung bei Verdacht auf eine bakterielle Meningitis die Entnahme und Untersuchung des Nervenwassers (Liquor). Man sollte es vor Einleitung einer antibiotischen Therapie gewinnen und auf Erreger, Zellen, Eiweiß, Zucker und Laktat untersuchen. Diese Faktoren geben Hinweis auf die Art einer Entzündung.

Der normale, gesunde Liquor ist wasserklar.
Er wird an bestimmten Stellen im Gehirn vom Blut abfiltriert und verteilt sich dann innerhalb der Hirnhäute über Gehirn und Rückenmark. Zu seiner Entnahme geht man mit einer Hohlnadel in einen der Zwischenräume zwischen dem 3. und 5. Lendenwirbelkörper in den Rückenmarksraum unterhalb des Rückenmarks (Lumbalpunktion). Das Nervenwasser tropft dann durch diese Nadel in sterile Röhrchen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter Lumbalpunktion.

Schon sein Aussehen kann Hinweise auf die Art der Erkrankung und auf mögliche Erreger geben: Bei eitriger Meningitis ist er trübe bis eitrig, bei viraler Meningitis klar bis allenfalls etwas trübe. Zusätzlich zum Liquor (Nervenwasser) wird immer auch Blut untersucht und beide Befunde miteinander verglichen.

Diese Untersuchung nennt man Liquordiagnostik (Untersuchung des Nervenwassers). Eine Lumbalpunktion wird nicht vorgenommen, wenn die Patienten schnell komatös geworden sind oder andere Zeichen erhöhten Hirndrucks oder Zeichen gestörter Gerinnung bestehen.

Lesen Sie mehr zum Thema: Liquordiagnostik bei eitriger Meningitis

Zur Sicherung der Diagnose wird nach Gramfärbung der Erreger (farbliches Sichtbarmachen der Erreger) unter dem Mikroskop nachgewiesen, bakteriologisch erfolgt der Nachweis durch Anlegen einer Kultur. In 70-90 % der Fälle ist damit ein Erregernachweis möglich.

Die Blutkultur (Blutausstrich auf Nährböden) ist in 30-50 % der Fälle positiv. Im Blut finden sich weiterhin eine Leukozytose (Anhäufung weißer Blukörperchen) und ein Anstieg des CRP (C-reaktives Protein, CRP-Wert), das einen unspezifischen Marker für den Ablauf entzündlicher Prozesse im Körper darstellt.
Auch das Procalcitonin im Serum ist, im Gegensatz zu einer viralen Meningoenzephalitis, erhöht.

Eine PCR (Polymerase chain reaction) zum Nachweis von Bakterien-DNA oder der Nachweis von Bakterien-Antikörpern erfolgt nur bei unklarem Liquorbefund oder ausbleibendem Erregernachweis.

Außerdem wird meist auch ein CT (= Computertomographie) des Kopfes (CCT = Cranium-Computer-Tomographie) angefertigt, um die Nasennebenhöhlen (Kieferhöhlen, Stirnhöhlen, Siebbeinzellen) sowie mögliche Einschmelzungsherde des Mastoids (Warzenfortsatz) beurteilen zu können, von denen eine Meningitis fortgeleitet werden kann.
Ebenso können andere Eiterherde wie ein Hirnabszess, Blutungen oder Infarkte (Durchblutungsstörung des Gehirns) erkannt werden.
Auch das Ausmaß des bestehenden Hirndrucks durch Hirnödem oder Hydrocephalus (Wasserkopf) wird so abschätzbar.

Komplikationen

Komplikationen:

  • Hirnödem (Schwellung des Gehirns) mit Hirndrucksteigerung
  • Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom (10-15 % der Meningokokkensepsisfälle)
  • Hydrocephalus (= Wasserkopf, d.h. das Nervenwasser kann nicht abfließen und staut sich auf) durch entzündlich bedingte Verklebungen der Hirnhäute
  • Eiteransammlungen in den Hohlräumen des Gehirns, in denen sich normalerweise Gehirnflüssigkeit befindet (Hirnventrikel; Ventrikelempyem)

Therapie

Die Therapie der eitrigen Meningitis stützt sich in der Hauptsache auf die:

  • Behandlung mit Antibiotika
  • operative Entfernung entzündlicher Herde, falls vorhanden
  • Hirndrucktherapie
  • Therapie der Komplikationen

Ist der Erreger noch nicht identifiziert, beginnt man schnellstmöglich mit einer intravenösen, aus mehreren Antibiotika kombinierten antibiotischen Behandlung, die sich nach dem vermuteten Erreger richtet.
Hinweise hierfür erhält man aus der Vorgeschichte:

  • Bei bislang gesunden Erwachsenen, aber auch bei Immungeschwächten und Alkoholikern kombiniert man initial ein Breitbandantibiotikum, das die Blut-Hirn-Schranke gut überwindet (Cephalosporine der 3. Generation, z.B. Cefotaxim oder Ceftriaxon, 3x/Tag 2 g), mit Ampicillin (3x/Tag 5 g).
  • Bei Patienten, die den Keim wahrscheinlich im Krankenhaus erworben haben (nosokomiale Infektion), nach Operationen oder Trauma, kombiniert man Vancomycin (2 g /Tag alle 6-12 Stunden) mit Meropenem oder Ceftazidim (jeweils 3x/Tag 2 g).
  • Bei jugendlichen Patienten mit Hauterscheinungen liegen mit relativ hoher Sicherheit Meningokokken vor. Hier behandelt man mit hochdosiertem Penicillin G. Ein Erregernachweis muss trotzdem erfolgen.

Liegt ein Keimnachweis vor, wird die antibiotische Behandlung dem Erreger spezifisch umgestellt. So gibt es verschiedene empfohlene Therapieschamata, die vom Erreger und seinem Resistenzverhalten (Unwirksamkeiten bestimmter Antibiotika durch Resistenzbildung) abhängen.
Die Empfindlichkeit der Erreger gegen verschiedene Antibiotika wird in einem sogenannten Antibiogramm getestet.

Penicilline greifen in die Zellwandaufbau der Bakterien ein und hindern sie so am Wachstum. Sie wirken besonders gut bei grampositiven Bakterien wie Pneumokokken und gramnegativen Kokken wie Meningokokken, die man hochdosiert mit Penicillin G über 10 bis 14 Tage behandelt. Grundsätzlich können bei Penicillin- Allergie Cephalosporine eingesetzt werden.

Ist eine eitrige Meningitis durch einen entsprechenden Entzündungsherd fortgeleitet entstanden, muss dieser Herd (Nasennebenhöhlen, Mastoid, Mittelohr; Hirnabszess; im CT erkennbar) umgehend chirurgisch ausgeräumt werden.

Die Behandlung des Hirnödems stellt eine besondere Schwierigkeit dar. Man therapiert konventionell, indem man den Oberkörper ca. 30° hochlagert, ausreichend schmerzstillende Medikamente gibt und die Körpertemperatur normalisiert.
In seltenen Fällen wird der Patient in eine Narkose gelegt (Thiopentalnarkose).
Bestehen weiterhin Hirndruckzeichen (Erbrechen, Bewusstseinseintrübung), versucht man mit der intravenösen Gabe von hyperosmolaren Lösungen, wie Glycerol-, Mannitol- oder Dextroselösungen, das Wasser „aus dem Hirngewebe in die Blutgefäße“ zu ziehen (Osmotherapie). Die Wassermoleküle fließen hierbei vom Ort niedriger Konzentration zum Ort höherer Konzentration, also aus dem Gewebe in das Blut.

Die Gabe von Steroiden wie dem Cortison, die entzündungshemmend wirken, war und ist lange umstritten, hat sich letztlich jedoch als wirkungslos für die Hirnödembehandlung erwiesen. Lediglich für Dexamethason (Fortecortin) ist ein gewisser günstiger Effekt nachgewiesen worden.
Es wird empfohlen, 10 mg Dexamethason unmittelbar vor der Gabe des Antibiotikums zu verabreichen und hiermit alle 6 Stunden über 4 Tage fortzufahren.
Neuere Studien belegen, dass sich dadurch die Sterblichkeit und die Häufigkeit ungünstiger Verläufe sowie Hörstörungen reduziert hat, was aber wohl eher auf eine allgemeine positive Beeinflussung des Krankheitsgeschehens denn auf eine Reduktion des Hirndrucks zurückzuführen ist (Deutsche Gesellschaft für Neurologie).

Besteht der Hirndruck weiter oder liegt ein Hydrocephalus vor, muss erwogen werden, eine Ventrikel-Drainage anzulegen. Hierzu wird ein Schlauch (Shunt) direkt in die Liquorräume des Gehirns eingelegt, so dass das Nervenwasser nach außen abfließen kann und der Hirndruck reduziert wird.

Bei einer Infektion mit Meningokokken kann beim schweren Verlauf einer Meningokokkensepsis (Blutvergiftung durch Meningokokken und Meningokokken-Toxine) als Komplikation das sog. Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom auftreten, bei dem eine Aktivierung des körpereigenen Gerinnungssystems mit dem Verbrauch von im Blut gelösten Gerinnungsfaktoren im Vordergrund steht, was zahlreiche kleinere und größere Blutungen in die Haut und andere Organe zur Folge hat.
Diese Gerinnungsfaktoren müssen unter ständiger Laborkontrolle ersetzt werden. Deshalb gibt man zusätzlich Blutplasma (Fresh Frozen Plasma = FFP), denn darin sind Gerinnungsfaktoren enthalten.

Ab dem Pubertätsalter wird ebenfalls eine Hemmung der Blutgerinnselbildung (Thrombose) mit gerinnungshemmenden Mitteln (Heparinen) als Thromboseprophylaxe empfohlen.

Lesen Sie mehr zum Thema: Therapie eitrige Meningitis

Prognose

Seit der Entwicklung von Penicillinen konnte die Sterblichkeit an der bakteriellen Hirnhautentzündung (Meningitis) von 80 % auf 20 % (5 – 30 %) gesenkt werden. Trotzdem hat sie sich seitdem nicht mehr wesentlich verändert: Die antibiotische Therapie hat sich zwar verbessert, aber da sich das Lebensalter der Patienten erhöht hat, ist die Gesamtsterblichkeit nicht zurückgegangen.

Ungünstige Faktoren für die Prognose der bakteriellen Hirnhautentzündung sind:

  • Schnelle Entwicklung des Krankheitsbildes
  • Bewusstseinsstörungen innerhalb der ersten 24 Stunden
  • Dauer eines Komas
  • Keine oder wenig Eiterbildung, obwohl Bakterien die Ursache sind (apurulenter Verlauf): dies deutet auf ein geschwächtes Immunsystem hin
  • Höheres Lebensalter
  • Komplikationen wie Hydrozephalus (Aufstau der Gehirnflüssigkeit), eitergefüllte Hirnventrikel (Ventrikelempyem) oder Vaskulitis (entzündliche Veränderungen der Blutgefäße)

Nach dem Abklingen der akuten Symptomatik können noch über einige Wochen und Monate allgemeine Beeinträchtigungen wie Konzentrationsschwäche, Reizbarkeit oder Schwindel bestehen.
An bleibenden Schäden (Defektheilung) ist in manchen Fällen mit

  • Schwerhörigkeit bis hin zur Taubheit durch Schädigung des empfindlichen Hörnerven (N. acusticus) zu rechnen. Auch eine Gesichtslähmung durch die Schädigung des Gesichtsnerven (Fazialisparese) oder andere Hirnnerven kann auftreten.
  • Durch Verklebung und Vernarbung der Hirnhäute kann es zu einem gestörten Abfluss des Nervenwassers und damit zu einer Druckerhöhung im Schädelinneren kommen (Hydrocephalus).
  • Im Schädelinneren verbleibende Erreger können einen abgekapselten Abszess bilden.
  • Eine Epilepsie kann ebenfalls gehäuft auftreten.

Im Allgemeinen sind schwere bleibende Schäden auf eine zu niedrige Dosierung oder eine zu kurze Dauer der Antibiotikatherapie zurückzuführen.
Bei einer Meningokokkenmeningitis mit Sepsis (Blutvergiftung) besteht zu über 50 % die Gefahr der Defektheilung mit Intelligenzminderung / Demenz.

Rehabilitation

Die Rehabilitation kann stationär in einer Rehaklinik oder ambulant in einem neurologischen Therapiezentrum durchgeführt werden.
Eine Frühförderung bei erkennbaren Defektheilungen bzw. Spätschäden ist sinnvoll und richtet sich nach den verbliebenen Defiziten, insbesondere:

Prophylaxe / Meldepflicht

Ein Patient mit Meningokokkeninfektion sollte nach Einleitung der Antibiotika-Therapie vorerst isoliert werden, da Meningokokken durch Tröpfcheninfektion und direkten Kontakt leicht übertragen werden. Nach 24 Stunden dürfte keine Ansteckung mehr erfolgen.
In dieser Zeit müssen das Krankenhauspersonal und Besucher bestimmte Hygienemaßnahmen beachten, wie das Tragen von Schutzkittel, Nasen- und Mundschutz sowie Handschuhen und die Händedesinfektion.

Engen Kontaktpersonen des Erkrankten wird eine Antibiotika-Prophylaxe empfohlen.
Diese kann der Hausarzt verordnen.
Meist wird so frühzeitig wie möglich entweder Rifampicin (2x/Tag 600 mg über 2 Tage) oder einmal eine Tablette Ciprofloxacin (500 mg) gegeben. Alternativ kann man eine einmalige Dosis Ceftriaxon in den Muskel spritzen (Erwachsene 250 mg, Kinder die Hälfte).

Da die Inkubationszeit von Meningokokken 2 – 10 Tage beträgt, ist eine Antibiotika-Prophylaxe nach 10 Tagen nicht mehr sinnvoll. Bei anderen Meningitis-Erregern sind solche Maßnahmen nicht notwendig.

Ferner muss beim begründeten Verdacht, im Erkrankungs- sowie im Todesfall bei Meningokokkeninfektion (Hirnhautentzündung und-/oder Blutvergiftung durch Meningokokken) nach dem Infektionsschutzgesetz in Deutschland innerhalb von 24 Stunden eine Meldung an die zuständige Gesundheitsbehörde erfolgen.
Hat sich ein Verdacht nicht bestätigt, ist auch dies unverzüglich zu melden.

Impfung

Impfstoffe (aktive Immunisierung) gibt es gegen Meningokokken, Pneumokokken und Hämophilus influenzae. Gegen Meningokokken und Pneumokokken muss aber lange nicht jeder geimpft werden. Siehe: Impfung gegen Hirnhautentzündung.

Die Impfung gegen Hämophilus Influenzae Typ B (HIB) wurde 1990 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Kinder empfohlen, weil dieses Bakterium (das nichts gemeinsam hat mit dem Influenza-Virus, der die Grippe verursacht) eine gefährliche eitrige Meningitis im Kleinkindesalter hervorruft, die, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird, zu schweren Folgeschäden führt (unbehandelt liegt die Sterblichkeit bei 60 – 90 %!).
Außerdem sind einige Stämme inzwischen gegen gängige Antibiotika resistent.

Geimpft wird mit einem Totimpfstoff (d.h. mit Kapselbestandteilen des Bakteriums, die an ein Eiweiß gekoppelt werden und so eine Immunreaktion des Körpers erzeugen.
Somit kann es bei der Impfung zu keiner Infektion kommen!) ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat, in der Regel als Kombinationsimpfung mit anderen in diesem Alter üblichen Impfungen (Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung und Hepatitis B).
Es erfolgen drei Impfungen im Abstand von jeweils vier Wochen, die vierte im 2. Lebensjahr (Bei einem Einzelimpfstoff erfolgen nur drei Impfungen, die dritte im 2. Lebensjahr).
Kinder, die nicht gegen HIB geimpft und älter als 18 Monate sind, erhalten nur eine Impfung.
Sie schützt neben der Meningitis auch vor mitunter lebensbedrohlichen Entzündungen der Atemwege und des Kehldeckels (Epiglottitis) durch den gleichen Erreger.

Nach dem 5. Lebensjahr sind HIB-Infektionen selten, deshalb werden ältere Kinder und gesunde Erwachsene nicht geimpft. Ausnahmen bestehen bei Personen, denen von Geburt an oder durch Operationen die Milz fehlt, die von Bedeutung für die Immunabwehr ist, sowie bei anderen Störungen der Infektabwehr (Impfungen für Erwachsene).

Gegen Meningokokken (Neisseria meningitidis) gibt es einen Vierfach-Impfstoff, der die Serotypen A,C, W-135 und Y umfasst, sowie einen Zweifachimpfstoff gegen die Serotypen A und C.
Serotyp (oder Serogruppe) bedeutet, dass verschiedene Stämme eines Bakteriums unterschiedliche Oberfächeneigenschaften (Antigene) besitzen, gegen die unser Körper auch verschiedene Antikörper bildet.

In Deutschland ist mit knapp 70 % der Meningokokken-Serotyp B vorherrschend, gegen den bislang kein Impfstoff entwickelt werden konnte. Die Häufigkeit des Serotyps C ist in den letzten Jahren auf etwa 30 % gestiegen, gegen den man sich durch eine Impfung schützen kann.

Die Meningokokkenimpfung wird empfohlen für folgende Risikogruppen:

  • Personen, die einen längeren Aufenthalt in Gebieten planen, wo häufig Meningokokkeninfektionen auftreten (sog. Endemiegebiete), z.B. Entwicklungshelfer im „Meningitisgürtel“ von Afrika (Serotyp A), Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Rucksackreisende nach Indien,
  • Jugendliche oder junge Erwachsene, die einen längeren Aufenthalt in Ländern planen, wo die Impfung gegen den Serotyp C für diese Altersgruppe empfohlen wird (z. B. Auslandssemester in England, Irland, Spanien, Griechenland),
  • Personen mit Erkrankungen des Immunsystems, funktionsuntüchtiger oder fehlender Milz,
  • Pilgerreisende nach Mekka. Saudi-Arabien verlangt eine höchstens drei Jahre und mindestens zehn Tage zurückliegende Impfung mit dem Vierfachimpfstoff,
  • Gefährdetes Laborpersonal.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.05.2007 - Letzte Änderung: 06.11.2021