Hormonsystem

Einleitung

Die Botenstoffe des Hormonsystems sind körpereigene Signalstoffe, die Hormone genannt werden. Sie steuern und regulieren den Stoffwechsel, das Wachstum und die Funktion vieler Organe und sind zum Beispiel für die Fortpflanzung essentiell. Hormone werden hauptsächlich von Drüsen und Nervenzellen gebildet, allerdings haben viele Organe einzelne Zellen, die ebenfalls zur Hormonproduktion fähig sind.

Nach der Produktion können die Hormone ausgeschüttet und über den Blutkreislauf oder entlang von Nervenfasern im Körper verteilt werden und auf ihre jeweiligen Zielstrukturen wirken.

Zu den hormonproduzierenden Organen zählen:

Einteilung und Steuerung

Im einfachsten Fall wird die Bildung und Ausschüttung eines Hormons direkt über den beeinflussenden Stoffwechselparameter gesteuert und ist vom Gehirn unabhängig. Der Anstieg oder Abfall dieses Parameters sorgt für eine erhöhte oder verminderte Hormonproduktion. So führt zum Beispiel ein Anstieg des Blutzuckerwerts, nach aufgenommener Nahrung, zu einer vermehrten Freisetzung von Insulin. Insulin ist ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und für die Senkung des Blutzuckerspiegels verantwortlich ist. Zusätzlich dazu hat Insulin das Hormon Glukagon als Gegenspieler, das dafür sorgt, dass der Blutzuckerspiegel nicht zu stark sinkt. Über so einen Regelkreis ist es für den Körper möglich, den Blutzuckerspiegel relativ konstant zu halten, obwohl der Körper durch eine Mahlzeit oder Getränke in einem kurzen Zeitraum sehr viel Zucker aufnehmen und verarbeiten muss und auch in Phasen des Nahrungsverzichts nicht unterzuckert sein darf.

Ein weitaus komplizierterer Regelkreis besteht aus drei hierarchisch hintereinander angeordneten Stufen:

Die oberste Kontrollstufe im Regelkreis des Hormonsystems bilden die Hormone des Hypothalamus, einem Teil des Gehirns. Sie gelangen über Blutgefäße zu ihrem Zielorgan, der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und fördern oder verhindern hier die Freisetzung weiterer Hormone. Diese Hirnanhangsdrüse ist die Zentrale des Hormonsystems, über die zum einen eine weitere Reihe von Hormonen ausgeschüttet werden, die schließlich in den nachgeschalteten Hormondrüsen die Produktion von effektorischen Hormonen auslösen. Diese heißen so, da sie als letzte Instanz einen Effekt auf das Zielorgan haben.

Zum anderen werden hier Hormone freigesetzt, die ohne Zwischenstufe auf ihr Zielorgan wirken können. Dazu zählen Hormone, die für die Steuerung der Schilddrüse, der Reproduktionsorgane und der Nebennierenrinde verantwortlich sind. Diese Effektorhormone gelangen über den Blutweg zu Ihren Erfolgsorganen, jedoch können sie auch zum Hirn und der Hirnanhangsdrüse gelangen über eine Rückmeldung hier zum Stopp der Produktion weiterer Hormone führen. Diesen Effekt nennt man negative Rückkopplung. Er ist sehr wichtig, um eine Überproduktion von Hormonen zu vermeiden und die Hormonkonzentration konstant zu halten. Diese negative Rückkopplung kann auf der anderen Seite auch fehlen und so zu einer vermehrten Produktion des Hormons führen.

Im menschlichen Körper greifen viele Regelkreise ineinander ein und überschneiden sich, sodass eine Störung zahlreiche Auswirkungen hat.

Zusätzlich können Hormone nach ihren chemischen Eigenschaften eingeteilt werden. Hier werden wasser- und fettlösliche Hormone unterschieden, die auf unterschiedliche Weise auf Ihre Zielstruktur wirken können. Außerdem unterscheiden sich diese Hormone durch ihre Wirkungszeit. Die fettlöslichen Hormone wirken sehr viel länger, da sie durch ihre Struktur vor einem raschen Abbau geschützt sind.

Neben dem Abbau können Hormone auch vom Körper inaktiviert werden. Dies geschieht vor allem in der Leber. Nach dieser Inaktivierung können sie weiter verwertet werden oder durch den Urin oder die Gallenflüssigkeit ausgeschieden werden.

Störungen des Hormonsystems

Die Ursachen für Störungen im Hormonsystem können vielfältig sein. Hier kann jede Stufe, von der Produktion über die Wirkung am Erfolgsorgan, die Signalvermittlung in der Zielzelle und der Abbau betroffen sein.

Die Hormonwirkung kann entweder gesteigert oder vermindert sein. Verantwortlich für eine gesteigerte Hormonwirkung ist eine Überproduktion dieses Hormons durch Vermehrung der hormonproduzierenden Zellen. Ursächlich hierfür kann sowohl ein Tumor, als auch eine harmlosere Variante der Zellvermehrung sein.

Zusätzlich können Autoimmunerkrankungen über die Produktion von Antikörpern dafür sorgen, dass die Zielorgane von Hormonen verstärkt stimuliert werden. Genauso können Autoimmunerkrankungen auch für eine verminerte Hormonwirkung sorgen, indem sie Drüsengewebe zerstören. Dies ist zum Beispiel bei einer sehr bekannten Schilddrüsenerkrankung, der Hashimoto-Thyreoiditis, der Fall.

Es können ebenfalls Hormonresistenzen bestehen, die meist genetisch bedingt sind. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Erkrankung Diabetes mellitus Typ 2.

Hormone der Schilddrüse

Die Schilddrüse bildet die Hormone Thyroxin und Thrijodthyronin, wenn genügend Jod im Körper vorhanden ist. Sie gibt die Hormone über die Blutbahn ab, sodass sie auf verschiedene Körperzellen wirken können. Die Schilddrüse kontrolliert den Stoffwechsel, den Wärmehaushalt, und die Eiweißproduktion, zudem hat sie einfluss auf Emotionen und Stimmung.

Bei einem Mangel an Hormonen kann es zu Symptomen wie Gewichtszunahme, Müdigkeit, Depression, Kälteintoleranz, Haarausfall und Verstopfungen kommen.

Eine Überfunktion der Schilddrüse sorgt eher für vermehrtes Schwitzen, Unruhe, Schlafstörungen, Nervosität, Gewichtsverlust, Störungen der weiblichen Menstruation und Bluthochdruck.

Hormone der Nebenschilddrüse

In den Nebenschilddrüsen, die als vier erbsengroße Kugeln an der Rückseite der Schilddrüse liegen, wird das Parathormon gebildet, welches die Regulation des Calciumhaushalts steuert und die Vitamin D-Bildung des Körpers verstärkt. Es ist unter anderem wichtig für die Knochendichte und die Zähne. Wenn der Calciumspiegel zu niedrig ist, wird die Aufnahme über die Nahrung, die im Darm erfolgt, verstärkt und Calcium aus dem Knochen freigesetzt.

Hormonsystem der Nebenniere

Im Mark der Nebenniere werden die Hormone Adrenalin und Noradrenalin produziert, die vor allem in Stresssituationen ausgeschüttet werden und unter anderem für eine Erhöhung der Herzfrequenz und Wachsamkeit sorgen.

Die Rinde der Nebenniere ist im Gegensatz dazu für die Produktion von Steroidhormonen zuständig. Diese haben vielfältige Aufgaben und werden zum Beispiel auch in Stresssituationen und bei gesteigertem Energiebedarf freigesetzt, wie das Kortisol, oder können zur Regualtion des Blutdrucks und der Salzausscheidung beitragen.

Zudem haben sie Einfluss auf die geschlechtsspezifischen Geschlechtsmerkmale und die Sexualfunktion: Zum Beispiel durch eine langzeittherapie mit Cortisol (zB. bei Gelenkerkrankungen) kann es zu einer Überfunktion der Nebennierenrinde kommen. Diese Erkrankung wird Cushing- Syndrom genannt und hat durch die vermehrte Hormonproduktion Auswirkungen auf den ganzen Körper.

Es kommt zu Symptomen wie:

Durch eine Degeneration oder andere Ursachen kann es allerdings auch zu einem Funktionsverlust der Nebennierenrinde kommen, hier spricht man von der Krankheit Morbus Addison, die sich durch den Mangel an wichtigen Hormonen auszeichnet und vor allem eine Übersäuerung und Umverteilung von Ionen im Körper sowie Schwäche, Übelkeit, Gewichtsverlust, Unterzuckerung und eine Überpigmentation der Haut auslöst.

Hormonsystem der Geschlechtsdrüsen

Zu den Geschlechtsdrüsen zählen Eierstöcke und Hoden. Diese unterstützen die Funktion der Nebennierenrinde und produzieren die Hormone Östrogen, Progesteron, Androgen und Testosteron.

Da sie beim Mann und bei der Frau in unterschiedlichen Mengen produziert werden, entwickeln sich andere primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale. Sie dienen außerdem der Fortpflanzung und haben andere, nicht sexualspezifische Wirkungen.

Für den weiblichen Körper sind vor allem die Sexualhormone der Gruppe der Östrogene und der Gestagene relevant.
Sie steuern den weiblichen Zyklus und können den Körper auf eine bevorstehende Schwangerschaft vorbereiten.
Der Zyklus besteht aus dem Heranreifen einer Eizelle und der Veränderung der Gebärmutterschleimhaut als Vorbereitung auf die Einnistung eines Embryos.

Östrogen wird in den Follikeln der Eierstöcke produziert. Während diese zu Beginn des Zyklus heranreifen, nimmt auch die Östrogenkonzentration im Körper immer weiter zu, bis zum Tag des Eisprungs. Danach fällt die Konzentration ab und vom Gelbkörper werden verstärkt Gestagene produziert.
Der Gelbkörper ist die zurückgebliebene Hülle der Eizelle, die sich zurückbildet, falls es nicht zur Befruchtung gekommen ist. Gestagene haben schwangerschaftserhaltende Wirkungen und steigen im Falle einer Befruchtung stark an.

Gestagene werden auch als orale Kontrazeptiva in Form der Anti-Baby-Pille genutzt.
Ist die Eizelle nicht befruchtet worden, hört der zurückgebildete Gelbkörper auf, Gestagene zu produzieren, und die herangewachsene Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen und im Rahmen der Periode ausgeschwämmt. Danach regeneriert sich die Schleimhaut und der Zyklus beginnt von vorne.

Beim Mann dominiert vor allem das Hormon Testosteron, welches in den Hoden produziert wird und für Wachstum, Differenzierung, Libido und Reifung der Spermien und damit für die Potenz verantwortlich ist.

Sowohl beim Mann, als auch bei der Frau ist die Produktion der Hormone in den Geschlechtsdrüsen abhängig von Hormonen, die in der Hypophyse freigesetzt werden. Dieser Regelkreis basiert auch auf dem Prinzip der negativen Rückkopplung.

Wachstumshormon

Das Wachstumshormon Somatotropin unterscheidet sich von den vorherigen Hormonen, da es direkt in dem vorderen Lappen der Hirnanhangdrüse gebildet wird. Es steuert viele verschiedene Stoffwechselvorgänge und kontrolliert das Wachstum und die Differenzierung von Körperzellen. Über eine Aktivierung eines weiteren Hormons namens IGF in der Leber steuert es das Körperwachstum und beeinflusst zudem noch den Protein-, Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel, um optimale Wachstumsbedingungen zu schaffen. Bei einem Wachstumshormonmangel kann es dem Körper von außen zugeführt werden, dazu wird meistens eine Spritze mit der entsprechenden Dosis verabreicht.

Hormone der Hirnanhangsdrüse

Im hinteren Lappen der Hirnanhangdrüse werden die Hormone Vasopressin und Oxytocin gepeichert und ins Blut freigesetzt. Vasopressin trägt zur Regulation des Flüssigkeitshaushalts bei und kann bei einem Mangel an Flüssigkeit die Ausscheidung von Urin auf ein Minimum reduzieren. Oxytocin bewirkt bei der Frau die Anspannung der Gebärmuttermuskulatur und hilft bei der Entstehung von Wehen, die zur Austreibung eines Kindes wichtig sind. Außerdem sorgt es für die Milchabgabe der mütterlichen Brust an den Säugling.

Gewebshormone

Auch Gewebe wie das Herz oder der Magen-Darm-Trackt besitzen Zellen, die Hormone produzieren können. Sie wirken zum Teil als Gewebshormone, das bedeutet, dass Produktionsort und Zielstruktur nah beieinander liegen. Sie werden meist parakrin Übertragen, also direkt über den Zellzwischenraum zur Nachbarzelle, ohne in die Blutbahn zu gelangen.

Das Hormon, das von den Herzmuskelzellen produziert wird, heißt BNP und sorgt bei einer vermehrten Dehnung der Herzkammer für eine Gefäßerweiterung im Körperkreislauf. Es wird bei der Diagnostik der Herzinsuffizienz benutzt.

Die Inkretine sind die Hormone des Magens und haben eine sehr komplexe Wirkung. Sie werden bei Nahrungsaufnahme ausgeschüttet und bewirken eine Insulinsekretion in der Bauchspeicheldrüse, um die aufgenommenen Kohlenhydrate zu verabreiten, außerdem bewirken sie das Auslösen eines Sättigungsgefühls im Gehirn und eine verlangsamte Magenentleerung.

Es gibt eine vielzahl anderer Gewebshormone, die für den Körper unverzichtbar sind. Dazu zählen auch die Entzündungsmediatoren, die unter anderem bei der Schmerzvermittlung wichtig sind und auch Fieber auslösen können. Sie werden Prostaglandine genannt. Ebenfalls wichtig sind Hormone, die verengend oder erweiternd auf das Gefäßsystem wirken. Sie kommen vor allem bei Verletzungen zum tragen und schützen den Körper vor zu starkem Blutverlust.

Auch im Gehirn sind neben dem bereits angesprochenem Regelkreis aus Hypothalamus und Hyphophyse noch andere Hormone vorhanden. Im Hirnstamm wird das Hormon Serotonin produziert, welches Auswirkungen auf den Gemütszustand, die Scherzübertragung, den Sexualtrieb, den Schlafrhythmus und die Körpertemperatur hat. Zusätzlich trägt es zur lokalen Verengung von Blutgefäßen bei. Die Hauptmenge des körpereigenen Serotonins wird jedoch in Zellen des Darms produziert.

Zusammenfassung

Die Hormone sind für den menschlichen Körper unverzichtbar und regulieren maßgeblich den Stoffwechsel und die Anpassung des Körpers an Extremsituationen.

Das Fachgebiet, das sich mit dem Hormonsystem und dessen Störungen beschäftigt, wird in der Medizin als Endokrinologie bezeichnet und der zuständige Arzt ist ein Endokrinologe.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 09.06.2015 - Letzte Änderung: 25.07.2023