Mittelohrentzündung beim Baby

Die Mittelohrentzündung  (Otitis media) ist eine durchaus häufige Erkrankung des Babys oder Kleinkindes. Mehr als die Hälfte aller Kinder durchlebt in den ersten Lebensjahren mindesten einmal eine Mittelohrentzündung. Kinder zwischen 6 Monaten und 6 Jahren sind dabei besonders oft betroffen. Vor allem in der kalten Jahreszeit zwischen Dezember und März kommt es gehäuft zu einer Mittelohrentzündung. Mittelohrentzündungen sind dabei nicht zwangsläufig gefährlich, jedoch oft sehr schmerzhaft und unangenehm. Eine Behandlung ist in den meisten Fällen sehr gut möglich und effektiv.

Wie sein Name schon andeutet, ist das Mittelohr  (Auris media) der mittlere der drei Bestandteile des Ohres. Begrenzt wird es nach außen hin vom Trommelfell. Vom Innenohr, genauer gesagt der Gehörschnecke (Cochlea), wird es durch zwei weitere Membranen (dem runden und dem ovalen Fenster) abgegrenzt. Eine direkte Verbindung des Mittelohrs nach außen besteht nur über die Ohrtrompete (Eustachi-Röhre, meist einfach als Tube bezeichnet). Im Mittelohr selbst befinden sich einige wichtige Strukturen, unter anderem die Gehörknöchelchen. Zudem verlaufen der Gesichtsnerv (Nervus facialis), welcher die Gesichtsmuskulatur  innerviert, und ein Geschmacksnerv (Chorda tympani) durch die Paukenhöhle.

Symptome und Diagnose

Symptome einer Mittelohrentzündung beim Baby

Da Babys sich nicht mitteilen können und auch nur sehr unspezifische körperliche Symptome zeigen, ist eine Mittelohrentzündung für die Eltern nur schwer erkennbar. Der infektiös bedingte Überdruck im Mittelohr kann sehr schmerzhaft und unangenehm sein, da er das Trommelfell spannt. Aufgrund dessen ist der Säugling sehr unruhig und weint viel. Bei einer beginnenden Mittelohrentzündung fassen sich betroffene Babys oft ans Ohr oder werfen den Kopf hin und her. Ist die Erkrankung bereits fortgeschritten, wird das Ohr nicht mehr berührt und ein Berühren durch die Eltern wird auch nicht toleriert, da die Schmerzen nun sehr groß sind. Wie bei anderen Erkrankungen auch, verweigern erkrankte Kinder oft die Nahrungsaufnahme.

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Weitere unspezifische Symptome wie Fieber, Durchfall  und Erbrechen  treten ebenfalls häufig auf. Beginnt blutig-eitriges Sekret aus dem Ohr des Babys zu laufen, ist das Trommelfell bereits gerissen (rupturiert). Da der Überdruck im Mittelohr durch die entstandene Öffnung nun jedoch ausgeglichen werden kann, lassen die Schmerzen deutlich nach. Ein Riss (Ruptur) des Trommelfells  entsteht nach einer etwa 1 – 2 Wochen bestehender Mittelohrentzündung.

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Diagnose einer Mittelohrentzündung beim Baby

Über mehrere Tage bestehende Symptome jeglicher Art sollten bei Babys in jedem Fall abgeklärt werden. Nach Erfragung der Symptome durch den Arzt und einer anschließenden orientierenden körperlichen Untersuchung wird die Diagnose einer Mittelohrentzündung beim Baby letztendlich, wie beim Erwachsenen auch, durch eine Ohrspiegelung (Otoskopie) gestellt. Bei der Betrachtung des Trommelfells auf diese Weise ist neben der Diagnosestellung an sich auch eine gute Beurteilung des Krankheitsausmaßes möglich. In gesundem Zustand sollte das Trommelfell perlmuttfarben und eine Reflexion der Untersuchungslampe auf dem Trommelfell sichtbar sein. Bei Mittelohrentzündungen stellt sich das Trommelfell jedoch matt und ohne Reflexion dar. Zudem kann es gespannt sein und sichtlich gerötet, wenn das Trommelfell ebenfalls von der Entzündung betroffen ist.

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Behandlung einer Mittelohrentzündung beim Baby

Eines der wichtigsten und zugleich einfachsten Mittel, um eine Mittelohrentzündung zu behandeln, ist beim Baby wie beim Erwachsenen ein abschwellendes Nasenspray bzw. Nasentropfen. Dieses ist speziell für Kinder in niedrigeren Konzentrationen, als es für Erwachsene verwendet wird, erhältlich und wirkt vor allem dadurch, dass es die Schleimhaut der Ohrtrompete abschwellen lässt. Dadurch wird die Belüftung des Mittelohrs  gewährleistet. Sie sollten jedoch nur über einen begrenzten Zeitraum angewendet werden. Ohrentropfen hingegen helfen bei einer Mittelohrentzündung nicht, da ihr Wirkstoff nicht durch das Trommelfell in die Paukenhöhle gelangen kann. Ohrentropfen sind nur bei Entzündungen des äußeren Gehörgangs von Nutzen. Weiterhin können schleimlösende Präparate ebenfalls zur Beschleunigung der Genesung beitragen.

Antibiotika  sind nur indiziert und hilfreich, wenn es sich bei der Entzündung wirklich um einen bakteriellen  Infekt handelt; bei Viren  zeigen Antibiotika keinerlei Wirkung. Antibiotikum der ersten Wahl ist dabei meist ein Penicillin  (beispielsweise Amoxicillin), wenn keine Penicillinallergie vorliegt. Ob die Gabe eines Antibiotikums nötig ist, kann der Kinderarzt gut feststellen. Homöopathische Präparate können unter Umständen ebenfalls hilfreich sein, sind jedoch in ihrer Wirkung sehr umstritten.

Zur Linderung der Schmerzen ist vor allem Paracetamol  in Form von Zäpfchen oder Saft geeignet. Paracetamol kann schon in den ersten Lebensmonaten verabreicht werden und wirkt gut schmerzstillend. Eine entzündungshemmende Wirkung fehlt diesem Schmerzmittel jedoch. In jedem Fall sollte die empfohlene Höchstdosis strengstens eingehalten werden, da es sonst schnell zu einer gefährlichen Überdosierung kommen kann. Ibuprofen  ist ab einem Alter von etwa 6 Monaten zugelassen und wirkt sowohl schmerzstillend als auch entzündungshemmend.

Ist das Baby bzw. das Kleinkind mehrmals innerhalb eines Jahres von Mittelohrentzündungen betroffen, sollte das Einsetzen eines Paukenröhrchens zur Paukendrainage in das Trommelfell erwogen werden. Dieses besitzt meist einen Durchmesser von 1 – 1,5 mm und besteht aus Kunststoff. Um das Einbringen des Röhrchens zu ermöglichen, wird vorher die Eröffnung des Trommelfells (Parazentese) vorgenommen. Dies geschieht bei Kindern in der Regel unter Vollnarkose. Da nun Wasser durch den Gehörgang in die Paukenhöhle eintreten kann, sollte der Gehörgang  beim Baden verschlossen werden, um auf diesem Wege auftretende Infektionen zu vermeiden. Dies kann durch spezielle Stöpsel geschehen. Nach etwa 9 – 12 Monaten wird das Röhrchen spontan abgestoßen oder manchmal auch vom Arzt entfernt.

Ist das Trommelfell infolge der Mittelohrentzündung gerissen (rupturiert), sollte umgehend ein Hörtest  erfolgen.

Ursachen und Prophylaxe

Ursachen einer Mittelohrentzündung beim Baby

Mittelohrentzündungen werden meistens durch Bakterien, teilweise aber auch durch Viren  verursacht. Krankheitserregende Bakterien besiedeln das Mittelohr üblicherweise kontinuierlich über die Ohrtrompete kommend. Typischerweise geschieht dies im Rahmen von Erkältungen  oder Mandelentzündungen, also Infektionen der oberen Atemwege. Seltener gelangen Erreger über die Blutbahn  in das Mittelohr. Hierbei handelt es sich dann meist um Viren, beispielsweise bei der Masern-Otitis. Aber auch eine Scharlach-Otitis, ausgelöst durch Streptokokken, also Bakterien, entsteht über diesen Weg. Ist bereits vor der Erkrankung eine Perforation des  Trommelfells  vorhanden, können Erreger auch von außen, beispielsweise durch Badewasser, in das Ohr gelangen.

Kleine Kinder sind für Entzündungen des Mittelohrs generell anfälliger als Erwachsene, da ihre Ohrtrompete noch vergleichsweise kurz ist, jedoch einen recht großen Durchmesser besitzt. Dies erleichtert es Erregern, über die Tube ins Mittelohr aufzusteigen. Im Laufe der Erkrankung führt die Infektion zu einem Anschwellen der Schleimhaut, u.a. in der Ohrtrompete. Dies verhindert das Abfließen von Sekret und Eiter. Zudem kann ein Unterdruck im Mittelohr entstehen, welcher zusätzlich die Entstehung eines Ergusses fördert. Dies äußert sich in einer Verschlechterung des Hörvermögens und einem Rauschen im Ohr.

Risikofaktoren für eine Mittelohrentzündung beim Baby

Neben den schwer beeinflussbaren infektiösen Ursachen einer Mittelohrentzündung gibt es beim Baby eine Reihe von Risikofaktoren, welche die Entstehung einer Mittelohrentzündung begünstigen. Hierzu gehören alle Arten von Immunschwäche  des Babys, aber auch Allergien. Große Mandeln   oder eine Gaumenspalte   zählen ebenfalls zu den Risikofaktoren. Passivrauchen und das ununterbrochene Verwenden von Schnullern erhöhen ebenso das Risiko einer Mittelohrentzündung, hingegen senkt mehrmonatiges Stillen erwiesenermaßen das Risiko.

Prophylaxe einer Mittelohrentzündung beim Baby

Genauso wie es Risikofaktoren für das Entstehen einer Mittelohrentzündung beim Baby gibt, ist auch eine Prophylaxe möglich. Stillen  (mindesten 4 Monate) sowie eine rauchfreie Umgebung sind sehr wichtig. Weiterhin sollten Infekte der Atemwege stets behandelt werden; Nasensprays sind hierfür gut geeignet. Bei stärkeren Beschwerden sollte stets ein Kinderarzt aufgesucht werden. Erwähnenswert in Hinsicht auf ältere Kinder ist außerdem, dass das allgemein verpönteNasehochziehen“ tatsächlich gesünder ist als häufiges Schnäuzen, da hierbei Sekret und Krankheitserreger letztendlich verschluckt und von der Magensäure  zersetzt werden. Beim Schnäuzen hingegen kann infektiöses Sekret durch den entstehenden Überdruck in die Ohrtrompete und letztendlich in das Mittelohr gelangen.

Sehr empfehlenswert sind außerdem Impfungen  gegen Pneumokokken und das Haemophilus influenzae Bakterium. Diese beiden Impfungen decken die in unseren Breitengraden am häufigsten auftretenden Unterarten dieser Bakterien ab. Neben Mittelohrentzündungen sind diese beiden Bakteriengruppen vor allem bei Kleinkindern auch für lebensbedrohliche Hirnhautentzündungen  (Meningitiden) und Lungenentzündungen  (Pneumonien) verantwortlich.

Verlauf und Prognose

Dauer einer Mittelohrentzündung beim Baby

Eine unkomplizierte Otitis media benötigt in etwa eine Woche zur Ausheilung. Man geht bei ihr von einem etwa kurvenartigen Verlauf aus. Über 2 bis 3 Tage nimmt sie zu, um dann ihren Höhepunkt zu erreichen und über weitere 2 bis 3 Tage abzuklingen. Je nach Ausmaß und Art und Beginn der Behandlung variiert ihre Dauer teilweise jedoch stark.

Viele weitere Informationen finden Sie auch unter unsere Seite: Dauer einer Mittelohrentzündung

Komplikationen einer Mittelohrentzündung beim Baby

Unbehandelt können Mittelohrentzündungen chronisch werden und letztendlich dauerhaft das Innenohr  schädigen; eine Schwerhörigkeit  ist die Folge. Neben direkten Einbußen in der späteren Lebensqualität des Kindes kann eine Schwerhörigkeit bei Säuglingen und Kindern zu Komplikationen bei der Sprachentwicklung führen. Neben dem Innenohr können auch andere Strukturen der Paukenhöhle durch eine lange bestehende Mittelohrentzündung geschädigt werden. Durch entzündliche Prozesse können die für das Hören  sehr wichtigen Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel) verkalken und das Trommelfell vernarben. In beiden Fällen ist eine Schwerhörigkeit die Folge. Sehr selten kann es außerdem auch zu einer Gesichtsnervenlähmung oder einer Hirnhautentzündung  (Meningitis) kommen. Ebenfalls möglich, wenn auch ebenfalls selten, ist eine Sepsis  oder eine Mastoiditis  (eine sehr schmerzhafte Entzündung des Schläfenbeins direkt hinter dem Ohr).

Weiterführende Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 22.06.2015 - Letzte Änderung: 29.03.2022