Die Röntgenreizbestrahlung stellt eine alternative Therapiemöglich keit bei entzündlichen Gelenkserkrankungen, Schuppenflechte oder Gelenkergüssen dar. Sie ist allgemein sehr schonend und hat kaum Nebenwirkungen.
Der Begriff Röntgenreizbestrahlung beschreibt eine Behandlungsmöglichkeit, die bei verschiedensten Krankheitsbildern (insbesondere bei entzündlichen Überlastungsreaktionen des Bewegungsapparats, s.u.) zum Einsatz kommt und sich der therapeutischen Wirkung von Röntgenstrahlen bedient. Als Synonyme werden auch die Bezeichnungen Orthovolttherapie, Schmerzbestrahlung oder Röntgentiefentherapie verwendet.
Die Röntgenreizbestrahlung findet bereits seit vielen Jahrzehnten Verwendung und soll dazu dienen, im Gewebe Prozesse zu aktivieren, die das Fortschreiten der Erkrankung bremsen und die körpereigenen Heilmechanismen anstoßen können. Dazu gehört etwa die Hemmung von Abwehrzellen, die maßgeblich für die Entstehung einer Entzündungsreaktion sind, sowie von Fibroblasten, die für die Ausbildung von Narben verantwortlich sind. Andererseits wird auch die Durchblutung gefördert, was den Heilungsprozess erleichtert.
Aus den genannten Punkten lässt sich ableiten, dass die Röntgenreizbestrahlung eine eher symptomatisch auslegte Behandlung darstellt: Das bedeutet, dass in der Regel nicht die Ursachen der Erkrankung therapiert werden, sondern nur die entzündlichen Begleiterscheinungen. Für einen langfristigen Behandlungserfolg ist es deshalb nötig, sich diesen Aspekt vor Augen zu führen und ggfs. auch die auslösenden Faktoren für die Erkrankung so umfassend wie möglich abzustellen.
Die Röntgenreizbestrahlung findet bei verschiedenen Erkrankungen Anwendung. Dabei ist sie insbesondere für Patienten, bei denen Behandlungsversuche mit Schmerzmedikamenten oder gar Operationen keine durchschlagende Wirkung gezeigt haben, eine erwägenswerte Option.
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Zu den Erkrankungen, für deren Behandlung sich eine Röntgenreizbestrahlung eignen kann, gehören dabei in erster Linie degenerative Gelenkerkrankungen, die mit einer Entzündungsreaktion und damit chronischen Schmerzen einhergehen, z.B. Arthrose in Hüfte, Knie oder Schulter. Weitere Erkrankungen, die mit einer Entzündungsreaktion einhergehen und bei denen deshalb eine Röntgenreizbestrahlung erwogen werden kann, sind Schleimbeutelentzündungen (Bursitis) in den Gelenkbereichen, Schultergelenksverkalkungen, Fersensporne, Achillessehnenreizungen oder Überlastungsreaktionen wie der Tennisarm.
Darüber hinaus kann unter bestimmten Umständen auch bei der Psoriasis (Schuppenflechte), sowie dem Morbus Dupuytren eine Röntgenreizbestrahlung sinnvoll sein.
Durchgeführt wird die Röntgenreizbestrahlung zumeist an spezialisierten Strahlenkliniken unter der Leitung von Fachärzten für Radiologie. Häufig besteht dabei eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Fachärzten aus anderen Bereichen (z.B. Orthopäden).
Nach Prüfung der Indikation für die Röntgenreizbestrahlung durch den Facharzt werden die exakte Strahlendosis, die Anzahl der Sitzungen sowie die Strahlenrichtung festgelegt. Anschließend werden strahlungsempfindliche Körperregionen wie die Schilddrüse oder die Genital- bzw. Unterleibsregion mit Bleischürzen abgedeckt, um sie vor der Strahlung zu schützen. Die Röntgenreizbestrahlung selbst dauert schließlich nur wenige Minuten oder gar Sekunden.
In der Regel wird die Röntgenreizbestrahlung in einer Serie aus 6-12 Sitzungen durchgeführt mit je 2-3 Sitzungen wöchentlich. Dabei werden prinzipiell die gleichen Geräte wie in der Bestrahlungstherapie von Krebserkrankungen eingesetzt, jedoch liegt die Strahlungsdosis pro Sitzung in Bereichen zwischen 0,5 und 5 Gray (beim Fersensporn u.U. bis zu 20 Gray), während bei Krebserkrankungen mit Dosen von 40-70 Gray gearbeitet wird.
Bei ausbleibender Besserung kann nach einer Pause von mehreren Monaten eine weitere Serie durchgeführt werden.
Die Risiken bzw. Nebenwirkungen einer Röntgenreizbestrahlung sind im Vergleich zu schmerzstillenden Medikamenten als sehr gering zu erachten. Da im Gegensatz zur Einnahme von Tabletten bei der Röntgenreizbestrahlung keine Wirkstoffe in den Organismus eingebracht werden, können auch keine direkten systemischen (also den ganzen Körper betreffenden) Nebenwirkungen erzeugt werden. Einzig lokal, also an der Stelle der Bestrahlung, besteht die Möglichkeit der Ausbildung von Hautreizungen in Form von einer Rötung oder Hauttrockenheit. Um diese Hauterscheinungen zu vermeiden oder zumindest zu lindern, empfiehlt sich eine genaue Absprache mit dem behandelnden Strahlentherapeuten bezüglich adäquater Hautpflege.
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Davon abzugrenzen sind die langfristigen Risiken einer Röntgenreizbestrahlung. Trotz der äußerst geringen Strahlungsdosis erhöht eine Strahlentherapie in geringem Maße das Risiko für die Entwicklung von Tumoren oder Organstörungen. Dieser Aspekt macht regelmäßige Nachuntersuchungen der so behandelten Patienten über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten nach Bestrahlung nötig.
Bei Kindern und Schwangeren sollte auf die Durchführung einer Röntgenreizbestrahlung verzichtet und auf eine medikamentöse oder operative Therapie zurückgegriffen werden.
Die Röntgenreizbestrahlung ist eine anerkannte Leistung der gesetzlichen und privaten Krankenkassen. Allerdings wird zumeist eine Überweisung vom Facharzt benötigt: Sie sollten sich also z.B. bei Gelenkschmerzen zunächst einem niedergelassenen Orthopäden vorstellen, mit welchem Sie dann die Möglichkeit einer Röntgenreizbestrahlung besprechen können und der Ihnen dann ggfs. eine Überweisung ausstellen kann.
Zeigt sich nach mehreren Zyklen Strahlentherapie keine merkliche Besserung der Beschwerden, kann es sein, dass die Krankenkasse keine weiteren Zyklen mehr übernimmt. In diesem Fall sollten sie ggfs. im Voraus eine Anfrage zur Kostenübernahme bei Ihrer Kasse stellen.
Chronischen Schmerzen in der Schulter liegen häufig Verkalkungen oder Reizungen der Schleimbeutel oder Sehnenansätze sowie Entzündungen des Gelenkbereichs (Arthritis, z.B. im Rahmen einer Arthrose) zugrunde. Neben den Schmerzen klagen die Patienten zumeist über Funktionseinschränkungen des Schultergelenkes. Die angeführten Erkrankungen werden zumeist zunächst mithilfe von Krankengymnastik und schmerz- und entzündungsstillender Medikamente oder mittels Injektion von Cortison und Lokalanästhetika (lokale Betäubungsmittel) zu behandeln versucht.
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Sind diese konservativen Behandlungsversuche nicht erfolgreich, bietet sich eine Röntgenreizbestrahlung als Alternative zu einem operativen Eingriff an. Durch die Bestrahlung soll die Durchblutung und damit die Selbstheilungsmechanismen des Körpers gefördert werden, während die an der Entzündungsreaktion beteiligten Abwehrzellen gehemmt werden. Im Falle der Arthrose ist jedoch Wert zu legen auf die Feststellung, dass durch die Strahlentherapie nicht die Arthrose selbst behandelt, sondern nur die sie begleitende Entzündungsreaktion gehemmt werden kann.
Die Arthrose, also der Gelenkverschleiß, stellt einen der häufigsten Einsatzbereiche der Röntgenreizbestrahlung dar. Am häufigsten sind dabei Hüft-, Knie- oder Schultergelenk betroffen. Häufig geht die Arthrose mit einer Entzündungsreaktion des Gelenkes einher, man spricht dann von einer "aktivierten" Arthrose. Diese Entzündungsreaktion tritt oft gemeinsam mit einer Ergussbildung innerhalb der Gelenkkapsel auf und verursacht Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des betroffenen Gelenkes.
Um diese Beschwerden zu lindern, kann als Ergänzung oder als Alternative zu Krankengymnastik sowie schmerz- und entzündungsstillenden Medikamenten eine Röntgenreizbestrahlung erwogen werden. Zu beachten ist dabei jedoch, dass die Strahlentherapie lediglich eine symptomatische Behandlungsoption darstellt: Sie kann die Entzündungsreaktion im Gelenkbereich hemmen und dadurch die Schmerzen und Funktionseinschränkungen lindern, jedoch den Zustand der das Gelenk bildenden Knochen nicht beeinflussen - im Gegensatz beispielsweise zu einem operativen Gelenkersatz.
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Der Behandlungserfolg einer Röntgenreizbestrahlung ist stark abhängig vom Ausmaß des Arthrose. Ein stark fortgeschrittener Gelenkverschleiß sowie bereits lange anhaltende Schmerzen des Gelenkes (> 1 Jahr) gelten als negative Prognosefaktoren.
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Der Begriff Tennisarm beschreibt eine schmerzhafte Reizung der Sehnenansätze am radialen (daumenseitigen) Oberarmknochenvorsprung (Epikondylus) am Ellenbogengelenk. Ursache muss dabei nicht unbedingt ausgiebiges Tennisspiel sein - auch Fehl- oder Überlastungen durch andere Schlägersportarten oder im Beruf (Tastatur- bzw. Mausbenutzung bei Büroarbeit) können zu einem derartigen Krankheitsbild führen. Neben den Schmerzen besteht zumeist eine Bewegungseinschränkung des Ellenbogengelenks.
Der Tennisarm wird in den meisten Fällen zunächst mit schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten sowie Schonung therapiert. Zeigen diese Maßnahmen keinen nachhaltigen Erfolg, kann sich eine Röntgenreizbestrahlung als Alternative zu einer operativen Therapie anbieten. Da es sich beim Tennisarm um einen entzündlichen Reizzustand ohne strukturelle Beschädigung der Gelenkknochen handelt, stellt die Röntgenreizbestrahlung hier - anders als bei der Arthrose - eine ursächliche Behandlungsoption dar, die die Erkrankung selbst, und nicht nur ihre Symptome, behandelt.
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An der Ferse kann eine Röntgenreizbestrahlung zur Behandlung eines Fersensporns durchgeführt werden. Unter dem Begriff Fersensporn versteht man eine knöcherne Ausziehung im Bereich der Ferse. Unterscheiden lassen sich der obere (hintere) Fersensporn am Fersenbeinansatz der Achillessehne sowie der untere (vordere) Fersensporn im Ansatzbereich der Sehnenplatte der Fußsohle am Fersenbein. Letzterer ist gelegentlich mit einer Entzündung (Plantarfasciitis) ebendieser Sehnenplatte vergesellschaft. Beide Unterarten des Fersensporns äußern sich zumeist durch stechende Schmerzen bei Belastung des Fersenbeins, also hauptsächlich beim Gehen und Stehen.
Die Röntgenreizbestrahlung zur Therapie eines Fersensporns (mit oder ohne Plantarfasciitis) kann insbesondere dann erwogen werden, wenn vorherige Behandlungsversuche mit schmerz- und entzündungsstillenden Medikamenten oder Cortison-Injektionen erfolglos geblieben sind. Mit der Entscheidung zu einer Strahlentherapie sollte dabei nicht zu lange (maximal etwa 6 Monate) gewartet werden, da mit zunehmender Schmerzdauer die Effektivität der Röntgenreizbestrahlung abnimmt. Die Strahlentherapie des Fersensporns beinhaltet zumeist 12 Sitzungen und wird mit einer Strahlendosis von bis zu 20 Gray durchgeführt. Diese verhältnismäßig hohe Dosis ist nötig, da beim Fersensporn - im Gegensatz etwa zur aktivierten Arthrose oder zu Sehnenentzündungen - überflüssiges knöchernes Gewebe zerstört sowie dessen Abbau angeregt werden soll.
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Bei einer Achillessehnenentzündung kommt es - ähnlich wie etwa beim Tennisarm - durch Fehl- oder Überlastung zu einer Entzündungsreaktion im Bereich des Ansatzes der Achillessehne am Fersenbein. Sie tritt daher häufig bei Langstreckenläufern, insbesondere bei schneller Steigerung des Trainingsumfangs, auf. Die Achillessehnenentzündung geht häufig mit einer Ergussbildung einer und äußert sich durch Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.
Neben schmerz- und entzündungsstillenden Medikamenten sowie Schonung und Physiotherapie kann die Röntgenreizbestrahlung eine effektive Behandlungsmöglichkeit darstellen. Sie ist schonender und risikoärmer für die Sehne als die Injektion von Cortison, welche das bei einer Achillessehnenentzündung ohnehin erhöhte Risiko eines Sehnenrisses weiter erhöhen kann und deshalb unter Ärzten äußerst umstritten ist. Die Röntgenreizbestrahlung zur Behandlung einer Achillessehnenentzündung besteht zumeist aus 12 Sitzungen.
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