Oberschenkelhalsbruch

Allgemein/ Einleitung

Der Oberschenkelhalsbruch (Syn. Schenkelhalsfraktur), bezeichnet einen Knochenbruch des Oberschenkels nahe dem Hüftgelenk. In der Regel ist ein Sturz auf die Seite Grund für einen Oberschenkelhalsbruch. Aufgrund der erhöhten Sturzneigung und langsameren Reflexen handelt es sich um eine häufige Verletzung des älteren Menschen.

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Epidemiologie

Der Oberschenkelhalsbruch ist ein sehr häufiges Verletzungsmuster, vor allem des älteren Menschen. Dies liegt an der geringeren Beweglichkeit, den reduzierten Reflexen und einer deutlich erhöhten Sturzneigung. Aufgrund des großen Risikofaktors Osteoporose sind Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer.

Ursache

Grund für den Bruch des Schenkelhalses ist ein Sturz auf die Hüfte, während das Bein in der Hüfte abgewinkelt (Abduktionsstellung) oder stark angewinkelt (Adduktionsstellung) ist.

Einteilung

Der Oberschenkelhalsbruch wird zum einen nach anatomischen Merkmalen, zum anderen nach dem ursächlichen Verletzungsmechanismus eingeteilt.
Anatomisch unterscheidet man:

  • die seitlich (lateral) liegenden Frakturen
  • und den zur Mitte (medial) hin liegenden Bruchspalt.

Da zur Mitte hin die den Hüftkopf versorgenden Blutgefäße verlaufen, steigt bei einem mittleren Oberschenkelhalsbruch das Risiko einer Minderversorgung des Hüftkopfes und dessen Funktionsverlust.
Nach dem Verletzungsmechanismus wird der Oberschenkelhalsbruch nach Pauwels und Garden eingeteilt. Die Pauwels- Einteilung bezieht sich dabei auf den Bruch während des Abspreizens (Abdukationsfraktur) des Beines. Die daraufhin folgende O- Bein- Fehlstellung (Varusfehlstellung) oder X- Bein- Fehlstellung (Valgusfehlstellung) ist ebenfalls Teil der Pauwels- Einteilung.

  • Pauwels I bedeutet eine Bruchlinie zur Horizontalen bis 30° Da der Winkel klein ist besteht hierbei eine weiterhin gute Stabilität trotz des Bruches.
  • Pauwels II bezeichnet eine Bruchlinie zur Horizontalen zwischen 30 und 50°
  • Pauwels III beschreibt die Bruchlinie über 50°. Aufgrund der Scherkräfte kommt es bei diesem großen Bruchwinkel zur Verschiebung (Dislokation) der beiden Bruchteile.

Der Winkel bezieht sich dabei auf die Horizontale zwischen dem Trochanter major und dem Rotationszentrum des Hüftkopfes, sowie der Frakturlinie.

Garden bezeichnet den Oberschenkelhalsbruch bezogen auf die Verschiebung der einzelnen Bruchstücke:

  • Garden 1 bezeichnet einen unvollständigen Bruch ohne Verschiebung der Bruchteile.
  • Garden 2 beschreibt einen kompletten Bruch ohne Verschiebung
  • Garden 3 einen kompletten Bruch mit teilweiser Verschiebung der Bruchenden.
  • Garden 4 ist die schwerste Form der Oberschenkelhalsfraktur. Dabei sind die Bruchteile komplett verschoben und die Bruchflächen haben keinen Kontakt mehr zueinander.

Da sich die beiden Einteilungen ergänzen, wird jeder Oberschenkelhalsbruch nach Pauwels und Garden in seinen Schweregrad eingeteilt und bestimmt dadurch die sich anschließende Therapie und die Prognose.

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Symptome

Im Vordergrund der Beschwerden stehen starke Schmerzen, die bewegungsabhängig sind und sich bei passiver Hüftbeugung noch verstärken. Oft liegt zudem eine Fehlstellung des Beines in der Hüfte vor. Diese ist zudem diagnostisches Zeichen des Bruchverlaufes.
Typischerweise findet sich zum Beispiel bei einem vollständig verschobenen Bruch eine Verkürzung des betroffenen Beines, sowie eine Außenrotation. Bei nicht verschobenen Brüchen können diese Fehlstellungen ausbleiben. Zudem kann das betroffene Bein aufgrund der starken Schmerzen nicht mehr belastet werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Schmerzen nach einem Oberschenkelhalsbruch

Diagnostik

Neben der Anamnese, sofern diese aufgrund der Schmerzen noch möglich ist, dient die klinische Untersuchung und die Betrachtung eventuell bestehender Fehlstellungen des Beines einer Orientierung.
Um die endgültige Diagnose zu stellen, sind jedoch Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen indiziert. Bei korrekter Aufnahme zeigen diese den Bruchspalt und lassen Rückschlüsse auf die Verschiebung und die nötige Therapie zu.

Therapie des Oberschenkelhalsbruch

Die Brüche des Grades Pauwels I können, aufgrund ihrer Stabilität und da die Bruchenden nicht verschoben sind, konservativ behandelt werden. Die konservative Therapie besteht in einer Teilbelastung mit ca. 20 kg an Unterarmgehstützen für ca. 6 Wochen. Um ein eventuelles Abkippen der Bruchstücke nicht zu übersehen sollten regelmäßige Röntgenkontrollen nach 7, 14 und 21 Tagen durchgeführt werden.

Oberschenkelhalsbrüche der Einteilung Pauwels II oder III haben ein deutlich erhöhtes Risiko der Instabilität und Verschiebung. Aus diesem Grund sollten diese Brüche immer operativ behandelt werden. Je nach Alter und Mobilität des Patienten erfolgt die Therapie Hüftkopferhaltend oder mit einer Prothese:

  • jüngere Patienten:
    Sie sollten möglichst immer ihren Hüftkopf behalten um die anschließenden Komplikationen so gering wie möglich zu halten.
    Damit der Hüftkopf erhalten werden kann muss die Operation innerhalb der ersten 6 Stunden nach dem Unfall durchgeführt werden. Nur dann ist die ausreichende Blutversorgung des Hüftkopfes noch gewährleistet. Die Versorgung erfolgt entweder durch Zugschrauben oder durch eine dynamische Hüftschraube, welche in den Hüftkopf eingebracht werden und so die Bruchteile zusammenhalten sollen.
  • ältere Patienten:
    Bei ihnen ist die endoprothetische Versorgung vorzuziehen. Die Patienten sind nach dieser Operation schon innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Operation wieder belastbar wodurch das Risiko postoperativer Komplikationen, einer Lungenentzündung oder Thrombose sinkt.
    Bei erhaltener Hüftpfanne kann eine Hemiprothese eingesetzt werden, besteht schon eine Arthrose des Hüftgelenkes, ist eine Totalendoprothese, mit Ersatz des Hüftkopfes und der Hüftpfanne, indiziert.

Operation Oberschenkelhalsbruch

Die operative Versorgung von Oberschenkelbrüchen ist der konservativen Behandlung, beispielsweise durch einen Gips, in der Regel vorzuziehen. Einerseits ist der Beginn einer Rehabilitation und eine Belastung des Beines generell früher möglich, andererseits ist die Komplikationsrate deutlich niedriger.

Die operative Behandlung einer Oberschenkelfraktur wird unter Vollnarkose durchgeführt. Die OP einer Oberschenkelschaftfraktur selbst erfolgt beim Erwachsenen üblicherweise unter Verwendung von Markschrauben.

Kompliziertere Frakturen, wie Trümmer- oder offene Frakturen , oder Oberschenkelbrüche polytraumatisierter Patienten werden jedoch zuerst mit einem Fixateur externe behandelt, welcher durch einen Marknagel ersetzt wird, sobald sich der Zustand des Patienten oder die Bedingungen im Wundgebiet gebessert haben.

Brüche im Oberschenkelhalsbereich bergen größere Risiken für den Patienten, da eine gute Blutversorgung des Oberschenkelkopfes hierbei oft nicht mehr gegeben ist. Bei Patienten über 65 Jahren ist eine Totalendoprothese (TEP), also der komplette Ersatz des Gelenks, meist das Verfahren der ersten Wahl.

Bei jungen Patienten wird hingegen üblicherweise auf eine hüftkopferhaltende Maßnahme, wie die dynamische Hüftschraube oder die Zugschraubenosteosynthese, zurückgegriffen. Die Prognose ist hier allgemein recht gut.

Lesen Sie mehr zum Thema: Schmerzen nach einer Hüft-Op

Reha bei Oberschenkelhalsbruch

Da das Thromboserisiko durch die Immobilisation des Beins deutlich steigt, wird jedem Patienten Heparin verschrieben. Dieses wird subcutan, also unter die Haut, gespritzt.

Ebenso helfen Kompressionsstrümpfe, Kompressionsverbände und frühestmögliche Bewegung, das Risiko der Entstehung eines Blutgerinnsels (Thrombus) weiter zu senken.

Unter Verlaufskontrolle mittels Röntgen sollte schließlich möglichst früh mit einer intensiven rehabilitativen Nachbehandlung begonnen werden, um Beweglichkeit und Mobilität im Alltag zu gewährleisten und die Muskulatur zu stärken.

Dies erfolgt je nach Operation schrittweise zuerst unter Zuhilfenahme von Unterarmgehstützen oder unter sofortiger Vollbelastung. Zusätzliche Maßnahmen wie Kältebehandlungen für das Operationsgebiet oder Ergotherapie können ebenfalls angewandt werden.

Lesen Sie mehr zum Thema: Reha nach einem Oberschenkelhalsbruch

Heilungsverlauf

Wie bei jedem anderen Knochen auch unterscheidet man bei Oberschenkelfrakturen zwei Arten von möglichen Frakturheilungen; eine primäre und eine sekundäre.

Die primäre oder direkte Frakturheilung findet statt, wenn entweder die Knochenhaut intakt bleibt (sogenannte Grünholzfraktur) oder die Bruchenden in Kontakt bleiben (wie dies zum Beispiel nach einer OP der Fall ist).

In ihrem Verlauf gelangen zuerst Entzündungszellen, Hormone und Wachstumsfaktoren mit dem Blut in den Bruchspalt. Ein Bluterguss (Hämatom) bildet sich. Hieraus entsteht letztendlich Bindegewebe, welches reich an Blutgefäßen ist. Im weiteren Verlauf lagern sich knochenbildende Zellen an die Gefäße an und beginnen mit der Verbindung beider Knochenenden. Bereits nach etwa 3 Wochen ist der Knochen wieder weitestgehend funktionsfähig.

Sind die oben genannten Voraussetzungen für eine primäre Bruchheilung nicht gegeben, setzt die sekundäre (indirekte) Frakturheilung ein. Auch hier bildet sich zunächst ein Bluterguss, und auch hier entwickelt sich nach Abklingen der Entzündung nach und nach gefäßreiches Bindegewebe - der sogenannte weiche Kallus, welcher eine erste Überbrückung des Bruchspalts darstellt.

Spezialisierte Zellen beginnen mit dem Abbau toten Knochengewebes und dem Aufbau neuer Knochensubstanz. Dieser Vorgang dauert etwa 4-6 Wochen.

Der entscheidende Unterschied zur primären Frakturheilung ist die Mineralisation des Kallus durch Einlagerung von Kalzium, welche nun erfolgt. Es bildet sich vorerst Geflechtknochen im Spalt, dessen Gerüst noch ungerichtet ist. Er ersetzt nach und nach das Bindegewebe. Dies dauert beim Erwachsenen weitere 3-4 Monate. In den danach folgenden Monaten findet dann der Umbau des Knochens zu Lammellenknochen und die Wiederherstellung seiner ursprünglichen Struktur statt.

Knochen besitzen ein beachtliches Regenerationsvermögen und heilen bei guter Behandlung glatt und vollkommen narbenlos aus.

Lesen Sie mehr zum Thema: Heilungsdauer nach einem Oberschenkelhalsbruch

Oberschenkelhalsbruch bei Kindern

Der Oberschenkelknochen (Femur) ist der stärkste Knochen des menschlichen Körpers, und bricht beim gesunden jungen Menschen daher nur bei starker Gewalteinwirkung, wie zum Beispiel einem Sturz aus großer Höhe.

Aufgrund generell besserer Heilungsprozesse bei Kindern, sind konservative Therapien bei diesen weitaus häufiger zu rechtfertigen, als bei Erwachsenen. Besonders bei Kindern unter 2 Jahren heilen Brüche sehr schnell aus. So ist eine Ruhigstellung einer unkomplizierten Fraktur mittels Becken-Bein-Gips bei Säuglingen und Kleinkindern meist gut möglich. Die vollständige Ausheilung der Verletzung nimmt in etwa 3-4 Wochen in Anspruch.

Kompliziertere Brüche machen in der Regel jedoch eine Operation nötig. Zu diesen zählen beispielsweise Frakturen, welche die Epiphysenfuge (Wachstumsfuge) einbeziehen. Hierdurch kann es längerfristig zu Wachstumshemmungen oder Fehlstellungen des Beins kommen, weshalb zusätzlich zu einer OP eine regelmäßige Nachsorge in Abständen von meist einem Monat nötig wird.

Speziell für Kinder stehen hier eine Reihe von Operationsverfahren zur Verfügung. Häufige Anwendung findet unter anderem der Fixateur externe oder die elastisch stabile intramedulläre Nagelung (ESIN).

Im Vergleich zur konservativen Therapie ermöglicht eine OP es dem Kind generell, das Bein früher wieder belasten zu können. Dies erfolgt unter zunehmender Belastung im Rahmen der Krankengymnastik.

Prognose

Entscheidend für die Prognose des Oberschenkelhalsbruches ist vor allem die Blutversorgung des Hüftkopfes. Wird diese unterbrochen und kann nicht wieder hergestellt werden, besteht ein hohes Risiko der Hüftkopfnekrose. Es kommt zum Absterben des Hüftkopfes, da dieser nicht mehr ernährt wird, und damit zum Funktionsverlust. In diesen Fällen muss der Hüftkopf durch eine Prothese ersetzt werden. Wird der Oberschenkelhalsbruch jedoch schnell und effizient versorgt, so ist die Prognose relativ gut. Dennoch sollte den Patienten bewusst sein, dass die Beweglichkeit nach einem Oberschenkelhalsbruch in der Regel nicht mehr der Mobilität in der Zeit vor dem Unfall entspricht.
Besonders sehr alte Patienten haben oft Schwierigkeiten sich nach der Operation wieder zu erholen und zu bewegen. Aus diesem Grund besteht innerhalb der ersten Jahre eine sehr hohe Letalität bei alten Menschen, aufgrund der Komplikationen durch Bettlägerigkeit. Diese bestehen vor allem in Lungentzündungen oder Thrombosen mit Lungenembolien.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Oberschenkelhalsbruch Spätfolgen

Zusammenfassung

Der Oberschenkelhalsbruch ist das Krankheitsbild des alten Menschen und ist in der Regel durch den Sturz auf die Seite verursacht. Er lässt sich nach dem Winkel des Bruchspaltes (Pauwels) und der Verschiebung der Bruchstücke (Garden) einteilen. Diese Einteilungen dienen der Therapieentscheidung und Prognoseabschätzung.
Der Oberschenkelhalsbruch äußert sich in starken Schmerzen der betroffenen Seite und eventuell einer Fehlstellung und Verkürzung des betroffenen Beines. Besonders gefährlich ist der Oberschenkelhalsbruch mit Unterbrechung der Blutversorgung des Hüftkopfes. In diesem Fall ist häufig der komplette Ersatz des Hüftgelenkes mittels einer Prothese notwendig.
In Abhängigkeit vom Alter und der Mobilität des Patienten, wird der Hüftkopfersatz schon früh angestrebt. Dieses bietet den Vorteil der schnellen Mobilisation und Belastungsmöglichkeiten des verletzten Beines. Durch eine frühe Mobilisation sinkt das Risiko postoperativer Komplikationen massiv. Aus diesem Grund wird der künstliche Hüftersatz besonders bei alten Menschen angewandt.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 15.05.2012 - Letzte Änderung: 21.07.2023