Schwindel in der Schwangerschaft

Einleitung

Schwindel in der Schwangerschaft ist ein häufiges Phänomen. Vor allem zu Beginn der Schwangerschaft tritt Schwindel als eine typische Beschwerde oft in Kombination mit Übelkeit und Erbrechen auf.

Bei häufigen Schwindelanfällen, besonders wenn diese in Kombination mit Herzklopfen, Kopfschmerzen oder Sehstörungen auftreten, sollten diese mit einem Arzt besprochen werden.
Meist ist Schwindel in der Schwangerschaft aber ungefährlich und kann als ein natürlicher, wenn auch unangenehmer, Begleiter angesehen werden.

Ursachen

Es gibt viele verschiedene Gründe für das Auftreten von Schwindel in der Schwangerschaft. Ein wichtiger Grund ist, dass der Körper sich im gesamten Verlauf der Schwangerschaft den neuen Umständen immer wieder anpassen muss, was eine Herausforderung für den gesamten Blutkörperkreislauf darstellt. Genaueres dazu steht in den einzelnen zeitlichen Abschnitten der Schwangerschaft, die üblicherweise in Trimester (auch: Trimenon genannt), also drei-Monats-Abschnitte, eingeteilt werden.

Andere allgemeinere Gründe können unter anderem niedriger Blutzucker, Schwangerschaftsdiabetes, Überhitzung, schnelles Aufstehen, psychische Ursachen, Bluthochdruck oder auch Blutarmut sein.

1. Trimester

Zum einen kommt es zu Beginn der Schwangerschaft zu einer sehr großen hormonellen Umstellungen, was bei ca. 75% der Schwangeren zu teilweise sehr starker Übelkeit mit oder ohne Erbrechen, aber auch zu Schwindel und Müdigkeit führen kann. Hier sei vor allem das Hormon Progesteron hervorzuheben, das vermehrt gebildet wird und beruhigend wirkt, aber somit auch müde macht.

Zum anderen muss das heranwachsende Baby nun ausreichend mit Blut versorgt werden, sodass sich die Durchblutung rasch anpassen muss. Als Folge sinkt der mütterliche Blutdruck. Hierbei sollte man darauf achten nicht zu schnell aufzustehen, da beim Aufstehen ohnehin schon ein Teil des Blutes in die Beine absackt. Um den Blutdruck in Gang zu bringen, kann moderate Bewegung helfen. Am besten in Form von langsamen Spaziergängen oder Schwimmen. Es sollten ausreichend Ruhepausen eingelegt werden. Wechselbäder können ebenfalls helfen. Viel trinken (2-2,5 Liter pro Tag) hilft allgemein um den Blutdruck nicht abfallen zu lassen.

Leichter Schwindel zu Beginn der Schwangerschaft ist somit völlig normal. Trotzdem sollte man den Schwindel beim Arzt ansprechen, vor allem wenn Symptome wie Atemnot, starkes Herzklopfen und Kopfschmerzen in der Schwangerschaft dazu kommen. Dann könnte eine Blutarmut vorliegen. Auch in diesem Fall sollten auf gar keinen Fall Medikamente gegen Kreislaufbeschwerden ohne vorherige Absprache mit dem Arzt eingenommen werden, auch nicht, wenn diese vor der Schwangerschaft schon eingenommen wurden, da viele Medikamente in der Schwangerschaft nicht zugelassen sind und das Kind schädigen könnten.

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2. Trimester

Meist klingen im zweiten Trimester die anfänglichen Unannehmlichkeiten wie Übelkeit und Schwindel ab. Diese Phase der Schwangerschaft wird von den meisten Frauen als sehr angenehm empfunden. Dennoch empfinden viele Frauen weiterhin Schwindel(anfälle). Dies liegt daran, dass das Blutvolumen weiter zunimmt und sich die Gefäße geweitet haben. Vor allem beim Aufstehen wird das Blut nun langsamer nach oben in Richtung Herz/Kopf gepumpt, womit es zu einer kurzzeitigen Unterversorgung im Gehirn kommen kann, was als Schwindel empfunden wird. Dieser kurz andauernde Schwindel, hat allerdings keinen Einfluss auf das Baby, das seinen eigenen, gut regulierten Blutkreislauf besitzt. Es hilft die Beine hochzulegen oder mit den Beinen zu schlenkern. Das führt nämlich dazu, dass sich das Blut wieder schneller im Körper verteilt. Sollte es allerdings zur Ohnmacht kommen, muss der Schwindel dringend abgeklärt werden, denn dann kann auch das Kind Schaden nehmen.

Auch wenn zu Beginn des 2. Trimesters das Kind erst ca. 7 cm groß ist, wächst es im Verlauf des 2. Trimesters enorm an. Dadurch kann die wachsende Gebärmutter auf die große, untere Hohlvene drücken, wodurch es zu Schwindel kommen kann. Dies ist allerdings zu diesem Zeitpunkt eher selten der Fall.

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3. Trimester

Im 3. Trimester ist das Kind nun schon sehr weit gereift. Wenn vorher kein Schwindel bestand, ist es relativ unwahrscheinlich nun ausgeprägten Schwindel neu zu entwickeln. Allerdings wird es in diesem Abschnitt der Schwangerschaft wahrscheinlicher, dass Schwindel auftritt, weil das Kind nun stärker auf die untere Hohlvene drückt. Dies kann im Liegen, insbesondere bei Liegen bzw. Schlafen in Rückenlage, geschehen.

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Niedriger/hoher Blutzucker

Ein zu niedriger Blutzucker (Hypoglykämie, Unterzuckerung) kommt zu Stande, wenn über einen längeren Zeitraum nichts oder zu wenig gegessen wurde. Schließlich „isst das Kind nun mit“ und die Nahrungszufuhr muss dementsprechend angepasst werden. Es muss mehr gegessen werden, denn bis zum Ende der Schwangerschaft steigt der Grundumsatz um bis zu 20%. Hilfreich ist es alle zwei Stunden einen kleinen gesunden Snack zu sich zu nehmen. Ideal sind zum Beispiel ein Apfel, eine Banane oder eine Orange, ein Becher Jogurth oder ein Glas Milch. Soll es schnell gehen, kann man auch mal Traubenzucker oder einen kleinen Schokoriegel zu sich nehmen.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass auch ein zu hoher Blutzucker Schwindel erzeugen kann, nämlich dann, wenn die Glukosetoleranz in der Schwangerschaft zu stark sinkt: Das heißt, die Blutzuckerwerte sinken nach Nahrungsaufnahme innerhalb eines Zeitraums nicht schnell genug ab. Dies liegt daran, dass mehr Insulin benötigt wird, das bei manchen Frauen nicht genügend vom Körper bereit gestellt wird. Somit kann es zu einem zu hohen Blutzucker kommen, dem sogenannten Schwangerschaftsdiabetes (auch Gestationsdiabetes genannt). Da der Zucker sich nun im Blut befindet, aber nicht in die Zellen gelangen kann, da das Insulin „als Schlüssel zur Zelle“ fehlt, kann er seine Aufgabe als Energielieferant nicht erfüllen. Infolgedessen kann es trotz eines zu hohen Blutzuckers zu Unterzuckerungserscheinungen (u.a. Schwäche, Schwindel, Zittern, Schwitzen) der Mutter kommen. Im schlimmsten Fall kann die Mutter sowie das Kind kollabieren. Allerdings sind Schwindel und Ohnmacht in diesem Falle erst spätere Folgen. Am Anfang eines Schwangerschaftsdiabetes treten nämlich meist noch keine Symptome auf. Somit sind die Blutzuckerkontrollen bei den Vorsorgeuntersuchen sehr wichtig. Zu den frühen Symptomen gehören ein übermäßiges Durstgefühl oder auch ein häufiger Harndrang.

Überhitzung

Überhitzung kann ebenfalls zu Schwindel in der Schwangerschaft führen.

Weitere Symptome bei Überhitzung sind Benommenheit sowie starke, plötzlich einsetzende Kopfschmerzen. Da Überhitzung zu Geburtsschäden führen kann, muss diese unbedingt vermieden werden. Gerade am Anfang der Schwangerschaft sollte man darauf achten, seinen Körper nicht mit zu großer Belastung zu überfordern. Dazu gehört es, keinen übermäßigen Sport zu treiben, selbst wenn man von vor der Schwangerschaft daran gewöhnt war. Außerdem muss auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr bei (sportlicher) Betätigung geachtet werden. Nach dem Sport sollte die Körpertemperatur (unter dem Arm gemessen) nicht mehr als 38,2°C betragen.

Lange heiße Bäder können ebenfalls zur Überhitzung führen. Auf Saunabesuche sollte generell verzichtet werden. Außerdem sollte darauf geachtet werden, kein Fieber (z.B. durch einen Infekt) entstehen zu lassen. Sollte Fieber auftreten, ist unbedingt ein Arzt aufzusuchen und sich bei der Behandlung von Fieber beraten zu lassen, da viele Medikamente nicht in der Schwangerschaft eingenommen werden dürfen. Lauwarme Wadenwickel sind eine gute nicht-medikamentöse Behandlungsoption.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter: Fieber in der Schwangerschaft

Psychische Ursachen

Oft hat Schwindel keine körperlichen sondern psychische Ursachen. Dies ist der sogenannte „psychogene Schwindel“. Ursachen für psychisch bedingten Schwindel können sehr unterschiedlich sein. Häufige Gründe dafür sind Stress und Überforderung mit der Situation.

Bei psychogenem Schwindel sind Begleitsymptome wie Herzrasen, Schweißausbrüche oder Luftnot nicht selten, müssen aber nicht unbedingt zusätzlich auftreten. Vor allem wenn keine anderen Ursachen für den Schwindel gefunden werden, kann es sein, dass der Schwindel psychische Ursachen besitzt.

Es lohnt sich Probleme beim Arzt anzusprechen, auch wenn diese auf den ersten Blick nichts mit dem Schwindel zu tun haben und gegebenenfalls einen Psychotherapeuten zu konsultieren. Häufig tritt bei Klärung sonstiger Probleme auch Besserung des Schwindels ein.

Schwindel im Liegen

Bei fortgeschrittener Schwangerschaft (ca. ab Ende des zweiten Trimenon) sollte auf das Schlafen in Rückenlage verzichtet werden, da die Gebärmutter nun an Größe zunimmt und somit auf die Venen (vor allem die untere Hohlvene/ V. cava inferior) drücken kann. Dadurch wird der Blutfluss zum Gehirn behindert.

Weitere Symptome bei Auftreten dieser Komplikation sind Ohrensausen, Übelkeit oder Herzrasen. Es wird Schwangeren empfohlen in Seitenlage schlafen.

Schwindelanfälle

Schwindelanfälle sind häufig von Schweißausbrüchen und Übelkeit begleitet. Bei Schwindelanfällen ist ein Ohnmachtsanfall die größte Gefahr, da das Gehirn dann nicht genügend Sauerstoff erhält. Dieser tritt allerdings nur sehr selten auf.

Sollte man erste Anzeichen wie sehr starken Schwindel begleitet von Übelkeit oder von einem „alles dreht sich“-Gefühl spüren, sollte man versuchen Ruhe zu bewahren, sich rasch hinsetzen, wenn möglich hinlegen und am besten auf die linke Seite drehen. Eine Übung gegen Schwindelanfälle ist zudem: hinsetzen und den Kopf zwischen die Knie nehmen.

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Schwindel als Schwangerschaftsanzeichen

Schwindel kann in der Tat ein Schwangerschaftsanzeichen sein. Oft ist dieser dann in Kombination mit Kopfschmerzen vorhanden. Die Ursache ist hierbei die hormonelle Umstellung. Allerdings zählt alleinig auftretender Schwindel nicht zu den sicheren Schwangerschaftsanzeichen. Sollte dieser allerdings mit weiteren „sichereren“ Anzeichen wie das Ausbleiben der Menstruationsblutung, einer leichten Einnistungsblutung, neu auftretender morgendlicher Übelkeit oder berührungsempfindlichen Brüsten auftreten, kann bei stattgefundenen ungeschütztem Geschlechtsverkehr in den vorherigen Wochen/Monaten an eine Schwangerschaft gedacht werden.

Behandlung mit homöopathischen Mitteln

Homöopathische Mittel können gegebenenfalls bei Schwindel in der Schwangerschaft helfen. Allerdings sollte Homöopathie nur bei leichten Beschwerden eingesetzt werden. Zudem kommt es darauf an, welche Begleitsymptome wann auftreten. Bekannte sind Mittel sind Cocculus, Bryonia alba, Conium maculatum, Gelsemium sempervirens.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 18.01.2016 - Letzte Änderung: 22.10.2021