Die Elektrostimulation

Synonyme im weitestem Sinne

Elektroreiz, Nervstimulation, Muskelstimulation

Einleitung

Immer wieder stellt sich die Frage warum Sportler stundenlang im Fitnessstudio die Gewichte heben, obwohl der Muskelreiz auch extern gesetzt werden kann. Die Vorstellung eines Muskelzuwachs und damit verbundenen Fettverbrennung auf der Couch vor dem Fernseher ist besonders bei Trainingsmuffeln beliebt

Eingefleischte Kraftsportler und Fitnesssportler halten jedoch meist wenig von der Elektrostimulation, und ziehen ein Training mit Hanteln dieser Methode vor. Um den Trainingsreiz zu verstärken, wird diese Form oftmals mit dem herkömmlichen (exzentrischen und konzentrischen) Training verbunden. Diese Form des Krafttrainings sollte jedoch mit unbedingter Vorsicht genossen werden, da hierbei besonders hohe Belastungen der Muskulatur zur erwarten sind.

Dabei hat diese Methode der Muskelinnervation durch externe Elektroreize Vorteile und Nachteile. (siehe unten)

EMS-Training

Die Abkürzung EMS, wie sie im EMS-Training verwendet wird, steht für Elektromyostimulation, die elektrische Muskelstimulation. Sie bezeichnet ein Ganzkörpermuskeltraining mit Hilfe von Strom. Die Werbeversprechen der Anbieter überschlagen sich, doch was davon ist Realität?

In jedem Fall findet das EMS-Training in einem speziellen Anzug statt, in den Elektroden integriert sind. Dieser Anzug wird über ein Kabel mit dem EMS-Gerät verbunden. Der Trainierende erfährt durch den Anzug jeweils 4 Sekunden andauernde Stromimpulse. Es folgen weiter 4 Sekunden Pause. In diesem Schema werden unter eins zu eins Betreuung durch einen Trainer einfache Übungen (wie etwa Kniebeugen) durchgeführt. Dabei sind keine zusätzlichen Gewichte nötig. Durch das 20minütige Trainingsprogramm sollen sämtliche Muskeln des Körpers maximal gereizt werden, um so ein hoch effektives Training in möglichst kurzer Zeit zu ermöglichen.

Grundsätzlich ist diese Methode - beziehungsweise die Idee dahinter -  nicht neu und wissenschaftlich gut untersucht. Elektrische Stimulation der Muskeln von außen funktioniert, weil die EMS lediglich natürliche Körpervorgänge imitiert: Jeder Muskelbewegung des Körpers geht ein elektrischer Impuls, welcher im Normalfall vom Gehirn kommt und über Nervenbahnen zum Muskel geleitet wird, voraus. Dieser elektrische Reiz löst die Kontraktion des Muskels aus.

Ganz unkritisch sollte man das EMS-Training allerdings trotzdem nicht betrachten. Der Erfolg und die Sicherheit dieser Trainingsform ist in starkem Maße von der Ausbildung und dem Wissensstand des Trainers abhängig, welcher leider von Anbieter zu Anbieter stark schwankt. Gute Trainer weisen auf die Gefahr des Übertrainings hin, vermeiden zu hohe Stromstärken und empfehlen das EMS-Training lediglich als Ergänzung zu regelmäßigem Ausdauer- und Krafttraining. Reines EMS-Training kann sportliche Betätigung niemals vollkommen ersetzen, auch wenn viele Werbeversprechen genau das verheißen.

Weitere Informationen erhalten Sie unter unserem Thema: EMS Training

TENS

Die Abkürzung TENS bedeutet transkutane elektrische Nervenstimulation. Damit ist also die Reizung von Nervenfasern mit Hilfe von elektrischem Strom durch die Haut hindurch (transkutan) gemeint. Sie findet vor allem bei Schmerzpatienten Anwendung. Ziel der TENS ist es die Schmerzschwelle des Betroffenen zu erhöhen, also dem Patienten seinen Schmerz erträglicher zu machen.

Mit Hilfe von Strom versucht man jene körpereigenen Nervenfasern zu aktivieren, die auf Höhe des Rückenmarkes die Weiterleitung des Schmerzsignales zum Gehirn hemmen. Sind diese hemmenden Signale besonders stark, kommt lediglich ein Bruchteil dessen, was an bestimmten Körperstellen von Rezeptoren als Schmerz wahrgenommen wird, im Gehirn an. Folglich soll der Schmerz dem Patienten weniger bewusst und damit besser erträglich werden. Viele Patienten berichten auch über eine Besserung ihrer Beschwerden. Diese Besserung ist allerdings leider selten durchschlagend, sondern meist eher moderat ausgeprägt.

Eine ausschließliche TENS-Schmerztherapie ist in der Regel nicht ausreichend, zumal die Wirksamkeit des Verfahrens rein objektiv nicht ausreichend belegt ist und daher als umstritten gilt. Einige Studien belegen eine Wirksamkeit, wohingegen andere diese wiederum verneinen. Die geringe Besserung einiger Patienten ließe sich unter Umständen auch auf den Placebo Effekt dieser Methode zurückführen. Um diese Frage abschließend zu klären, fehlen große methodisch gute Studien, aus denen sich eindeutige Ergebnisse ablesen ließen. Nichtsdestotrotz ist das TENS-Verfahren mittlerweile von vielen Krankenkassen anerkannt und kann sicherlich bei geeigneten Patienten ergänzend zur üblichen, medikamentösen Schmerztherapie eingesetzt werden.

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Grundsätze der Elektrostimulation

  1. Maximal 3 Muskelgruppen trainieren
  2. Die Elektrostimulation nur ergänzend im Training einsetzen.
  3. Impulsfrequenz zwischen 50 und maximal 100 Hertz
  4. Stimulationsdauer zwischen 3 und 10 Sekunden, je nach Trainingsziel
  5. Bei kurzen, intensiven Belastungen sollte die Pausenlänge ausreichend sein. (bei 3 Sek. Belastung ca. 3 Minuten Pause, bei 10 Sekunden Belastung reicht 1 Minute)

Vorteile der Elektrostimulation

  • Durch die externen Reize sind erhöhte Spannungen in der Muskulatur zu erwarten, und dadurch verbessert sich der Muskelaufbau.
  • Durch die elektrische Stimulation können zeitlich längere Muskelspannungen erreicht werden, was ebenfalls zu verstärkten Anpassungen führt.
  • Muskelgruppen und einzelne Muskeln können isolierter kontrahiert werden.
  • Die ermüdungsbedingte Leistungsreduktion des Zentral- Nervensystems wird ausgeklammert und ein erhöhter Trainingsumfang und Trainingsintensität sind realisierbar.
  • Der Zeitaufwand ist deutlich geringer als bei einem herkömmlichen Krafttraining.

Nachteile der Elektrostimulation

  • Die Anpassung der Elektrostimulation bezieht sich nur auf die Muskulatur. Ein langfristiges Training führt zu Defiziten im Gelenkbereich und langfristige Schädigungen bleiben nicht aus. Daher sollte dieses Training als Variation des Hanteltrainings angesehen werden.
  • Die Muskulatur und der anliegende Sehnenapparat besitzen zahlreiche Schutzmechanismen um vor Überdehnung (Muskelspindeln) oder zu starker Kontraktion zu schützen. Diese werden durch externe Innervation außer Kraft gesetzt.
  • Krafttraining ist das Zusammenspiel zwischen Nervensystem und Muskulatur. Diese Definition des Krafttrainings wird außer Kraft gesetzt
  • Die durch das Krafttraining bedingte verbesserte Koordination zwischen Muskulatur und Nervensystem findet nicht statt.
  • Bei einem herkömmlichen, willkürlichen Krafttraining werden zuerst die kleinen und langsamen motorischen Einheiten, und anschließend die großen, schnellen Einheiten kontrahiert (Hennemannsche Innervationsprinzip). Bei der Elektrostimulation wird diese Reihenfolge umgekehrt, und es erfolgt keine intramuskuläre Koordination. Für den professionellen Kraftsport ist diese Methode daher nicht wirksam.
  • Durch die Elektrostimulation werden überwiegend die außen liegenden Muskelfasern kontrahiert. Der Reiz reicht oftmals nicht aus, um bei größeren Muskeln die innen liegenden Fasern zu erreichen.

Zum Muskelaufbau

Das EMS-Training eignet sich trotz aller Risiken gut zum Muskelaufbau. Verschiedene Studien konnten eindeutige Effekte, welche ganz ähnlich zu denen waren, die beim klassischen Muskeltraining beispielsweise mit Hanteln erzielt werden, nachweisen. Man erklärt sich die Erfolge des Trainings durch die maximale Reizung und Stimulation der Muskeln. Dadurch werden diese leicht geschädigt, was auch den folgenden Muskelkater erklärt. Im Anschluss an die Schädigung müssen die Muskeln diese beseitigen. Der Reparaturvorgang, den man als Regeneration bezeichnet, lässt den Muskel größer und leistungsstärker werden.

Übertreibt man es mit der Stimulation allerdings oder lässt man dem Körper nicht genügend Zeit die wichtigen Regenerationsprozesse ablaufen zu lassen, bleibt nicht nur der Effekt des Muskelaufbaus aus sondern es drohen zusätzlich schwere Verletzungen und gesundheitliche Schäden.

Das EMS-Training ist auch zum Muskelaufbau an bestimmten Körperregionen geeignet. Gerade diese Anwendungen waren ursprünglich das Haupteinsatzgebiet der Methode. Nach Verletzungen oder Operationen können beispielsweise in Zusammenarbeit mit einem Physiotherapeuten durch EMS-Training gezielt Muskeln um das Knie herum wieder aufgebaut werden ohne dass dabei das Gelenk belastet wird. Diese Übungen setzen allerdings ein gänzlich anderes Vorgehen als beim „sportlichen“ EMS voraus, welches heute von so vielen Studios angeboten und beworben wird.

Vorsichtig sein sollte man auch mit Gürteln oder Gurten zum EMS-Hausgebrauch. Ohne fachgerechte Kontrolle und Aufsicht drohen starke Nebenwirkungen, Verletzungen oder – im vermutlich besten Fall – keine Wirkung des EMS-Trainings.

Elektrostimulation (EMS) wirbt damit, ohne viel Bewegung Muskeln aufzubauen, sodass selbst Bewegungsmuffel ihren Traumkörper erreichen können. Ein Vorteil soll das Erreichen tiefliegender Muskelfasern sein. Diese könnte man mit einem "normalen" Training oft nur unzureichend entwickeln. Vor allem die schnellen Muskelfasern, die der Mensch für das Ausführen von schnellen Bewegungen benötigt, werden durch EMS stimuliert. Bis zu 90 Prozent der vorhandenen Muskelfasern eines Muskels sollen durch EMS erreicht werden.

Ein Trainer steuert die Stromstöße und somit die Muskelkontraktion. Dadurch soll der Muskelaufbau angeregt werden. Außerdem soll neben einem EMS Training kein weiteres Muskelaufbautraining durchgeführt werden, damit der Körper genug Zeit hat sich zu erholen. Viele Experten sind sich einig, dass ein EMS Training alleine kein reguläres Krafttraining ersetzen kann.
Einigkeit besteht außerdem darin, dass EMS nicht geeignet ist, ein qualitatives Muskelaufbautraining zu ersetzen. Stemmt man ein Gewicht, aktiviert das Gehirn viele Muskeln gleichzeitig: Muskeln, die Zug- oder Druckarbeit der Übung absolvieren und noch viele verschiedene Muskeln, die unterstützend wirken und die Bewegung stabilisieren und koordinieren.

Ein EMS Training kann all diese Muskelgruppen gar nicht so erreichen und aktivieren wie es unser Gehirn schafft und daher sollte jemand, der etwas für seinen Muskelaufbau tun möchte, auch zu den entsprechenden Übungen greifen. Ein EMS Training kann hier unterstützend einige Verbesserungen im Muskelaufbau ermöglichen. EMS als isoliertes Training alleine bringt dabei allerdings keine großen Erfolge. Selbst gesteuertes Muskelaufbautraining sollte immer die erste Wahl sein.

Möchte man ein EMS Training unterstützend in sein vorhandenes Muskelaufbauprogramm einbinden, sollte als Frequenz eine modulierte Mittelfrequenz gewählt werden, da diese bis in die Muskelzelle vordringen kann. Dort wird der Muskelaufbau gesteuert und kann so am besten unterstützt werden. In seinen Trainingsplan sollte man exzentrische Übungen einbauen, die den Muskel strecken bzw. verlängern. Die Kombination aus exzentrischen Bewegungen und EMS kann den Muskelaufbau positiv beeinflussen.

Für das Training der Bauchmuskulatur

Im Rahmen eines Ganzkörpertrainings mit Hilfe von EMS lassen sich in jedem Fall auch die Muskeln des Bauches trainieren. Gerade die tiefliegende Bauchmuskulatur wird ausgesprochen gut angesprochen. Schnell lassen sich ähnliche Effekte wie mit langen, langsamen Halteübungen im Yoga und Pilates erzielen.
Ausschließlich zum Training der Bauchmuskulatur konzipiert sind verschiedene Spezialgürtel, die zum Teil über das Werbefernsehen aggressiv mit vollmundigen Versprechungen angepriesen werden. Ein Nutzen dieser Geräte ist nicht erwiesen und auch nicht anzunehmen. Für den Traum des schnellen Sixpacks von zu Hause aus gibt es keinerlei wissenschaftlichen Anhalt. Sicher hilfreich sind da lediglich das konsequente Absenken des Körperfettgehaltes und viele Wiederholungen der bekannten Bauchmuskelübungen.

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Anwendungsbereiche

Die Elektrostimulation wird besonders im Rehabilitationsbereich eingesetzt, da eine verbesserte Hypertrophie (Muskelaufbau) zu erwarten ist. Zudem erfolgt keine Belastung der Gelenke.

Durch den verbesserten Muskelaufbau wird die Elektrostimulation besonders bei ambitionierten Kraftsportlern als Ergänzungstraining eingesetzt.

Wie auch bei der willkürlichen Kontraktion, ist das Trainingsziel abhängig von der Kontraktionsdauer. Eine Belastung von 3 Sekunden und weniger fördert die Schnellkraft, 6 Sekunden verbessert die Maximalkraft und Belastungen im Bereich von 10 Sekunden bewirken einen Muskelaufbaureiz.

Gefahren der Elektrostimulation

EMS erscheint vielen Sportlern als eine angenehme Methode die Muskeln zu trainieren, ohne sich groß bewegen zu müssen. Doch gibt es auch sehr kritische Stimmen zu dieser neuen Trainingsform. Einige von ihnen behaupten, dass man gewisse Risiken eingeht, wenn man mit dieser Methode regelmäßig trainiert.

Es gibt gewisse Risikogruppen, die von einem EMS Training absehen sollten, da sonst gesundheitliche Probleme auftreten können. Dazu gehören Patienten mit multipler Sklerose, Schwangere, Krebspatienten, Menschen mit Thrombose, Personen mit einem Herzschrittmacher und Epileptiker.

Für diese Gruppen kann ein EMS Training sehr gefährlich werden. Auch manche Vorteile eines EMS Training können sich als Gefahr und Nachteil enttarnen. EMS Training soll die Gelenke schonen, da keine schweren Gewichte benutzt werden. Dies hört sich auf den ersten Moment sehr logisch an. Bei einem dauerhaften EMS Training ohne zusätzliches konventionelles Krafttraining tritt der Fall ein, dass die Gelenke schwächer werden.
Wird ein Gelenk nicht mehr, oder deutlich seltener genutzt als dies normalerweise der Fall war, merkt unser Körper das. Unser Körper ist auf Effektivität aus und baut alles ab, was nicht gebraucht wird. Bänder, Sehnen und Knochen, die das Gelenk stützen und kräftigen werden abgebaut.

EMS Training wird vor allem für nicht-Sportler angeboten. Menschen, die mit Sport eigentlich nichts am Hut haben, sollen dazu motiviert werden, ein Fitnessstudio zu besuchen. Bei diesen Personen sind meistens muskuläre Ungleichgewichte vorhanden. Diese Können durch ein EMS Training noch verstärkt werden. In Kombination mit dem Abbau von Halte- und Stützmechanismen des Körpers können durch ein EMS Training weitreichende Langzeitschäden entstehen.

Es tauchen immer wieder Fälle auf, bei denen durch einen zu starken Stromimpuls Muskelgewebe verletzt wurde. Klagte der Patient über Schmerzen, wurde dies durch den Trainer abgetan. Schmerzen deuten auf Verletzungen des Gewebes hin und sollten in keinem Fall ignoriert werden. Um Schädigungen Verletzungen zu verhindern, sollte zum einen zusätzlich ein konventionelles Krafttraining stattfinden und die Studiowahl und die Ausbildung der Trainer sind weitere entscheidende Punkte. Fühlen Sie sich bei einem EMS Trainer oder in einem Studio nicht gut aufgehoben, sprechen sie dies an oder wechseln sie. Die Gesundheit sollte in diesem Fall immer vorgehen.

Autor: Tobias Kasprak Veröffentlicht: 13.02.2008 - Letzte Änderung: 22.10.2021