Medikamente gegen Reizdarm

Einleitung

Da die genauen Ursachen für einen Reizdarm bzw. ein Reizdarmsyndrom noch nicht hinlänglich bekannt sind, gibt es bisher auch noch keine kausale Therapie. Vielmehr zielt die eingeleitete Therapie darauf ab, Beschwerden zu lindern und Symptome zu bekämpfen.

Die Therapie des Reizdarmsyndroms kann dabei grob in drei Säulen eingeteilt werden: Zum einen können Allgemeinmaßnahmen wie Ernährungsumstellungen, eine Lifestyleänderung und eine Stressreduktion die Symptome des Reizdarms schon erheblich lindern.

Desweiteren kann eine psychosomatische Grundversorgung und eine durchgeführte Psychotherapie ebenfalls zu Erfolgen in der Bekämpfung des Reizdarmsyndroms führen.

Die dritte Säule besteht aus der spezifischen Behandlung der Hauptbeschwerden (Durchfall oder Verstopfung, Bauchschmerzen, Blähungen und psychische Beschwerden) mit Medikamenten gegen Reizdarm, die gezielt angegangen werden.

Dabei gibt es in der Regel keine Standardtherapie bzw. kein Mittel der 1. Wahl. Vielmehr können bei unterschiedlichen Patienten unterschiedliche Medikamente zum Einsatz kommen, je nachdem welche Beschwerden in welcher Intensität im Vordergrund stehen.

Der individualisierte Behandlungsansatz gilt dann als erfolgreich, wenn die Symptome dauerhaft besser werden und die verabreichten Arzneimittel durchgehend gut verträglich sind. Es gilt dabei jedoch, dass die Gabe von Medikamenten gegen Reizdarm nicht auf Dauer stattfindet, sondern nur über kurze Zeit (ca. 3 Monate) zu Anwendung kommen sollte.

Medikamente gegen Bauchschmerzen

Die Bauchschmerzen, die im Rahmen des Reizdarmsyndroms auftreten, sind in der Regel von krampfhaftem Charakter, weshalb in erster Linie sogenannte krampflösende Mittel ihre Anwendung finden.

Wirksame Anwendungen, die selbstständig durchgeführt werden können, sind der Gebrauch von Wärmflaschen oder warmen Wickeln, um den Bauchkrämpfen entgegenzuwirken.

Neben den pflanzlichen Mitteln bzw. üblichen Hausmitteln wie Pfefferminz- oder Kümmelöle bzw. Kümmel-, Fenchel- oder Anistees können auch rezeptpflichtige Arzneimittel wie Buscopan (N-Butyl-Scopalamin), Duspatal (Mebeverin) oder Trospiumchlorid angewendet werden.

Während die pflanzlichen Mittel hauptsächlich entblähend und beruhigend auf den Darm wirken, zielen die rezeptpflichtigen Arzneimittel gezielt auf eine Entkrampfung der Darmmuskulatur ab.

Desweiteren können aber auch beispielsweise lösliche Ballaststoffe (Plantago ovata / Mukofalk), Mittel zur Behandlung von Depressionen (trizyklische Antidepressiva, Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) oder Probiotika (E.coli Missl / Mutaflor) eingesetzt werden.

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Die Antidepressiva wirken dabei auf den Serotoninstoffwechsel im Körper, der sowohl bei Depressionen, als aber auch beim Reizdarmsyndrom eine wichtige Rolle spielen kann.

Medikamente gegen Durchfall

In erster Linie gehört zu einer richtigen Durchfalltherapie eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme (am besten Wasser und Tees), um das durch den Durchfall verloren gegangene Wasser dem Körper wieder zuzuführen.

Zudem gehen mit dem Flüssigkeitsverlust auch gleichzeitig Elektrolyte (Mineralstoffe) verloren, die mit der Wasserzufuhr wieder ausgeglichen werden können (in Fällen mit starkem Durchfall und Wasserverlust kann unter Umständen auch eine Elektrolytsubstitution notwendig sein sowie eine Flüssigkeitszufuhr über die Vene).

 

Das Mittel der Wahl bei bestehenden Durchfällen ist das Arzneimittel Loperamid (Imodium® akut; frei erhältlich in der Apotheke).

Dies ist ein selektiv auf den Darm wirkender opioid-ähnlicher Stoff, der die während des Durchfalls übererregte Darmmuskulatur beruhigt und die Darmperistaltik abschwächt, sodass der Stuhl länger im Darm verweilen kann und dem Körper mehr Zeit gegeben wird, diesen einzudicken und Flüssigkeit zu entziehen.

Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass Loperamid nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen wird, da der Durchfall ansonsten auch in eine Verstopfung umschlagen kann.

Desweiteren können auch wie bei der Bauchschmerzbekämpfung wasserlösliche Balaststoffe (Johannesbrotkernmehl, Pektin), Probiotika (Hefen, Milchsäurebakterien), krampflösende Mittel (Spasmolytika), pflanzliche Arzneimittel (Iberogast) oder der Gallensäurebinder Cholestyramin (Quantalan®) eingesetzt werden.

Letztere binden Gallensäuren im Darm und ermöglichen ihre vermehrte Ausscheidung. Sie kommen deshalb zum Einsatz, weil sie beim Reizdarmsyndrom nicht wie üblich von der Leber produziert und im Dünndarm resorbiert werden, sondern bis in den Dickdarm gelangen und dort für Durchfall sorgen können.

Auch der Einsatz von Gerbstoffen kann bei einer Durchfallsymptomatik in Erwägung gezogen werden.

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Medikamente gegen Blähungen

Die Ursache für Blähungen im Rahmen eines Reizdarmsyndroms ist oftmals die gestörte Darmbeweglichkeit und die fehlerhafte Nahrungsverwertung, wodurch es zu einer übermäßigen Gasbildung und Gasansammlung im Darm kommen kann.

Erste Abhilfe können hierbei die altbewährten pflanzlichen Mittel wie Kamille, Fenchel, Anis und Kümmel (z.B. in Form von Tees) leisten.

Desweiteren bieten sogenannte entschäumende Medikamente (Dimethicon, Simethicon; frei erhältlich in der Apotheke) eine weitere Möglichkeit, um der übermäßigen Gasansammlung entgegenzuwirken.

Medikamente gegen Verstopfung

Tritt im Rahmen eines Reizdarmsyndroms kein Durchfall sondern Verstopfung auf, können ausreichend Bewegung und eine ausreichende, vermehrte Flüssigkeitsaufnahme (Wasser, Tees) dafür sorgen, dass die Darmtätigkeit wieder etwas angeregt wird.

Auch milde, pflanzliche Mittel können bei einem verstopften Darm Abhilfe leisten. Hierzu gehören zum Beispiel indische Flohsamen oder Leinsamen.

Ebenso können sogenannte salinische Mittel, wie zum Beispiel Laktulose, Lactose oder Macrogol (Movicol) den Stuhl wieder geschmeidiger machen und den Stuhlgang anregen, indem sie Wasser aus dem Körper in den Darm ziehen.

Darüber hinaus kann aber auch an der Verbesserung der Darmbewegung angesetzt werden, die durch pflanzliche oder chemische Mittel angeregt werden können. Zu den bekanntesten Vertretern der pflanzlichen Mittel gehört Iberogast, zu den chemischen Metoclopramid (MCP).

Sogenannte echte Abführmittel bzw. Laxantien können ebenso pflanzlichen Ursprungs sein (z.B. Faulbaum, Aloe, Rhabarber, Kreuzdorn). Gebräuchlicher sind hingegen aber chemische, zu denen in erster Linie Bisacodyl (Dulcolax®) oder Natriumpicosulfat (Laxoberal®) gehören.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Verstopfung - was tun?

Homöopathische Medikamente

Zu den typischen homöopathischen Arzneimitteln, die bei einem Reizdarmsyndrom zum Einsatz kommen können, gehören unter anderem:

  • Cyclamen (Alpenveilchen; Heilpflanze; verordnet bei Schwäche und Reizbarkeit)

  • Bismutum subnitricum (Bismutoxidnitrat; Mineralsalz; verordnet bei Durchfall und Gastritis)

  • Ginseng (Heilpflanze; verordnet bei Erschöpfung und Schwäche)

  • Cerium oxalicum (Salz; verordnet bei Übelkeit / Erbrechen und Gastritis)

  • Das Schüsslersalz Nr. 6 (Kalium sulfuricum; verordnet bei Schwäche und Müdigkeit)

Alle hier aufgeführten Mittel werden in der Regel in den Potenzen D6 oder D12 verabreicht.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Homöopathie bei Reizdarm.

Medikamente gegen einen Reizmagen

Treten im Rahmen des Reizdarmsyndroms auch Beschwerden in Form eines Reizmagens auf (z.B. Sodbrennen, Magenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen), sollte zudem auch eine medikamentöse Therapie gegen diese Beschwerden eingeleitet werden.

Steht die Symptomatik des Sodbrennens im Vordergrund, können Mittel gegeben werden, die einer Übersäuerung des Magens entgegenwirken: Entweder kann dieses durch Bindung der Magensäuren erreicht werden (sogenannte Säurebinder bzw. Antazida wie Magnesium-, Calcium-, Aluminiumsalze) oder aber durch eine Hemmung der Säureproduktion im Magen (sogenannte Protonenpumpenhemmer wie Pantoprazol, Omeprazol).

Stehen hingegen eher Übelkeit, Erbrechen oder das Völlegefühl im Vordergrund der Reizmagensymptomatik, können – ähnlich wie bei der Therapie der Verstopfung – Mittel dienlich sein, die die Magen-Darm-Entleerung beschleunigen. Hierzu gehört unter anderem Metoclopramid (MCP) und pflanzliche Mittel wie Anis, Fenchel, Kümmel, Kamille, Melisse, Süßholz, Wermutkraut etc.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 01.02.2016 - Letzte Änderung: 22.10.2021