Krafttraining und Abnehmen

Mythos oder Wahrheit

Um das Thema Abnehmen ranken sich viele Mythen und Gerüchte. Eines davon ist zum Beispiel die Idee, dass man nur durch Ausdauersport abnimmt und durch Krafttraining in die Breite wächst. Daher betreiben viele Menschen nur Ausdauersport und verzichten komplett auf ein Krafttraining, da sie ja abnehmen möchten und nicht dabei schon wieder in der Breite zulegen wollen. Allerdings ist diese Sichtweise nicht ganz korrekt. Durch die hohen reize bei einem Krafttraining wird die Muskulatur dazu angeregt neue Zellen zu bilden, um kräftigere und größere Muskeln zu formen. Dies passiert aber nicht einfach so über Nacht. Wie alle Organe unseres Körpers benötigen Muskeln Energie um zu wachsen. Diese große Energiemenge kommt aus der Nahrung die wir jeden Tag zu uns nehmen. Die Bildung neuer Muskelzellen findet meistens in den Trainingspausen statt, in denen dann durch die Neubildung auch mehr Energie benötigt wird, als bei einem Ausdauertraining. Wenn man nun Krafttraining beginnt und seine Ernährung nicht ändert, wird der erhöhte Energiebedarf in den Trainingspausen dazu führen das fehlende Energie aus den Fettreserven herangezogen wird, damit die Muskeln bei höherem Energiebedarf und gleichbleibender Nahrungsmenge trotzdem neue Zellen bilden könne.

Hier wird also deutlich, dass der Mythos „Krafttraining macht nur breit und hilft nicht beim Abnehmen“ so nicht stimmt.

Positive Effekte

Für ein gesundes Abnehmen sollte man also auf keinen Fall auf ein Krafttraining verzichten. Für Männer und für Frauen gilt gleichermaßen, dass eine Kombination aus Krafttraining und Ausdauertraining die gesündeste und beste Methode ist abzunehmen.

Durch Krafttraining entstehen gleich mehrere vorteilhafte Effekte, die beim Abnehmen helfen. Zum einen wird durch das Krafttraining der Energiebedarf auch nach dem Training noch einen höheren Wert aufweisen, sodass in der Erholungsphase immer noch ein leicht erhöhter Kalorienverbrauch festzustellen ist. Des Weiteren bringt Krafttraining auf lange Sicht den Vorteil, dass mehr Muskelmasse auch mehr Energie verbraucht und so auch der Grundumsatz des Körpers in Ruhe steigt. Dieses Phänomen eines erhöhten Energiebedarfs nach dem Krafttraining nennt man Nachbrenneffekt. Der Nachbrenneffekt beschreibt eine gesteigerte Stoffwechselaktivität nach dem Training. Der Stoffwechsel arbeitet während dem Training auf Hochtouren und nach Beendigung des Trainings fährt der Stoffwechsel natürlich nicht direkt komplett herunter. Auch die Sauerstoffaufnahme ist nach einem Krafttraining noch erhöht und sinkt nicht direkt auf den Ruhewert ab.

Andere Einflussfaktoren wie die Kern-Körpertemperatur und das Stresslevel spielen dabei auch eine Rolle. Die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin steuern Stoffwechsel, Atmung und Herztätigkeit. Je höher die Trainingsintensität, desto höher das Level der Stresshormone. Ein hartes Training erzeugt somit einen höheren Nachbrenneffekt als ein moderates Training. Der erhöhte Energiebedarf beim Nachbrenneffekt lässt sich durch die Regenerationsmechanismen des Körpers und der Auffüllung der Energiespeicher erklären. Auch der Abbau und der Abtransport der Stoffwechselprodukte kostet den Körper Energie. Dies kann beim Nachbrenneffekt alleine bis zu 15% ausmachen. Zusätzlich benötigt der Körper Energie für die Umwandlung von Eiweißen zu Aminosäuren. Eine weitere Einflussgröße ist die Muskelspannung die bis zu zwei Tage nach einem Training erhöht sein kann, und durch die der Kalorienbedarf auch erhöht wird, wenn auch nur minimal.

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Negative Energiebilanz

Hat man sich nach einer gewissen Zeit ein zusätzliches Kilogramm Muskelmasse antrainiert, dann verbrauchen diese Extramuskeln in kompletter Ruhe jeden Tag 20 Kilokalorien (kCal) extra. Das bedeutet, dass der Körper mehr Energie verbraucht, weil mehr Muskelmasse versorgt werden muss. Dieser gesteigerte Energiebedarf wirkt sich dann auch direkt auf das Körperfett aus. Wenn man seinen Ernährungsplan beibehält, aber nun mehr Muskelmasse versorgen muss, dann entsteht ein energetisches Ungleichgewicht. Der Körper braucht, durch die zusätzlichen Muskeln, mehr Energie als ihm durch die Nahrung zur Verfügung gestellt wird. Die Energiebilanz rutscht in den negativen Bereich.

Ein Beispiel kann dies verdeutlichen. Ein Mann nimmt pro Tag 3000 kCal zu sich und bewegt sich aber kaum, sodass sein Energiebedarf bei 2800 kCal liegt. Der Körper nimmt mehr Kalorien zu sich als er verbrauchen kann, die Person nimmt an Gewicht zu. Durch Krafttraining steigert sich zum einen der Grundumsatz, und durch die gesteigerte Muskelmasse werden zusätzlich Kalorien verbraucht. Der Energiebedarf der Person ist von 2800 kCal auf 3200 kCal gestiegen. Durch die Nahrung werden aber weiterhin 3000 kCal an Energie aufgenommen. Der Körper verbraucht also jeden Tag 200 kCal mehr als er durch die Nahrung zur Verfügung hat. Um diese fehlenden 200 kCal auszugleichen, holt sich der Körper die fehlende Energie aus den für „schlechte Zeiten“ angelegten Fettspeichern. Die Person nimmt langsam aber stetig ab.

Des Weiteren sorgt Krafttraining für ein besseres Wohlbefinden und kann auch beim Stressabbau hilfreich sein. Um durch das Krafttraining wirklich effektiv abzunehmen, gibt es einige Hinweise und Tipps die man beachten sollte.

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Einstieg ins Krafttraining

Beginnt man mit einem Krafttraining sollte man sich nicht direkt übernehmen, sondern mit kleinen Gewichten starten und so seine Kraftentwicklung kennen lernen. Erst wenn man seinen Trainingsstand bestimmt hat sollte man sich mit dem Aufstellen eines Trainingsplanes befassen. Bei der Trainingshäufigkeit sollte man sich auch langsam herantasten. Zu Beginn reichen zwei bis drei Einheiten pro Woche, damit sich der Körper an die Belastung gewöhnen kann. Anschließend kann man eine vierte Trainingseinheit integrieren. Die Trainingslänge sollte zwischen 30 und 60 Minuten liegen, da ein Krafttraining maximale Leistungen erfordert und der Körper stark beansprucht wird. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Erholung. Zwischen jeder Trainingseinheit sollte ein voller Tag Pause zur Regeneration liegen. Die Erholung ist wichtig, damit der Körper sich auf die folgenden Belastungen vorbereiten und seine Energiespeicher wieder füllen kann. Für die Bildung neuer Muskelzellen ist die Erholungspause unabdingbar.

Traningsplan und Übungen

Bei der Erstellung eines Trainingsplanes sollte man darauf achten, dass die eigenen Bedürfnisse und Trainingsziele wiedergespiegelt werden. Anfänger sollten sich bei der Erstellung zuerst einmal an einen Experten (Fitnessstudio oder Personal Trainer) wenden. Mit ein wenig Erfahrung und Übung lässt sich ein Trainingsplan später allerdings ganz leicht selbst aufstellen. Die Auswahl der Übungen spielt auch eine wichtige Rolle für das Trainingsergebnis. Es sollten möglichst alle großen Muskelgruppen in einer Trainingseinheit beansprucht werden. Dazu empfehlen sich die folgenden Standardkraftübungen: Bankdrücken, Kniebeugen, Kreuzheben, Klimmzüge, Dips, Schulterdrücken und Langhantelrudern.

Eine andere Variante ist das Splitt-Training. Dabei splittet man die Übungen auf zwei Tage auf, sodass am ersten Tag z.B. die unteren Extremitäten und der Rumpf trainiert werden. Am zweiten Trainingstag folgen dann der Oberkörper, die Schultern und die Arme. Bevor man seinen Trainingsplan anwendet oder splittet sollte man sicher sein die Übungen zu beherrschen. Dazu ist es erneut zu empfehlen einen Experten zu befragen, da die Ausführung mancher Übungen nicht ganz so einfach ist. Eine korrekte Ausführung und Technik beugt Verletzungen vor und sorgt für ein effektives Training. Um die Technik zu erlernen empfiehlt es sich, die Übungen immer zuerst mit leichten Gewichten auszuprobieren.

Satz- und Wiederholungszahl

Beim Training selbst sollte man darauf achten, dass man möglichst freie Gewichte und Hanteln den Maschinen vorzieht. Dies hat mehrere Vorteile. Man bekommt bei freien Gewichten ein besseres Bewegungsgefühl und stabilisiert gleichzeitig die beteiligten Muskeln. Vor allem Koordination und Balance werden davon profitieren.

Bei der Wiederholungsanzahl kommt es auf das Trainingsziel an. Möchte man abnehmen, sollte man erst einmal Muskulatur aufbauen. Dazu empfiehlt sich eine Trainingsform bei der man ca. fünf Sätze mit fünf bis zwölf Wiederholungen durchführt. Mehr Muskelmasse bedeutet wiederum einen höheren Grundumsatz, was sich dann positiv auf das Abnehmen auswirkt. Geht man von fünf Sätzen aus, ergibt sich folgender Übungsablauf. Um sich für die Übung vorzubereiten beginnt man den ersten Satz mit sehr niedrigen Gewichten. Satz zwei und drei werden dann mit immer höheren Gewichten durchgeführt, um sich langsam an das Maximum heran zu tasten. Die letzten beiden Sätze werden anschließend kontrolliert am Limit durchgeführt, um einen effektiven Trainingsreiz zu setzen. Nur ein entsprechender Trainingsreiz sorgt für eine hohe Beanspruchung der Muskulatur, und damit auch für Muskelwachstum.

Damit das Training auf lange Sicht nicht langweilig wird, sollte man dafür sorgen, dass der Trainingsplan genug Abwechslung enthält. Dazu können Übungen ersetzt oder variiert werden. Beim Ersetzen können beispielsweise Übungen wie Kniebeuge und Klimmzüge durch isoliertere Übungen ausgetauscht werden. Dadurch wird ein neuer Reiz gesetzt und das Training gestaltet sich abwechslungsreicher. Was jeder Athlet oder Sportler beachten sollte ist, dass die Sportart Spaß machen sollte. Es gibt viele verschiedene Sportarten, und nur eine Sportart die Spaß macht wird auch konsequent weitergeführt. Man sollte sich also gut überlegen, ob man ein Krafttraining zum Abnehmen durchführen will oder, ob eine andere Sportart eventuell besser zu den persönlichen Interessen und Vorlieben passt.

Zusammenfassung

Vergleicht man Ausdauersport mit Krafttraining im Bezug auf die Gewichtsreduktion, lassen sich folgende Schlüsse ziehen. Krafttraining sorgt eher für einen Muskelaufbau, wohingegen Ausdauertraining zu einem Muskelabbau führen kann, da manche Muskeln nicht oder kaum beansprucht werden. Die Bewegungsmuster sind beim Ausdauersport zu einseitig, um immer alle Muskeln effektiv zu nutzen. Beim Krafttraining lassen sich durch den Muskelaufbau von 2,5 Kilogramm Muskelmasse zusätzlich jeden Monat 1500 kCal verbrennen. Es wird deutlich, dass Krafttraining für die Gewichtsreduktion eine sehr effektive Methode ist, da der Grundumsatz dank des Nachbrenneffekts auch nach einem Training noch bis zu zwei Tagen erhöht sein kann, und weil der Zuwachs an Muskelmasse ebenso eine Erhöhung des Grundumsatzes mit sich bringt. Natürlich sollte man seine Ernährung beibehalten, bzw. soweit umstellen, dass es eine ausgewogene gesunde Ernährung ist. Wichtig ist vor allem, dass die verbrauchten Kalorien pro Tag höher ausfallen als die durch die Nahrung aufgenommenen Kalorien.

Wer übergewichtig ist und gerade erst mit einem Krafttraining begonnen hat, darf sich nicht wundern, wenn sich nach einigen Wochen noch nicht allzu viel auf der Waage getan hat. Da durch Krafttraining Muskelmasse aufgebaut wird, kann es sein, dass man zuerst kaum Gewicht verliert, da Muskeln aufgebaut und Fett abgebaut wird. Die Reduktion hält sich zunächst also in Grenzen. Erst ab einem gewissen Punkt zeigt sich die Effektivität des Krafttrainings und man nimmt stetig und gesund ab, kann seinen Fettanteil in der Körperzusammensetzung reduzieren.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 05.08.2015 - Letzte Änderung: 05.11.2021