Ergometrie

Synonyme: Belastungsuntersuchung

Englisch: ergometry

Definition

Der Begriff Ergometrie stammt aus dem Altgriechischen: „Érgon“ steht für Arbeit und „Métron“ für Maß, was am Ende so viel bedeutet wie Arbeitsmessung/Belastungsmessung.

Sie dient dazu, das Herz-Kreislauf-System und folglich auch die körperliche Leistungsfähigkeit und den Trainingszustand einer Person standardisiert zu beurteilen. Hierbei werden die sich unter körperlicher Belastung verändernden physiologischen Kenngrößen mithilfe eines Ergometers erfasst. Diese sind der Puls, der Blutdruck, die EKG-Ableitung zur Beurteilung der elektrischen Aktivität des Herzens, die Atemfrequenz, das Atemminutenvolumen, die Sauerstoffkonzentration sowie die Konzentration von Kohlenstoffdioxid in der ausgeatmeten Luft und die mechanische Leistung, die erbracht wurde.

Aus diesen Werten können zahlreiche weitere Größen abgeleitet werden, die es dem Behandelnden erlauben, den Gesundheitszustand eines Patienten einzuordnen und möglicherweise eine Ursache für bestehende Beschwerden zu finden. Ferner lassen sich Aussagen zur Abschätzung von Risiko und Prognose treffen.

Die Ergometrie ist ein recht einfaches Verfahren. Trotzdem liefert sie wichtige Informationen über einen Patienten, die auch besonders der Verlaufskontrolle dienen. Sie ist fester Bestandteil von einigen ärztlichen Untersuchungen, v.a. beim Kardiologen (Herzfacharzt), Pneumologen (Lungenfacharzt), Sportmediziner oder gar beim Hausarzt. Aber auch im Rahmen einer physiotherapeutischen oder Wiederherstellungsbehandlung (Reha-Maßnahme) oder im Training begegnet einem die Ergometrie regelmäßig. Somit ist die Ergometrie ein weit verbreitetes Verfahren.

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Ergometer

Dies ist ein Gerät zur Diagnostik in der Ergometrie. Es gibt jede Menge verschiedene Geräte zur Auswahl, die individuell eingesetzt werden können. Die Standardergometer, die am meisten verwendet werden, sind sicherlich die Fahrradergometer. Diese gibt es in zwei Varianten, entweder im Liegen, sogenannte Recumbent-Bikes, oder im Sitzen. Demnach können die Geräte der Ergometrie den Bedürfnissen der Patienten angepasst werden. Zum Beispiel eignet sich die liegende Variante für Rückenkranke, denn die Ergometrie sollte keine zusätzlich Belastung für die Probanden darstellen, sondern nur die Leistungsfähigkeit erfassen. Sie können entweder mechanisch oder elektrisch und unabhängig von der Drehzahl gebremst werden. Sie sind einfach zu bedienen und vom Leistungsaufwand für viele Patienten ein gut überwindbares Hindernis. Somit kann ein großes Spektrum an Patienten durch die Ergometrie abgedeckt werden. Für sportlich Aktive bietet sich vor allem das Laufbandergometer an oder entsprechend nach Sportart, beispielsweise ein Ruderergometer. Darüber hinaus gibt es für eigentlich jede Art von Ansprüchen ein Ergometer, so auch ein Handkurbelergometer.

Zur Steigerung der Belastung werden beim Fahrradergometer die Drehzahl pro Minute oder die Watt-Zahl erhöht. Beim Laufband können die Laufbandgeschwindigkeit oder die Laufbandsteigung entsprechend verändert werden.

Der 6-Minuten-Gehtest stellt eine Alternative für Patienten dar, die eine verminderte Leistung der linken Herzkammer haben und somit weder das Fahrrad- noch das Laufbandergometer benutzen können. Hierbei wird eine ebenerdige Gehstrecke gewählt (z.B. ein Flur), die der Patient sechs Minuten lang abgehen soll. Nach Ablauf der Zeit werden die Streckenlänge und die Patientenverfassung beurteilt.

Indikation

Eine Ergometrie wird sowohl bei gesunden Menschen als auch bei kranken Patienten angewandt. Dabei werden Gesundheitszustand, Belastbarkeit (subjektiv) und Leistungsfähigkeit (objektiv) beurteilt. Die Belastbarkeit versteht sich dabei als die höchstmögliche Belastungsstufe, die der Proband auf dem Ergometer erreicht.

Darüber hinaus können durch die Ergometrie Trainingsempfehlungen für die Praxis abgeleitet werden.

Indikatoren für eine Ergometrie sind die Diagnostik, die Therapieüberwachung und die Prognoseabschätzung.

  • Diagnostik: Sie bezieht sich dabei auf die Beurteilung des Funktionszustandes, die Sporttauglichkeit, z.T. zu wissenschaftlichen Zwecken und der Suche nach latenten Krankheiten.
  • Therapieüberwachung: Hier stehen die Kontrolle bei Medikamenteneinnahme, bei Rehabilitationsmaßnahmen (z.B. nach Herzinfarkt) und nach Interventionsmaßnahmen (z.B. Herz-Operationen) im Vordergrund.
  • Prognoseabschätzung: zur Beurteilung von Ischämien oder der Wahrscheinlichkeit von möglichen koronaren Herzkrankheiten bei Vorliegen von Risikofaktoren (z.B. Bluthochdruck)

Was wird gemessen?

Die Ergometrie erfasst folgende Daten:

  • Herzfrequenz
  • Blutdruck
  • Belastungs-EKG
  • Atemfrequenz
  • Atemminutenvolumen
  • Sauerstoffkonzentration
  • Kohlenstoffdioxidkonzentration
  • subjektives Leistungsempfinden
  • erreichte Leistung (meist in Watt oder km/h)

Darüber hinaus werden hämodynamische (Blutgefäße), pulmonale (Lunge) und metabolische (Stoffwechsel) Parameter ermittelt.

Eine zusätzliche Messung der Atemgase (Spiroergometrie) erlaubt den Einblick in Prozesse des Energiestoffwechsels.

Ablauf

Vor jeder Ergometrie-Erfassung sollte der Patient untersucht und zu aktuellen Beschwerden befragt werden. Dabei sollte vor allem auf Herz und Lunge geachtet werden, um mögliche Vorerkrankungen, die eine ergometrische Untersuchung nicht ermöglichen, auszuschließen. Des Weiteren ist es sinnvoll, nach den Medikamenten (zum Beispiel Betablocker) des Patienten zu fragen, da diese das Ergebnis der Ergometrie auf positive wie negative Weise beeinflussen könnten. Auch die Ermittlung von Größe, Geschlecht und Alter ist für die spätere Auswertung von Bedeutung.

Bevor die Ergometrie unter Belastung losgeht, sollten noch einmal unter Ruhebedingungen ein EKG geschrieben und der Blutdruck gemessen werden. So erhält man einen Ausgangswert zum Vergleich mit den neu ermittelten Werten. Ebenso entscheidend sind die Untersuchungsbedingungen. Eine Raumtemperatur in etwa zwischen 18 und 22 °C ist erstrebenswert. Auch die Luftfeuchtigkeit sollte nicht zu hoch sein. Außerdem sollte es gewährleistet sein, dass der Arzt und/oder das Personal, welches die Ergometrie durchführt, im Notfall eingreifen und handeln kann/können.

Nun wird der Patient mit allen notwendigen Mitteln zur Überwachung der einzelnen Werte ausgestattet. Diese beinhalten ein 12-Kanal-EKG (beinhaltet Brustwand- sowie Arm- und Beinableitungen), eine Blutdruckmanschette und optional eine Atemmaske, die der Erfassung der Lungenfunktion, der sogenannten Spiroergometrie (also Atemvolumen, Atemfrequenz, etc.) dient.

Im Verlauf der Untersuchung gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Vorgehensweisen, eine Ergometrie vorzunehmen. Zum einen kann man eine Dauerbelastung auf gleichbleibendem Niveau anstreben, bei der eine bestimmte Leistung (in Watt) für eine bestimmte Zeit vorgegeben wird, die nach erfolgreichem Erreichen beendet wird. Zum anderen kann man von einer bestimmten Belastung ausgehend diese in gleichmäßigen Abständen stufenweise steigern, bis die Dauerleistungsgrenze des Patienten erreicht ist. Diese entspricht der Erschöpfung des Patienten.
Für gewöhnlich beginnt man hier bei 25 oder 50 Watt und erhöht die Leistung alle zwei Minuten um 25 Watt. Bei sehr sportlichen Probanden kann auch mit 50 Watt alle drei Minuten erhöht werden. Im Großen und Ganzen sollte die Gesamtbelastungsdauer 12 Minuten nicht überschreiten. Die Höchstgrenze für den Puls errechnet sich aus der Formel „220 – Lebensalter“ und sollte während der Belastungsuntersuchung nicht überschritten werden.

Bei der Laufband-Ergometrie ist die Vorgehensweise etwas anders. Hier beginnt man mit einer Ruhephase von drei Minuten und steigert in acht Schritten die Belastung alle drei Minuten mit steigender Geschwindigkeit und/oder größerem Neigungswinkel.

Vor, während und nach der Belastung sollten auf folgende Veränderungen am Patienten geachtet werden: die Hautfarbe des Patienten, seine Schweißproduktion, mögliche Schmerzen, Luftnot, Erschöpfungszeichen und sonstige Auffälligkeiten. Des Weiteren ist die Erfassung der Kenngrößen, wie Puls (kontinuierlich), Blutdruck und EKG-Ableitung in minütlichen Abständen von großer Bedeutung. Erst wenn alle Werte nach einer Erholungsphase in Folge der Belastung wieder normwertig sind, kann die Ergometrie abgeschlossen werden.

Voraussetzungen und Abbruchkriterien

Nicht jeder Patient ist dazu geeignet, eine Ergometrie durchzuführen, denn bei manchen geht man gesundheitlich zu große Risiken ein. So sollte bei Patienten mit Herzinfarkt, einer Aussackung an der Bauchschlagader, einer Herzbeutel- oder Herzmuskelentzündung, einer nicht kompensierten Herzleistungsminderung oder mit einem Verschluss eines Lungengefäßes darauf verzichtet werden.

Es gibt verschiedene Gründe, eine Belastungs-Untersuchung abzubrechen. Bei einigen Auffälligkeiten im EKG muss dieses nicht sofort abgebrochen werden. Es ist jedoch Vorsicht geboten. Gibt das EKG Hinweise auf einen bevorstehenden Herzinfarkt, wenn z.B. der Blutdruck ins Extreme (>220 mmHg) entgleist oder unter den Blutdruck vor der Belastung abfällt, oder wenn der Puls für lange Zeit zu sehr ansteigt oder der Patient starke Luftnot und Schmerzen im Bereich des Brustkorbs verspürt, muss die Untersuchung unbedingt, auch wenn der Patient sich vielleicht nicht schlecht fühlt, abgebrochen werden.

Auswertung

Zunächst einmal kann man durch die Ergometrie die Belastbarkeit und ihre Grenzen beim Patienten feststellen. Diese wird in Watt angegeben. Hier lassen sich schon erste Rückschlüsse auf mögliche Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems schließen, die eine ausreichende Blut- und somit Sauerstoffversorgung des Körpers unter Belastung nicht mehr gewährleisten würden. Es ist auch wichtig zu beobachten, wie der Patient auf Belastung reagiert. Beispielsweise kann er Luftnot oder Schmerzen in der Herzgegend spüren.

Viel entscheidender sind jedoch die Befunde im EKG. Gewisse Veränderungen bei Anstrengung sind auch bei Gesunden zu beobachten und nicht weiter tragisch. Gibt es Hinweise für einen Verschluss eines Herzkranzgefäßes oder einer Minderversorgung des Herzens, sollten weitere Untersuchungen erfolgen, da im EKG eine Lokalisation nicht sicher zugeordnet werden kann. Auch die Blutdruckwerte sollten nicht außer Acht gelassen werden. Fallen diese in der ergometrischen Untersuchung ab oder steigen nicht ausreichend an (erster Wert unter 120mmHg), könnten diese ein Hinweis für eine Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen sein. Zu hohe Blutdruckwerte sind nicht weiter schlimm. Man sollte dennoch einen generellen Bluthochdruck im Hinterkopf behalten. Steigt der Puls nicht ausreichend an, könnten Erregungsweiterleitungsstörungen im Herzen dahinterstecken. Ein zu schneller Anstieg spricht für mangelnde sportliche Aktivität. In jedem Fall sollte der Arzt auf Auffälligkeiten bei der Ergometrie reagieren und entweder weitere Untersuchungen zur Abklärung folgen lassen oder eine medikamentöse Behandlung vorschlagen. Somit ist die Ergometrie ein simples, dennoch aussagekräftiges und hilfreiches Mittel im Rahmen einer medizinischen Untersuchung.

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Autor: Tobias Kasprak Veröffentlicht: 11.02.2014 - Letzte Änderung: 22.10.2021