Mittelohrentzündung beim Baby - Wie erkennen und behandeln ?

Die Mittelohrentzündung (Otitis media) ist bei Kindern keine Seltenheit. Die meisten Kinder erkranken in den ersten drei bis sechs Lebensjahren einmal daran. Das Mittelohr ist ein luftgefüllter Hohlraum im Schädelknochen, in dem die Gehörknöchelchen liegen. Diese sind wichtig für die Schallübertragung ins Innenohr, wo dann die Schallwahrnehmung stattfindet. Eine Entzündung der Schleimhäute des Mittelohrs kann durch eine bakterielle oder virale Infektion ausgelöst werden, die dann zu  Ohrenschmerzen, Fieber und durch sich anstauende Sekrete zu vorübergehender Schwerhörigkeit führt.

Symptome und Diagnose

Wie erkenne ich eine Mittelohrentzündung beim Baby?

Die ersten Anzeichen einer Mittelohrentzündung beim Baby oder Kleinkind variieren je nach Stärke der Entzündung und können daher sehr unterschiedlich sein. Es kann am Anfang sogar erstmal nur wie eine ganz normale Erkältung wirken, über die man sich nicht weitere Gedanken macht. Daher sollte man auf weitere Frühzeichen achten, wie zum Beispiel, dass sich das Kind öfter ans Ohr fasst.

Erst im späteren Verlauf führt ein Berühren des Bereiches ums Ohr herum zu Schmerzen und Abwehrreaktionen. Vor allem Babys weinen viel und wirken sehr unruhig, manchmal werfen sie ihren Kopf hin und her. Sind die Kinder älter, beklagen sie sich über einen stechenden Schmerz im Ohr. Auch eine ansteigende Körpertemperatur kann ein Zeichen für beginnendes Fieber  sein, das mit der Mittelohrentzündung einher geht.

Die Mittelohrentzündung ist gerade bei sehr jungen Kindern und Babys manchmal nicht leicht festzustellen. Es hängt sehr stark davon ab, wie fortgeschritten und ausgeprägt die Entzündung ist. Ist die Entzündung schwer, kann das Kind sehr starke Schmerzen haben, was sich in Aufschrecken aus dem Schlaf und starkem Weinen äußern. Hört das Kind auf dem erkrankten Ohr schlechter, kann es sein, dass es bevorzugt auf einer Seite liegen will oder den Kopf hin und her bewegt. Ein weiteres Merkmal ist, dass sich das Kind auffallend oft ans Ohr fasst. Bei leichteren Formen kann es sein, dass das Kind gar keine Schmerzen hat und nur auf einer Seite schlechter hört. Da ist es wichtig, dass Verhalten des Kindes genau zu beobachten.

Begleitende Symptome einer Mittelohrentzünung beim Baby

Bei einer Mittelohrentzündung kann es zu verschiedenen begleitenden Symptomen kommen. Dazu zählt zum Beispiel das  Fieber. Die Körpertemperatur steigt auf über 39 Grad Celsius und der Körper ist geschwächt. Neben dem stechenden Schmerz im Ohr kann es durch die Schwellung und die Sekrete, die das Mittelohr verstopfen, zu einer einseitigen Schwerhörigkeit kommen. Das merkt man bei Babys vor allem daran, dass sie ihren Kopf auf eine bevorzugte Seite legen.

Haben Kinder häufiger eine Mittelohrentzündung, kann es durch die wiederkehrenden Entzündungen zu einer Vergrößerung der Rachenmandeln kommen, den sogenannten Polypen. Dies kann problematisch sein, weil dadurch oft die Nase verstopft wird und die Kinder nur noch durch den Mund atmen können. Da sich hier auch Bakterien ansiedeln können und die Paukenhöhle verschlossen ist (die Rachenmandel liegt vor dem Eingang der Paukenhöhle), ist der Luftaustausch und Abtransport von Sekret aus dem Mittelohr nicht mehr gewährleistet. Aus diesem Grund müssen die Polypen operativ entfernt werden.

Es kann außerdem zu Bauchschmerzen, in seltenen Fällen sogar zu Erbrechen, Krämpfen oder Bewusstseinsstörungen kommen. Heilt die Mittelohrentzündung nicht früh genug ab und wird nicht behandelt, können weitere schwere Erkrankungen folgen. Zum Beispiel eine Hirnhautentzündung (Meningitis), Lähmungen des Gesichtsnerven (Fazialisparese) und Schwerhörigkeit können die Folgen sein. Die Schwerhörigkeit stellt vor allem für Babys und Kleinkinder ein Problem dar, da sie zu Sprachentwicklungsstörungen führen kann. Daher sollte man bei frühen Anzeichen möglichst schnell einen Arzt aufsuchen.

Fieber als Begleiterscheinung einer Mittelohrentzündung beim Baby

Fieber als Begleiterscheinung einer Mittelohrentzündung ist erstmal keine Krankheit an sich. Es ist ein Zeichen dafür, dass der Körper auf fremde Erreger reagiert und versucht, diese abzutöten. Die hohen Temperaturen führen dazu, dass die Abwehrkräfte besser funktionieren und die Viren und Bakterien sich nicht gut vermehren können. Fieber ist also eine wichtige Maßnahme des Körpers, um Entzündungen entgegen zu wirken. Andererseits kann es auch gefährlich werden, wenn die Temperaturen zu stark ansteigen. Dann müssen fiebersenkende Maßnahmen ergriffen werden. Von einer erhöhten Körpertemperatur spricht man ab 37,5 Grad Celsius, ab 38,5 Grad von Fieber und ab 39 Grad von hohem Fieber. Allerdings sind hohe Temperaturen von 38 bis 39 Grad bei Kindern keine Seltenheit.

Diagnose einer Mittelohrentzündung beim Baby

Damit eine Mittelohrentzündung diagnostiziert werden kann und weil die Kinder noch zu jung sind, um für sich selbst sprechen zu können, sollten die Eltern auf einige Fragen des Arztes antworten können. Der muss zum einen wissen, seit wann das Kind die Beschwerden hat und Schmerzsymptome zeigt, und ob es vorher auch schon einmal eine Mittelohrentzündung oder ähnliche Beschwerden hatte.

Zum anderen ist wichtig zu wissen, ob das Kind an einer Erkältung, Grippe, Mandelentzündung oder ähnlichem erkrankt ist oder war. Die Eltern sollten beobachten, ob Eiter aus dem Ohr austritt, und nach Möglichkeit überprüfen, ob das Kind auf einem Ohr schlechter hört. Bei der Untersuchung schaut der Arzt mit einem Otoskop, ein Gerät mit Lupe und Licht, in das Ohr und begutachtet den Zustand des Trommelfells. Bei einer Mittelohrentzündung ist es oft matt (nicht wie sonst glänzend), stark durchblutet und vorgewölbt. In schlimmen Fällen ist das Trommelfell gerissen und es tritt Eiter aus.

Behandlung

Was tun bei einer Mittelohrentzündung beim Baby?

Wärme (zum Beispiel über eine Rotlichtlampe) und Zwiebelsäckchen können die Schmerzen lindern und werden vom Kind als angenehm wahrgenommen. Ein Zwiebelsäckchen kann man ganz einfach selber basteln: Man muss eine Zwiebel klein hacken und in ein Tuch (dazu reicht auch ein Taschentuch) wickeln. Dieses Säckchen muss man dann nur noch mit einem Schal, einer Mütze oder Ähnlichem am Kopf befestigen.

Ist zusätzlich die Nase verstopft, kann es helfen, den Schleim zu lösen und die Atemwege wieder frei zu machen. Dadurch kann auch das Mittelohr wieder besser belüftet werden. Dabei helfen zum Beispiel Nasentropfen oder Kamillebäder. Ohrentropfen erreichen das Mittelohr oft gar nicht und sind daher weniger sinnvoll einzusetzen.

Bei Fieber  ist es wichtig, dass das Kind viel zu Trinken bekommt, vor allem um den Flüssigkeitsverlust durch das Schwitzen auszugleichen, sodass der Körper nicht austrocknet. Fiebrige Kinder sind oft appetitlos und geschwächt, daher sollte ihnen vor allem leicht bekömmliches Essen angeboten werden. Auch wenn das Kind gar nicht so geschwächt wirkt, sollte es geschont werden und möglichst im Bett verbleiben. Hat das Kind hohes Fieber, sollten die Temperaturen möglichst regelmäßig kontrolliert und auch aufgeschrieben werden, denn dies könnte dem Arzt helfen.

Welche Medikamente gibt es bei einer Mittelohrentzündung beim Baby?

Zur zunächst rein symptomatischen und systematischen Therapie empfehlen sich Schmerzmittel wie  Paracetamol oder  Ibuprofen. Führen diese innerhalb der nächsten ein bis zwei Tage zu keiner Besserung, sollte der Arzt  Antibiotika verschreiben. Hier versprechen Wirkstoffe wie  Ampicillin oder  Amoxicillin in der Regel eine gute Wirksamkeit, da sie genau gegen die Entzündung auslösenden Bakterien gerichtet sind. Auch Nasentropfen helfen, da durch sie die Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum abschwellen und es wieder zu einer besseren Belüftung kommt.

Wann braucht ein Baby bei einer Mittelohrentzündung ein Antibiotikum?

Früher wurden bei Mittelohrentzündungen oft als Standard direkt Antibiotika eingesetzt. Zusätzlich zu den Erkenntnissen über Antibiotikaresistenzen bei „Überbenutzung“ hat man beobachtet, dass die harmlose Entzündung auch oft von selbst innerhalb weniger Tage abheilt. Daher verzichtet man heutzutage auf die direkte Gabe von Antibiotika. Wichtig ist, den Krankheitsverlauf zu beobachten. Oft reicht es, fiebersenkende und schmerzlindernde Medikamente zu geben. In den meisten Fällen verschwinden dadurch die Ohrenschmerzen innerhalb eines Tages. Bleiben die Symptome jedoch bestehen oder verschlimmern sich sogar, sollte es zum Einsatz eines Antibiotikums durch den Arzt kommen.

Gibt es helfende Hausmittel bei einer Mittelohrentzündung beim Baby?

Das Zwiebelsäckchen ist ein altbewährtes Hausmittel gegen die Mittelohrentzündung bei Kleinkindern. Zwiebeln haben eine antibakterielle Wirkung, genau so wie Knoblauch oder Kamille, die auf gleiche Weise eingesetzt werden können. Die klein geschnittenen und gerieben Zwiebeln werden in einem Tuch (zum Beispiel Taschentücher oder Leinentücher) eingewickelt und müssen mit einem Stirnband, Schal oder Ähnlichem am Kopf befestigt werden. Da die Kinder meist auf der kranken Seite liegen und auch darauf Schlafen, kann der Kopf beim Schlafen auf das Säckchen gelegt werden. Wenn das Kind schläft, sollte die Lage des Säckchens regelmäßig kontrolliert werden. Besonders wirkungsvoll ist es, wenn man das Säckchen zusätzlich erwärmt. Eine Alternative ist das Kartoffelsäckchen. Man kocht die Kartoffeln, stampft sie klein und wickelt sie ebenfalls in ein Tuch. Die entstehende Wärme wird vom Kind als wohltuend wahrgenommen.

Um mit Hausmitteln gegen das  Fieber  anzugehen eigenen sich feuchte Wadenwickeln. Die Tücher sollten nur ein bisschen kälter als die Körpertemperatur sein und nicht zu kalt. Nachdem man die Tücher in das Wasser getunkt hat, muss man sie auswringen und kann sie dann um die Unterschenkel wickeln. Sind die Tücher wieder warm geworden, müssen sie gewechselt werden. Diesen Vorgang kann man mehrmals am Tag wiederholen .Das senkt die Körpertemperatur meist wirksam. Man sollte allerdings immer weiter das Fieber kontrollieren.

Die zuvor genannten Methoden können helfen, ersetzen aber in keinem Fall einen Arztbesuch. Entwickelt das Kind Symptome einer Mittelohrentzündung, sollten die Eltern immer einen Arzt aufsuchen, damit die Krankheit sich nicht verschlimmert, nicht chronisch wird und schlimme Spätfolgen wie zum Beispiel Taubheit verhindert werden können.

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Ursachen und Prophylaxe

Ursachen einer Mittelohrentzündung beim Baby

Nach Außen hin ist das Mittelohr  nur durch das dünne  Trommelfell begrenzt. Außerdem gibt es eine Verbindung zum Nasen-Rachen-Raum. Diese Verbindung stellt die Tube (Ohrtrompete/ Eustachische Röhre) dar. Sie belüftet das Mittelohr und sorgt für den Druckausgleich. Da sie bei Kleinkindern noch recht kurz und eng ist, können Keime besser ins Ohr wandern und eine Entzündung auslösen. Außerdem schwillt die Schleimhaut der Ohrtrompete dadurch schneller zu (wie zum Beispiel die Nase bei einer Erkältung), sodass Abfluss und Druckausgleich nicht mehr gewährleistet sind.

Wie kann man einer Mittelohrentzündung beim Baby vorbeugen ?

Generell hilft ein gutes Immunsystem gegen jegliche Infektionskrankheiten, zu denen die Mittelohrentzündung ja zählt. Unterstützend für die Abwehrkräfte wirken das Stillen, viel Bewegung und Aufenthalt im Freien an der frischen Luft und eine gesunde und vielfältige Ernährung.

Das Rauchen in der Nähe der Kinder sollte in jedem Fall vermieden werden. So hat das Kind seltener Erkältungen, dadurch verhindert man die Infektion der oberen Atemwege, die oft der Auslöser für Mittelohrentzündungen sind. Vor allem im Winter sollten die Ohren vor Kälte geschützt werden, zum Beispiel durch Mützen oder Stirnbänder. Außerdem ist zu vermeiden, dass die Ohren direkt starker Zugluft ausgesetzt sind. Gerade nach einem Tag im Schwimmbad, wenn die Haare noch nass sind, ist besonders darauf zu achten.

Der Gebrauch von Schnullern oder Trinkflaschen im Liegen beeinträchtigt das Schlucken und kann zu Komplikationen mit der Ohrtrompete führen. Es sollte daher möglichst selten erfolgen. Außerdem sollte auf den Gebrauch von Wattestäbchen verzichtet werden, denn das Ohr reinigt sich grundsätzlich von alleine. Eine Pneumokokken-Impfung senkt außerdem die Wahrscheinlichkeit für die Erkrankung an einer Mittelohrentzündung bei Kindern.

Verlauf und Prognose

Dauer einer Mittelohrentzündung beim Baby

Je nachdem, wie stark die Infektion ist und wie früh den Eltern die Symptome auffallen, wie früh sie mit dem Kind zum Arzt gehen und ob direkt behandelt wird, kann die Dauer der Mittelohrentzündung unterschiedlich ausfallen. Wird die Krankheit und ihre Symptome rechtzeitig erkannt und behandelt, dauert eine akute Mittelohrentzündung normalerweise nicht länger als zwei Wochen. Zu Anfang ist die Entzündung sehr schmerzhaft, im Normalfall verschwinden die Schmerzen aber schon wieder innerhalb der ersten paar Tage. Auch das Fieber sollte in der Regel in den ersten paar Tagen wieder abklingen. Die Mittelohrentzündung selbst heilt dann vollständig ab und es gibt keine Spätfolgen.

Es kann allerdings sein, dass das verschlechterte Hören oder gar eine Taubheit noch bis zu einem Monat bestehen bleiben, verursacht durch den Erguss. Ein verletztes Trommelfell braucht etwa zwei Wochen zum Abheilen. Verläuft die Mittelohrentzündung schlimmer und es gibt in den ersten Tagen trotz Medikamente keine Besserung, sollten Antibiotika eingesetzt werden.

Vor allem der fehlende Abfluss ist problematisch, da ein Rückstau der Sekrete das Wachstum der Bakterien begünstigt. Oft ist die Ursache eine andere Infektionskrankheit. Zum Beispiel bei einer Erkältung, Grippe oder Mandelentzündung können die Krankheitserreger über die Ohrtrompete vom Nasen-Rachen-Raum ins Mittelohr wandern und dort dann eine Entzündung auslösen. Das reizt die Schleimhäute und kann zu starken, stechenden Ohrenschmerzen  führen. Auch bei der Geburt kann  Fruchtwasser  über diesen Weg ins Mittelohr geraten und dort ebenfalls zu einer Entzündung führen. Weitere Risikofaktoren sind, wenn das Kind Zigarettenrauch ausgesetzt ist, fehlendes Stillen in den ersten Monaten und auch der Umgang mit anderen Kindern (zum Beispiel Geschwister oder im Kindergarten).

Ist eine Mittelohrentzündung beim Baby ansteckend?

Eine normale Erkältung ist ansteckend. Dabei handelt es sich um eine Tröpfcheninfektion, sie wird übertragen durch Hautkontakt oder über die Luft.  Die sich daraufhin entwickelnde Mittelohrentzündung, vor allem wenn sie mit Antibiotika behandelt wurde, ist nicht mehr ansteckend. Steckt sich ein Kind bei einem erkälteten anderen Kind an, kann es daraufhin auch eine Mittelohrentzündung entwickeln, das ist aber nicht zwangsläufig so und auch individuell verschieden.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 30.10.2017 - Letzte Änderung: 27.10.2021