Therapie eines Herzinfarkts

Die Reihenfolge der therapeutischen Interventionen bei akutem Herzinfarkt (Myokardinfarkt) sollte folgenden Ablauf nehmen:

  • Allgemeinmaßnahmen (Sicherung des Lebens)
  • Reperfusionstherapie (Wiedereröffnen verschlossener Herzkranzgefäße)
  • Prophylaxe einer koronaren Re-Thrombose
  • Therapie von Komplikationen

Man unterscheidet des Weiteren zwischen Maßnahmen in der Prähospitalisationsphase, d.h. der Zeit vor dem Eintreffen des Patienten im Krankenhaus, und der Hospitalphase, in der sich der Patient im Krankenhaus befindet.

Die Allgemeinmaßnahmen erfolgen im Idealfall schon während der Prähospitalisationsphase, also vor dem Krankenhaus.

Behandlung nach einem Herzinfarkt

In der akuten Situation des Herzinfarktes werden zunächst gefäßerweiternde Medikamente (beispielsweise das Nitrospray) und Sauerstoff verabreicht.  Dadurch sind die Herzmuskelzellen wieder besser versorgt. Ebenso sollten Schmerzmittel gegeben werden. Anschließend gilt es, die verengte Stelle in den Herzkranzgefäßen zu beseitigen oder aufzuweiten. Dies geschieht meist durch einen Stent oder einen Bypass. Je nach langfristigen Folgen, werden anschließend unterschiedliche Medikamente verabreicht. Blutverdünner sollen verhindern, dass im Fall von Herz-Rhythmus-Störungen Blutgerinnsel entstehen. Zudem gibt es Medikamente, die diesen Rhythmusstörungen vorbeugen. Auch das Einsetzen eines Schrittmachers hilft. Sollte das Herz so geschädigt sein, dass es eventuell von alleine stehen bleiben könnte, ist es sinnvol,l einen Defibrillator einzubauen. Wenn es in der Folge eines Herzinfarktes zu einer Herzschwäche kommt, werden meist Herzglykoside (Digitalis) verschrieben. Auch Diuretika (Wassertabletten) sind hilfreich, da sie das Herz entlasten. Je nachdem, welche Erkrankung dem Infarkt zugrunde liegt, kann auch diese behandelt werden. Blutdrucksenker machen bei zu hohen Blutdruckwerten Sinn, Statine bringen die Blutfette wieder ins Gleichgewicht.

Herzinfarkt (HI)
Myokardinfarkt (MI)

  1. Gesunde Herzkranzarterie
    (Koronararterie)
    Arteria coronaria
  2. Verschlossene Arterie
    Arteriosklerotische Plaque
    mit Blutgerinnsel (Thrombus)
  3. Fettablagerung (Plaque)
  4. Blutgerinnsel -
    Thrombus
  5. Gesundes Muskelgewebe
  6. Rechte Herzkranzarterie -
    Arteria coronaria dextra
  7. Herzbeutel -
    Pericardium
  8. Linke Herzkranzarterie -
    Arteria coronaria sinistra
  9. Zerstörtes Muskelgewebe
    (Infarktbereich mit Zellenuntergang)
    Typische Schmerzbereiche bei Herzinfarkt:
    Frau - Brust, Oberbauch, Hals,
    Unterkiefer, Wirbelsäule, Rücken,
    NAN-Regel (Nase - Arm - Nabel)
    Mann - Brust, Bauch,
    Austrahlung in den Arm und Schulter,
    Unterkiefer, Rücken

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Soforttherapie / Akuttherapie des Herzinfarkts

Bei geringstem Verdacht auf einen Herzinfarkt ist eine sofortige Einweisung in die Klinik mit dem Notfallambulanzwagen in ärztlicher Betreuung und anschließende stationäre Aufnahme notwendig. Ziel des unverzüglichen Transportes ins Krankenhaus ist die Einleitung einer Reperfusionstherapie innerhalb von 12 Stunden nach Infarktbeginn, so dass die Herzmuskelschädigung durch den Infarkt so weit wie möglich eingedämmt werden kann.

Je schneller das verschlossene Herzkranzgefäß wieder eröffnet und die Durchblutung wieder hergestellt ist, desto weniger Herzmuskelgewebe stirbt ab und desto weniger Komplikationen treten durch den Herzinfarkt auf. Das Motto der Akuttherapie eines Herzinfarktes lautet also: "time is muscle" (Zeit sind Muskelzellen).

Bestimmte Erstmaßnahmen müssen sofort durchgeführt werden. Der Betroffene sollte mit angehobenem Oberkörper gelagert werden und Sauerstoff sollte über eine Nasensonde zugeführt werden, um das geschädigte Herz mit Sauerstoff zu versorgen. Eine konsequente Überwachung der Herzfrequenz, des Herzrhythmus, der Sauerstoffsättigung und des Blutdrucks über einen Monitor beziehungsweise ein Elektrokardiogramm (EKG) ist erforderlich. Unter Umständen kann es notwendig sein, elektrische Stromstöße (Defibrillation) abzugeben, um lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen oder Kammerflimmern zu therapieren.

Ein Herzinfarkt verursacht in den meisten Fällen starke Schmerzen, die durch Schmerzmittel (Analgetika) ebenfalls als Akuttherapie gestillt werden sollten. Dafür werden meist Opiate über die Vene gegeben. Außerdem werden Beruhigungsmittel, z.B. Benzodiazepine (Sedativa), verabreicht, die Erregungszustände (z.B. Angst, Unruhe) dämpfen. Nitrate (z.B. Nitroglycerin) werden gegeben, um das Herz zu entlasten, außerdem wirken sie sich ebenfalls günstig auf Infarktschmerzen aus. Durch eine frühzeitige Gabe von Betablockern (z.B. Esmolol) können Herzrhythmusstörungen und einer Linksherzinsuffizienz (den häufigsten Komplikationen nach einem Herzinfarkt) vorgebeugt werden. Außerdem wird die Herzarbeit (Herzfrequenz) durch Betablocker verlangsamt. Das führt zu einer Senkung des Sauerstoffbedarfs des Herzens und damit wird das Ausmaß der Herzmuskelschädigung durch den Herzinfarkt reduziert. Die sofortige Gabe von Acetylsalizylsäure (ASS), auch schon bei einem Verdacht auf einen Herzinfarkt, zeigte in Studien eine Senkung der Sterblichkeitsrate von über 20 Prozent. Aber nicht nur Acetylsalizylsäure wird zur Verhinderung einer erneuten Bildung eines Thrombus (Blutgerinnsel) verabreicht, sondern auch die Medikamente Heparin und Prasugrel oder Ticagrelor.

Das Wachstum eines bestehenden Thrombus, der die Beschwerden beim Patienten verursacht, kann durch die Anwendung von Heparin eingedämmt werden. Es verstärkt die Wirkung des im Blut vorhandenen Antithrombins III, welches die Blutgerinnung hemmt, indem es die Auflösung (Fibrinolyse) eines Blutplättchenaggregats fördert.

Wenn der Blutdruck bei einem Herzinfarkt sehr niedrig ist oder der Verdacht auf einen Rechtsherzinfarkt besteht, gehört auch die Verabreichung von Flüssigkeit über die Vene zur Akuttherapie. In manchen Fällen ist es erforderlich, Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen (Antiemetika) zu geben (z.B. Metoclopramid).

Auch die medikamentöse Therapie zur Auflösung (Lyse) des Blutgerinnsels sollte so früh wie möglich bei einem akuten Herzinfarkt begonnen werden. Die Lysetherapie ist umso weniger effektiv, je länger der Herzinfarkt zurückliegt. Diese Lyse-Medikamente hemmen die körpereigene Blutgerinnung im gesamten Körper und können somit zu starken Blutungen führen (z.B. aus einem bisher unerkannten Magengeschwür). Deshalb müssen die Betroffenen im Anschluss an eine Lysetherapie aufmerksam überwacht werden.

Reperfusionstherapie nach einem Herzinfarkt

Ist der Herzinfarkt gesichert und dauert der Transport des Patienten ins Krankenhaus sehr lange, kann eine Thrombolysetherapie durch den Notarzt eingeleitet werden (zur Thrombolysetherapie s. weiter unten). Es ist außerdem wichtig, eintretende Komplikationen schon während des Transportes ins Krankenhaus zu behandeln und weiterführende Maßnahmen in der Klinik anzuschließen.
Ist der Patient im Krankenhaus, beginnen die Hospitalphasen-Interventionen.
Die schon begonnenen Allgemeinmaßnahmen werden unter intensivmedizinischer Kreislaufüberwachung und in Reanimationsbereitschaft (Wiederbelebungsbereitschaft) weitergeführt.

Eine schnelle Reperfusionstherapie zur Wiedereröffnung der Gefäße hat oberste Priorität.

Das konservative Therapievorgehen bei Herzinfarkt stellt die Thrombolystherapie dar. Hierbei werden Aktivatoren der Fibrinolyse per Infusion gegeben werden:

Die Medikamente

  • Streptokinase
  • Alteplase (r-t-PA) 
  • Reteplase (r-PA)

bewirken die Auflösung von Blutgerinnseln (Thrombolyse). Man spricht von einer systemischen Lyse, da die notwendigen Medikamente über die Vene verabreicht werden und über das Blutgefäßsystem die Herzkranzgefäße erreichen.

Die Voraussetzungen für diese Therapie sind:

  • ein frischer Herzinfarkt, dessen Beginn nicht länger als 6 Stunden zurückliegt
  • sichtbare Veränderungen im EKG sowie
  • das Fehlen von Kontraindikationen (Gegenanzeigen) für die Behandlung.

Eine begleitende Heparintherapie, die ebenfalls der Thrombusauflösung dient, verbessert das Ergebnis der Lyse.
In ca. 70-85% der behandelten Fälle wird eine Wiedereröffnung des Gefäßes innerhalb von 90 Minuten nach der Infusion beobachtet. Die Sterblichkeit innerhalb der ersten 35 Tage nach dem akuten Infarkt kann durch die Fibrinolyse um 50% gesenkt werden.

Körperliche (klinische) Kriterien für die erfolgreiche Revaskularisierung sind das Verschwinden der Brustkorbschmerzen und eine Normalisierung der ST-Strecke im EKG, welche durch das Infarktgeschehen zuvor erhöht war. Diese klinischen Zeichen sind indirekte Kriterien der Therapieerfolgskontrolle. Der direkte Nachweis des Therapieerfolges wird durch eine Koronarangiografie (Sichtbarmachung der Durchgängigkeit der Herzkranzgefäße) gebracht.

In 20-25% der Fälle erfolgt ein erneuter Verschluss des Herkranzgefäßes nach erfolgter Lysetherapie. Deshalb sollten alle Patienten nach Abschluss dieser Therapie in ein kardiologisches Zentrum verlegt werden, wo eine Koronarangiografie zur Kontrolle des Gefäßstatus erfolgt. Eine eventuell notwendige Wiedereröffnung des erneut verschlossenen Gefäßes kann ggf. sofort angeschlossen werden.

Kontraindikationen, die gegen eine Lysetherapie sprechen, sind:

  • Magengeschwür und Darmgeschwür (Ulcera)
  • Augenhintergrundblutungen
  • akute Kopfschmerzen
  • Blutgerinnungsstörungen in der Krankengeschichte
  • ein weniger als 6 Monate zurückliegender Schlaganfall (Apoplex) 
  • eine weniger als 1-2 Wochen vorausgegangene Operation oder ein Unfall.

Beim Vorliegen dieser Erkrankungen bzw. Bedingungen darf keine fibrinolytische Therapie durchgeführt werden, weil mit einer lebensgefährlichen Blutungskomplikation gerechnet werden muss.

Medikamente nach einem Herzinfarkt

Nach einem Herzinfarkt ist es notwendig, eine medikamentöse Therapie zu beginnen, um einen erneuten Infarkt zu verhindern. Basismedikamente für die Behandlung sind dabei sogenannte Thrombozyten-Aggregationshemmer, die das Verklumpen von Blutblättchen (Thrombozyten) hemmen und damit verhindern, dass ein neuer Blutpfropf einen weiteren Herzinfarkt auslöst. Bekannte Vertreter dieser Medikamentengruppe sind beispielsweise Acetylsalicylsäure (ASS), Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor, Abciximab oder Tirofiban. Nebenwirkungen dieser Medikamente sind ein erhöhtes Risiko von Blutungen im Magen-Darm-Trakt bei dauernder Einnahme und heftige Blutungen bei selbst kleinen Verletzungen sind möglich.

Auch eine andere Medikamentengruppe, die sogenannten Gerinnungshemmer (Antikoagulanzien), kommen in der Therapie eines Herzinfarktes zum Einsatz, besonders, wenn die linke Herzkammer betroffen oder ein Vorhofflimmern zurückgeblieben ist. Antikoagulanzien wie Phenprocoumon (Marcumar®), Warfarin, Dabigatran oder Rivaroxaban verringern die Gerinnungsfähigkeit des Blutes. Bei der Behandlung mit Gerinnungshemmern müssen regelmäßige Blutkontrollen durchgeführt werden, um zu gewährleisten, dass die Blutgerinnungsfaktoren einen idealen Wert haben. Als Nebenwirkungen treten Nasen- und Zahnfleischbluten auf, bei dauerhafter Einnahme besteht die Gefahr von Osteoporose (Knochenschwund).

Medikamente, die den Blutdruck senken, werden in der Therapie des Herzinfarktes ebenfalls angewandt. Dazu gehören Betablocker, ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorblocker. Betablocker werden zur Verhinderung eines erneuten Herzinfarktes oder dem Auftreten von Kammerflimmern eingesetzt. Betablocker wie Atenolol, Bisoprolol, Metoprolol oder Propanolol verlangsamen den Puls, dadurch verbraucht das Herz weniger Sauerstoff und der Blutdruck sinkt. Betablocker können auch unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen, so kann es zu einer Störung der Erregungsleitung am Herzen kommen, die Herzleitung kann kritisch abgesenkt werden und auf die Bronchien haben Betablocker unter Umständen einen verengenden Effekt. Aus diesem Grund sollten Menschen mit stark ausgeprägter Herzinsuffizienz oder allergischem Asthma bronchiale nicht mit Betablockern behandelt werden. ACE-Hemmer senken ebenfalls den Blutdruck, außerdem haben sie einen positiven Effekt auf das Wachstum von Gefäßwand- und Herzmuskelzellen nach einem Herzinfarkt. Wenn zusätzlich zum Herzinfarkt ein Diabetes mellitus oder eine Herzschwäche besteht, zählen ACE-Hemmer wie Captopril, Enalapril oder Ramipril zu den Medikamenten der ersten Wahl. Häufigste Nebenwirkung der ACE-Hemmer ist ein quälender Hustenreiz, der in manchen Fällen zum Absetzen des Medikaments oder zu einem Wechsel zu Angiotensin-Rezeptorblockern (sehr ähnliche Wirkung wie ACE-Hemmer) führen kann.

In der Therapie des Herzinfarktes spielen auch Statine eine Rolle. Statine hemmen die Cholesterin-Produktion in der Leber und verringern somit die Konzentration von überschüssigem Cholesterin im Körper, dass sich an Gefäßwänden ablagert und Gefäße verschließt. Dieser Mechanismus gilt als der Hauptverursacher von Herzinfarkten. Nebenwirkungen von Statinen sind neben Magen-Darm-Beschwerden, Leberschäden und Muskelschmerzen auch psychische Nebenwirkungen (wie Aggressivität, Gedächtnisverlust und Konzentrationsmangel), weshalb eine sorgfältige ärztliche Überwachung bei der Einnahme von Statinen notwendig ist.

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Herzkatheter nach einem Herzinfarkt

Der Goldstandard der Herzinfarktbehandlung stellt die perkutane transluminale Koronarangiografie (PTCA) / perkutane Koronarintervention (PCI), eine Behandlung mit Katheter, dar.
Studien belegen, dass diese Therapieoption bezüglich der Erholung des Patienten vom Herzinfarkt und dem Überleben nach Infarkt bessere Ergebnisse aufweist als die reine Thrombolysetherapie (Auflösen des das Herzkranzgefäß verschließenden Pfropfes), weshalb die PTCA der Lyse vorzuziehen ist.

Sind allerdings die technischen Möglichkeiten (Herzkatheterlabor) für die Durchführung einer Katheterintervention vor Ort nicht gegeben und ist der Transport des Patienten ins nächstgelegene Herzzentrum mit einer sehr langen Fahrt verbunden, ist die unmittelbare Lysetherapie die Therapie der Wahl.

Die akute PTCA mit oder ohne Stentimplantation ist für Patienten indiziert, die einen Herzinfarkt mit oder ohne EKG-Veränderungen erlitten haben, sowie für Patienten mit instabiler Angina pectoris. Alle drei Gruppen profitieren von einer Koronarintervention.

Es ist unbedingt notwendig, auch nach einer Lysetherapie eine PTCA vorzunehmen, da 20% aller mittels Thrombolyse erfolgreich behandelten Patienten ohne weitergehende invasive Maßnahme, d.h. ohne PTCA, einen erneuten Herzinfarkt im Verlauf von 4-8 Wochen erleiden.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter: Herzkatheter

Stent nach einem Herzinfarkt

Bei einem akuten Herzinfarkt ist es erstrebenswert, dass bei dem Betroffenen innerhalb der ersten 60 bis 90 Minuten nach dem Herzinfarkt eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt wird. Die primäre perkutane Koronarintervention (PCI) ist nicht nur hilfreich bei der Diagnosestellung, der Katheter wird auch gleich zur Therapie des Herzinfarktes eingesetzt, indem die verstopften Herzkranzgefäße wieder durchgängig gemacht werden.

Dabei wird nach einer örtlichen Betäubung über eine kleine Einstichstelle in der Leistengegend oder am Arm ein sehr dünner Plastikschlauch durch eine Arterie in Richtung Herz geschoben. Ein Stent (kleines Röhrchen mit einer Gitterstruktur, meist aus Metall) kann gleich mit diesem Katheter in das Gefäß eingelegt werden, um einem erneuten Verschluss des Gefäßes vorzubeugen. An der Spitze des Katheters befindet sich dafür ein von außen aufblasbarer Ballon, auf dem eng zusammengefaltet der Stent aufliegt. Sobald der Katheter an die verengte Stelle des Herzkranzgefäßes vorgeschoben wurde, wird der Ballon aufgeblasen, wodurch die Engstelle erweitert wird. Gleichzeitig entfaltet sich das Metallgitter des Stents. Durch den Druck des Ballons wird der Stent an die Gefäßwand gepresst und verbleibt dort als stabilisierendes Element an der geweiteten Gefäßwand. Um zu verhindern, dass der Stent vom Organismus als Fremdkörper erkannt wird und dadurch eine neue Arterienverstopfung begünstigt wird, werden immer häufiger Stents eingesetzt, die kontinuierlich Medikamente freisetzen und ins Blut abgeben (sogenannte "drug eluting stent"). Dadurch ist das Risiko, dass die stent-erweiterten Gefäßabschnitte erneut zuwachsen, auf unter zehn Prozent gesunken. Das Setzen eines Stents ist in 95 Prozent der Fälle erfolgreich, die Wahrscheinlichkeit für einen erneuten Verschluss ist besonders innerhalb des ersten sechs Monate gegeben. In diesem Fall kann jedoch normalerweise erneut ein Stent eingesetzt werden.

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Bypass-OP nach einem Herzinfarkt

Bei einer Bypass-Operation wird für ein verstopftes Herzkranzgefäß sozusagen eine Umleitung eingebaut. Dafür verwendet man meistens ein körpereigenes Blutgefäß (beispielsweise aus dem Unterschenkel). Dieses wird an der Hauptschlagader angeschlossen und hinter der Engstelle mit dem Herzkranzgefäß verbunden. Dadurch kann das Blut an der verstopften Stelle vorbeifließen und das dahinterliegende Gewebe wieder mit Nährstoffen versorgen. Eine Bypass-OP erfolgt normalerweise mit eröffnetem Brustkorb. Es wird also ein Hautschnitt gesetzt und anschließend der knöcherne Brustkorb eröffnet, damit der Operateur an das Herz kommt. Oft wird die Operation an der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. In diesem Fall kann die Maschine für eine gewisse Zeit die Pumpfunktion des Herzens übernehmen. Das Herz selbst kann so lange mit Medikamenten ruhiggestellt werden. Dies macht eine Operation deutlich einfacher und erhöht die Genauigkeit. Ohne Herz-Lungen-Maschine wird der Bypass zunächst an dem betroffenen Herzkranzgefäß befestigt. Anschließend wird die Hauptschlagader des Körpers teilweise mit einer Klemme verschlossen. So kann der Bypass an die Hauptschlagader angeschlossen werden, ohne dass mit jedem Herzschlag Blut aus dem Loch herausquillt. Nach erfolgreichem Annähen des Gefäßes wird die Klemme wieder entfernt. Je nach Operationstechnik dauert die Bypass-OP drei bis acht Stunden. Sie wird immer in Vollnarkose durchgeführt.

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Langzeittherapie nach einem Herzinfarkt

Eine begleitende gerinnungshemmende Langzeittherapie sollte durchgeführt werden, die der Blutplättchenverklumpung entgegenwirkt. Geeignete Medikamente sind Acetylsalicylsäure (z.B. Aspirin ®) sowie Clopidogrel (z.B. Plavix ®), die zur Gruppe der Thrombozytenaggregationshemmer gehören, also das Verklumpen, die Pfropfbildung der Blutplättchen, verhindern sollen. Die Sterblichkeit der Patienten im ersten Jahr nach dem Herzinfarkt verringert sich unter diesen therapeutischen Maßnahmen um 15%, das Risiko für einen erneuten Herzinfarkt um 30%.
Liegen echokardiografisch (Herzecho/ Herzultraschall) gesicherte Blutgerinnsel (Thromben) in der linken Herzkammer vor, ist eine medikamentöse Therapie angezeigt, die als Gegenspieler zu den gerinnungsfördernden Stoffen im Blutplasma wirken. Hierzu dienen Cumarine (Gruppe der Antikoagulazien (Blutgerinnungshemmer), Marcumar ®), die für mindestens drei Monate zum Einsatz kommen. Das Risiko für die Lösung der Thromben aus der Herzkammer und ihre Einschwemmung in die Gehirnarterien mit nachfolgendem Schlaganfall wird durch die Cumarineinnahme vermindert.

Dauer der Therapie nach einem Herzinfarkt

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, einen Herzinfarkt zu therapieren. Je nach Art, Größe und Komplikationen des Infarktes, werden verschiedene Therapien kombiniert. Die akute Therapie, die meist schon im Krankenwagen geschieht, besteht aus Sauerstoffgabe, gefäßerweiternden Medikamenten und Schmerzmitteln. Anschließend sollte in einem Krankenhaus möglichst schnell die Ursache des Herzinfarktes behoben werden. Diese liegt meist in einer verstopften Herzkranzarterie. Durch eine Bypass-Operation oder das Einsetzen eines Stents (ein Drahtgitter, welches das Gefäß offenhält), wird der zuvor gestörte Blutfluss wieder sichergestellt. Diese Operationen sind mittlerweile Routinebehandlungen und dauern meist nur 30 Minuten (Stent-OP) bis 8 Stunden (Bypass-OP). Je nachdem, welche langfristigen Komplikationen auftreten, schließen sich jahre- bis lebenslange medikamentöse Behandlungen an. Bei Herzrhythmusstörungen sollten Blutverdünner und Medikamente, die den korrekten Rhythmus erhalten, meist lebenslang genommen werden. Alternativ kann auch ein Herzschrittmacher eingesetzt werden. Dieser gibt dem Herzen durch elektrische Impulse eine feste Herzfrequenz vor. Sollte es zu einer Herzschwäche kommen, muss auch diese lebenslang medikamentös behandelt werden.

Therapie eines stummen Herzinfarktes

Der stumme Herzinfarkt wird wie jeder normale Herzinfarkt behandelt. Einzig die Gabe von Schmerzmitteln kann man sich meistens sparen, da sich ein stummer Herzinfarkt durch das Fehlen der sonst typischen Schmerzen auszeichnet. Während der Herzinfarkt stattfindet sowie unmittelbar danach, besteht die Therapie zunächst aus Sauerstoffgabe und Oberkörperhochlagerung. Durch den erhöhten Oberkörper fließt nicht zu viel Blut zum Herzen zurück, sodass dieses etwas entlastet wird. Nitrate, also gefäßerweiternde Mittel, werden entweder in die Vene oder als Spray auf die Zunge verabreicht. Zusätzlich sollten Blutverdünner gegeben werden. Wie bei einem „normalen“ Herzinfarkt sollte im nächsten Krankenhaus die Engstelle im Blutgefäß beseitig werden. Dies geschieht meist mit einem Stent, alternativ kann eine Bypass-Operation in Betracht gezogen werden. Da gerade dem stummen Herzinfarkt oftmals eine nicht-kardiale (also nicht vom Herzen ausgehende) Erkrankung, wie beispielsweise Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) zugrunde liegt, sollte in erster Linie diese behandelt werden. So kann weiteren Langzeitschäden oder einem erneuten Infarkt vorgebeugt werden. Auch Komplikationen, wie Herz-Rhythmus-Störungen und eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche), sollten medikamentös behandelt und in den folgenden Jahren genau kontrolliert werden.

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Wie kann man einem erneuten Herzinfarkt vorbeugen?

Um einem erneuten Herzinfarkt vorzubeugen, sollte man vor allem die bereits bestehende Grunderkrankung behandeln. Dies sind oftmals Herzerkrankungen, es kann aber auch ein hoher Blutdruck, Diabetes („Zuckerkrankheit“) oder ein Ungleichgewicht der Blutfettwerte vorliegen. All diese Erkrankungen lassen sich medikamentös einstellen. Zusätzlich empfiehlt es sich, nach einem Herzinfarkt an einem Rehabilitationsprogramm teilzunehmen. Hier finden Schulungen rund um die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems statt. Außerdem lernt man, den eigenen Körper nach einem Herzinfarkt langsam und vorsichtig wieder zu belasten. Gerade körperliche Aktivität und Training beugen auf lange Sicht einem weiteren Herzinfarkt vor. Eine ausgewogene Ernährung ist ebenfalls hilfreich.

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Leitlinien zur Therapie eines Herzinfarkts

Medizinische Leitlinien sind systematisch entwickelte Hilfen zur Entscheidungsfindung über die angemessene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen und stellen eine Orientierungshilfe im Bezug auf die Behandlung von Erkrankungen dar. Die aktuellen Leitlinien werden von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie-, Herz- und Kreislaufforschung e.V. herausgegeben und unterscheiden bei der Therapie eines Herzinfarkts zwischen Infarkten mit bestimmten Merkmalen im Elektrokardiogramm (mit einer ST-Strecken-Hebung, STEMI) und ohne (ohne ST-Hebung, NSTEMI). Der Infarkt mit den Veränderungen im EKG (STEMI) ist das schwerere Ereignis, da er meist durch einen kompletten Verschluss eines Herzkranzgefäßes hervorgerufen wird.

Die Leitlinien besagen, dass das erste Therapieziel bei dieser Art des Herzinfarkt die möglichst frühe Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes ist, entweder mechanisch mithilfe eines Katheters oder medikamentös (Fibrinolyse). Die Methode der Wahl bei einem akuten STEMI ist die Wiederherstellung der Durchblutung des Herzmuskels mittels Herzkatheter (PCI, Perkutane Coronarintervention). Dabei wird der Gebrauch von sogenannten Drug-eluting Stents (Medikamenten-freisetzenden Stents) empfohlen, es sei denn, der Patient hat ein erhöhtes Blutungsrisiko aufgrund von anderen Erkrankungen. In diesem Fall sollen weiterhin reine Metallstents bevorzugt werden. Je früher diese Behandlung erfolgt, desto größer sind laut der Leitlinie die Chancen, dass das Herz den Herzinfarkt mit nur geringem Schaden übersteht. Dabei unterscheidet die Leitlinie zum Herzinfarkt auch zwischen den verschiedenen Arten der Katheter-Therapie. Der Katheter-Zugang über die Armarterie soll bevorzugt werden, allerdings nur, wenn der behandelnde Arzt über ausreichende Erfahrung über diesen Zugangsweg verfügt. Die Rate von Komplikationen und Blutungen sind bei dem Zugang am Arm verringert gegenüber des Katheter-Zugangs über die Beinarterie.

Eine Möglichkeit der Herzinfarkttherapie über spezielle Katheter wird ebenfalls in den Leitlinien erwähnt. Dabei können die Thromben (Blutpropf, der das Gefäß verschließt, was zu dem Herzinfarkt führt) über spezielle Katheter gleich abgesaugt werden. Nach einer gelungenen Wiederbelebung nach einem Herzstillstand lautet die Empfehlung der Leitlinie, den Betroffenen zu kühlen (therapeutische Hypothermie). Neu in die Leitlinien aufgenommene Medikamente sind zwei Thrombozytenaggregationshemmer (Prasugrel und Ticagrelor), diese hemmen die Verklumpung von Blutplättchen und werden im Volskmund oft als "Blutverdünner" bezeichnet. Die beiden neuen Medikamente sollen dem älteren Medikament Clopidogrel in Zukunft vorgezogen werden.

Auch eine Empfehlung bezüglich der Veränderung des Lebensstils sind den Leitlinien zu entnehmen. Besonders das Rauchen sollte von Menschen, die ein erhöhtes Herzinfarktrisiko aufweisen, umgehend aufgegeben werden.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 18.05.2007 - Letzte Änderung: 12.01.2023