Der Mutterpass

Einleitung/ Allgemeines

Der Mutterpass ist ein sehr wichtiges Dokument, welches im Jahre 1961 in Deutschland eingeführt wurde, um Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft zu dokumentieren.

Jede schwangere Frau erhält dieses Dokument nach Feststellung einer Schwangerschaft von ihrem Frauenarzt oder ihrer Frauenärztin.
Der Mutterpass sollte zu jeder Schwangerschaftsuntersuchung sowohl bei dem Frauenarzt/ der Frauenärztin als auch zur Hebamme und der Geburt, bis hin zur 2. Nachuntersuchung (6-8 Wochen nach der Geburt) mitgebracht werden.

Zudem ist ein ständiges Mitführen des Mutterpasses während der Schwangerschaft ratsam, da im Falle eines Notfalls ein rascheres Reagieren und Helfen möglich ist und Informationen über die Schwangerschaft, das Kind und die Mutter schnell einsehbar sind.

Inhaltlich befasst sich der Mutterpass mit Daten zur Gesundheit der Mutter (Erbkrankheiten, Infektionskrankheiten, Blutgruppe, Eisengehalt des Blutes) und der Entwicklung des Kindes (Gewicht, Größe, Lage, voraussichtlicher Geburtstermin). Zudem kann der Mutterpass bei einer erneuten Schwangerschaft wichtige Informationen enthalten und sollte daher nach der Geburt aufbewahrt werden.

Erläuterung der einzelnen Seiten des Mutterpasses

 

Seite 1

Auf der ersten Seite werden die Kontaktdaten des Frauenarztes/ der Frauenärztin, der Klinik, in der die Entbindung geplant ist, sowie die Daten der betreuenden Hebamme festgehalten. Außerdem werden die Termine der Vorsorgeuntersuchungen vermerkt.

Seite 2

Auf der 2. Seite findet man die Ergebnisse aller Laboruntersuchungen in Form von Blutuntersuchungen (Serologische Untersuchungen) und Urintests. Zunächst wird dort die Blutgruppe der Mutter (A, B, AB oder 0) und der Rhesusfaktor (Rhesus positiv (D positiv) oder Rhesus negativ (D negativ)) vermerkt.

Der Rhesusfaktor ist ein wichtiges Merkmal auf den roten Blutkörperchen (Erythrozyten), welches während einer Schwangerschaft eine bedeutende Rolle spielt. Ist der Rhesusfaktor der Mutter positiv (D positiv) - ca. 85 % aller Europäer sind Rhesus positive Merkmalsträger - so kann keine Rhesusunverträglichkeit zwischen Mutter und Kind auftreten, selbst wenn das Kind Rhesus negativ (D negativ) ist.
Besitzt die Mutter allerdings das Merkmal Rhesus negativ (D neg) und das Kind, auf Grund der Vererbung durch den Vater des Kindes, Rhesus positiv (D positiv), so kann es zu Blutgruppenunverträglichkeiten zwischen Mutter und Kind unter der Geburt kommen.
Vorher ist dies auf Grund einer Blutschranke zwischen dem mütterlichen Blut und dem kindlichen Blut (Plazentaschranke) nicht möglich.
Es werden mütterliche Antikörper gegen das fremde Blut des Kindes gebildet. Dies ist für das erste Kind in der Regel harmlos. Allerdings können die im mütterlichen Blut gebildeten Antikörper im Falle einer weiteren Schwangerschaft zu schwerwiegenden Komplikationen bei der Entwicklung des Kindes führen (Morbus haemolyticus neonatorum).
Als vorbeugende Maßnahme werden einer Rhesus negativen Mutter zwischen der 28. und 30. Schwangerschaftswoche und bis zu 72 Stunden nach der Geburt sogenannte Anti-D-Antikörper verabreicht, die eine körpereigene Antikörperbildung verhindern.

Der Arzt kann mit Hilfe eines Antikörpersuchtestes, der ebenso auf der 2.Seite des Mutterpasses dokumentiert wird, herausfinden, ob es bereits zu einer Antikörperbildung im mütterlichen Blut gekommen ist, und eine Rhesusunverträglichkeit bestehen könnte.
Falls der Test negativ ist, d.h falls keine Antikörperbildung stattgefunden hat, wird der Test in der 24. und der 27. Schwangerschaftswoche wiederholt. Bei einer erneuten Negativität kann es in der Regel nicht zu einer Rhesusunvertäglichkeit zwischen Mutter und Kind kommen.

Zudem wird auf der 2. Seite eine erfolgte Impfung gegen Röteln festgehalten, ebenso, ob ausreichender Schutz gegen Röteln besteht, was mittels eines speziellen Tests (Röteln-Hämagglutinationshemmungstest) durch den Arzt durchgeführt wird.
Dies ist in sofern sehr wichtig, da eine Rötelninfektion während der Schwangerschaft zu schweren Schädigungen des ungeborenen Kindes führen kann. Besteht kein ausreichender Schutz gegen Röteln-Viren, so kann eine Impfung während der Schwangerschaft nicht nachgeholt werden und der einzige Schutz vor einer Infektion besteht in einer Meidung von Kontakt mit Rötelninfizierten.

Daher ist es sehr wichtig, schon vor der Schwangerschaft für einen ausreichenden Impfschutz zu sorgen.

Seite 3

Auf der 3. Seite des Mutterpasses werden weitere mögliche Infektionsquellen wie z.B. eine Infektion mit dem Bakterium Chlamydia trachomatis in Form eines Urintests festgehalten. Das Bakterium kann zu Augen- und Lungenentzündungen nach der Geburt (postpartum) des Neugeborenen führen. Besteht eine Infektion der Schwangeren mit dem Bakterium, so muss sie mit Antibiotika behandelt werden, um eine Infektion des Kindes zu vermeiden.

Zudem wird eine potenzielle Infektion mit dem Syphillis (Lues) - Erreger Treponema pallidum- auf der 3. Seite vermerkt. Dieses Bakterium kann ab der 20. Schwangerschaftswoche auf des ungeborene Kind übertragen werden, und muss somit bei einer Erkrankung der Mutter durch geeignete Antibiotika behandelt werden. Allerdings wird im Mutterpass nur ein durchgeführter Test und kein Testergebnis notiert.

Außerdem wird das Ergebnis einer durchgeführten Testung auf eine Hepatitis B Infektion an Hand einer Antigenuntersuchung (Hbs-Antigen) über das mütterliche Blut vermerkt. Eine Infektion der Mutter mit Hepatitis B kann lebensgefährliche Folgen für das Neugeborene mit sich führen. Im Fall einer bestehenden Infektion mit Hepatitis B muss das Kind sofort nach der Geburt gegen das Virus geimpft werden.

Zusätzlich können das Vorliegen einer HIV-Infektion durch Anraten des Arztes oder Wunsch der Schwangeren erfolgen, sowie der Test auf eine Toxoplasmose-Antikörper durchgeführt werden.

Seite 4

Auf der 4. Seite werden Angaben zu vorherigen Schwangerschaften, wie z.B. Schwangerschaftsabbrüche (Abruptio), Fehlgeburten (Abort) oder Eileiter- oder Bauchhöhlenschwangerschaften (Extrauterine Schwangerschaften) vermerkt.

Zudem wird der Geburtsverlauf (Spontangeburt, Kaiserschnitt (Sectio), vaginale Geburten (Saugglocke/Zangengeburt (Forceps)), Schwangerschaftsdauer) und mögliche Komplikationen von vorangegangenen Schwangerschaften beschrieben. Somit können möglicherweise auftretende Risikoschwangerschaften besser abgeschätzt werden.

Außerdem werden auf der 4. Seite das Geburtsdatum, Gewicht und Geschlecht vorher geborener Kinder dokumentiert.

Seite 5

Die 5. Seite beschreibt ärztlich abgefragte Angaben (Anamnese) und Befunde der ersten Vorsorgeuntersuchung. Hierbei geht es zum Beispiel um familiäre Erkrankungen mit besonderem Augenmerk auf die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Bluthochdruck (Hypertonus), Fehlbildungen, genetische und psychische Erkrankungen, eigene Vorerkrankungen, Allergien, die Einnahme von Medikamenten, die soziale und berufliche Situation sowie vorangegangene Schwangerschaften (Anzahl der Schwangerschaften (Gravida) oder Geburten (Anzahl der Geburten (Para), Frühgeburten, Entbindungskomplikationen).

Der Frauenarzt/ die Frauenärztin kann nach ärztlicher Befragung (Anamnese) die Schwangerschaft als eine Risikoschwangerschaft einstufen.

Des Weiteren wird die Beratung der Schwangeren im Bezug auf eine ausgewogene Ernährung, Genussmittel, Medikamenteneinnahme, Sport, Beruf, Reisen, Geburtsvorbereitungs - kurse und Schwangerschaftsgymnastik sowie mögliche Risiken während der Schwangerschaft dokumentiert. Auch wird die Aufklärung über einen möglichen HIV-Test und die Zahngesundheit sowie eine erfolgte Krebsfrüherkennungsuntersuchung vermerkt.

Seite 6

Die 6. Seite enthält zum einen Angaben über Besonderheiten im Schwangerschaftsverlauf (z. B. Medikamente, Krankheiten der Mutter, spezielle Schwangerschaftserkrankungen, Auffälligkeiten im Bezug auf das Fruchtwasser und Blutungen), zum Anderen die Terminbestimmung der voraussichtlichen Entbindung.

Hierbei spielen zur Berechnung des genauen Termins sowohl das Datum der letzten Periodenblutung, der sichere Empfängnistermin (Konzeption), sowie das Datum der Schwangerschaftsfeststellung und in welcher Schwangerschaftswoche sich die Frau zu dem Zeitpunkt befand, eine wichtige Rolle. Der annäherungsweise berechnete Entbindungstermin kann dann im Verlauf der Schwangerschaft möglicherweise genauer bestimmt und angepasst werden.

Die Berechnung erfolgt nach der sogenannten Naegele– Regel auf folgende Weise: Entbindungstermin (ET) = Erster Tag der letzten Periodenblutung + 7 Tage – 3 Monate + 1 Jahr

Seiten 7 und 8

Auf den Seiten 7 und 8 befindet sich das sogenannte Gravidogramm. Hierbei handelt es sich um Schwangerschaftsaufzeichungen, welche der Hebamme und dem Arzt einen guten Überblick über den Schwangerschaftsverlauf vermitteln. In dieser Tabelle werden alle Untersuchungsergebnisse der Vorsorgeuntersuchungen vermerkt.

Es handelt sich hierbei um die jeweilige SSW (Schwangerschaftswoche), die Lage des oberen Gebärmutterrandes (Fundusstand), die Lageposition des Kindes (also in Beckenendlage (BEL), Schädellage (SL) oder Querlage (QL)), die kindlichen Herztöne (erfasst über Ultraschall (US) oder das CTG (Kardiotokographie)), die Kindsbewegung, Wassereinlagerungen (Ödeme) oder Krampfadern (Varikosis) der Frau, das aktuelle Gewicht der Schwangeren, die Blutdruckwerte, die Konzentration des Trägermoleküls für Sauerstoff (Hb), Urinuntersuchungen (auf Eiweiß, Zucker, Blut , Nitrit) und das Ergebnis der Untersuchung über die Scheide (vaginale Untersuchung). Außerdem sind noch Einträge über mögliche Komplikationen, Größe und Gewicht des Kindes sowie Medikamente möglich.

Seite 9

Auf der 9. Seite können Behandlungsmethoden und Medikamente möglicher Erkrankungen sowie eine Übersicht über etwaige stationäre Krankenhausaufenthalte während der Schwangerschaft dokumentiert werden. Zudem wird die kindliche Herzaktion und die Gebärmutteraktivität, welche durch ein Kardiotokografie (CTG) ab der 28. SSW alle 2 Wochen bestimmt werden, festgehalten.

Seiten 10 und 11

Die Befunde der Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft (3 Vorsorgetermine: 1) 9-12.SSW, 2) 19.-22.SSW, 3) 29.-32 SSW) stellen den wesentlichen Inhalt der Seiten 10 und 11 dar. Im Ultraschall (Sonographie) können kindliche Wachstumsmuster, sowie Organanlagen oder Organfehlbildungen, die Fruchtwassermenge, die Größe des Kindes (Kopf, Rumpf, Beine), die Herztätigkeit, sowie die Bewegung und Lage des Kindes dargestellt werden.

Seite 12

Bei einem Verdacht auf Komplikationen oder Normabweichungen wie zum Beispiel Fehlbildungen, vorzeitige Wehen, Blutungen oder eine Gebärmutterhalsverkürzung (Cervixinsuffizienz), können auf dieser Seite zusätzliche Bedingungen (Indikationen) für weitere Ultraschall- Kontrolluntersuchungen festgehalten werden.

Seite 13

Auf der 13. Seite wird der Wachstumsverlauf des Kindes an Hand einer Kurve dokumentiert. Hierbei werden die Scheitel-Steiß-Länge (SSL), sowie der Kopfdurchmesser von Schläfe zu Schläfe (BPD) und der Bauchdurchmesser von Rippe zu Rippe (ATD) eingetragen. Ein Vergleich zwischen den Wachstumswerten des Kindes und der altersabhängigen Normalkurve sowie der zeitliche Verlauf werden beobachtet.

Seite 14

Auch auf der Seite 14 können wie auf Seite 12 weiterführende Ultraschalluntersuchungen bei abnormen (pathologischen) Aufälligkeiten beschreiben werden.

Seite 15

Auf der 15. Seite wird die Abschlussuntersuchung (Epikrise) nach der Geburt des Kindes dokumentiert. Diese Seite gliedert sich in 3 Abschnitte. Hierbei fließen als Erstes Angaben über die Schwangerschaft, die erfolgten Vorsorgeuntersuchungen, sowie die soziale Situation der Frau ein.

Als Zweites wird die Geburt samt Geburtsdatum, SSW, Geschlecht des Kindes, Kindslage, Kindsgröße und Kopfumpfang sowie eventuelle auffällige Fehlbildungen und der PH-Wert der Nabelarterie nach der Geburt festgehalten.
Des Weiteren wird die Geburtsform und der APGAR-Score, welcher die Erstuntersuchung des Kindes (A= Atmung, P= Puls/ Herzfrequenz, G = Grundtonus (Muskeltonus), A= Aussehen (Haut/Hautfarbe), R= Reflexauslösbarkeit) sofort nach der Geburt, nach 5 und 10 Minuten darstellt, beschrieben.

Im 3.Teil wird die Gesundheit der Frau im Wochenbett notiert.

Seite 16

Die Letzte Seite des Mutterpasses beinhaltet die Untersuchungsbefunde der 2. nachgeburtlichen Untersuchung der Frau 6-8 Wochen nach Entbindung.

Weitere Informationen zu diesem Thema

Hier erhalten Sie weitere hilfreiche Informationen zu diesem Thema:

Eine Übersicht aller Themen der Gynäkologie finden Sie unter: Gynäkologie A-Z

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.05.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021