Verstauchung eines Zehs

Definition

Unter einer Verstauchung, einer sogenannten Distorsion (lat. distorsio - Verdrehung) versteht man eine Überdehnung eines Gelenkes mitsamt seiner Gelenkkapsel. Meist resultieren Verstauchungen aus kleineren Unfällen, bei denen die Krafteinwirkung zu gering ist um schwerwiegendere Schäden auszulösen. Neben nahezu allen anderen Gelenken können auch ein Zeh oder gleich mehrere von einer solchen Verletzung betroffen sein. Besonders häufig erwischt es den kleinen Zeh, der aufgrund seiner randständigen Position häufig Verletzungen erleidet. Aber auch alle anderen Zehen können natürlich betroffen sein.

Ursachen

Die Ursache einer Verstauchung gerade eines Zehs ist im Gegensatz zu anderen Verstauchungen (Fuß, Handgelenk, …) meist kein Sportunfall, sondern eine alltägliche Verletzung. Häufig berichten Patienten, sie haben sich beim Barfußlaufen an einer Ecke oder Kante gestoßen oder im Dunkel Hindernisse nicht rechtzeitig bemerkt. Diese Situationen sind durchaus sehr schmerzhaft, aber meistens nicht gravierend genug um Zehen oder andere Körperteile brechen zu lassen oder beispielsweise einen Muskel dauerhaft zu schädigen. Natürlich sind noch viele weitere Unfallhergänge denkbar und auch schwere Unfälle können „nur“ eine Verstauchung zur Folge haben. Die Ursachen dieser Verletzung können so unterschiedlich sein wie die Patienten, die sie erleiden.

Symptome

Die klassischen Symptome einer Verstauchung des Zehs sind starke Schmerzen am betroffenen Gelenk – zumeist ist es das Gelenk, welches am Übergang Fuß zu Zeh liegt – und eine Schwellung an gleicher Stelle. Häufig beklagen Betroffene auch Schmerzen beim Laufen und eine veränderte Funktionsfähigkeit des Zehs. Zudem kann es entweder sofort oder nach einigen Stunden bis Tagen zu einem Bluterguss am oder unterhalb des Zehs kommen. In unnatürlichen Winkeln vom Fuß abstehen sollte der Zeh dahingegen nicht und auch offene Wunden wären sehr ungewöhnlich.

Abbildung Verstauchung

Verstauchung (Distorsion) -
Band oder Gelenkkapsel
Verletzung
Band -
Ligamentum
Gelenkkapsel -
Capsula articularis

1 - 1 - Oberes (proximales)
Handgelenk -
Articulatio radiocarpalis
2 - 2 - Unteres (distales)
Handgelenk
Articulatio mediocarpalis
3 - 3 - Kniegelenk
Articulatio genus
4 - 4 - Oberes Sprunggelenk -
Articulatio talocruralis
5 - 5 - Unteres Sprunggelenk -
Articulatio talocalcaneonavicularis

PECH - Regel
Pause Eis Compression Hochlagerung

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Behandlung - Was tun?

Was sollte man nun also bei einer Verstauchung des Zehs tun? Im ersten Moment gilt auch hier – obwohl es sich wie erwähnt meist nicht um eine Sportverletzung handelt – die PECH-Regel.
Konsequentes Kühlen und Hochlegen des Fußes lindern zum einen Schmerzen und können zum anderen die Entstehung großer Blutergüsse und Schwellungen wirkungsvoll eindämmen. Im Anschluss bietet sich eine Kompression über elastische Binden oder Tapeverbände an. Wichtig ist dabei, dass der Verband zwar straff genug sitzt um stützen zu können, aber nicht so fest, dass er die Blutgefäße oder Nerven des Zehs einengt. Bei kalten, blassen Zehen oder einem unangenehmen Kribbeln unter oder hinter dem Verband, sollte man jenen sofort lösen und neu anlegen.

Während der auf den Unfall folgenden Tage, sollte man immer wieder den Fuß hochlegen und entlasten. Bei sehr starken Schmerzen kann die Einnahme eines sogenannten nicht-steroidalen Antirheumatikums (NSARs) wie beispielsweise Ibuprofen oder Diclofenac erfolgen. Dieses sollte allerding immer nur kurzfristig und/ oder in Rücksprache mit einem Arzt erfolgen, da diese Medikamente natürlich ihrerseits ebenfalls wieder Nebenwirkungen hervorrufen können.

Lesen Sie mehr dazu unter NSAR - nichtsteroidale Antirheumatika

Anwendung einer Salbe

Bei mäßigen Schmerzen bietet sich zu den oben genannten Behandlungsmaßnahmen das Verwenden einer schmerzlindernden Salbe (beispielsweise mit Diclofenac) an. Diese ist frei verkäuflich in der Apotheke erhältlich und kann direkt auf die verletzte Stelle aufgetragen werden. Der betäubende Wirkstoff lindert den Schmerz und kühlt – je nach Präparat – unter Umständen sogar noch zusätzlich.

Neben dem Verwenden einer Schmerzsalbe empfehlen einige Ärzte die Therapie mit durchblutungsfördernden Salben. Nach den ersten 48 Stunden (wichtig - niemals zuvor) aufgetragen, sollen sie den Blutfluss und damit den Abtransport eines möglichen Blutergusses sowie der Schwellung fördern und Nährstoffe und Energie zur Regeneration der verletzten Strukturen anschwemmen. Ob und wie genau dieser Effekt eintreten kann ist allerdings nicht unumstritten, einige Ärzte bescheinigen diesen Salben keine weitere Wirkung außer den Placebo Effekt, welcher die Patienten an eine schnelle Heilung glauben lässt. 

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Tapen

Neben Bandagen aus elastischen Binden kann auch das Tapen einer Verstauchung des Zehs eine gute Möglichkeit zur Stabilisation und Ruhigstellung sein. Dafür eignet sich am besten relativ schmales, nicht zu dickes Sporttape, welches ringförmig um den verletzten Zeh gewickelt wird. Unter Umständen können ein bis zwei breitere Streifen (sogenannte Zügel) in Richtung des Mittelfußes geklebt werden, um eine zusätzliche Stabilisierung zu gewährleisten.

Ähnlich wie beim elastischen Verband sollte auch hier vor und nach Anlage des Tapes das Gefühl im betroffenen Zeh überprüft werden. Ist der Zeh trotz Tape noch warm und rosig? Oder klagt der Patient unter Umständen schon über Missempfindungen, Kribbeln und Taubheit? Letztere sind klare Anzeichen dafür, dass der Tapeverband zu fest sitzt und schnellstmöglich gelöst und neu angelegt werden sollte.

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Wie lange dauert es?

Bei der Dauer einer Verstauchung am Zeh handelt es sich zur Freude vieler Betroffener in den meisten Fällen um eine recht kurze Angelegenheit. Wie lange genau der Heilungsprozess dauert ist dabei allerdings eine sehr individuelle Angelegenheit. Die Dauer hängt dabei von der Schwere der Verletzung und dem Gesamtzustand des Betroffenen ab. Wer konsequent hochlegt und schont wird zudem schneller eine Besserung erfahren, als diejenigen, die weiterhin viel zu Fuß unterwegs sind. Am unangenehmsten ist häufig das Ereignis selbst, welches zur Verstauchung führt, und der direkt darauf folgende Tag. Gerade unter Verwendung eines stabilisierenden Verbandes und beim Tragen von festem Schuhwerk ist häufig bereits am zweiten Tag schon eine deutliche Besserung zu bemerken. In den meisten Fällen bemerken Patienten bereits innerhalb einer Woche nahezu keine Symptome ihrer Zehenverstauchung mehr. Ebenso schnell wie die Schmerzen verschwinden kann dann auch eine moderate Belastung beispielsweise beim Sport wieder aufgenommen werden.

Lesen Sie hierzu auch unseren Artikel Dauer einer Verstauchung.

Unterschied Verstauchung kleiner Zeh zu großem Zeh

Wichtige Unterschiede bei Verstauchungen der Zehen ergeben sich daraus, welcher Zeh im Einzelfall betroffen ist. So ist der große Zeh zum Laufen und für das Gleichgewicht sehr wichtig und zudem der einzige der Zehen, den man beim Vorliegen eines Bruches unter Umständen operieren würde. Bei einer Verletzung des kleinen Zehs – egal ob es sich um eine Verstauchung oder einen Knochenbruch handelt – ergibt sich die Möglichkeit einer Operation in der Regel nicht, so dass man in beiden Fällen die gleiche Therapie aus Tapen oder Verbinden und Hochlegen durchführen wird. Deswegen ist es, sollte lediglich der kleine Zeh betroffen sein, in den meisten Fällen nicht zwingend notwendig einen Arzt aufzusuchen. Nichtsdestotrotz ist im Zweifelsfall ein Arztbesuch sicherheitshalber natürlich trotzdem immer gerne möglich.
Ist dahingegen allerdings der große Zeh von den Symptomen einer Verstauchung betroffen, sollte man in jedem Fall zügig zu einem Orthopäden oder Unfallchirurgen gehen, um den verletzten Fuß röntgen zu lassen. Hierbei ergeben sich unter Umständen gänzlich andere Konsequenzen für das weitere Vorgehen. Zusammenfassend kann man also sagen, dass Verstauchungen der kleinen Zehen gerne einem Arzt gezeigt werden können, und Verstauchungen der großen Zehen zwingend einem Arzt gezeigt werden sollten!

Weitere Informationen

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Eine Übersicht aller bereits veröffentlichten Themen aus dem Bereich der Sportmedizin finden Sie unter Sportmedizin A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.07.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021