Vitaminmangel

Einleitung

Eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und ein guter Gesundheitszustand stehen in enger Verbindung zueinander. Der menschliche Körper ist nicht in der Lage Vitamine selbst herzustellen, außer bei einem Einzigen – dem Vitamin D. Führt man dem Körper täglich eine genügende Menge der kohlenstoffhaltigen Verbindungen zu, wird ein reibungsloser Ablauf der zahlreichen Funktionsbereiche garantiert, an denen Vitamine beteiligt sind.

Insgesamt sind 13 Vitamine bekannt, die in eine fettlösliche und eine wasserlösliche Gruppe unterteilt werden. Jedes einzelne spielt eine wichtige Rolle. So sorgt zum Beispiel Vitamin K für eine funktionierende Blutgerinnung, Vitamin A wirkt bei der Reifung von roten Blutkörperchen und Sinneswahrnehmungen wie Sehen und Hören mit und Vitamin C ist ein wichtiger Reaktionspartner chemischer Reaktionen im Körper.

Unzureichende Versorgung mit den lebenswichtigen Vitaminen verursacht einen Mangelzustand. Liegt ein bestimmtes Vitamin in deutlich reduzierter Form vor, spricht man von Hypovitaminose. Ist das Vitamin nahezu nicht nachweisbar, handelt es sich um eine Avitaminose.

Mangelzustände treten vor allem bei einseitiger Ernährung über einen längeren Zeitraum auf. Vitamine sind nicht nur in pflanzlichen, sondern auch in tierischen Produkten wie Ei, Fisch und Leber enthalten. Eine abwechslungsreiche Ernährung stellt somit einen wichtigen Grundstein für die ausreichende Zufuhr dar.

Die Symptome eines Vitaminmangelzustands sind häufig unspezifisch und insbesondere in ihrem Frühstadium schwer zu erkennen. Man spricht vom latenten Mangel eines Vitamins. Manifestiert sich dieser, können lebensbedrohliche Situationen auftreten. Zunächst machen sich neurologische Auffälligkeiten bemerkbar. Hierzu zählen Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Stimmungsschwankungen und Niedergeschlagenheit. Erst bei Manifestation lassen sich einzelne Symptome einem bestimmten Vitamin zuordnen.

Symptome

Die Symptome eines Vitaminmangels im Frühstadium sind meist unspezifisch und nicht eindeutig zuzuordnen. Häufig leiden Betroffene an Beschwerden wie vermehrter Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsproblemen, depressiven Verstimmungen und Schwierigkeiten kürzlich gehörte Inhalte wiederzugeben.

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Im fortgeschrittenen Stadium lassen sich typische Symptome einem bestimmten Vitamin zuordnen.

Mangelerscheinungen von...

  • Vitamin A (Retinol): Sehstörungen, schuppende, trockene Haut.
  • Vitamin B1 (Thiamin): Skelettmuskelschwund, Herzfunktionsstörungen und Wassereinlagerungen (Ödeme) - wird auch als BeriBeri-Krankheit bezeichnet und taucht vor allem in Ländern auf, in denen hauptsächlich polierter Reis verzehrt wird, der kein Thiamin enthält.
  • Vitamin B2 (Riboflavin): Bindehautentzündung, Wachstumsstörungen und entzündliche Einrisse der Mundwinkel (Mundwinkelrhagaden).
  • Vitamin B3 (Niacin) bewirkt drei typische „D-Symptome“: Demenz, Durchfall und Dermatitis. Das Krankheitsbild wird als Pellagra bezeichnet.
  • Vitamin B6 (Pyridoxin): Schlafstörungen, depressive Verstimmung, mikrozytäre, hypochrome Anämie, fettige Gesichtshaut und krankhafte Veränderung von Lippe und Zunge.
  • Vitamin B7 (Vitamin H/Biotin): entzündliche Hautveränderungen und Haarausfall.
  • Vitamin B9 (Folsäuremangel): relativ häufig insbesondere bei Alkoholikern, Rauchern und Schwangeren, führt zu entzündeten Schleimhäuten in Mund und Darm.
  • Vitamin B12 (Cobalamin): wirkt sich vor allem schädigend auf das Nervensystem aus und verursacht eine Anämie, ausgeprägte Müdigkeit und eingeschränkte kognitive Leistungsfähigkeit.
  • Vitamin C (Ascorbinsäure): ein manifester Vitamin-C-Mangel wird Skorbut genannt und führt typischerweise zu Zahnausfall, Infektanfälligkeit und körperlicher Schwäche und vermehrter Blutungsneigung.
  • Vitamin D (Cholecalciferol): gesteigerte Erregbarkeit von Nerven und Störungen des Knochenstoffwechsels. Bei Kindern führt dies zum Krankheitsbild der Rachitis, bei Erwachsenen zur Osteomalazie (Knochenerweichung).
  • Vitamin E (Tocoppherol): sehr selten, da der Mensch ausreichende Mengen speichern kann. Beim Vitaminmangel fehlt der Schutz vor oxidativem Stress und es kann zu einer hämolytischen Anämie kommen.

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Vitamin-B2-Mangel - Einrisse am Mundwinkel

Im Zusammenhang mit einem beginnenden Mangel an Vitamin B2 (Riboflavin) entstehen entzündliche Einrisse der Mundwinkel. Die sogenannten Mundwinkelrhagaden heilen schlecht und verursachen Schmerzen beim Öffnen des Mundes. Sie treten meist gemeinsam mit weiteren Symptomen auf. Hierzu zählen entzündete Mundschleimhäute, Bindehautentzündungen und Wachstumsstörungen bei Kindern. In manchen Fällen wird ein intermittierend auftretendes Ekzem seitlich der Nasenflügel beobachtet. Im fortgeschrittenen Stadium besteht die Gefahr der Linsentrübung und einer Anämie. Zudem wird die Funktion anderer Vitamine gefährdet.

Vitamin B2 sollte täglich in einer Dosierung von 1,5 mg zugeführt werden. Es kommt in tierischen Produkten wie Fleisch, Leber, Fisch und Milchprodukten in seiner leicht resorbierbaren Form vor. In Getreide und bestimmten Gemüsesorten (Erbsen, Brokkoli, gelbe Paprika) ist es ebenfalls enthalten.

Von einem Mangel sind insbesondere folgende Gruppen betroffen: das weibliche Geschlecht, Veganer, Diabetiker sowie Raucher und Alkoholiker. Auch chronische Fehlernährung verursacht einen Vitaminmangel.

Vitamin-B7-Mangel - Haarausfall

Haarausfall ist ein charakteristisches Symptom bei Vitamin-B7-Mangel (auch Vitamin H oder Biotin). Vitamin B7 spielt in zahlreichen Stoffwechselvorgängen eine essentielle Rolle. Als Kofaktor chemischer Reaktionen dient es der Übertragung von Kohlenstoffgruppen. Ein Mangel führt in erster Linie zu einem gestörten Eiweiß-, Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel.

Die Symptome spiegeln sich vor allem in Haut und Haaren wider. Betroffene leiden an Haarausfall, brüchigen Nägeln, Bindehautentzündung und Dermatitis. Weitere Mangelerscheinungen sind unter anderem außergewöhnliche Müdigkeit, depressive Verstimmung, Muskelschmerzen und Cholesterinwerte über dem Normbereich.

Die tägliche benötigte Menge an Biotin beträgt 60 Mikrogramm. Das Vitamin ist in zahlreichen Lebensmitteln enthalten, wenngleich in einer Menge von wenigen Mikrogramm. Besonders viel Biotin kommt in absteigender Reihenfolge in Trockenhefe, Rinderleber, Eigelb und Sojaprodukten vor. Auch in Haferflocken, Bananen, Walnüssen, Milch, Fisch, Spinat und Champignons ist Vitamin B7 enthalten. Übermäßiger Konsum roher Eier sowie Antibiotikagabe in Kombination mit künstlicher Ernährung stellen Risikofaktoren für eine Hypovitaminose dar.

Vitamin B12

Das Vitamin B12 bezeichnet kein einzelnes Vitamin, sondern fasst eine Gruppe chemisch verwandter Cobalamin-Verbindungen zusammen. Der tägliche Bedarf des menschlichen Körpers muss durch eine Zufuhr des Vitamins von außen gedeckt werden. Bestimmte Bakterien der Darmflora sind zwar zur Produktion von Vitamin B12 fähig, können dieses aber nur in begrenzter Menge herstellen. Cobalamine werden in verschiedenen Organen des Körpers gespeichert. Zuvor erfolgt die Bindung an ein bestimmtes Protein, das von der Leber für den Transport und die Speicherung gebildet wird.

Im menschlichen Körper erfüllen Cobalamine die Funktion von Kofaktoren. Als Teil von Enzymen nehmen sie an zahlreichen Stoffwechselreaktionen teil. Vitamin B12 spielt eine entscheidende Rolle bei der Blutbildung, der Funktion von Nervenzellen und der Regeneration von Schleimhäuten. Im Protein-Stoffwechsel und bei der Bildung von Neurotransmittern übernimmt das Vitamin weitere Aufgaben. Eine besonders wichtige Reaktion in Abhängigkeit von Vitamin B12 stellt die Umwandlung von Homocystein zu Methionin dar. Auf diese Weise wird die Aminosäure Methionin regeneriert und stellt eine ausreichende Herstellung von Nukleinsäuren sicher. Diese sind in DNA sowie zum Teil in RNA enthalten.

Symptome eines Vitamin-B12-Mangels treten als perniziöse Anämie, einer bestimmten Form der Blutarmut, und Störungen des Zentralen Nervensystems in Erscheinung. Die sogenannt funikuläre Myelose geht mit motorischen und sensiblen Einschränkungen einher. Ein manifester Mangel verursacht andauernde Müdigkeit, Zungenbrennen, reduzierte geistige Leistungsfähigkeit und Verstopfung.

Der tägliche Bedarf an Vitamin-B12 beträgt nur etwa 3 Mikrogramm. Cobalamine sind in tierischen Lebensmitteln enthalten. Besonders hohe Konzentrationen kommen in Innereien vor. Auch in Fisch, Fleisch und in geringen Mengen in Milchprodukten und Ei findet sich das Vitamin.

Besondere Risikogruppen für einen Vitamin-B12-Mangel sind Veganer und Vegetarier sowie ältere Menschen, Schwangere und Stillende, Alkoholiker und Raucher. Eine bekannte Nebenwirkung bestimmter Medikamente (u.a. Omeprazol und Metformin) ist die reduzierte Aufnahme von Vitamin B12. Vegetariern wird deshalb oft die Einnahme von Vitamin B 12 Präparaten empfohlen.

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Zusammenhang mit Müdigkeit

Vermehrte Müdigkeit ist ein unspezifisches Symptom, dass im Zusammenhang mit einem Vitaminmangel stehen kann. Zahlreiche Ursachen wie ein Mangel anderer Nährstoffe, Infektionskrankheiten, psychische Erkrankungen und Karzinome verursachen ebenfalls Müdigkeit und sollten nicht aus den Augen verloren werden.

In den Wintermonaten leiden viele Menschen insbesondere auf der nördlichen Erdhalbkugel an stark ausgeprägter Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Man spricht auch von „Winterdepression“.

Vitamin D wird nahrungsabhängig aufgenommen, kann aber auch vom Körper selbst unter dem Einfluss von UV-Licht hergestellt werden. Aus dem Provitamin D3 entsteht das Vitamin D3 und anschließend seine aktive Form Calcitriol. Es spielt eine essentielle Rolle im Knochen- und Muskelstoffwechsel sowie bei der Funktion des Immun- und Nervensystems. Wird eine Unterversorgung mit Vitamin D nachgewiesen, sollte der Mangel durch orale Gabe von Vitaminpräparaten behoben werden.

Vitamin B6 (Pyridoxin) sowie Vitamin-B7-Mangel (Biotin) können zu Schläfrigkeit führen. Auch ein Vitamin-B12-Mangel verursacht neben eingeschränkter kognitiver Leistungsfähigkeit und Verstopfung, andauernde Müdigkeit. Ein manifester Vitamin-C-Mangel ist in der heutigen Zeit selten anzutreffen, kann neben Zahnausfall, Blutungsneigung, Infektanfälligkeit und körperlicher Schwäche, aber auch zu Müdigkeit führen.

Brüchige Fingernägel

Brüchige Fingernägel können in Zusammenhang mit einem Vitaminmangel auftreten. Insbesondere ein Mangel an B-Vitaminen, Vitamin C und Vitamin A führt zu brüchigen und dünnen Fingernägeln. Vitamin B7 (Biotin), Folsäure und Vitamin B12 (Cobalamin) verursachen Mangelerscheinungen der Nägel. Andere Ursachen stellen chemikalische Einwirkungen, bestimmte Medikamente in der Krebstherapie, Kalziummangel, Haut-, Schilddrüsen- und Gelenkerkrankungen dar.

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Vitamin B7 ist maßgeblich an der Haar- und Hautbildung beteiligt und stellt einen essentiellen Kofaktor zahlreicher chemischer Reaktionen im menschlichen Körper dar. Nimmt der Körper zu wenig Biotin auf, treten Mangelerscheinungen auf. Typische Symptome sind neben brüchigen Nägeln zum Beispiel Haarausfall, Bindehautentzündung und entzündliche Hautveränderungen.

Eine ausgewogene Ernährung behebt meist einen Vitaminmangel. Bei Verzicht auf tierische Produkte sollte ein besonderes Augenmerk auf Vitamin B12 gelegt werden.

Testverfahren um Vitaminmangel festzustellen

Es existieren verschiedene Testverfahren, um einem Vitaminmangel auf die Spur zu kommen. Die diagnostischen Mittel sind jedoch oftmals umstritten und ungenau. Das beste Ergebnis liefert die gezielte Bestimmung von speziellen Laborparametern im Blut. Liegt eine medizinische Indikation für die Testung vor, übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Ansonsten müssen diese selbst getragen werden. Die Kosten, beispielsweise des Vitamin-D-Wertes, belaufen sich auf etwa 30 Euro.

Ein indirekter Marker für Vitamin-B12-Mangel ist der Homocystein-Spiegel im Blut. Die Menge des Vitamins kann auch direkt im Blutplasma gemessen werden. Ein möglicher Folsäuremangel wird über die enthaltene Folsäure in den roten Blutkörperchen bestimmt. Vitamin C und D sowie Vitamin E in Form von alpha-Tocopherol können ebenfalls im Blutplasma gemessen werden.

Weitere Informationen

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Eine Übersicht aller Themen der Inneren Medizin finden Sie hier: Innere Medizin A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 11.03.2016 - Letzte Änderung: 19.07.2023